• Keine Ergebnisse gefunden

” neues“ Oktagon-EFG

2.2 Elektrische Transporteigenschaften

2.2.1 Prinzip der Hall-Messung

Das elektrische Transportverhalten in Halbleitern ist experimentell ¨uber den Hall-Effekt zug¨anglich (siehe z. B. [67]). Dieser beschreibt das Auftreten einer Hall-Span-nung UH in einer stromdurchflossenen Probe im Magnetfeld, welche mit der Hall-Konstanten RH folgendermaßen verkn¨upft ist:

UH=RHI B

d (2.4)

Darin sindI der Strom durch die Probe, B das die Probe durchsetzende Magnetfeld und d die Probendicke. Der Einfachheit halber wurde hier vorausgesetzt, dass das Magnetfeld senkrecht zur Stromrichtung verl¨auft. Dar¨uber hinaus kann RH aus der Elektronen- und L¨ocheranzahldichte n bzw. p, den zugeh¨origen Beweglichkeiten µn

und µp sowie den entsprechenden Streufaktoren rn und rp gem¨aß RH= p µ2prp−n µ2nrn

e(p µp+n µn)2 (2.5)

berechnet werden [110, 135]. Die Elementarladung ist hierin mitebezeichnet. Glg. 2.5 vernachl¨assigt allerdings die B-Feld-Abh¨angigkeit der Hallkonstanten und ist daher nur f¨ur kleine Magnetfelder g¨ultig, welche im Fall von p-Typ Halbleitern die Bedin-gung B µ1p erf¨ullen [106]. Da die im Folgenden vorgestellten Messungen bei einer magnetischen Flussdichte von 0,575 T erfolgten, ist dies jedoch gew¨ahrleistet.

Bei allen untersuchten Proben handelt es sich um Bor-dotiertes Silizium mit Do-tierkonzentrationen in der Gr¨oßenordnung von 1016cm−3. Bei einer intrinsischen La-dungstr¨agerdichte von 1,5·1010cm−3 in Silizium ist somitpn, so dassn n¨aherungs-weise vernachl¨assigt werden kann. Geht man weiter davon aus, dass Elektronen wie

2.2. ELEKTRISCHE TRANSPORTEIGENSCHAFTEN L¨ocher den gleichen Streumechanismen unterliegen, so giltrp =rn=:r und Glg. 2.5 vereinfacht sich zu:

RH = r

e p (2.6)

Wird neben der Messung der Hall-Spannung auch die Leitf¨ahigkeitσin einer Probe bestimmt, so erm¨oglicht dies die Berechnung der Hall-Beweglichkeit µH, die folgen-dermaßen definiert ist [106]:

µH=|RH|σ =|RH|e(n µn+p µp) (2.7) Legt man dieselben ¨Uberlegungen zu Grunde, die zu Glg. 2.6 f¨uhrten und setzt diese Beziehung f¨ur RH ein, so ergibt sich f¨ur die Hall-Beweglichkeiten nicht entarteter p-bzw. n-Typ Halbleiter

µH =r µp bzw. µH =r µn . (2.8)

Der Streu- oder Hallfaktor r variiert dabei je nach Streuart. F¨ur Phononenstreuung nimmt er beispielsweise einen Wert von 38π an, f¨ur Streuung an neutralen St¨orstellen hingegen ist r = 1. Gr¨oßenordnungsm¨aßig bewegt sich der Wert im Bereich von 1 [106, 110]. Dieser Wert wurde auch f¨ur die Auswertung der Messungen angenommen.

Eine weitere experimentell zug¨angliche Gr¨oße ist die Majorit¨atsladungstr¨agerkon-zentration. Im Fall vonp-Typ Materialien erschließt sich diese aus Glg. 2.6. Daneben l¨asst sie sich aus der Neutralit¨atsbedingung f¨ur den Halbleiter bestimmen. Unter Aus-nutzung der Fermiverteilung und nach einer geeigneten Approximation f¨ur sehr kleine Temperaturen T, d. h. kBT EA−EV, erh¨alt man f¨ur die Anzahldichte der Majo-rit¨aten im Reservegebiet des Halbleiters [135]:

p(T) =

rp0pA

gA e

EA−EV

2kBT (2.9)

Darin bezeichnenp0 die effektive Zustandsdichte im Valenzband,pA die Anzahldichte der Akzeptorzust¨ande, EV und EA die energetische Lage der Valenzbandkante bzw.

des Akzeptorniveaus und kB die Boltzmann-Konstante. Des Weiteren ber¨ucksichtigt der Faktor gA die Entartung des Valenzbandes (gA= 4 f¨ur Silizium, vgl. Bandstruk-tur).

In den bisherigen Betrachtungen wurde von monokristallinen Proben ausgegangen.

Die untersuchten Siliziumfolien sind jedoch alle multikristallin und weisen somit Kri-stalldefekte wie Korngrenzen auf. Da nicht von gleichen Transporteigenschaften im Kristall wie in den Korngrenzen ausgegangen werden kann, liegt es nahe, die elek-trischen Transporteigenschaften im Kristallit getrennt von denen in der Korngrenz-schicht zu betrachten. Ein derartiges Modell wird in [128, 82, 2] behandelt. In den Korngrenzen wird dabei von einem deutlich h¨ohereren elektrischen Widerstand als in den Kristalliten ausgegangen. Als Folge hiervon erh¨alt man effektive Werte f¨ur die Leitf¨ahigkeit sowie die Hallkonstante: RH,eff = RH,Kristallit+ 2RH,Grenzschicht

%Kristallit`Kristallit

%Grenzschicht`Grenzschicht

(2.11)

Mit`Grenzschichtist hierin die Breite der Grenzschicht bzw. Korngrenze und mit`Kristallit

die Kantenl¨ange des Kristallits bezeichnet. In Folge erh¨alt man eine effektive Beweg-lichkeit als Produkt aus RH,eff und σeff.

Entsprechend dieser effektiven Gr¨oßen sind bei Vermessung multikristalliner Proben die Glgn. 2.6 bis 2.8 zu interpretieren. Die Messgr¨oßen stellen integrale Werte dar, die durch die vorliegenden strukturellen Kristalldefekte beeintr¨achtigt werden, und somit nur bedingt R¨uckschl¨usse auf die elektrischen Transporteigenschaften innerhalb der Kristallite zulassen. Sie geben aber Aufschluss ¨uber die Einfl¨usse der Strukturdefekte auf das Transportverhalten in der Probe als Ganzes und sind aus diesem Grund von Interesse. In den folgenden Betrachtungen wird auf den zus¨atzlichen Index

”eff“

verzichtet. Liegt eine multikristalline Probe vor, so sind stets die effektiven Gr¨oßen gemeint.

2.2.2 Probenpr¨ aparation und Messtechnik

Aus den verschiedenen Folienmaterialien wurden mit einem Laser 15·15 mm2 große Proben ausgeschnitten. Anschließend wurden zu Reinigungszwecken pro Seite etwa 25µm des Probenmaterials in einer modifizierten CP6 Politur¨atze abge¨atzt, die sich aus HF (50%), HNO3 (65%) und CH3COOH (100%) im Volumenverh¨altnis 3:43:7 zusammensetzt [12]. Die f¨ur die sp¨atere Kontaktierung erforderlichen ohmschen Kon-takte wurden durch Einlegieren einer handels¨ublichen Al-Siebdruckpaste in einem G¨urtelofen mit einem Temperaturprofil von 680–800C realisiert. Die Kontaktierung selbst erfolgte unter Verwendung von Golddraht und Leitsilber.

F¨ur die Messungen wurde die van der Pauw-Geometrie verwendet [127, 126]. Die Messapparatur sowie deren Arbeitsweise ist in [111, 10] beschrieben. Bei jeder Probe wurde der Temperaturbereich von 36–405 K durchlaufen und an jedem Messpunkt innerhalb dieses IntervallsRHundσmehrfach gemessen. Wurde dabei das Vorzeichen von RH und somit der Typ der Probe (n oder p) nicht eindeutig erkannt, so blieb dieser Messpunkt unber¨ucksichtigt. Gem¨aß den obigen Ausf¨uhrungen wurde aus der Hallkonstanten und der Leitf¨ahigkeit die Majorit¨atsladungstr¨agerdichte und die Hall-Mobilit¨at berechnet. Da diese Gr¨oßen anschaulicher sind alsRH selbst, werden sie im Folgenden diskutiert werden.

2.2.3 Experimentelle Vorgehensweise

Ziel der Untersuchung war es, zu ¨uberpr¨ufen, ob eine Korrelation zwischen dem Re-kombinationsverhalten der Minorit¨aten in den untersuchten Folienmaterialien und der jeweils vorherrschenden Beweglichkeit bzw. Streuung der Majorit¨aten besteht. Zu diesem Zweck wurden in Wafern der verschiedenen Materialien ortsaufgel¨ost die Le-bensdauern der Minorit¨atsladungstr¨ager gemessen, in Bereichen hoher (Hτ-Bereiche) und niedriger Volumenlebensdauer (Nτ-Bereiche) Proben entnommen und diese mit Hall-Messungen untersucht.

Gleichzeitig wurde der Einfluss der Passivierung von Kristalldefekten mittels ato-maren Wasserstoffs auf die temperaturabh¨angige Majorit¨atsladungstr¨agermobilit¨at