• Keine Ergebnisse gefunden

” neues“ Oktagon-EFG

2.2. ELEKTRISCHE TRANSPORTEIGENSCHAFTEN

Abb. 2.7: Ausschnitt aus dem Lebensdauermapping eines neuen EFG-Wafers mit einem Probenstrang aus einem Bereich niedriger Lebensdauer (Nτ-Bereich) und einem Strang aus einem Gebiet mit vergleichsweise hohen Lebensdauerwerten (Hτ-Bereich). Jede Hall-Probe eines Stranges wurde bei einer anderen Temperatur (275C, 350C und 425C) sukzessive mit Wasserstoff passiviert und Hall-Messungen unterzogen, um den Einfluss der MIRHP-Passivierungstemperatur auf die Hall-Beweglichkeit zu untersuchen. Eine signifikante Be-eintr¨achtigung der Passiviereffizienz war im Rahmen des untersuchten Temperaturintervalls jedoch nicht feststellbar.

betrachtet, indem jede dieser Proben insgesamt vier Hall-Messungen unterzogen wur-de. Die erste fand an der unpassivierten Probe statt. Darauf folgten Messungen nach 15 und 45 Minuten Wasserstoffpassivierung, die mittels eines mikrowelleninduzier-ten remote-Wasserstoffplasmas (MIRHP) realisiert wurde (siehe Kapitel 3.4). Daran schloss sich ein weiterer MIRHP-Passivierungsschritt von f¨unf Stunden an. Da die Konzentrationen an Sauerstoff, welcher die Eindiffusion atomaren Wasserstoffs behin-dert [39], in den untersuchten Materialien vergleichsweise gering sind, sollte nach die-sem insgesamt sechsst¨undigen Wasserstoffeintrag eine vollst¨andige Passivierung, d. h.

die Abs¨attigung aller passivierbaren Defekte, gew¨ahrleistet sein. Abschließend erfolgte die letzte Messung. Aus Kontaminationsgr¨unden war es notwendig, die Kontakte vor jedem Passivierungsschritt zu entfernen und die Probenoberfl¨ache zu reinigen. Letz-teres erfolgte im Ultraschallbad in zwei Schritten mit Isopropanol und deionisiertem Wasser. Nach jedem Wasserstoffeintrag wurden die Proben neu mit Golddraht und Leitsilber kontaktiert.

Ein weiterer Parameter neben der Dauer der Wasserstoffpassivierung ist die da-bei vorherrschende Temperatur, deren Einfluss auf die Hall-Mobilit¨at ebenfalls un-tersucht wurde. Zu diesem Zweck wurden den verschiedenen Wafern nicht nur, wie oben beschrieben, einzelne Proben, sondern ganze Probenstr¨ange aus Bereichen guter und schlechter Lebensdauer entnommen, welche etwa dieselbe Kornstruktur aufwei-sen (vgl. Abb 2.7). Jede der Proben eines solchen Stranges wurde auf die im vorigen Abschnitt beschriebene Weise bei sukzessiver Passivierung untersucht. Allerdings fan-den die H-Passivierungen f¨ur jede dieser Proben mit vergleichbarer Kornstruktur bei einer anderen Temperatur statt, wobei 275C, 350C und 425C zur Wahl standen.

Innerhalb dieses Wertebereichs konnte bei den untersuchten Foliensiliziummaterialien jedoch keine signifikante Beeintr¨achtigung der Passiviereffizienz beobachtet werden.

Dies d¨urfte auf den vergleichsweise geringen interstitiellen Sauerstoffgehalt zur¨

uck-zuf¨uhren sein. Von diesem Defekt ist bekannt, dass er die Eindiffusion atomaren Was-serstoffs behindert, was durch eine h¨ohere Passivierungstemperatur oder verl¨angerte Passivierdauer kompensiert werden kann [39]. Im Folgenden wird daher der Einfluss der Passiviertemperatur nicht weiter diskutiert werden.

2.2.4 Hall-Mobilit¨ at und Majorit¨ atsladungstr¨ agerdichte in unpassivierten Si-Folien

Wie oben beschrieben wurden die Proben zun¨achst im unpassivierten Zustand vermes-sen. Die auf diese Weise gewonnenen temperaturabh¨angigen Hall-Beweglichkeiten in Bereichen vergleichsweise niedriger Minorit¨atsladungstr¨agerlebensdauer gibt Abb. 2.8 f¨ur die verschiedenen Materialien wieder. Abb. 2.9 illustriert die Kurvenverl¨aufe f¨ur die Proben mit vergleichsweise hoher Lebensdauer.

Abgesehen von den Proben aus dem sehr defektreichen Zylinder-EFG (vgl. Ab-schnitt 2.1.3) und der SR-Probe guter Qualit¨at zeigen alle Si-Folien bei Raumtempe-ratur einen ¨ahnlichen Wert f¨ur die Hall-Beweglichkeit von etwa 280 cmV s2. Dieser liegt sogar noch ¨uber dem der Referenz aus hochreinem FZ-Silizium, was auf den gerin-geren spezifischen Widerstand der FZ-Probe von 1,25 Ω cm zur¨uckzuf¨uhren ist, der deutlich unter den Werten der Foliensiliziummaterialien liegt, welche die Hersteller mit etwa 3 Ω cm beziffern. Entsprechend ist die Dotandenkonzentration in Abb. 2.10 mit 2·1016cm−3 um einen Faktor 3–4 h¨oher als in SR- oder Oktagon-EFG-Silizium.

Infolgedessen werden die Ladungstr¨ager in FZ-Silizium vermehrt an ionisierten Do-tieratomen gestreut, so dass die Beweglichkeit erniedrigt ist.

Als dominierenden Streumechanismus bei dieser hohen Temperatur erwartet man i. a. die Streuung an akustischen Phononen, die eine Temperaturabh¨angigkeit der Be-weglichkeit proportional zu T−1,5 bewirkt. F¨ur p-Typ FZ-Silizium wird hingegen in der Literatur von einer Proportionalit¨at zuT−2,2 berichtet, was mit dem zus¨atzlichen Einfluss der Streuung an optischen Phononen sowie der Nichtparabolizit¨at der Spitze des Valenzbandes erkl¨art wird [52]. Die Ergebnisse von Fits im hohen Temperaturbe-reich an die Beweglichkeitskurven aus den Abbn. 2.8 und 2.9 stimmen gut mit diesem Literaturwert ¨uberein, wie auch ein Vergleich der jeweiligen Kurvenverl¨aufe mit der f¨ur FZ-Si eingezeichneten Fitgeraden erkennen l¨asst. Es liegt daher nahe anzunehmen, dass in den untersuchten Siliziumfolien bei Raumtemperatur dieselben Streumecha-nismen dominieren wie in FZ-Si.

Dar¨uber hinaus zeigen diese Graphen, dass die Kurven der verschiedenen Proben aus Foliensilizium von unterschiedlichen Temperaturen an proportional zu T−2,2 ab-fallen. Ihr Verlauf gleicht sich bei verschiedenen Temperaturwerten dem von FZ-Si an bzw. die entsprechenden Temperaturmaxima werden bei verschiedenen Temperaturen angenommen. Mobilit¨atsmessungen an gezielt verunreinigten Proben haben gezeigt, dass die Angleichung des Kurvenverlaufs an den eines reinen Si-Kristalls bei umso h¨oherer Temperatur erfolgt, je st¨arker die Probe verunreinigt ist [52]. Abb. 2.8 zu-folge weist demnach die Zylinder-EFG-Probe den st¨arksten und die SR-Probe den geringsten Grad an Verunreinigung auf. Dies scheint zun¨achst gut mit den Mino-rit¨atsladungstr¨agerlebensdauern zu korrelieren, die in der Zylinder-EFG-Probe

deut-2.2. ELEKTRISCHE TRANSPORTEIGENSCHAFTEN

Abb. 2.8:Hall-Beweglichkeiten in verschiedenen unpassivierten Foliensiliziumproben ge-ringer Minorit¨atsladungstr¨agerlebensdauer. Zu Vergleichszwecken ist die Kurve f¨ur FZ-Si mit einem spezifischem Widerstand von 1,25 Ω cm ebenfalls eingezeichnet.

Abb. 2.9: Temperaturabh¨angigkeit der Hall-Beweglichkeiten in verschiedenen unpassivier-ten Foliensiliziumproben mit h¨oherer Lebensdauer der Minorit¨aunpassivier-ten. Die FZ-Si-Kurve dient Vergleichszwecken.

Abb. 2.10: Temperaturabh¨angigkeit der Majorit¨atsladungstr¨agerkonzentrationen der Pro-ben aus den Abbn. 2.8 und 2.9.

lich geringer ausfallen als im SR-Material (vgl. Lebensdauern in Abbn. 2.17 und 2.14).

Betrachtet man jedoch die Hall-Mobilit¨aten in Abb. 2.9, so stellt sich der Sachverhalt anders dar: Den Kurvenverl¨aufen nach liegen in der SR-Probe mehr Defekte vor als in derjenigen aus Zylinder-EFG. Die Lebensdauern der Minorit¨aten in der SR-Probe sind jedoch betr¨achtlich h¨oher als in der Zylinder-EFG-Probe (s. Abbn. 2.17 und 2.14). Zudem liegen die Mobilit¨atsmaxima der Proben aus schlechten Bereichen nicht bei h¨oheren Temperaturen als die der Proben aus guten Bereichen. Eine hohe Dichte an Streuzentren ist demnach nicht unbedingt mit einer erh¨ohten Ladungstr¨agerre-kombination verbunden. Dies erkl¨art sich dadurch, dass nicht alle Defekte, die als Streuzentren wirken, zwangsweise elektrisch rekombinationsaktiv sind.

Beim Vergleich der Graphen der Proben aus Bereichen niedriger Lebensdauer mit denen der Proben aus den Bereichen mit hohen Werten f¨allt auf, dass letztere schon bei h¨oheren Temperaturen keine zuverl¨assigen Messwerte mehr liefern. Zun¨achst w¨are man geneigt, eher ein gegenteiliges Verhalten zu erwarten. Ein kristallographischer Vergleich der Proben hat jedoch gezeigt, dass in den Proben aus den Hτ-Bereichen ei-ne deutlich h¨ohere Dichte von Zwillingskorngrenzen vorliegt. Diese sind i. a. elektrisch inaktiv (von seltener vorkommenden elektrisch aktiven Zwillingskorngrenzen zweiter Ordnung wird hier abgesehen [22]) und machen sich daher in den Lebensdauermessun-gen nicht bemerkbar. Die TransporteiLebensdauermessun-genschaften der Ladungstr¨ager beeintr¨achtiLebensdauermessun-gen sie hingegen, wie im Folgenden f¨ur einen Spezialfall ausf¨uhrlicher diskutiert werden wird. Da diese Zwillingskorngrenzen ebenfalls dem f¨ur vertikal gezogenes Foliensilizi-um typischen Streifenverlauf folgen und der Ladungstr¨agertransport ¨uber die Korn-grenzen hinweg aufgrund der Ausbildung von Potentialw¨allen beeintr¨achtigt ist [76], ergibt sich eine Anisotropie im Transportverhalten. Die Messung erfolgte jedoch nicht nur bei Stromfluss entlang der Vorzugsrichtung der Probe, sondern bei verschiedenen Stromrichtungen mit anschließender Mittelung der Messwerte. Bei tieferen Tempe-raturen beeintr¨achtigen die Potentialw¨alle den Ladungstr¨agertransport wohl derart stark, dass in Verbindung mit der erw¨ahnten Anisotropie der dominierende Leitungs-mechanismus nicht mehr in allen Messrichtungen erkannt werden kann, und die Mes-sung als unzuverl¨assig verworfen wird. Die hohe Zahl an Zwillingskorngrenzen in den Proben aus Waferbereichen hoher Lebensdauer d¨urfte demnach daf¨ur verantwortlich sein, dass in diesen Proben schon bei h¨oheren Temperaturen keine belastbaren Er-gebnisse mehr erhalten werden.

Einen weiteren interessanten Aspekt der Messresultate stellen die Mobilit¨atsminima in den Kurven der alten und neuen Oktagon-EFG-Proben (rot und gr¨un) in Abb. 2.8 dar, die in monokristallinem Silizium nicht beobachtet werden. Derartige Kurven-verl¨aufe wurden bereits fr¨uher f¨ur Schichten aus rekristallisiertem Siliziumpulver [80]

oder f¨ur kleinkristallines Ribbon Growth on Substrate-Silizium der Bayer AG [39]

gefunden. Nussbaumer stellt in [80, 81] ein Modell vor, in dem er die Anomalie im Temperaturverlauf mit an Korngrenzen lokalisierten akzeptorartigen Trapzust¨anden erkl¨art, die in der unteren Bandh¨alfte liegen. Die Korngrenze als Kristalldefekt verur-sacht St¨orzust¨ande in der Bandl¨ucke, deren Besetzung in Abh¨angigkeit der Fermiener-gie EF(T) zur Verbiegung von Valenz- und Leitungsband f¨uhrt. Im angenommenen Fall von akzeptorartigen St¨orzust¨anden bildet sich wie in Abb. 2.11 dargestellt eine

2.2. ELEKTRISCHE TRANSPORTEIGENSCHAFTEN

Abb. 2.11: Unmaßst¨abliche Darstellung der Bandverbiegung an einer Korngrenze mit ak-zeptorartigem Trapniveau imp-Typ Halbleiter nach [80]. Die Fermienergie soll nahe an der Valenzbandkante liegen.

Potentialbarriere f¨ur Elektronen bzw. ein Potentialtopf f¨ur L¨ocher aus. Diese Verbie-gung EB w¨achst mit zunehmender Besetzung der Trapzust¨ande nt gem¨aß folgender Gleichung:

EB(T) =− e2

2ε ε0 nt (T)LD(T) (2.12) Hierin sinde die Elementarladung, ε0 die Influenzkonstante, εdie Dielektrizit¨atskon-stante in Si und LD die Debye-L¨ange, welche sich mit der L¨ocherkonzentration pKG an der Korngrenze berechnet zu: Wird vereinfachend ein einziger akzeptorartiger Trapzustand der Energie Et mit der Anzahldichte Nt angenommen, so gilt f¨ur dessen Besetzung:

nt =Nt 1 1 + exp

Et−EF(T) kBT

(2.14)

Demzufolge w¨achst dieser Wert mit steigender Temperatur und nach Glg. 2.12 nimmt die Bandverbiegung entsprechend zu. Dies behindert die Bewegung der Ladungs-tr¨ager, weswegen µH abnimmt. Steigt die Temperatur weiterhin, so ist irgendwann EF gr¨oßer als Et. Von hier an nimmt EB nicht mehr zu, da alle Trapzust¨ande bereits besetzt sind, und die Beweglichkeit steigt aufgrund der weiterhin wachsenden thermi-schen Energie der Ladungstr¨ager erneut an. Auf diese Weise bildet sich das Minimum in der Hallbeweglichkeit in korngrenzenreichem Material aus.

Basierend auf obigen ¨Uberlegungen wurden vonNussbaumer in [80] Simulations-rechnungen f¨ur die Beweglichkeit der Ladungstr¨ager ¨uber Potentialbarrieren hinweg durchgef¨uhrt. Abb. 2.12 zeigt links das Ergebnis einer solchen Rechnung mit den Pa-rameternNt = 1013cm−3 undEt = 0,3 eV. Rechts daneben findet sich die Beweglich-keitskurve der neuen EFG-Probe aus Abb. 2.8. Wie man erkennt, wird deren Verlauf im Bereich des Mobilit¨atsminimums qualitativ gut durch die Simulation wiederge-geben. F¨ur ein Anfitten des Kurvenverlaufs zur Bestimmung von Defektparametern