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Archiv "Medizingeschichte(n): Infektionskrankheiten" (28.11.2003)

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M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4828. November 2003 AA3179

schen Rechtssystem allgemein der Grundsatz, dass sich niemand selbst strafrechtlichen Ermittlungen auszuset- zen braucht, doch gilt gleichzeitig für den leichenschauenden Arzt – und hier kann Identität zu dem einen iatrogenen Zwi- schenfall auslösenden Arzt gegeben sein – dass er seine Feststellungen bei der Lei- chenschau sorgfältig und nach bestem Wissen zu machen hat. Es kann also eine echte Interessenkollision zwischen ord- nungsgemäß durchzuführender Leichen- schau einerseits und der dadurch aus- gelösten Gefahr, Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsver- fahrens andererseits zu werden, beste- hen. Der in einem derartigen Interes- senskonflikt stehende Arzt kann etwa ei- nen Kollegen bitten, nach Information über die Todesumstände die Leichen- schau durchzuführen. In Krankenhäu- sern sollte per Dienstanweisung geregelt sein, dass in derartigen Fällen nicht der betroffene Arzt selbst die Leichenschau durchführt. Von einer Qualifikation der Todesart als natürlich mit der Zielset- zung sich „Ärger zu ersparen“, ist abzu- raten, da – sollten später Verdachtsmo- mente gegen den Arzt laut werden und der Todesfall zu behördlicher Kenntnis gelangen – der Arzt sich dem Argwohn ausgesetzt sieht, einen möglichen Be- handlungsfehler vertuschen zu wollen. In derartigen Fällen dient gerade die Durchführung einer gerichtlichen Ob- duktion auch den Interessen des Arztes, da durch die Obduktion Grundleiden und Todesursache objektiv abgeklärt werden und erst auf dieser Grundlage zur Frage eines Behandlungsfehlers und der Kausalität eines Behandlungsfehlers zum Todeseintritt Stellung genommen werden kann. Ein Ablaufschema zur Durchführung der Leichenschau gibt die Grafik.

Fazit

Die Leichenschau ist eine außerordent- lich verantwortungsvolle ärztliche Auf- gabe, mit der der Arzt die letzten Diagno- sen für seinen ihm oftmals über Jahre be- kannten Patienten stellen muss. Bei den etwa 850 000 Todesfällen pro Jahr in der Bundesrepublik Deutschland und dem bei der Leichenschau zu bewältigenden Aufgabenkanon ist zunächst der behan-

delnde Arzt der kompetenteste für ihre Durchführung, da seine Kenntnisse zur Anamnese, Symptomatik und Umstän- den des Todeseintritts von einem ande- ren Arzt, der den Patienten nicht kannte, jeweils erfragt werden müssten.Würde in allen Todesfällen die Leichenschau – wie von Kriminalisten und Staatsanwälten gefordert – einem amtlichen Leichen- schauer übertragen, kann man sich die Szenen ausmalen, die entstehen, wenn der amtliche Leichenbeschauer vom be- handelnden Kollegen in Klinik und Pra- xis Aufschluss über Anamnese und Be- handlung verlangt.

Andererseits sollte es bei objektiver Überforderung des Leichenbeschauers die Möglichkeit geben, nach sicherer Feststellung des Todes durch einen kom- petenten Arzt eine adäquate Leichen- schau durchführen zu lassen. Derartige flexible Lösungsmöglichkeiten haben sich inzwischen für Stadtstaaten wie Bre- men und Hamburg bewährt, sie wären je- doch auch für Flächenstaaten anzustre- ben. Während bei der Behandlung eines lebenden Patienten ein Arzt wegen eines Übernahmeverschuldens in Haftung ge- nommen werden kann, wenn er eine Be- handlung, zu der er nicht qualifiziert ist, übernimmt, wird von jedem Arzt erwar- tet, dass er auch in schwierigen Fällen be- fähigt ist, eine Leichenschau ordnungs- gemäß durchzuführen. Dabei beschränkt sich die Ausbildung zur ordnungs- gemäßen Durchführung einer Leichen- schau in der Regel auf den Leichen- schaukurs während des Studiums. Da- nach gibt es keine strukturierte Ausbil- dung zur Durchführung einer ärztlichen Leichenschau; dies ist in Zukunft unbe- dingt zu ändern,um die Sicherheit bei der Durchführung der Leichenschau zu er- höhen.

Manuskript eingereicht: 26. 6. 2003, revidierte Fassung angenommen: 24. 7. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 3161–3179 [Heft 48]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das bei den Verfassern erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4803 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Burkhard Madea Institut für Rechtsmedizin

der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Stiftsplatz 12, 53111 Bonn

E-Mail: B-Madea@uni-bonn.de

MEDIZINGESCHICHTE(N)

Infektionskrankheiten Kontagium

Zitat:„Ich werde jetzt die Gründe an- führen, welche beweisen, daß die Ma- terie der Kontagien nicht nur eine or- ganische, sondern auch eine belebte, und zwar mit individuellem Leben begabte ist, die zu dem kranken Kör- per im Verhältnisse eines parasiti- schen Organismus steht. Dem Prin- zip nach stimmt diese Ansicht über- ein mit der alten Theorie vom Con- tagium animatum, die oft bekämpft, und in verfeinerter Form immer wie- der neu aufgetreten ist, denn in der Tat mussten die Erscheinungen im Verlaufe der kontagiösen Krankhei- ten zu allem Zeiten auf dieselben führen. Dagegen will ich mich ver- wahren gegen eine scheinbare Über- einstimmung, welche, oberflächlich betrachtet, die Lehre von dem Leben des Kontagiums mit einer pathologi- schen Theorie zeigen möchte, die als Residuum der Naturphilosophie in Deutschland noch viele Anhänger, und unter denselben Männern von großem wissenschaftlichem Einfluß zählt. Nicht das Kontagium, sondern die Krankheit wird von dieser Schule als ein parasitischer Organismus oder zweideutiger noch, als ein parasiti- scher Lebensprozeß betrachtet. Das Kontagium ist der Keim oder Same dieses parasitischen Wesens mit ge- borgtem Körper, durch welchen das- selbe sich fortpflanzt. [...]

Die Krankheiten gleichen einan- der, weil die Ursachen derselben ein- ander gleichen. Das Kontagium in unserm Sinne ist also nicht der Keim oder Same der Krankheit, sondern der Krankheitsursache [...]. Nicht der Same der Krankheit, sondern der Krankheitsursache wird geimpft.“

Jakob Henle: Von den Miasmen und Kontagien und von den miasmatisch-kontagiösen Krankheiten (1840). In: Klassiker der Medizin; Bd. 3. Leipzig, 1910;

S. 25 f. – Der Anatom und Physiologe Henle (1809–1885), ein Schüler von Johannes Müller, nahm mit dieser Schrift die Prinzipien der späteren Bakterio- logie vorweg.

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