Aus Bund und Ländern
Schiedsamt legt Arzneibudget für die KV Bayerns fest
MÜNCHEN. Das Arz- nei- und Heimittelbudget der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) für das Jahr 2000 ist um zwei Prozent ge- genüber dem Vorjahr erhöht worden. Diese Entscheidung fällte das Schiedsamt, nach- dem sich die KV und die Krankenkassen nicht hatten einigen können.
Dr. med. Lothar Wittek, Vorsitzender der KV B, kriti- sierte die Entscheidung des Schiedsamtes als „klare Be- grenzung der therapeutischen Chancen“. Die Erhöhung um zwei Prozent reiche nicht aus, um eine moderne, auf inno- vative Medikamente gestütz- te Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Wittek: „Aus medizinischer Sicht und im Hinblick auf den tatsächli- chen Versorgungsbedarf wä- re ein substanziell höherer Mitteleinsatz notwendig. Der Leidtragende ist letztlich der
Patient.“ JM
Modellprojekt zur besseren Brustkrebs- Früherkennung
FRANKFURT/M. Um ei- ne bessere Brustkrebs-Früh- erkennung zu erproben, ha- ben sich die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Krankenkassenverbände in Hessen auf ein Modellpro- jekt geeinigt – eines von bun- desweit drei Projekten, die der Bundesausschuss der Ärz- te und Krankenkassen emp- fohlen hat. Ab dem 1. Januar 2001 soll Frauen zwischen 50 und 69 Jahren ein qualitäts- gesichertes Mammographie- Screening angeboten wer- den. Nach einer dreijährigen Erprobung wird über die bundesweite Einführung ent- schieden.
Projektleiterin Dr. med.
Margrit Reichel, die mit der Abteilung gynäkologische Ra- diologie des Universitätskli- nikums Heidelberg und dem
Deutschen Krebsforschungs- zentrum zusammenarbeitet, hofft auf eine hohe Beteili- gung der Frauen, denn die sei „der wichtigste Indikator für eine gute Screening-Qua- lität“. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, werden am- bulante Screening-Zentren in der jeweiligen Region ein- gerichtet. Dort arbeiten Ra- diologen, Gynäkologen und psychologisch geschulte Assi- stenten zusammen.
Die Projektträger veran- stalten am 21. Juni ein Forum in Wiesbaden. Informationen:
Telefon: 0 69/7 95 02–5 80. pb
25 000 Deutsche gewöhnten sich im Mai das Rauchen ab
BERLIN. Fast 25 000 Deutsche haben im Mai er- folgreich an der internatio- nalen Nichtraucherkampagne
„Rauchfrei bis Mai – Quit and Win 2000“ teilgenommen und mit dem Rauchen aufgehört.
Deutschland beteiligte sich erstmals an der von der WHO unterstützten Kampagne, die alle zwei Jahre stattfindet.
Derzeit rauchen rund sie- ben Millionen Deutsche. Das Bundesgesundheitsministeri- um und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä- rung wollen künftig verstärkt Entwöhnungshilfen für ju- gendliche Raucher anbieten.
Zwar sei insgesamt ein Rück- gang der Raucherzahlen fest- zustellen, die Anzahl der jun- gen Erstkonsumenten steige
jedoch. EB
10 Jahre Bundesverband Torticollis
HAMM. Der Bundesver- band Torticollis, zu dem sich Erkrankte, Angehörige, Ärz- te und Therapeuten zusam- mengeschlossen haben, be- steht seit zehn Jahren. Anläss- lich des Jubiläums findet am 17. Juni in der Maximilians- halle in Hamm/Westfalen ei- ne Festveranstaltung statt. In- formationen: Bundesverband Torticollis, Telefon: 0 23 89/
53 69 88, Fax: 53 62 89. EB A-1638 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 24, 16. Juni 2000
S P E K T R U M BÜCHER/NACHRICHTEN
Theologie
Praktikabler Kompass
Heinz Zahrnt: Glauben un- ter leerem Himmel. Ein Lese- buch, Piper Verlag, München, Zürich, 2000, 257 Seiten, gebun- den, 39,80 DM
Nach seinem letzten Buch
„Das Leben Gottes“ (1997) legt der bekannte evangeli- sche Theologe und erfolg- reiche Schriftsteller ein neues Buch vor, das sich prima vista wie sein theologisches Testa- ment liest. Jedenfalls bemüht sich der Autor, und dies mit Erfolg, um eine Übersetzung seiner umfassenden theologi- schen Erkenntnisse in die weltliche Konkretion. Die Theologie „muss zur Welt kommen“. Die Thesen des jüngst 85 Jahre alt geworde- nen Verfassers sind Grundsät- ze einer neuen Theologie des Lebens, die die denkende Menschheit in alle Zukunft begleiten sollten. Sie sind ein praktikabler Kompass für die
„Suche nach Sinn“ im Leben anhand der Heiligen Schrift.
Hannes Sauter-Servaes, Singen
Theoretische Biologie
Eigenwillige Interpretation
Steven Rose: Darwins gefähr- liche Erben.Biologie jenseits der egoistischen Gene. Verlag C. H.
Beck, München, 2000, 363 Seiten, 46 Abbildungen, gebunden, mit Schutzumschlag, 49,80 DM
Steven Rose wendet sich gegen eine „DNA-zentrierte Sichtweise der Welt“, die sta- tisch und reduktionistisch sei, und fordert, dass der Dy- namik von Lebensprozessen mehr Beachtung geschenkt wird. Rose beruft sich auf den Begriff der Autopoiese, der in den 70er-Jahren von Hum- berto Maturana und Fran- cisco Varela geprägt wurde.
Hierbei wird der Selektions-
begriff erweitert: Der Orga- nismus kann seine Umwelt aktiv mitverändern und ist nicht nur passiv dem Selekti- onsdruck ausgesetzt.
Viel Neues hat Rose in seinem Buch nicht zu bieten.
Dafür zieht er langatmig und polemisch über die Moleku- larbiologie her. Genauso we- nig wie sich die Physiologie oder Chemie auf die Physik reduzieren lässt, sei es mög- lich, die Physiologie auf die
Molekularbiologie zu redu- zieren. Rose untermauert dies unter anderem mit dem Beispiel, dass verschiedene Ursachen zu hohen Choleste- rinwerten führen können. Ei- nen einzelnen Gendefekt hierfür verantwortlich zu ma- chen wäre reduktionistisch.
Andererseits verschweigt er, dass gerade bei vielen Erb- krankheiten ein direkter kau- saler Zusammenhang zwi- schen einem defekten Gen und der Erkrankung besteht.
So gebe es „keine lineare Beziehung zwischen Gen und Phänotyp“, sondern eine
„molekulare Demokratie“.
Komplexität und Determinis- mus werden als Gegensätze dargestellt.
Von diesen etwas eigen- willigen Interpretationen ab- gesehen, kritisiert Rose zu Recht die häufig gerade in der Laienpresse stattfindende Reduktion komplexer Ver- haltensweisen auf ein Gen, beispielsweise bei Krimina- lität oder Homosexualität.
Stephan Mertens, Köln