• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Nachgefragt" (25.06.2004)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Nachgefragt" (25.06.2004)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

S

elbstverständlich habe ich eine Pati- entenverfügung formuliert“, sagt Prof. Dr. med. Eggert Beleites, der als Vorsitzender eines Ausschusses der Bundesärztekammer (BÄK) wesent- lich an der Neufassung der ärztlichen Grundsätze zur Sterbegleitung mitgear- beitet hat. „Und Sie?“ Nein, würden wohl die meisten antworten. Dass Be- leites dem Thema aufgeschlossener ge- genübersteht, hat sicher auch mit einer vorübergehenden Tätigkeit zu tun.

Beleites war wie Ulrike Wollersheim von der Rechtsabteilung der BÄK Mit- glied der Arbeitsgruppe (AG) „Patien- tenautonomie am Lebensende“. Sie hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) am 10. Juni ihren Abschlussbe- richt übergeben. Er enthält neben The- sen und Empfehlungen an den Gesetzge- ber Ratschläge zu Vorüberlegungen und Formulierungshilfen für Patientenverfü- gungen (www.aerzteblatt.de/plus2604).

Zypries hat bereits einen Gesetz- entwurf angekündigt, um die Verbind- lichkeit von Patientenverfügungen und die Rolle des Vormundschaftsge- richts im Betreuungsrecht klarzustel- len. Das ist nach Auffassung der AG notwendig. So würden Patientenverfü- gungen, selbst wenn sie sich auf eine bestimmte Behandlungssituation be- ziehen, oft nur als Indiz für den Patien- tenwillen gewertet, nicht als eindeuti- ge Festlegung. Zudem fehle eine ge- setzliche Regelung, ob und wann eine Weigerung des Betreuers, lebenserhal- tenden Maßnahmen zuzustimmen, vom Vormundschaftsgericht geneh- migt werden muss.

Der Bundesgerichtshof hatte 2003 zwar bekräftigt, dass Patientenverfü- gungen als Ausdruck des Selbstbestim- mungsrechts verbindlich seien. Weiter- hin entschieden die Richter, dass bei Konflikten zwischen Arzt und Betreuer beim Abbruch lebenserhaltender Maß-

nahmen das Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden muss. Doch hatte der BGH wegen Unklarheiten in der Praxis eine gesetzliche Regelung nahe gelegt.

Die Arbeitsgruppe schlägt unter an- derem vor, dass die Befugnis eines Pa- tientenbetreuers so weit reichen sollte wie die des Patienten. Konkret solle ein Vertreter auch dann die Zustim- mung zu einer lebenserhaltenden oder -verlängernden Maßnahme wirksam verweigern können, wenn das Grund- leiden des Patienten noch keinen irre- versiblen Verlauf genommen hat – so- fern dies dessen mutmaßlichem Willen entspricht. Eine solche Verweigerung

bedürfe der Genehmigung des Vor- mundschaftsgerichts, außer wenn sich Arzt, Behandlungsteam und Vertreter einig seien, dass ihre Entscheidung dem mutmaßlichen Patientenwillen entspricht. Dann solle das Vormund- schaftsgericht lediglich bei Verdacht auf Missbrauch angerufen werden können. Gerd Schwonburg, als Justizi- ar der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Mitglied der AG, geht das zu weit. Entscheidungen eines Vertreters oder Betreuers, die das Sterben eines Patienten zur Folge haben könnten, sollten grundsätzlich einer gerichtlichen Kontrolle unterlie- gen, befand er.

Auf Kritik stieß aber der Vorschlag der AG, § 216 Strafgesetzbuch (Tötung auf Verlangen) um den Hinweis zu er- gänzen, dass passive und indirekte Ster- behilfe nicht strafbar sind (DÄ, Heft 25/2004). „Eine gesetzlich garantierte Straffreiheit der passiven Sterbehilfe macht es noch schwieriger zu überprü- fen, ob Ärzte im Sinne der Patienten ge- handelt haben“, urteilte die Deutsche Hospiz Stiftung. Sabine Rieser P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2625. Juni 2004 AA1857

Patientenverfügungen

Vorschläge für die Praxis

Die Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am

Lebensende“ hat klarere gesetzliche Vorgaben eingefordert.

DÄ: Die Arbeitsgruppe

„Patientenautonomie“ hat den Gesetzgeber aufgefor- dert, Patientenverfügungen mehr Geltung zu verschaf- fen. Ist das im Sinn der mei- sten Ärztinnen und Ärzte?

Beleites:Die Ärzteschaft ist wie die gesamte Gesell- schaft: vielfältig in ihren Mei- nungen. Wir haben im We- sentlichen beschrieben, was schon jetzt Gesetzeslage ist.

DÄ:Sie plädieren für Pati- entenverfügungen?

Beleites: Ja, denn sie sind geeignet, viele Men- schen in die dahinter stehen- de Problematik einzuführen.

Auch wenn man sich im Mo- ment nicht festlegen möchte und die Behandlung vertrau- ensvoll lieber einem Arzt überlassen will, ist das eine Patientenverfügung. Aber

mit den Themen schwere Krankheit, Sterben, Tod hat man sich dann schon einmal befasst. Das kann man früh.

Ich habe neulich über Patien- tenverfügungen mit einer Abiturientenklasse gespro- chen. Das ging sehr gut, weil die jungen Leute dem Thema gegenüber aufgeschlossen waren, aber sich selbst noch nicht so betroffen fühlten.

DÄ:Wenn man medizini- scher Laie ist, benötigt man zuvor aber doch den Rat ei- nes Arztes, oder?

Beleites: Das ist keine Pflicht, aber unbedingt emp- fehlenswert. Im Grunde ist eine Aufklärung über die medizinischen Möglichkei- ten, die man wählen oder ausschließen möchte, so be- deutend wie die Bespre- chung der Situationen, in denen die Verfügung gelten soll.

DÄ:Sind all die Ratschlä- ge und Formulierungen im Bericht nicht zu kompliziert für manche Menschen?

Beleites:Fast alles kann zu kompliziert sein für man- che Menschen. Aber jeder sollte versuchen, sich mit sei- ner Umgebung und einem vertrauten Arzt zu bespre- chen und dann etwas festzu-

legen. )

Prof. Dr. med. Eggert Beleites

Foto:Eberhard Hahne

Nachgefragt

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wer selbst keinen Gewinn erwirt- schaftet, ist auf andere angewiesen: Das IOWH finanziert sich aus Spenden.Von den 17,39 Millionen US-Dollar, die das Leishmaniose-Projekt

Parallel dazu setzte Schrappe sich dafür ein, Patien- tensicherheit auch innerhalb der Gesell- schaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung (GQMG) zum Thema zu

DÄ: Prädiktive genetische Untersuchungen sollen nur durch Fachärztinnen und Fachärzte für Humangenetik oder durch Ärzte mit einer entsprechenden Zusatzqualifikation vorgenom- men

Die Landesärztekammer Rhein- land-Pfalz wiederum will nicht nur in der Ministeriumsarbeitsgruppe mitwirken, sondern wird eine eigene zum Thema Abbau von Bürokratie gründen..

Ministerpräsident Steinbrück beton- te, dass es sich beim Masterplan um ei- nes der anspruchsvollsten Projekte der NRW-Landesregierung handele.. Denn die Gesundheitswirtschaft

Würden die Versorgungsstrukturen neu ausgerichtet, gäbe es auch eine neue Ausrichtung der KVen. Am Körper- schaftsstatus und der Zwangsmitglied- schaft solle man allerdings

Wenn man sich überlegt, wie der größte Teil des Zwanzigsten Jahrhunderts ausge- sehen hat, wenn wir andererseits sehen, was sich zum Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts und am Beginn

Andreas Köhler, könnten aller- dings die Äußerungen auch dahinge- hend interpretiert werden, dass inner- halb der Selbstverwaltung ein Partner darauf vorbereitet werden soll, den