DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Balint-Gruppenarbeit
peuten zu verwirklichen. Weitere Ziele seien die Förderung der In- ternationalen Kontakte, beson- ders zur Bundesrepublik Deutsch- land, zur Schweiz und zu Öster- reich sowie zur Internationalen Balint-Gesellschaft.
E. Schnell (Budapest) erinnerte in seinem Referat daran, daß die er- sten Balint-Gruppen schon in den 30er Jahren in Budapest unter M.
Balints Leitung entstanden seien.
Namen wie Ferenczi (Freud-Schü- ler, Lehranalytiker von M. Balint), Selye (Begründer der Streß-Theo- rie), Alexander (Psychosomatik), Szondi („Schicksalsanalyse")— al- le arbeiteten in Ungarn — zeigten, wie tief die Psychologie und psy- chosomatische Denkweise in der ungarischen Medizin verwurzelt sei. „Die traurigen und wohlbe- kannten Ereignisse der Geschich- te" hätten M. Balint 1939 zur Emigration nach England ge- zwungen, wo er seine Arbeitsme- thode erst richtig entwickelt und vervollständigt habe. So sei sein Name und sein Werk in vielen Tei- len der Welt viel bekannter und habe überall eine viel größere Auswirkung auf die Medizin ge- habt als in seinem Heimatland.
Die Psychoanalyse sei in Ungarn jahrzehntelang keine anerkannte Methode gewesen, die Psycholo- gie sei an den medizinischen Fa- kultäten nicht unterrichtet wor- den. Inzwischen hätten beide wie-
der ihren Platz an den medizini- schen Fakultäten. Die Balint-Ar- beit werde öffentlich gefördert.
1968 sei die Wissenschaftliche Gesellschaft Ungarischer Allge- meinpraktiker gegründet worden, wenig später auch eine psychoso- matische Arbeitsgruppe, welche die ersten Balint-ähnlichen Grup- pen unter der Leitung psy- chotherapeutisch erfahrener Psychiater gebildet hätten; diese hätten aber weder an einer analy- tischen Ausbildung noch an Grup- penleiterkursen teilgenommen.
Solche, weitgehend isolierte Ba- lint-Gruppen gäbe es überall in Ungarn, aber ohne Supervision, ohne Verbindung untereinander und ohne eine eigene Balint-Ge- sellschaft. Die genannte psycho- somatische Arbeitsgruppe sei als Sektion der vor vier Jahren ge- gründeten Ungarischen Psychia- trischen Gesellschaft seit zwei Jahren korrespondierendes Mit- glied der Internationalen Balint- Gesellschaft.
G. Petri (Szeged) wies in seinem Referat darauf hin, daß die in Un- garn an die Staatsbürgerschaft gebundene Krankenversicherung zu einer übertriebenen Inan- spruchnahme der ärztlichen Ver- sorgung sowie zu einer uner- wünschten, sogar schädlichen Zu- nahme des Arzneimittelverbrau- ches geführt habe, aber auch
„zum Verlust des persönlichen Kontaktes und der unentbehr- lichen Intimität in der Arzt-Patient- Beziehung". In Ungarn seien etwa die Hälfte der kranken Menschen als psychosomatisch Kranke ein- zuschätzen; das sei eine verblüf- fende Zahl von Kranken, die ja kei- ne Simulanten seien, da sie wirk- lich leiden und anstatt teurer Me- dikamente den Arzt als Arznei im Sinne von Balint benötigten. Be- ruhigend sei, daß die ungarische Staatsführung das Problem er- kannt habe und die großen Mög- lichkeiten der Balint-Arbeit aner- kenne. Die medizinische Psycho- logie sei als Pflichtfach in das Uni- versitätscurriculum der medizini- schen Fakultät eingeführt worden.
Michael Balint, Arzt und Psycho- analytiker, wurde 1896 in Buda- pest geboren. Ende Mai 1986 wird anläßlich seines 90. Geburtstages ein Internationaler Balint-Ge- dächtnis-Kongreß in Budapest durchgeführt werden. Auskunft und Anmeldung an: MOTESZ Kon- greß-Bureau, Kossuth Lajos Ter 4., H 1055 Budapest V., oder über:
Deutsche Balint-Gesellschaft e. V., Geschäftsstelle: Frau Dr.
med. M. Stubbe, Schlopweg 65 — D-3320 Sarzgitter-Bad.
Dr. med. Hans H. Dickhaut Arzt für Nervenheilkunde
— Psychotherapie — Lutherstraße 10 6350 Bad Nauheim 1
FÜR SIE GELESEN
Somatostatin bei der Ösophagusvarizenblutung
Unter den medikamentösen Maß- nahmen bei der Ösophagusvari- zenblutung spielen bislang nur das Vasopressin und seine Analo- ga eine größere Rolle, obwohl ge- zeigt werden konnte, daß Somato- statin (SRIF), im Handel als Soma- tofalk® oder Stilamin®, den Pfort- aderdruck ebenfalls nachhaltig zu senken vermag. In einer randomi-
sierten Studie an 20 Patienten wurden beide Substanzen mitein- ander verglichen. In allen acht Fäl- len, in denen Somatostatin in ei- ner Dosierung von 250 p,g/h zum Einsatz kam, sistierte die Blutung;
eine Rezidivblutung bei zwei Pa- tienten konnte durch die erneute Gabe von SRIF zum Stillstand ge- bracht werden. Unter Vasopressin (0,4 E/min) sistierten vier von 12 Varizenblutungen; bei den acht Therapieversagern erfolgte dann eine Ballontamponade. Da Ne-
benwirkungen oder Komplikatio- nen unter Somatostatin nicht be- obachtet wurden, muß der Sub- stanz auch wegen der größeren
Effizienz gegenüber dem Vaso- pressin bei der medikamentösen Behandlung der Ösophagusvari- zenblutung der Vorzug gegeben werden.
Jenkins, S. A.; J. N. Baxter; W. A. Corbett; P.
Devitt; J. Ware; R. Shields: Somatostatin and variceal haemorrhage. Lancet I (1984) 680. De- partment of Surgery, University of Liverpool, Liverpool L69 3BX, England.
1528 (80) Heft 20 vom 15. Mai 1985 82. Jahrgang Ausgabe A