A1624 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 30⏐⏐25. Juli 2008
P H A R M A
B
ei der Behandlung der Schi- zophrenie geht es längst nicht mehr nur darum, eine gute Kontrolle der Positivsymptomatik zu erzielen. Die Therapieziele sind umfassender, angestrebt wird eine möglichst weitreichende Remission der Beschwerden, wobei gleichzei-tig alles getan werden muss, um die Langzeit-Compliance der Patienten zu stärken. Wichtig hierfür sei es, die kognitiven Fähigkeiten des Patien- ten sowie seine berufliche Leis- tungsfähigkeit wiederherzustellen, für eine affektive Stabilität zu sorgen, das psychosoziale Funktionsniveau
zu verbessern und die Lebens- qualität nachhaltig wieder zu stei- gern, hieß es bei einem Presse- gespräch in Bonn.
Wie wichtig die Compliance der Patienten ist, machte Dr. Frank Bergmann (Aachen) deutlich: „Das Absetzen der Medikamente ist einer der stärksten Prädiktoren für einen Rückfall.“ Rezidive aber seien das zentrale Problem bei der Schizo- phrenie und das im Hinblick auf die Prognose der Patienten wie auch auf die wirtschaftliche Situation, meinte der Wissenschaftler. Ihnen entgegenwirken lasse sich durch nicht medikamentöse Maßnahmen, wie beispielsweise eine gute Psy- choedukation, bei der sowohl Pati- enten als auch ihre Angehörigen in die Therapieplanung einbezogen werden. Diese Strategie aber sei derzeit im Rahmen der Regelversor- gung kaum zu realisieren, sondern nur im Rahmen von Projekten zur integrierten Versorgung.
Wichtig ist nach Bergmann auch die Wahl der richtigen, für den individuellen Patienten geeigneten Medikation. Diese sollte gut ver- träglich sein, am besten lang wirk- sam und einfach oral einzuneh- men, denn so Bergmann: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Mehrzahl der Patienten die Behandlung mit Tabletten be- vorzugt.“
Gute Voraussetzungen für eine effektive Langzeittherapie der Schi- zophrenie bietet nach Aussage von Prof. Wolfgang Gaebel (Düsseldorf) daher die Behandlung mit der re- tardierten Form des Atypikums Quetiapin (Seroquel®Prolong). Der Wissenschaftler hob als praxisrele- vant hervor, dass sich das Präparat schnell aufdosieren lasse – was ne- ben der einmal täglichen Gabe die Behandlung weiter vereinfache – und zur Nacht eingenommen werde.
Es bessere die Positiv- wie auch die Negativsymptomatik, wirke De- pressionen entgegen und habe zu- dem günstige Effekte auf kognitive
Störungen. I
Christine Vetter
Pressekonferenz „Gelingt der Transfer des wissen- schaftlichen Fortschritts in die Praxis? Möglichkeiten und Realität der Versorgung von Schizophrenie-Patien- ten“ in Bonn, Veranstalter: Astra-Zeneca
KURZ INFORMIERT
Rote-Hand-Brief zu Exjade®–Novartis-Phar- ma informiert über aktualisierte Sicherheitsaspek- te hinsichtlich seines Präparats Exjade (Wirkstoff:
Deferasirox), eines oral wirksamen Chelatbildners mit hoher Selektivität für dreiwertiges Eisen. Der Wirkstoff ist zugelassen zur Behandlung der chronischen Eisenüberladung aufgrund häufiger Transfusionen, oder wenn die Gabe von Deferoxa- min kontraindiziert oder unangemessen ist. Nach Herstellerangaben sind im Zusammenhang mit der Gabe von Deferasirox vermehrt Fälle von Leberfunktionsstörungen, gastrointestinalen Blutungen und Ulzera sowie renalen Tubulopathien aufgetreten. Die medizinischen Fachkreise werden gebeten, jeden Verdacht auf eine uner- wünschte Wirkung im Zusammenhang mit der Anwendung von Exjade zu melden. Kontaktinfor- mationen: Novartis-Pharma GmbH, Infoservice, 90327 Nürnberg, Telefon: 0 18 02/23 23 00 (sechs Cent pro Anruf aus dem deutschen Fest- netz), Fax: 09 11/2 73-1 26 53.
Rote-Hand-Brief zu Avastin®in Kombination mit Sunitinibmaleat –Die Roche-Pharma AG weist in einem Rote-Hand-Brief die Fachkreise auf neue, sicherheitsrelevante Erkenntnisse bezüglich der gleichzeitigen Anwendung von Avastatin (Beva- cizumab) mit Sunitinibmaleat hin. In einer Dosis- findungsstudie der Phase I, in der Avastin zusam- men mit Sunitinibmaleat in ansteigender Dosierung bei Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom angewendet wurde, traten bei fünf von zwölf Patienten, die die höchste Dosis an Sunitinibmaleat erhalten hatten (50 mg einmal täglich), Laborwert- veränderungen auf, die auf eine mikroangiopathi- sche hämolytische Anämie schließen ließen. Zwei
der Fälle wurden als schwer eingestuft. Doch innerhalb von drei Wochen nach Absetzen beider Arzneimittel waren die Symptome ohne zusätzliche Interventionen reversibel.
Roche weist darauf hin, dass Avastin bisher noch in keiner Indikation in Kombination mit Sunitinibmaleat zugelassen ist. Die gegenwärtig vorliegenden Daten lassen noch keine abschließen- de Sicherheitsbeurteilung der gleichzeitigen Anwendung von Avastin mit Sunitinibmaleat zu.
Für weitere Fragen steht die Roche- Pharma AG zur Verfügung unter Telefon: 0 76 24/14-20 75, Fax: 0 76 24/20 26.
Roche-Pharma stellt die HIV-Forschung ein – Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, wird Roche-Pharma die HIV-Forschung einstellen.
Der Grund: Keines der Medikamente, die derzeit in der klinischen Prüfung sind, stelle einen be- deutsamen Fortschritt im Vergleich zu schon exis- tierenden Substanzen dar. Die drei HIV-Medika- mente, die Roche bisher vertreibt (T-20, Nelfinavir und Saquinavir) werden weiter hergestellt. Das Gleiche gilt für die bestehenden HIV-Diagnostika.
Somatostatin-Analogon zur Selbstinjektion zugelassen –Das Präparat Somatuline Autogel® (Ipsen-Pharma) kann nach angemessenem Training jetzt auch selbst oder durch eine nahe stehende Person injiziert werden. Die Zulassungs- studie zeigt, dass die Selbstinjektion ebenso effektiv und zuverlässig wirkt, wie die Injektion durch den Arzt oder eine geschulte Helferin.
Patienten mit Akromegalie oder neuroendokrinen Tumoren können dadurch ihr Leben unabhängi-
ger gestalten. EB
SCHIZOPHRENIE