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Archiv "Nachgefragt" (08.07.2005)

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nun die Entwicklung lokaler Gesund- heitsstrukturen. Für die Programme werden aber voraussichtlich nur 25 Millionen Euro benötigt. „Wir können nicht alle Spenden zweckgebunden einsetzen“, räumte Christiane Löll, Sprecherin von „Ärzte ohne Grenzen“

ein. Die Hilfsorganisation kontaktiert nun die Spender und bittet um die Freistellung der Mittel. Die Resonanz sei überwiegend zustimmend, so Löll.

Zum Vergleich: 100 Millionen Euro entsprechen dem Gesamtbudget im Jahr 2003 von „Ärzte ohne Grenzen“

für die Länder Angola, Afghanistan, Demokratische Republik Kongo, Libe- ria, Sudan und Äthiopien.

„Es waren viel zu viele Spenden. Der Schock war so groß, dass alle helfen woll- ten“, erklärt Wolfgang Garatwa, Projekt- koordinator für den Wiederaufbau in Sri Lanka von der Deutschen Gesellschaft

für Technische Zusammenarbeit (GTZ).

Garatwa ist der Meinung, dass zu viele Hilfsorganisationen vor Ort waren und sind. Aus seiner Sicht wird der Wieder- aufbau dadurch nicht beschleunigt. „Es gibt einfach nicht mehr Material und Arbeitskräfte“, so Garatwa. Unter den Hilfsorganisationen sei eine Konkur- renzsituation entstanden, die zum Teil schon Materialpreise in die Höhe treibe.

Bürokratische Hindernisse

Vielfach gibt es bürokratische Hinder- nisse, die den Einsatz der Gelder verzö- gern. So gestattet die Regierung von Sri Lanka die Wiederansiedlung nur mit ei- nem Abstand von 100 Metern zur Küste.

„Die Probleme der damit verbundenen Landfragen sind riesig“, meint Garatwa.

Er plädiert dafür, Hilfsprojekte immer auch kritisch zu überdenken. „Durch zu viel Hilfe von außen geht die Selbsthilfe- kapazität zurück“, betont er. Gut ge- meint ist nicht immer auch gut gemacht.

Der Phuket Tourist Association schwebt eine andere Art der Hilfe vor.

„Nehmen Sie am Wiederaufbau teil, indem Sie Ferien machen“, heißt es im Internetauftritt der Vereinigung. Auch Sibylle Zeuch, Pressesprecherin des Deutschen Reisebüro und Reiseveran- stalter Verbandes, teilt diese Ansicht:

„Das ist die beste Unterstützung für die Menschen vor Ort.“ Die Kunden sehen das zurzeit noch etwas anders. Kein Wunder, denn über 500 deutsche Touri- sten kamen bei der Flutkatastrophe ums Leben. „Im Bereich der betroffe- nen Gebiete gibt es noch deutliche Ein- brüche bei den Buchungen“, sagt Bettina Kraemer, stellvertretende Marketing- chefin des Verkehrsamtes Thailand, Frankfurt. Auf Phuket seien inzwischen alle Hotels wieder in Betrieb, in Kao Lack etwa die Hälfte.

Die große Spendenbereitschaft ist möglicherweise für die Katastrophen- region eine Chance zum langfristigen Aufbau besserer Strukturen. Allerdings hätten auch die ganz alltäglichen,

„chronischen“ Katastrophen mehr Be- achtung verdient.An Aids sterben welt- weit mittlerweile genauso viele Men- schen, wie der Tsunami-Katastrophe zum Opfer fielen – und zwar jeden Monat. Dr. med. Birgit Hibbeler T H E M E N D E R Z E I T

A

A1946 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 278. Juli 2005

DÄ:Welche Eindrücke ha- ben Sie aus der Katastro- phenregion mitgebracht?

Schmitz:Mein erster Be- such in Indonesien war An- fang Januar. Das Ausmaß der Zerstörung war unvorstell- bar. In der Provinz Aceh im Norden Sumatras ging es in der akutmedizinischen Ver- sorgung gar nicht so sehr um Schwerverletzte. Die Flut- welle kam hier mit einer un- glaublichen Wucht an. Wer von der Welle erfasst wurde, hatte keine Chance.

DÄ: Welche Hilfsleistun- gen hat der Malteser Aus- landsdienst initiiert?

Schmitz: Zunächst Not- hilfeleistungen, das heißt:

Trinkwasserversorgung, Hy- gienemaßnahmen, Errich- tung von Notunterkünften und Impfprogramme. Wir sind in allen von der Kata- strophe betroffenen Ländern aktiv. Jetzt sind wir in der Phase des Wiederaufbaus angelangt. Dazu gehören Bau und Ausstattung von Gesundheitseinrichtungen, außerdem die Ausbildung und Unterstützung von lokalem Fachpersonal.

DÄ: Funktioniert die Zu- sammenarbeit der Hifsorga- nisationen mit den lokalen Behörden?

Schmitz:Am Anfang war die Lage extrem chaotisch, aber damit muss man rech-

nen, wenn man einen sol- chen Hilfseinsatz startet.

Die Koordinierungsstrukturen haben sich stetig verbessert.

Die indonesische Regierung beispielsweise hat Enormes geleistet.

DÄ:Trifft aber eine solche Katastrophe arme Länder nicht umso schwerer?

Schmitz:Sicher, sie sind anfälliger für Katastrophen.

Aceh ist zudem eine Konflikt- region, hatte daher eine man- gelhafte Gesundheitsversor- gung und eine unzureichende Impfabdeckung mit einem entsprechend hohen Risiko für Epidemien. Ziel ist es hier nicht, den Zustand vor dem Seebeben wieder herzustel- len, sondern die Chance zu nutzen, eine adäquate Versor- gung für mittellose Menschen sicherzustellen.

DÄ:Wie weit ist das Le- ben in den betroffenen Re-

gionen noch von der Norma- lität entfernt?

Schmitz: Das ist regio- nal sehr unterschiedlich, da auch das Ausmaß der Zer- störung unterschiedlich war.

Durch die bisherigen Maß- nahmen ist sichergestellt, dass die Menschen Zugang zu Trinkwasser und Gesund- heitsversorgung haben. Ich gebe ein Beispiel von einem Dorf in Indonesien: Von 1 500 Einwohnern sind 210 ums Leben gekommen. Das Dorf ist komplett ausradiert, und alle haben ihre Fischer- boote verloren. Für die er- sten Aufräumarbeiten haben wir die Dorfbewohner tage- weise angestellt und ent- lohnt. Die Menschen leben jetzt übergangsweise in Großzelten.

DÄ:Wieso ist es nicht ge- lungen, innerhalb eines hal- ben Jahres dauerhafte Unter- künfte zu errichten? Ge- nügend Spendengelder sind doch vorhanden.

Schmitz:Wir haben jetzt mit dem Häuserbau angefan- gen, aber man kann nicht einfach sagen: Hier sind 3 000 Euro, und damit kannst du dein Haus wieder aufbau- en. Die lokalen Baubehörden müssen mit einbezogen wer- den. Vielfach sind zunächst Grundstückfragen zu klären.

Vorschnelles Handeln schafft keine langfristigen Lösun- gen. Bis diesbezüglich Nor- malität einkehrt, werden noch Jahre vergehen. ) Dr. med. Peter Schmitz

ist Facharzt für Chirur- gie und leitender Arzt des Malteser Auslands- dienstes.

Foto:privat

Nachgefragt

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