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(1)

645

Additamenta über die Inschrift Mesa's.

Von Konst. Schlottmann

m.

Prof. Petermann hat den obigen Bericht „Uber die Auftindung

der Moabitischen Inschrift" auf meinen ausgesproclienen Wunsch

unsrer Zeitschrift zur Veröffentlichung übergeben. Ich knüpfe daran

einige Bemerkungen, indem ich dabei zugleich eiuige andre Mit¬

theilungen benutze, für welche ich ihm meinen besteu Dank aus¬

zusprechen habe, nämlich einen an ihn gerichteten wichtigen Brief

des Entdeckers der Inschrift, des Missionars A. F. Klein, und die

beiden Quarterly statements of the Palestine exploration fund vou

Januar bis Ende Juni d. J. Ausserdem besitze ich ein im Mai d. J.

an mich gerichtetes Schreiben des Kanzlers des norddeutschen Con¬

sulats, des Dr. Oscar Meyer, der leider seitdem durch einen frühen

Tod uns entrissen ist. Es ist ausführlicher als die oben S. 236

veröffentlichten aus derselben Quelle stammenden Mittheilungen.

Das Moabitische Denkmal ist seit den ersten Veröffentlichungen

Ganneau's und Vogüe's als Säule {an'iXrj) bezeichnet worden (vgl.

oben S. 215). Die ungefähren Dimensionen gab Ganneau auf 1 Me¬

ter Höhe, 60 Centimeter Breite und Dicke an. Ihm zufolge wären

nur die beiden oberen Seiten, recbts und links von der Inschrift,

abgerundet gewesen. Klein hat hier das Genauere, da er deu Stein

noch in seiner Vollständigkeit gesehen , gemessen und abgezeichnet

hat. Seinen Angaben zufolge ist aber das Denkmal

vielmehr als Tafel zu bezeichnen, halb so dick als breit

und an allen 4 Ecken abgerundet. Er bestimmt die drei Dimen¬

sionen zu 113, 70 und 35 Centimeter. Nach seinem Bericht in

dem erwähnten Quarterly statement (April bis Juni 1870 S. 282)

fand er den Stein „among the ruins of Diban" (die er leider nicht

näher beschreibt), die Inschrift oben liegend. Er liess darauf den

schweren Basalt ^) durch vier Männer herumwälzen , um die Kehr-

1) Vgl. oben S 253—260 und S. 438—460.

2) üiiss der Stein Basalt sei, ist dureli den Transport der Fragmente nach Jerusalem zweilcllos geworden.

(2)

Schlottmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. III.

seite zu sehen. Sie war ohne Inschrift. Nach der von ihm in

dem erwähnten Briefe an Prof. Petermann mitgetheilten Skizze hatte

der Stein die folgende Gestalt:

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Klein fand die ganze Inschrift sehr wohl erhalten : nur am

unteren Theile waren „einige Zeilen etwas verwischt". Mit Hecht,

bemerkt er (Pal. expl. fund a. a. 0.), dass hier wegen der abge¬

rundeten Ecken nicht so viel Worte fehlen, als man nach Ganneau's

Zeichnung vermuthen musste. Ich füge hinzu, dass die von Klein

wahrgenommene abgerundete Gestalt des Steines auch noch in einer

anderen Beziehung wichtig ist. Wir erhalten erst dadurch nämlieh

die Gewissheit, dass die Inschrift nach unten hin mit der o4sten

1) Zuerst bezeichnete Kl. diesen Theil als den obern (s. oben den Bericlit Peterin.inns S. 640). Ein solches Versehen gereicht demselben , da er ein aus¬

gezeichneter Kenner des Neu-Arabischen, aber kein Epigraphiker ist, nicht zum Vorwurfe. Es wird aber die Gleichförmigkeit dos Steines an dem ohern und untern Theile dadurch hestätigt. Auch bemerkt Kl. (Pal. e.\pl. fund a. a. O.) ausdi-ücklich , dass die Länge der Zeilen an dem ubern und untern Theilt

gleichmässig abnahm.

(3)

Schloltmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. III. 647

Zeile abgeschlossen gewesen ist. Wäre das Denkmal eine Säule

gewesen, so würde durch die von Ganneau dargebotenen Nachrichten

nicht die Möglichkeit abgeschnitten, dass eiu unterer Theil der Säule,

und damit auch der Inschrift, noch in der Erde stäke oder schon

früher verloren gegangen wäre. Nun aber steht es fest, dass die

Inschrift Z. 31—34 mit dem kurzen Bericht über einen Kampf im

Süden des Landes (s. obeu S. 146 f. und in m. Schrift S. 25) ab¬

schliesst, dass sie mithin vor dem 2 Kön. 3, 6 ff. dargestellten

Kriege abgefasst wordeu ist. — Fraglich bleibt es, ob der abgc-

ruudcte Stein auf eiuem Fundament frei aufgestellt, oder ob er,

was uus wabrscheiulicher vorkommt, in irgend eiuer Bauliehkeit der

ym2 nTpa eingemauert gewesen ist. Die Vergleichung ähnlich ge¬

formter Steine würde in dieser Beziehung von Interesse sein. Dem

classischen Alterthum ist die betreffende Form, weun wir von der

Anwendung derselben im kleinsten l^assstabe bei geschnittenen Stei¬

nen (Gemmen) absehen, so viel ich weiss, völlig fremd.

Prof Petermann's Aufsatz ist der erste dem deutschen wissen¬

schaftlichen Publicum von deutscher Seite erstattete einlässliche

Bericht über die moabitische Entdeckung. Er ist von Interesse

auch für die Kenntniss der gegenwärtigen Zustände des transjor¬

danischen Landes. Bei der Schwierigkeit derselben dürfte es miss¬

licb sein zu behaupten, dass bei dieser oder jener anderen Art des

Verfahrens das Denkmal in seiner Vollständigkeit erhalten worden

wäre. Umsomehr lasse ieh die fruchtlosen in dieser Beziehung bei

uns uud besonders in England ^) erhobenen Debatten bei Seite.

Ich bemühe mich lediglich im luteresse der Wahrheit und des bil¬

ligen Urtheils einige Thatsachen festzustellen und zu beleuchten.

Die Ebre der Entdeekung wurde zuerst durch George Grove,

den Secretair des Palestine Fund, für den Missionar Klein („of the

Prussian community in Jerusalem") in einem unter dem 23. März

d. J. au die Times gerichteten Briefe reclamirt. Dass dessen Name

in den ersteu französischen Veröffentlichungen gar nicht erwähnt

wurde, hatte allerdings etwas Auffälliges. Im Uebrigen erweist sich

Ganneau's interessanter Bericht, dessen Hauptmomente ich in meiner

Schrift S. 2—4 aufgenommen habe, als der Wahrheit gemäss. Er

erhielt in der That, ebenso wie Warren, der dies ausdrücklich be¬

zeugt ^), die Nachricht von der Inschrilt nicht bloss durch Europäer

1) Nach Klein's Zcichnunp hätte die Inschrift nur 33 Zeilen gehabt. Doch war in dieser Beziehung leicht ein Versehen möglich. Nach Ganneau sind so¬

wohl auf seinem Gesammt-Abldatsch als auf dem in seinen Händen befindlichen zweiten grösseren Fragment des Steines einige Buchstaben der 34 sten Zeile er¬

halten worden.

2) Vgl. z. B. d. Athenaeum vom 7. Mai d. J.

3) Pal. expl. fund a. a. O. S. 169. Er erhielt schon 6 Wochen nach Kleins Keise die für ihn erste Nachricht von dera Steine durch eiuen Araber aus Kerek.

4 4*

(4)

648 Schlottmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. III.

in Jerusalem , sondern auch durch transjordanische Araber. So

meinte er sich als den Entdecker betrachten zu dürfen. Freilich

hfttten auch jene Araber an solche MittheilunRen über den Denkstein

schwerlich gedacht, wäre nicht ihre Aufmerksamkeit erst durch

Klein's Besuch desselbeu ') und dann durch die mit Zuziehung von

Eingebornen unternommenen Schritte des norddeutschen Consulats

zu dessen Erwerbung ^) auf ihn gerichtet worden.

Ein Araber brachte Ganneau im Oktober v. J. (also 14 Monate

nach der ersten Entdeckung der Inschrift) eine roh gefertigte Ab¬

schrift einiger Zeilen. Durchdrungen von der hohen Bedeutung des

Fundes und aufs äusserste gespannt, verschaffte er sich darauf

durch audere Araber im Nov. einen Abklatsch von der ganzen In¬

schrift. Wieder eiu andrer erbot sich später ihm den Stein selbst

käuflich zu verscliatt'en. Er nahm das Anerbieten an. Zwar hatte

er lange vorher durcb Warreu (gehiirt, dass Prof. Petermann, der

damals das norddeutsche Consulat verwaltete, den Stein für Berliu

zu gewinnen strebte. Aber cr hatte bei diesem selbst deshalb an¬

gefragt und glaubte eine, wie cs scheint, missverstandene Aeusserung

desselben so auftasseu zu nuissen, als ob er von der Sache nichts

wissen wolle*). So hielt er sich, zumal Petermann bereits Jeru¬

salem verlassen hatte, nicht länger für gebunden. Bald darauf zer¬

sprengten die Beni Hamide deu Steiu, iudem sie ihu durch ein

angezündetes Feuer glühend machten und daun kaltes Wasser

darauf gössen.

Was hierbei, da sie doch sonst den Gewinn lieben, ihr eigent¬

licher Beweggrund gewesen sei, erscheint bis jetzt als zweifelhaft.

Naeh deu oben S. a.'U; f. (vgl. S. 642) durch Gildemeister mitgetheilten

briellichen Aeusserungen Oscar Meyers vom März d. J. hätten sie

gemeint, dass der Steiu der Sitz eines heilbringenden Dämons sei,

und hätten desshalb selbst einen Abklatsch der Inschrift zu uehmen

nicht gestatten wolleu. Aber allgemein und anhaltend kann diese

Ansicht wenigstens nicht geweseu sein, da sie sowobl vorher einen

Kaulcontract mit dem lleauftragten des norddeutschen Consulats

abscblüssen, als auch luichlier die Fragmente an Ganneau und W.irreu

verkanl'teu. Der im April d. J. unter Mitwirkung des Dr. Meyer

abgefasste oilicielle (Jonsulatsbericlit bezeichnet als Grund den Hass gegen die osmanische Oberlierrschalt, da sie erst im vorhergehendeu

Sommer durch den Wäli von Damaskus neu unterworfen und ge-

ziu'litigt worden wareu. Noeh später im Mai hebt Dr. Meyer iu

dem .au mich gerichteten Briefe speciell deu llass der lieduinen

gegiiu den Pascha von Nablus hervor. Ich möchte vermuthen, dass

1) HiiM'aiir wi'i.st Wiiri'fii .sulhsl m. :i. (>. liin.

21 Kli'in lii incikl (l'iil. i'xpl. liind ii. n, (>. .S. L'S.'il: 'l'lio niiilliu- , lii'ing llin.s neci'.ssrti'iiy cnfi-n.sli-d t» tlic limid »t niitivu.s , <il' cimr.sc tlicn ceased tu Im a secret and otlicr parties alsi> heard nt* it.

,"}) So borichletc tianneiui iin ICnglischcn „Athenaeum'' vom 7. Mai d. .1.

♦ 4 *

(5)

Schlotlmann, Additamenta ilf>er die Inschrift Mesa's. IV. 649

sic diesen im Verdacht hatten, er wolle ihnen für die von ihnen

geforderte Auslieferung des Steines gar nichts erstatten, sondern

den von den Franken dafür zu erhaltenden Preis in die eigne Tasche

stecken. Auch die Art, wie der Mudir von Salt, der im Auftrage

des Pascha's die Forderung au sie stellte, persönlich gegen sie auf¬

trat, scheint sie erbittert zu haben. So wurde wenigstens Warren

durch einen Beduinen berichtet, der hinzufügte, die Stücke dos

zertrümnlertcn Steines seien hernach als Segen für die Scheunen

unter die Familien des Stammes vertheilt worden

Nachdem das Unglück einmal geschehen, war es, wie das auch

Klein (Pal. expl. fund a. a. 0. S. 283) im vollen Masse anerkennt, um

so dankenswerther, d.ass Ganneau, der dabei in vollem Einverständ¬

niss mit Warren handelte, mit vieler Energie und Beharrlichkeit

und mit bedeutenden Opfern deu bedeutendsten Thcil der Insclirift-

FraguRinte in seinen Besitz brachte (s. oben S. 438 f.). Und eben

so hat der, wenn auch unvollkommene, doch wesentlich vollständige

Pai)icr-Abklatscli, den er sicb noch zu rechter Zeit von der ganzeu

Inschrift verschaffte, fiir die Wissenschaft einen unschätzbaren Werth.

Deuu ohne ihu wäre ein zusammculiängendcs Verständniss trotz der

geretteten grösseren Fragmenle des Originals uumöglich, da die

letzteren keine einzige Zeile vollständig enthalten.

IV.

Ucbor Astiu'-Kamos.

(In Z. 17 <lcr InschriftJ

lu Betreff des Astar oder Astor (beide Formon haben neben

einander existirt, wie das phönizische n'nnffly und das rTiiTcy des

A. T.) glaube ich in m. Schrift (S. 2ß--2!'l vgl. S. 43 f) als un¬

zweifelhaft nachgewiesen zu haben, dass hier das kananitischc Original

des .androgyncn 'ArpQoätTog der Griecheu, des Venus almus der

Ilümcr uus zum erstenmal urkundlich entgegentritt. Ich fügte hin¬

zu, dass die der nmüjy entsprechende masculine Form nur zweifelnd

in dem iihönizischen Namen Bodostor (= inujy nas*) vermuthet

Wüi'dcn sei. Dabei war mir der Name dos von Burckhardt besuchten

- O - , Ü-

Libanon-Dorfes _jLää»j ^jO entgangen, welches schou Gesenius")

richtig durch "in'ay rr^a erklärt uud als der Wortbedeutung nach

übereinstimmend mit dem transjordanischen ninfflya Jos. 21, 27

\) l'iil. c.xjil. funil n. 11. (). S. 170.

2) In Hnrckhivrdt's Uelsen in Syrien u. 9. w. S. 521 (Anm. zu S. 202) vgl.

mit S. 4'Jl (Ainn. zu S. Ü3). ilencs Uorf liegt nielit giir weit von ilom zum grossen Tlieil (M-|iiilteiieii )iräelitiguii pliönizisclien Teiii)iel von cXAxl^jtii Nama*3 ,

(6)

650 Schlottmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. IV.

(=nTnms» l Chron. 6, 56)^) bezeichnet hat. Ebenso findet sich

dieselbe masculiuische Form mit dem Umlaut 6 für ä in dem Namen

Tinujy "13, eiuem Ort, der nach dem jerusalemitanischen Talmud

nicht weit von Homs (ywn) gelegen war (Neubauer la geographie

dn Talmud p. 300) —

Freilich nahm Gesenius jenes nncy ohne weiteres als weiblichen

Namen und nur formell unterschieden von ninffly. In gleicher

Weise fasste auch Osiander (Z. d. D.M.G. XX, 279 f.) das him¬

jaritische Athtar oder Athtor (jÄc) als Nameu einer Göttin.

Die in meiner Schrift S. 26 behauptete masculiuische Geltung des

Namens wurde mir unmittelbar nach vollendetem Druck derselbeu

durch eine himjaritische Inschrift bestätigt, von welcher mir Dr.

Blau bei einem Besuche hier in Halle einen Abklatsch nnttheilte.

Es war die, welche oben S. 178 ft", uach einem anderen Abklatsch

(der wie jener aus Jerusalem herrührte) vou Gildemeister veröffent¬

licht und erklärt worden ist Wie man auch die schwierigen

1) Die in diesem Namen neben der singularischen vorkommende plurali- sche Form wird allgemein so wie das entsprechende D-^bJO entweder von den zahlreichen Bildsäulen (Gesen. Fiirst) , oder von den verschiedenen Modificatio¬

nen dei-selben Gottheit (z. B. FT'ia bSS, I^D '3 u. s. w. Tgl. Bertheau u.

Keil zu Kichter 2, 11. 13) gedeutet. Es spricht aber vieles dafür, dass jene Pluralformen , ähnlich wie im Hebr. D'^tlbN , bei den Heiden singularische Be¬

deutung hatten, was freilich nicht ausschliessen würde, dass daneben, wie bei C^flbN , die pluralische Bedeutung im Gebrauch war , welche wir unsrerseits, wo sie wirklich erforderlich sein sollte , auf die verschiedenen Erscheinungsfor¬

men der betreffenden Gottheit beziehen würden. — AuiTäliig ist schon , dass

neben dom öfter vorkommenden nlnffiS'm D^bySÜ (und dem sicher gleich¬

bedeutenden m-naNm D-ibyan) auch mnnoybi bi'ab nny^i Kicht. 2, 13

vorkommt. Denn wnrum sollen neben dem Einen Baal gerade die mehreren

Bilder oder Modificationen der Astarte hervorgehoben werden ? Daher hier auch schon Aeltere n"imüy als sog. plur. emineutiae haben fassen wollen.

Nun passt aber auch in n-nnffly ni3 1 Sam. 31, 10 das m^n^öy nur als

Sing. , da die Waflfen Sauls in einen bestimmten Astartentempel ( LXX eis tö 'A(nnffTelov) gebracht wurden. Ebenso denkt man bei dem alten Ortsnamen

nTiri'ijy (neben der singular. Form in ninUjyS ; s. oben ) am natürlichsten an die singularische Bedeutung des Namens der Göttin , zumal Gen. 14, 5

□''I^p m^riffiy auf Astarte als die gehörnte Mondgöttin hinweist. Besonders nahe liegt die gleiche Auffassung bei CbyS , da dies Wort auch als Appella¬

tivum ähnlich wie D''2T£< in singularischer Bedeutung vorkommt (zu rmnüjy vgl. mau formell m72Dn Prov. 9, 1). Die Codd. der LXX, die in mythologi¬

schen Ueberlieferungen sich nicht seiteu als sehr zuverlässig bewähren , lesen überdies öfter (^neben ot uud nt) 17 BnnXiu (was wie 17 BuaX auf die androgyne Fassung liinweist) Kicht. 2, 11; 3, 7 und 6 BanXifi Rieht. 10, 10, wo dies auch Tischendorf aufgenommen hat. Eine genügende Analogie bietet eudlich fE'iriri, was 1 Sam. 19, 13. 16 von Einem Penatenbildc steht.

2) Die Identität mit jenem jlxiou liisst N. mit Recht zweifelhaft.

3) Vgl. auch S. 200. 237. 638. Das von Wright beschriebene nntere Bild¬

niss scheint mir einen scpulcraleu Charakter des Denkmals uicht zu beweisen.

(7)

SchloUmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. IV. 65]

Worte auflFassen möge, jedenfalls steht die Verbindung der mascu-

liuischen Verbalform papi mit dem Subject inn? fest

Das theilweise verwischte Bild hat oben a. a. 0. nach dem

Abklatsch nur ungefähr wiedergegeben werden können. Dass es

„in keiner Weise religiöse, sonderu lediglich private Deutung zu

gestatten scheiue", ist mir nicht einleuchtend. Gildemeister selbst

bemerkt weiterhin (S. 181), dass man nach dem Inhalt der 2. Zeile

eiue „heilige Bedeutung des Bildes erwarten sollte". Er vermuthet

ferner, dass die beiden Figuren auf dem Kleide der sitzenden Haupt¬

person symbolisch seien. Dann wird doch aber wahrscheinlich

dasselbe von den Figuren auf den Kleidern der beiden kleineren

Nebenpersonen gelten. Die eine dieser Figuren hält G. für einen

räthselhaften Gegenstand, den die Person zur Rechten des Beschauers

„au ihre Brust drücke". Aber auf ein solches Drücken scheint mir

die Stelluug des Armes , welehe der bei der liuks gegenüberstehenden

Person goiau gleichförnüg ist, nicbt hinzudeuten. Denken wir uns,

dass durch diesen Arm eiu wagrechter Strich jener räthselhaften

Figur bedeckt ist, so haben wir dieselbe symbolische Figur, die

auf ägyptischen uud asiatisclien Monumenten weit verbreitet ist,

nämlich das Henkelkreuz oder den früher irrig sogenannten Nil¬

schlüssel (z. B. in Levy's Siegel und Gemmen Tafel II, 5. 11)

Die beiden kleineren Gestalten rechts und links haben , wie sich

Aehnliches öfter in feinerer Ausführung auf assyrischen Bildwerken

findet, eine symmetrisch der Mitte zugewandte anbetende Stellung.

Dafür, dass die erhobenen Hände bloss eine „Gebärde der Dienst¬

bereitschaft" gegenüber einer menschlichen Herrin bezeichnen, ist

kein Analogon nachgewiesen. Dass die Himjariten bildliche Dar¬

stellungen uud zwar vielleicht gerade „Relieftafeln, wie vorliegende",

den Göttern darbrachten, Iblgert Gildemeister aus dem pblSN in

Oslanders 28. Inschrift (Z. d. D.M.G. XIX, 261), was auch ich

immer so verstanden habe. Darnach hat es eiue hohe Wahrschein¬

lichkeit, dass wir in unserem Relief die Darstellung des mannweib-

lichen nnny der Himjariten und zweier sie anbetenden Priester

vor uns haben

1) Erst jetzt bemerke ich, dnss schon Fresnel (Journ. Asiat. 1845, VI S. 197) aus der Stelle einer Inschrift, wo 3 männliche und 3 weibliche For¬

men vou Gütternamen nebeneinaiiderstehen , infiy als Masculinum scharfsinnig erkaimt und auf den mannweiblichen Charakter dieser Gottheit (a. a. O. S. 200) hingewiesen hat.

2) Mehreres über dies Symbol in m. Commentar zum Buche Hiob 79— 81.

3) Für die Auffassung des in Z. 1 = Tochter lässt sich die Parallele bei Wilson I anfüliren : "'an p '^NiaiN "ni: (vgl. Ztschr. d. D.M.G. X, 73).

Dann hätten wir nach meiner Ansicht in beiden Fällen die Bezeichnung nicht der abgebildeten, sondern der das Bild darbringenden Person, in unsrer In¬

schrift die eines Weibes. Aber G. seihst bemerkt, dass Tochter sonst himjar.

= nr3, dagegen ria^rT'a ist. Letzteres Wort ist auch im Himjar. öfter

.= Familie, Geschlecht. Zu dieser Bedeutung würde Z. 2 gut passen: „uud

(8)

652 Schlottmann, Additamenta iiher die Inschrift Mesa's. IV.

Obiges war ich eben im BegrifF zusammen mit dem Addita¬

mentum III. nach Leipzig für die Zeitschrift einzusenden, als ich

„die Inschrift des Mesha" übersetzt und erklärt von Hitzig durch

dessen Güte erhielt. p]r will, wie ich bereits vorher wusste, das

nri«53> in Z. 17 gar nicht als Eigennamen gelten lassen. Hieraus

würden meine übrigen denselben betretTenden Nachträge zwar, wio

ich hoffe, nicht werthlos, aber doch zu einem aXlotQiov in Betreff

der Inschrift. Indess vermag ich seinen Argumenten, die ich nuu

gleich noch hier zu erwägen für Pflicht halte , nicht beizustimmen.

Mit den hierfür zu entwickelnden Gründen verbinde ich dalier zu¬

gleich eine neue einlässliche Erörterung der einschlägigen Fragen,

wie ich sie in dieser Zeitschrift zu geben schon bei der Abfassung

meiner Brochure über die Inschrift beabsichtigte.

Hitzig meiut (S. .')4 ff.) schou aus inneren Gründen beweisen zu

könneu, dass die Zusammeustellung U573D ^r\W (in Form der Apposi¬

tion) als Benennung einer Gottheit nicht wohl möglich sei. Er erklärt

zunächst Täus = die eilende Zeit, K^ovog , indem er das Wort

combinirt mit dem arab. ,Ji^^ = celer, agilis fuit vir. Die Derivata V -

fj!>-*i , , [J^*:*^ bezeichnen aber alle deu behenden rüstigen

Mann; dass ebeuso der uralte Kronos bezeichnet worden sei, ist

uns nicht wahrscheinlich. Näher liegt doch die ältere von mir S.

ü!) meiner Schrift adoptirte Deutung des laiusi als des die feind¬

lichen Gewalten niedertretenden , bändigenden Gottes '), von der

Wurzel TOns = laaD. Dafür spricht das fast gleichlautende syr.

KCmusch (JjtQ2Qjo), was den Alp, incubus, ephialles bezeichnet, sei

es dass darin durch irgend welche Mittelglieder die Erinnerung au

den alten heidnischen Gott, dem man ja vielleicbt aueh jene Be¬

lästigung der Schlafenden beimass, sich fortgepflanzt, sei cs, dass

derselbe Begriff des Niederdrückens oder Zusammendrückens zu

eiuer ähnlichen Benennung geführt hatte. — Doch lassen wir ein¬

mal jeni'u Begriff des Kamos als des „eilenden" Gottes gelten.

Hitzig folgert daraus: „Kemosch umfasst deu Gegensatz des Werdens

und Vergehens; als dem Gotte des Vergehens kann ihm Astarte

möge Atlitnr den biindigon, der cs (das flosclileclit von mB73) zerstört" (viel¬

leiclit audi ,,der iinn lluclit"; vgl. jtß inaledixitl. Kür pb'by ( iCic ?) (inde ii'Ii dabei freilicli bis Jetzt iteine gcnilgonde Erklärung. Abor nucli die als eines weiblicben Eigeiiiiaineiis dürfte misslicb sein. Nach dem I'al. expl. fund (s. oben S. '2<10) wäre der Stein nns IVtrn , nach einer von lilau erhaltenen IMittheilung (vgl. nnch S. 2371 ans Siidniabien nach .Toms.ilein gebracht. Oscar Meyer, dem er von einem Jüdisclien llniidlcr .■iiigclMitcn worden wnr, schrieb mir. dnss ilrrsellie, luiehdeni ich \ergebeiis in Iterlin di^ssen l'h'werhniig für dns dortige Miisoiini licniilrngt hnttc, dem Vcrnelnncii nnch niidorwcifig für 1,5 Pfund ICngliscli vi'rkniift worileii sei.

11 Dnzu stimmt nuch, dnss die gräcisirten Kcwoliiier Monbs den Knmns als Ares fassten, wie die Münzen von Arcopolis (- Uahhntli Monb) zeigen.

(9)

Schlottmann, Additamenta iUter die Inschrift Mesa's. IV. 653

nicht einmal beigesellt werden, geschweige dass Astor sich mit ihm

verschmölze als Gott des Werdens aber würde er allein schon

liaal und Astarte (die zeugende und die empfangende Naturkraft)

in sich vereinigen". Nun ist ja aber miay als mannweibliche Gott¬

heit die Voreinigung der zeugenden und der empfangenden Natui-

kräfte. So wäre Kamos gerade auch als der Gott des Werdens = "imay.

Der scharfsinnige Kritiker meiut aber weiter, der Gott müsste

bei einer solchen Zusammenstellung der Nameu wenigstens lans

nrttjy heissen, da ja doch -am der allgemeinere Begriff, nnw»

hingegen die „Besonderung von etwas Allgemeincrem" seiu würde.

Um diesen Einwand zu entkräften uiui zu zeigeu , dass , ob wir gleich

die Möglichkeit eines inmy fflUD a priori uicht leugnen wollen,

doch auch die Stellung i2J7:d imay durch innere Gründe und durch

Analogien sich recht wohl erklären lässt, müssen wir etwas weiter

ausgreifen und uns den Sinu vergegenwärtigen, in welehem überhaupt

solche Identificirung verschiedener Götternamen stattfand. Deuu es

handelt sich hier nicht etwa um eine willkübrliche Combination der

mythenbildendcn Laune, nicht um eine vereinzelte Erscheinung,

welche lediglich für sich selbst zu betrachteu wäre.

In allem Polytheismus , der nicht jedes tiefereu religiösen Ge¬

dankens bar ist, zeigt sich ein Strebeu, in der Vielheit doch die

Einheit des göttlichen Wesens festzuhalten. Es geschah dies durch

die Ansicht, welcher Macrobius (Saturu. I, 17) mit Berufung auf

eine Stelle des Virgil den ächt rümischen Ausdruck giebt, „unius

Dei effectus varies pro variis censeudos esse numinibus" oder (wie

cr dieselbe Betrachtungsweise hernach, von den verschiedenen Ein¬

zelgöttern ausgehend, durchführt) idem variorum deorum esse numen.

Er fügt zu jenem ersten Satze hinzu: „unde 'iv to näv sapientum

principes prodidcruut". Dies Wort erinnert uns daran, wie das

lleidentbum in jenem Streben nach Einheit immer leicht ans Pan¬

theistische streift. Auch sehwankt es zwischen einer bloss physischen uud zwischen eiuer geistigen, intellectuellen Fassung der erstrebten

Eiidieit. Merkwürdig ist iu letzterer Beziehung die alte Unter¬

scheidung des geistig gelässten Urlichts und des Sonnenlichts, welche

sich schon in den Veden und im Avesta fiudet **). Ebenso bezeich-

1) Auch dieser eiu/.olue I'unlit i.st iilirigeus eiue irrige Construetion n jiriori, l)ei der die Tlnitsiiclien hi'i Seite gehis.M'ii werden. I>ie erzeugende nnd die zer¬

störende Kriilt werden Jr. olt genug nijllnilogiseli mil' ein unil diesellie göttliche Macht ziiriickgetiilirt. (ieradu von der A.slni te hei.sst es hei l'lautus , der diu

|iuiiisclicn Vinstclliingen giiiau kiiiiiitc ^illl Mercator Act. IV):

Diva Astarte, hoiniiiiiin deorunii|iie vis, vila, salus, rursus eadem nuac es l'ernicies, mors, Interiliis . . . Man denke auch an ilie Kraiiklieit und Tod sendenden l'fcile des Apollo.

'1) Vgl. m. ('oinnientar zu Ilioli S. ,S,S nnd liesomlers S. \Al> 147. Die dort zuletzt angcliilirte und lies|iioeliene Stelle des Yai^iia II s. in Spiegels Ueliersetzung dus Avesta Hand I. S. 7(!. 77 (S 121)—132). Ob Spiegel mit Uecht einige Worte, weil sie in der lluzvarescli-lleber.sctzung fohlen, auslässt, scheint mir 7.wuil'elhafl. Immer nber lileilil in den auch von ihm unbezweifel-

(10)

654 Schlottmann , Additamenta üher die Innchrift Mexa's. IV.

net Macrobius, indem er in ägyptischer W^eise die Sonne ats Ur-

gottheit darstellt, diese zugleich als intellectuelles Licht, als mens

mundi (a. a. 0. I, 18, vgl. iu somuium Scipionis c. 17) und ander¬

wärts identiticirt er sie mit dem aya&ov des Plato (in somn. Sc. c. 2).

Trotz der hiermit gesetzten disparaten Momente begegnet uus

docb jenes Streben selbst, die Götter vielbeit auf eine Ein¬

heit zurückzuführen, in weitgetrennten Räumen und Zeiten

auf eine merkwürdig ähnliche Weise. Schon Calvin bemerkt (zu

Hos. 2, 8) hinsichtlich der vou den Israeliten angerufenen Götzen,

dass diese betrachtet wurden als „dii minores, qui patroni erant

et quasi mediatores inter Deum summum et homines". Und er fügt

hinzu: Neque enim ita de lira baut Israelitae, ut non crederent

unum esse Deum opificem coeli et terrae. Nicht viel anders baben

wir uns die Denkweise vieler Heiden vorzustellen. Ich habe in

meiner Arbeit über die Insebrift Escbmunazar's (S. 76), da wo ich

die in derselben enthaltenen mythologischen Anschauungen bespreche,

an jenen Brief des Heiden Maximus an den Augustinus erinnert,

in welchem der erstere die Leugnung der Einen Gottheit als einen

Wahnsinn bezeichnet, von welchem er sammt seinen Gesinnungs¬

genossen weit entfernt sei : „hujus nos virtutes per mundanum opus

diffusas multis vocabulis invocamus — ita fit, ut dum ejus quasi membra

carptim variis supplicationibus prosequimur, totum colere profecto

videamur. Ganz ähnliche Worte finden wir von Max Müller aus

dem Munde heutiger Brahmanen angefübrt, die, wenn man sie der

Vielgötterei beschuldigt, zu antworten pflegen: „Das alles sind ja

nur verschiedene Manifestationen des einen Gottes , sowie die Sonne

am Himmel nur eine ist, aber auf den Wellen des Sees in viel¬

fachen Formen erscheint". Vor allem aber hat jener Forscher in

seinen „Essays" in eben so geistvoller, als auf vollkommener Be¬

herrschung des Gegenstandes beruhender Darstellung auch für einen

weiteren wissenschaftlichen Leserkreis gezeigt, dass jene Betrachtungs¬

weise schon in den ältesten Denkmälern der erst werdenden Mytho¬

logie, gewissermassen des „mythologischen Processes", nämlich in

den vedischen Liedern, unzweifelhaft vorliege, dass dort insbesondere

die Weiber der Götter noch als in unverkennbar symbolischem

Sinne fliessend erscheinen. Daran anknüpfend habe ich (iu m. Sehr.

S. 27 ff.) auf die Spuren eiuer ähnlichen uralten Anschauungsweise

bei den Völkern des semitischen Sprachstammes hingewiesen. Dahin

gehört es, wenn in phönizischen Inschriften die höchste Göttin mit

Ausdrücken, die auch im hebräischen Monotheismus die Offenbarung

Gottes bezeichuen, geradezu als Namen und Angesicht Baals (aiB

bya, bya ^;s) beigenannt wird. Auch die Zusammenscbliessung

des höchsten Gottes mit seiner Offenbarerin zu der weitverbreiteten

ten Worten stehen, dass von dem gesch.iflfenen Licht das Urlicht als ,, durch sich selbst gesetzt" (qadh.lta identiseh mit dem neupers. chud.'i = Gott) unter¬

schieden ist.

(11)

Schlottmann, Additamenta iiber die Inschrift Mesa's. IV. 655

Gestalt der androgynen Gottheit habe ich dort in den Zusammen¬

hang jenes religiösen Strebens nach einer höchsten Einheit eingereiht,

in einen Zusammenhang, den man nach dem Gesetz der Analogie

als geschichtlich gegeben wird anerkennen raüssen.

In ebeu deraselben Zusammenhange hat es denn nichts Auf¬

fälliges, wenn uns auch in dem Cultus des kananitischen Heiden¬

thums die sogenannte Theokrasie im engern Sinuc des Wortes,

d. h. die ausdrückliche Identificirung verschiedener Gottesnamen,

entgegentritt. Die Theokrasie prägt sich aber in zwei verschiedenen

Hauptformen aus. Die eine ist die , dass von dem höchsten Gotte

ausgegangen und von ihm ausgesagt wird, er sei zugleich der uud

der andere Gott. Dies ist die iu den vedischen Hymnen uns häufig

begegnende Form, wenn z. B. von Agnis (in diesera Fall dem höchsten

Gott für den Sänger) gesagt wird, er sei zugleicb Indra, Varuna

u. s. w. ^). Dem entsprechen in späteren griechischen Inschrifteu

die Benennungen Zeitg Bax^og , Z. Jiovvaog , Z. 'AaxXijmog

(vgl. Corp. Inscr. Gr. 3538; Preller griech. Mythol. I, 408) *).

Solche Analogien scheinen Hitzig vorgeschwebt zu haben, wenn er

meint, es hätte, um ars als mos zu bezeichnen, nnia» tam ge¬

setzt werden müssen *).

Er hat die andere Hauptform überseben, in welcher die Theo¬

krasie auftritt. Dabei wird von dera anderen Gott ausgegangen

und vou ihm ausgesagt, er sei der höchste Gott. So zeigt Macrobius

a. a. 0. (Sat. I, 17—23) von den einzelnen Göttern der Reihe

nach, non aliud cujusque esse numen quam solem. Dieselbe Vor¬

stellungsweise hat sieh bei den Aegyptern einen feststehenden Aus¬

druck mythologischer Benennuug gegeben •''). Der höchste Gott ist

1) Dieses Wort geliürt hei den Grieehen einem sehr späten Zeitalter an, in welchem sich anch die dadureh liezcichniite .Sache unverkennbar unter ägypti¬

schem und orientalischem Einflnss weit verbreitet hatte. Doch Spuren der S.iehe seihst finden sich schon friili nicht hloss in den Mysterien , sondern auch in uralten T.okai-Culten (s. w. unten). Schon die ]$ezeicbnung des "//iV/;, als Zevs xaTit'^ttovios hei Homer ist w.ahrsclieinlich dahin zu rechnen.

2) Die einzige weililiche Gottheit , mit welcher in dieser Weise die einzel¬

nen Gotter idcntifioirt werden , ist die Aditi , die als an gar kein sinnliches Substrat (wie etwa Jjieht, Sonne, Himmel) angeknüpft erseheint. Der Name hat, wie man auch seine Etynnologie aufi-assen möge, die lledeutung der Ewig¬

keit, der Unhedingtheit. Man vgl. das davon aligclciteto ."iditya. das Epitheton der oberen Götter als der ewigen. Es ist vnn grosser Bedentung für die An¬

erkennung eines speculativen Moments in der Mythologie, d.iss diese Vorstellung sehon in dem ältesten Tlieile der Hymnen des Rig-Veda sich findet.

3) Dieselbe Ansehauungswei.se liegt, insofern der Name des Zeus an der Spitze steht , aueb dem Verse des Orphikers zu Grunde : El,- Zevs, fi"; "'liÖr;s, eis "IlXios, eis Jiövvaos.

4) Die von ihm als Analogie angeführten Benennungen Baal Hfimmän und Hadad-Rimmön (Sach. 12, 11) sind übrigens nicht zutreffend; denn yon und

^TO"1 sind nicht selbständige Gottesnamen, sondern blosse Epitheta.

5) Bei den Griechen seheint sich hiczu eine genan entsprechende Par.illelc, wobei Zevs auf einen andern fiottesiiamcn als Apposition folgte, nicht zu finden

(12)

656 Schlottmann, Additamenta über die Jnschrift Mesa's. IV.

dort der Sonnengott, Ra. Mit ihm werden die anderen oberen

Götter identificirt, indem sein Name den ihrigen nacligesetzt wird

z. B. Hosiri-Ra, Amun-Ila, Tut-Ra u. s. w.

Ganz dem entsprechend ist nun auch die Folge der Namen

1B52D -imsy. Denn Kamos war bei den Moabiteru anerkanntermassen

die Benennung des höchsten Gottes, der allgemeinen Gottheit. Astar,

obgleich ursprünglich auch er die höchste Naturkraft darstellte, war

nach einer überall sich findenden Eigentbümlicbkeit der mytholo¬

gischen Entwickelung (s. m. Schrift S. 29 und die dort citirte Stelle

Max Müller's) zu einem Einzelgott des Pantheons geworden. In

der Benennung Astar-Kamos wurde er eben so wieder auf die höchste

Stelle gehoben, wie bei den Aegyptern z. B. Amun in der Benennung

Amun-Ra. Ueberdiess wird Hitzigs Beanstandung jenes Doppel¬

namens aucb durch Analoga in der phönizischen Epigraphik ent¬

kräftet. So durch das bya mpb73 der ersten Maltesischen In¬

schrift, denn n"ipb53 ist der Name des phönizischen Herakles.

Wahrscheinlich auch durch q^n mpbn nach Vogüe's scharfsinnigen

Combinationen (Melanges d'archeologie S. 81 f.). Und ebenso durch

die freilich von Hitzig, worauf wir zurückkommen werden, mit

Unrecht anders gedeutete 2. Inschrift von Umm el 'Avämid, welche

der Astarte als dem Sonnengott (im bs nimsy) — letzteres die

gewöhnliche Benennung Baals — gewidmet ist. Baal aber nimmt

bei den Phöniziern dieselbe Stelle ein, wie Kamos bei den Moa¬

bitern 2).

Dagegen vergleiehe man in einem alten Cultus des laeedämonischen Gebiets die Benennung 'yltpstoSiiv 'll(fa (I'aus. III, 13, ü) und besonders die Composita Zrjt'nnoneiiiu}!' = der Poseidon, welcher zugleich Zeus ist 'Athen. 8, 337; vgl.

Gerhard's griccb. Mythologie § 240, 2 a), Jioniij' = der Pan, welcher Zeus ist (o äXr^ifi]': Zuijs « xi-oiiurr^s; vgl. Seetzens Uelsen IV, IUI). Diese Composita erinnern an die dureh die Dvandvaform eng verbundenen indischen Götterpaare, bei denen jedoch durch die Dualendung die Zweiheit gewahrt wird ( z. Ii. In- draväyü ; s. m. Comm. zu Hiob S. 98). ■— Auch diejenige Form der Theokrasie sei noch erwähnt, bei welcher der einzelne Gott durch ein ihn als allgemeinen Naturgott kennzeichnendes Kpitheton über seine besondere Sphäre Innausgeho¬

ben wird, wie wenn z. B. Apollo auf der ihm geweihten Insel Kameiros als der (teiytwiirrie gefeiert wurde (Maer. Sat. I, 17). Hiermit lassen sich die ,, Namengebete" der späteren Indier vergleichen, in welchen dem einzelnen Gott die Epitheta aller übrigen in langer Namenreihe beigelegt werden — gleichsam ein matter Nachhall der schwungvollen vedischen Hymnen, in welchen Ein Gott nieht bloss die Beinamen, sondern die Namen aller andern erhält. Gerade auch in dieser Mannicbfaltigkeit der Formen zeigt sieh die Bedeutsamkeit der von uns besprochenen Erscheinung.

1) Amenophis IV. machte sogar im 15. Jahrh. vor Chr. deu Versuch die Verehrung des Ka als des einzigen Gottes gewaltsam durchzusetzen , indem er die Bilder und Namen der iibrigen Götter zerstören liess.

2) Beide Götter waren ursprünglich und der Grundanschauung nach in dem von mir in m. Schrift S. 29 entwickelten Sinne , wie dies schon Hierony mus erkainite, identisch. VVenn Hitzig dem widerspricht, weil Kamos niclit wie Baal die zeugende Naturkraft" sei , so folgt er auch dabei , wie in S(!iner oben berührten CÜiaraktciistiii der Astarte, zu sehr einem abstracten a priori

(13)

Schlottmann, Additamenta üher dif. Inschrift Mesa's. IV. 657

Noch Ein Grund gegen die Fassung des o?» in«5> als Doppel¬

namens wird uns entgegengehalten. Der Kritiker findet es auffällig,

dass jener gerade nur an der Einen Stelle sich finde, während der

gewöhnliche einfache Name -oud wohl ein Dutzend mal auf der In¬

schrift zur Erwähnung komme, und zwar Z. 13 in einem ähnlichen

Zusammenhange wie dort. — Vielleicht haben wir, wenn doch jener

Doppelname und das einfache ia72D denselben Gott bezeichnen, au

den betreffenden Stellen eine blosse Abwechselung des Ausdrucks

anzunehmen, für welche sich, wie so oft, kein weiterer Grund an¬

geben lässt (ähnlich wie in der Inschrift Eschmunazars der öfter

vorkommende Name der nlnoy nur einmal, in Z. 18, den Beinamen

byn WB neben sich hat). Möglich ist es aber auch, dass dem

Kamos als dem ffi72D iniay ein besonderes Heiligthum mit eigenen

Cuitusformen geweiht war und dass Mesa dem in diesem Heiligthum

verehrten numen das zu überfallende Nebo durch den Vertilgungs-

flnch (nin) gelobte. Weun in dieser Beziehung eine Ungewissbeit

übrig bleibt, so liegt darin kein Gegenbeweis gegen die Auffassung

des nmay als eines Gottesnamens, welche sich allen früheren Er¬

klärern der Inschrift durch den Zusammenhang aufdrängte .

Hitzig stellt dieser Ansicht eine andere gegenüber, nach

welcher irnay als Appellativum „Schatz" bedeuten und irnay

Ta73D „der Schatz des Kamos" sein soll. Um diese Ansicht zu

prüfen, müssen wir in die Untersuchung über die Etymologie des

Namens ninay eingeben, mit welcher seine Auffassung zusammen¬

hängt und welche auch für sich selbst genommen ein grosses In¬

teresse hat. Es sei mir gestattet dabei meine eigne etymologische

zurechtgelegten Schema. Dass Baal nicht bloss die zeugende Naturkraft sei, zeigen schon die ihm wie dem Kamos und dem Moloch dargebrachten Kindes¬

opfer, durch welche die Phönizier allezeit namentlich auch in Kriegsnöthen, gerade wie Mesa, Rettung suchten (Euseb. praep. ev. 4, 26). Baal wurde fer¬

ner schon von den Alten geradezu als Kronos gefasst , wie von Hitzig Kamos und der ammonitische Moloch, welche beiden auch er identificirt. Endlich weist nuf die Identität des Moloch nnd des Baal auch das A. T. deutlich hin , vgl.

Jer. 19, 5; 32, 35. Moloch und Kamos gehören beide nach Vogüe's treffendem Ausdruck zu der Serie des Baal. Den alten Nothbehelf, wonach an diesen und ähnlichen Stellen bya ganz allgemein einen „Götzen" bezeichnen sollte, hätten neuere Ausleger, nachdem ihn schon Gesenius mit Recht bei Seite ge¬

lassen , nicht mit Berufung auf 2 Kön. 23, 5; Hos. 2, 10 erneuern sollen, byafi ist überall der höchste heidnische Naturgott, von dem auch die Israeli¬

ten schon erkannten , dass er bei den verschiednen Völkern ( am Euphrat als Bei) unter verschiednen Formen verehrt wurde und mit welchem die Verehrer des goldnen Kalbes in Samarien immer aufs neue den schon durch dieses Sym¬

bol in die Natursphäre herabgezogenen mn'^ identificirten, was durcb die neuer¬

lich ins Licht getretenen scheinb.ir nahen äusserlichen Berührungspunkte noch erklärlicher geworden ist (vgl. m. Inschrift Eschmunazars S. 75— 77). Mit Unreebt macht daber Hitzig zu Jes. 2, 3 für die Fassung des Baal = „Götze, Ungott" geltend, dass Jehu vorher den Baaldienst ausgerottet habe.

Bd. XXIV. 44

(14)

658 Schlottmann, Additamenta. ül>er die Jnschrift Mesa's. I\'

Deutung jenes Namens und die Uebereinstimmung derselben mit

dem, was uns über das Wesen der Astarte überliefert ist, ausfübr¬

licber als mir dies in meiner Schrift (a. a. 0.) angemessen schien,

darzulegen. Ich werde zugleich auf die von Hitzig beanstandeten

Punkte Kücksicht nebmen.

Ich treffe mit Hitzig zuerst darin zusammen, dass ich als den

für die Etymologie des Namens gegebenen nothwendigen Ausgangs¬

punkt das Appellativum m-irnuy (Deut. 7, 13-, 28, 4. 18. 51)

betrachte, welches mit der Pluralform des Nameus völlig gleich¬

lautend ist. Sodann darin, dass ich das n als nach dem zweiten

Wurzel-Consonant eingeschaltet , also als Wurzel -iiijy annehme i).

In diesen Momenten liegt hier die eine wesentlicbe Erleichterung

der oft unlösbaren Aufgabe, die Etymologie eines uralten mytho¬

logischen Namens aufzufinden, eine Erleichterung, die uns hoffen

lässt, wenigstens zu einem gewissen Grade von Wahrscheinlichkeit

zu gelangen. — mnms" kann an allen jenen Stellen nur

soboles ovium bedeuten, was namentlich Deut. 28, 18 (verglichen

mit V. 4) auch durch den Parallelismus erfordert wird, "ias wird

also die Bedeutung des „Erzeugens" gehabt haben, die auch zu dem

Namen der Naturgöttin mrray (bei den Assyrern Mylitta = mbin)

wohl passt. Sie wird uns aber durcb keinen der Dialekte unmittel¬

bar dargeboten. Es fragt sich also, in welcher Weise wir sie ohne

Zwang an einen feststehenden Sprachgebrauch vermittelnd anknüpfen

können. Hierin liegt die Schwierigkeit, die niemand unterschätzen

wird, der bei ähnlichen Untersuchungen in Wort-Klängen und Be¬

deutungen das täuschende Spiel ^es Zufalls ins Auge gefasst hat.

Die'Schwierigkeit erscheint um so grösser, in ein je höheres Alter

des semitischen Stammes der Name nnül' zurückreicht und auf je

mehrfachere Wandlungen namentlich der mittlere Consonant der Wur¬

zel iviy möglicherweise scbliessen lässt. Der Laut UJ bat sich sehr

früh in die durch das altsemitische Alphabet nocb nicht uuterscbie-

deuen Laute is und vi gespalten. Er wechselte nicht nur mit den

1) Für die seltene Einschiebnng des n an jener Stelle fand ich dieselben Analogieen . die , wie ich jetzt sehe , Hitzig bereits in seiner Urgeschichte der Phil. S. 30—32 angeführt hr.t, nämlich ausser dem nabe liegenden minüS (chald. ^-^Irillt) das aramäische bU"!? und das Wort 1PE2. Zu letzterem setze ich aus meinem Manuscript eine Bemerkung her, die sich auf das Ajipel- lativum bezieht . während Hitzig nur deu Eigennamen in Erwägung zieht :

„Ines (= Säulenkrone Amos 9, 1 und =: Leuchterkrone E.x. 15, 31) ist

identisch mit "1E3, der im ganzen Orient beliebten doldenförmigen Hennablume, der xvnnos der Griechen. Auch das albanesische kötico , das eine wohlrie¬

chende DoldeupHanze bezeichnet, ist wahrscbeinlicli semitischen Ursprungs; vgl.

Blau in der Ztschr. d. D.M.G. XVII, 698." — Ich füge hier noch eine Ver- - ü

muthung hinzu. !^lia.M.c wird erklärt durch sermo non bene cohaerens. Sollte dies nicht ursprünglieh — sermo properatus, praeposterus sein, von der Wurzel

^)~«»*c = propere incessit ?

(15)

Schlottmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. IV. 659

anderen Zischlauten sondern auch mit dem stummen und aspirirten

Dentallaut, dem t und th (n und fi).

Doch spricht ein gewichtiger Grund für die Ursprünglichkeit

des iB in dem Namen -imu». Wenn dieser im Himjarischen inny

lautet, so ist hier das n nicht ursprUnglich. Eine Neubildung der

Art mit Einscbaltung des stummen t hinter dem aspirirten wäre

im Himjarischen sicher ebenso unerhört wie im Arabischen. Die

seltsame Form, die schon Fresnel (a. a. 0. S. 227) auffiel, er¬

klärt sich nur daraus, dass das n, wie so oft das ^ im Arabischen,

an die Stelle des ursprünglichen ü3 getreten ist. Für die verhält¬

nissmässig späte Zeit dieses Uebergangs zeugt ein merkwürdiges

Analogon. Dem hebräischen Zahlwort \cbB entspricht im Himja¬

rischen einerseits das dem arab. viUi gleichförmige nbn, andrer¬

seits aber das zwischeu beiden in der Mitte stehende nbffi (s. Osi¬

ander in d. Z. d. D.M.G. X 49). Letzteres ist also die ältere

Form, wie denn hier auch das äthiopische UJ Afl ^^^^ *i^^"

richtigen Ausspracbe das vi zu Anfang zeigt. ^)

1st nun aber iniay seiner weiten Verbreitung zufolge ein ur¬

semitischer Name und ist der Zischlaut darin ursprünglich, so wird

diejenige Etymologie sich empfehlen, welche an eine möglichst gleich¬

förmige und dabei gleichfalls uralte, dem einst gemeinschaftlichen

Wortschatz angehörige Wurzel anknüpft. Als solche erschien uns

die Wurzel des semitischen Wortes für die Zahl 10. In diesem

ist der mittlere Zischbucbstabe in allen Dialekten constant. Es

lautete, weun wir von den geringen Modificationen der Vocale ab¬

seben, in den nordsemitischen Dialekten lisy und iD», in allen

südsemitischen (im Arabischen, Himjarischen und Aethiopisehen) ~\ViV.

Die der letzteren Form entsprechende verbale Wurzel iffiS hat sich

im Arabischen und Aethiopisehen erhalten : die Grundbedeutung ist

dort, wie sich leicht erkennen lässt, „sich verbinden, sich zusammen¬

schliessen". Hinsichtlich der daraus für den Ursprung der semitischeu

Benennung der Zehnzahl sich leicht ergebenden Combination be¬

merkt Gesenius (im Thes. S. 1078 u. isjy): „De origine con-

sentiunt fere etymologi, eam a decem digitorum conjunctione et

societate repetitam esse." ^).

1) Vielleicht spricht für die ürsprünglichkeit des Zischlautes in dem Namen nlniljy auch das schon von Champollion gelesene Astart der Hieroglyphen (s.

Ges. thes. 1082. Ebers, Aegypten und die Bücher Moses S. 241, vgl. S. 174), dessen frühestes Vorkommen jedoch chronologisch noch nicht bestimmt ist, und der Name der Ninevitischen Gottheit Istar oder Ischtar.

2) Wie eine derartige Benennng der Zehnzahl im höchsten Alterthum aus dem Gestus beim Zählen leicht entstehen konnte, dafür bietet uns Pott (in der Halle'schen „Festgabe" für 1867 S. 47) eiue anschauliche Beschreibung des Fingerzäblens bei den Amazulu in Afrika, in welcher es heisst: „bei jeder vollendeten Zehn werden beide Hände mit ausgestreckten Fingern zusammen¬

geschlagen". Derselbe bemerkt anderwärts, wie genau der Wahrheit ge-

(16)

QQO SchloUmann, Additamenta Uber die Inschrift Mesa's. IV.

Demnach ist iniijy , nirmj» = consoclatio. Vereinigung , Ge¬

meinschaft, Zusammenliommen wird leicht im geschlechtlichen Sinne

gesagt (vgl. eig ro avro elvat, Var. avviQ)iea&-av 1 Kor. 7, 5).

Da nun die Astarte (wie die Mylitta) unzweifelhaft auf die zeu¬

gende Naturkraft bezogen wird, so habe ich die Bedeutung des

Namens ninüjy selbst so erklärt, dass darin die zeugende Natur¬

kraft „äls die verbindende" in kosmogonischem Sinne, also als die

das All zusammenhaltende Krait, aufgefasst werde. Warum Hitzig

die Zulässigkeit dieser Auifassung durch ein hinter „die verbin¬

dende" gesetztes Fragezeichen auch sachlich in Frage stellt, ist

schwer abzusehen. In der alt-griechischen Ueberlieferung entspricht der „kosmogonische Eros", der „Urtrieb" (vgl. Gerhard a. a. 0.

§ 489), welchen der Scholiast zu Hes. theog. 120 ff. als die aQfA,o-

via der werdenden Welt, und seine Wirsamkeit als ein avvag^o-

^uv xai avvayuv xai ivouv bezeichnet ^). Damit zusammen¬

treffend beschreibt ibn eiu neuerer Philologe in seiner Bemerkung

zu jener Stelle als „den Jugatinus, den Einiger, der die Quantitäten

der Materie geschickt gattete und der also von dem Werden der

Dinge der Grund ist" (vgl. Gottfr. Hermann u. F. Creuzer Briefe

über Homer und Hesiodus S. 146). Noch in der launigen Rede

des Komikers im Symposion entspricht es der uralten Tradition,

wenn dort als unbewusstes Ziel des durch den Eros erregten Stre¬

bens bezeichnet wird to av^tfvcat, ug to amo, ware Sio ovrag

hia ysyovivai. Ebendaselbst (S. 202) feiert Diotima den Eros als

das Verbindende (^vvdiov) und Vermittelnde fisra^v &eov te xai

ß'VtjTov, als kgfiriVEVov xai dtano^dfiEvov ß-Eolg tcc nag av-

■&g(onoüv xai äv&gtonoig rä naga ^«wv. Und sie fügt hinzu:

kv fi,ea(p öi ov äficpoTEguv avfinhrigoi, wgte to näv aiiTO avTW

^vvöeSiß&tti.

mäss Cooper in seinen bekannten Romanen es erfasst babe, dass die Indianer

„zur Versinnlichung der Zalden immer gern die Finger ins Interesse ziehen."

Und damit man nieht etwa meine , dergleichen gehöre bloss den sogenannten wilden Völkern an , hebt er mit Reeht als bedeutsam die Stelle bei Ovid (Fast.

III, 121 ff.) hervor, wo als Grund für die alte hohe WUrde (magnus honor) der Zehnzahl vorangestellt wird

— quia tot digiti per quos numerare solemus.

Die heutigen Römer sind darin den alten ähnlich geblieben. — Vielleicht rührt

die semitische Benennung der Fünf zahl von dem Zusammenziehen einer

o )

Hand her , da yöp , jJ-*.=>- (s. Dietrich's Abhandlungen für seuiitische Wort¬

forschung S. 181) mit lann verwandt sein können.

1) Man vgl. die Ay/iovin, die Gemahlin des lilJl.p = des Alten, des phönizischen Gottes in Theben, den die spätere Sage in einen Heroen verwan¬

delte. Auch der kosmogonische Eros ist vorzugsweise bootischer Gott (Gerh.

a. a. O. § 489) und phönizischen ürsprungs (a. a. O. Bd. II, S. 352. 354).

In den Fragmenten des phönizischen Sanchoniathon erscheint er als Werdelust, als schöpferisches Verlangen, llö^vs , dem vedischen Karaas entsprechend (s.

m. Hiob S. 82. 143). Die Einheit des Wesens in Eros und Aphrodite (Astarte) bedarf keines Nachweises.

4 5

(17)

Schlottmann, Additamenta iiber, die Inschrift Mesa's. IV. 661

Wenn ich diesen Anschauungen analog, die über aie Spbäre

der Naturreligion nicbt binausgeheuj den Namen der Astarte auch

etymologisch erklärt habe, so wird mau dagegen nicht einwenden

können, dass ähnliche Vorstellungen, als „zu tiefsinnig", den Phö¬

niziern und ihren heidnischen Sprachverwandten nicht zuzutrauen

seien. Insofern deren höchste Göttin „Name Baal's" und „Ange¬

sicht Baal's" beisst, habe ich dieses, ohne dabei an jene Platonische

Stelle zu denken, als „die den Gott mit der Welt verbindende

Offenbarerin desselben" bezeichnet (in m. Sehr. S. 27, vgl. ,,d.

Inschr. Escbmunazar's" S. 75 u. 142—146.). „Name Jehova's"

und „Angesicht Jehova's" sind im A. T. eine Bezeichnung der Gott

und Menschen verbindenden, vou Gottes ewigem Wesen unterschie¬

denen und doch wiederum :Ai ibm identificirten Potenz i). Man

kann den Begriff derselben mit Platonischen Ausdrücken bestimmen

als TO iQfitjvevov xal Stanogß-f^svov ccv&QwnotQ tu nagä ■&eov

und in gewissem Sinne auch tu nag' ävd-gwntov. So wurde

in formell ähnlicher Weise auch Astarte von Baal als seine Offen¬

barerin unterschieden uud daun wiederum mit ihm identificirt. Letz¬

teres geschah freilich, wie wir sahen, durch die ächt heidnische

sinnliche Vorstellung von dem androgynen Astar. Und während die

Offenbarung des Namens und Angesichts Jehova's an die Menschen

die Forderung richtete: „Ihr sollt heilig seiu, denn ich bin heilig",

brachte ihnen die Offenbarung des Baal und der Astarte den Taumel

der Versenkung in das sinnliche Naturleben in wollüstigen Culten,

welche die Alexandrinischen Uebersetzer des A. T. als heidnische

„Weihen und Mysterien" bezeichnen. In wilder , zum Theil wider¬

natürlicher gescblechtlicher Vereinigung glaubte man sich mit Baal

„zu verbinden" (Num. 25, 3: n5>D bsib bNlia-' nas«], LXX: xai

iveXißß'V 'Ißgarß T(p Baakcpsytog).

Dennoch wurden der „zusammenbindenden" Macbt der Astarte

auch sittliche Beziehungen gegeben , indem man die bürgerlicne

Einigung, sowobl insofern sie durch Städtegründung anfänglich be¬

wirkt, als drohenden Störungen gegeuüber aufrecht erhalten wurde,

von ihr ableitete. Wir erinnern daran, dass aucb das Wort

= Volk von einer Wurzel abstammt, deren sinnliche Grundbedeu¬

tung = „ binden" noch in dem arabischen '^^1^ ( = Kopf binde,

hebr. ins, niU») erhalten ist. Astarte ist also eben die bindende

Macht in dem üS. Daher ist sie auch als 'AoTagTt] rj fj.eyiaTt]

die erste Herrscherin des Landes (s. Sanchon. ed. Or. S. 34). Daher

findet sicb ferner nocb bei Jo. Lydus (de mens'^^us IV, 4^') die

1) Vgl. besonders Ex. 23, 21 131pl ''»tti; 33, 14 ISb"' -^SB. Jer. 63, 9 d'^ae '^NbU. Ferner 1 Kön. 3, 2; 8, 16; 11, .32. Auch die vielbesproche¬

nen Stellen von dem von Jehova unterschiednen uud doch wiederum mit ihm identificirten Hiri^ 'H^i'bM sind zu vergleicheu.

(18)

662 Schlottmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. IV.

sicher aus älteren Quellen geschöpfte Nachricht, dass die ' AarccQrri

die TToliovyog der Phönizier sei und dem griechischen Wortspiel,

wornach ' jlatuQrr) soviel sein soll wie aareog ägerri , liegt ein

richtiger Sinn zu Grunde. Dem entspricht bei den Griechen selbst

die ursprüngliche Bedeutung der ' A(pQodirrj IldvSrjfAog , der das

ganze Volk umfassenden und verbindenden und damit auch die

Städte gründenden Göttin Sie hatte ein Heiligthum unterhalb der

Athenischen Akropolis gemeinschaftlich mit der das Volk leitenden

Üsixi-M, der Sage uach vou Theseus gegründet, als er die Athener

kg (liav tiyayev anb rwv S^ftwv nokiv (Paus. I, 22, 3) Ganz

ähnlich hatte die „Venus Romana" in der via sacra ein delubrum

consors mit der Göttin Roma. Dieselbe Venus wurde dort als die

Concordia verelirt, welcher nach Plutareh schon Camillus nach Bän¬

digung des Aufruhrs seinem Gelübde gemäss einen Tempel gebaut

haben soll Dass eben diese „bürgerlich conciliatoriscbe Venus"

schon die Schutzgöttin des lateinischeu Bundes war, weist auf das

hohe Alter dieser Anschauungen hin. Sie erscheinen im Verhält¬

niss zu der späteren griechischen und römischen Liebesgöttin als

sehr fremdartig und erklären sich nur aus dem Wesen der alten

kosmogonischen Göttin, der Astarte, deren Dienst, wie jetzt die

Archäologen allgemein anerkennen, vornehmlich von Cypern aus

über Griechenland und von dem siciliscben Eryx aus über Italien

sich verbreitete*).

Ist nun also die vereinigende, zusammenbindende Macht (das

^vvSeov) nach den verschiedensten Beziehungen hin der hervor¬

stechende Grundzug in dem Wesen der Astarte, so wird eine Ety¬

mologie des Namens ninisy, welche eben diesen Grundzug durch

die Wurzel iiäy bezeichnet sein lässt, eine hohe Wahrscheinlich¬

keit haben, falls sie sprachlich zulässig ist. Hitzig bezweifelt

aber auch die von uns angenommene Grundbedeutung jener Verbal¬

wurzel „zusammengebunden, zusammengebracht, eng verbunden sein".

Vergegenwärtigen wir uns daher zunächst den thatsäcblich gegebe¬

nen Sprachgebrauch.

Das Verbum wird, wenn wir die erst von der Zehnzahl

1) Die höhere geistige Fassung der Aphrodite Urania im Untersebiede von der Pandemos, der vermeintlichen Venus propatula, ist eine Platonische Umdeu¬

tung. Gerade die Urania hatte iiberall, wie die Astarte, ihre Hierodulen.

2) Man vgl. Gerh. gr. Mythol. § 363, 364, 372. Wenn er aber an der letzten Stelle (S. 399) von der Aphrodite sagt : ,,Sie ist in ihrer Beziehung aufs

Menschenleben zuvörderst zur Volksverbindung der niedern Stände

wirksam, denen sie willig den Boden ebnen und Städte bauen hilft", so giebt er für die Beschränkung auf die niederen Stände keinen Beleg.

3) Den Namen Concordia hat man mit .4puovia combinirt (Gerh. a. a. 0.

I 372, 4). Ueber die hier berührten lateinischen und römischen Vorstellungen vgl. insbesondere Preller's römische Myth. 382. 384. 623.

4) Die hier etwas ausführlicher dargelegten Momente habe ich bereits kurz angedeutet in m. Schrift S. 26 , Anm.

(19)

SchloUmann , Additamenta über die Inschrift Mesa's. IV. 663

abgeleiteten Anwendungen desselben bei Seite lassen, nur von einer

zwiscben Menscben eingegangenen Gemeinschaft gebraucht, und zwar

nur in der III. und VI. Conjugation, in der III., wenn zwei, in der

VI. , wenn mehrere die Gemeinschaft miteinander eingehen. Diese

wird vorzugsweise als eine uahe innige Gemeinschaft gedacbt: „fa¬

miliariter conversati sunt, consueverunt invicem familiariter, societate

mutua juncti sunt". — Die entsprechenden Derivata siud folgende :

l) Die Abstractformen »^ioL*.*, die Gemeinschaft, die mit einem,

'äjZUc , die mit mehreren eingegangen ist. 2) Der welcher die

Gemeinschaft eingeht heisst yiljw und jA.ixc = socius, familiaris,

amicus; das letztere Wort ist aueh = maritus. 3) Die Collectiva:

SjaÄc = ex eodem patre cum quadam uati homines ; tribus , gens

' o

viri. jiii.'M = coetus, agmen hominum, familia viri : genus hominum

o »

et genus daemonum (an den letztern Sprachgebrauch erinnert jm.^,

jZji = tribus daemonum). — Von alle dem hat das Aethiopische in

dem Verbum las? nur die Beziehung auf den Collectivbegriff festgehal¬

ten. Es bedeutet in der Intensivform coetum convocare, besonders aber

ad coetum, praesertim ad convivium in vi tare '). Ebenso ist nur in

Beziehung auf den Collectivbegriff gebräuchlich die durch Verwechselung

des Gutturallautes eutstandene arabische Nebenform derselben Wurzel :

= congregavit, wovon j^S' == congregatio, agmen, der

muhammedaniscbe terminus für die Versammlung der Menschen

zum jüngsten Gerichte ^).

Der bisher vorgeführte Sprachgebrauch zeigt die Wurzel ic'y

nur in der Anwendung auf sociale Verbindungen unter den Men¬

schen. Darnach allein würde sich allerdings nimay als Haujit-

name der grossen Naturgöttin, welche schon die Alten als rrjv rov

nccvTog ala&rjToi) cpvaiv (Lyd. de mens. II, 10) auffassen, nicht erklären lassen. Aber sicher ist jener auf das Sociale beschränkte

Sprachgebrauch nicht der ursprüngliche. Dagegen spricht schon der

oben erwähnte Zusammenhang mit dem semitischen Namen der

1) Sicher verfehlt ist die noch von DiUmann S. 05'J citirte Bemerkung Ludolfs, wornach der äthiopische Sprachgebrauch vielleicht daher rühre , ,,quod hora diei decima epulae instituerentur apud Aethiopes, sicut nona apud Ro¬

manos".

2) So hat das Hebräische auch neben der allen semitischen Hauptdialekten gemeinschaftlichen Wurzel pl? eine Nebenform pin. Man vgl. üjin und CIJ*, vielleicht auch "lin und IIS (wovon Tin und !Tiy)3). — Von den ander¬

weitigen ganz fremdartig erscheinenden Bedeutungen des arab. ^y»«^ können wir hier abschen.

4 5 *

(20)

664 Schlottmann, Additamenta iiber die Inschrift Mesa's. IV.

Zehnzahl. Und an jene Nebenform knüpft sich im Hebräischen

man, was von der Sammlung der Wolken (2 Sam. 22, 11)^),

Iffin, was von dem Sammluugs- oder Einigungspunkte der Speichen

des Rades steht (1 Kön. 7, 33).

Gewiss mit Recht hat dazu Gesenius (Thes. S. 1078) nach

früheren Vorgängern die Wurzeln iity, IDN, ITN und das durch

Lautversetzung entstandene ^J~JC *) verglichen, in denen die Grund¬

bedeutung die des Bindens, Zusammeubindens ist. Man vergleiche

ausserdem, da die Verhärtung des y zu p und D aucb sonst fest¬

steht, einerseits "iisp, andrerseits luy und inD. Letztere haben

die Bedeutung de.-^ Umbindens (vgl. das lat. circumligare). — Syuo-

- o - - ^

nyme zu jÄ*<« uud (= Volkshaufen) sind hebr. irnat», ban, arab.

. , -. o o

SuLoi, ^jsjs- , die sämmtlich von Verbis mit der Grund¬

bedeutung „binden" abgeleitet sind. Die Grundbedeutung der Ver¬

balwurzel habe ich als intransitiv „zusammengebunden sein"

angenommen, weil sich so ura so leichter erklärt, dass die Grund-

forra durch die intransitiven Bildungen der sog. III. uud IV. Conjug.

verdrängt wurde. Doch lege ich hierauf kein grosses Gewicht. Es

wird für alles Uebrige nichts weseutlich geändert, weun raan anuimmt,

dass (nach der Analogie von = congregare) die trausitive

Grundbedeutung „binden, zusararaenbinden" hatte.

Ira Hebräischen scheint sicb die Grundbedeutung noch in 1

Kön. 22, 49 ira K'thibh (rri^rt* -ibj' = compegit , concinnavit naves)

erhalten zu habeu Jedenfalls dürfte keinem Zweifel unterliegen,

dass auch die gewöhnliche Bedeutung von ipy = „reich sein" auf

jene Grundbedeutung zurückzuführen ist. Wie bei \J\JJZ^ und

jÄs- sich die Beziehung auf deu Collectivbegriff allein festgesetzt

hat, so auch hier; nur handelt es sich dort ura ein sociales, hier

um ein sachliches Collectivum, dort um einen Haufen von Menschen,

1) Die richtige Lesart ist die in Ps. 18, 12 (D'T: nSlBfl) , aber die Um¬

wandlung derselben war hier sicher nicht sinnlos, sondern knüpfte an den oben bezeichneten Sprachgcbraucb an.

Cl.. O 1 «

2) Man vgl. die Derivate {j^jB. = funis und ijojC = conjux; ^jm^jC ^ U<».JjC = sponsus.

3) So auch Hitzig. Auch hier gilt ührigens, weun man einen Schreibfehler annimmt , Aehnliches wie das oben zu mujn in Anm. 1 Bemerkte. Die ent¬

sprechende Bedeutung hat sich in dem arabischen, durch Umsetzung entstandnen

. — ü *

fj^,^ ausgeprägt = compegit domum u. a. Davon (jijC = der Sessel, Thron ; wiy, das Gestell des Bettes oder Divans.

4 S *

(21)

Schlottmann, Additamenta über die Inschrift Mesa's. IV. 665

hier um einen Haufen von Besitzstüclcen oder Schätzen i). In bei¬

den Fällen aber ist der Begriff des Zusammenhäufens ans dem des

Zusammenbindens und Zusammenfügens entstanden — Ganz der¬

selbe auf die Menge des Besitzes, also auf den Reichthum beschränkte Sprachgebrauch findet sich , wie im Hebräischen, so im Aramäiscben.

Dagegen finden sich im Hebr. nn3>3 Prov. 27, 6 und tti»!! Ez.

35, 13 in der allgemeineren Bedeutung des Vielseins und des Viel-

machens. Dem letzteren Gebrauch des "ins entspricht der des arab.

> ** *

Jii (wovon jjjS , das gewöhnliche arabische Wort für „viel", yS ,

insbesondere gebräuchlich von der Vielheit der Schätze) '). Auch

dieses arab. Verbnm entstammt also derselben sinnlichen Grundbe¬

deutung, welcher das ihm gleichförmige hebr. ins näher geblie¬

ben ist.

Durch die vorgeführten Vergleichungen stellt sich heraus, dass

der Stamm iiay im hohen semitischen Alterthum wirklich den Be¬

griff der Vereinigung und Zusammenfügung in eben dem weitesten,

zugleich physischen und geistig-socialen Sinne bezeichnet hat, welcben

wir annehmen müssen, um nach jenem Begriff den gleichfalls uralten

Namen der semitischen Göttiu niniay zu erklären. Nur für eiue

Beziebung, die wir nach allem, was über die Vorstellung von der

Astarte überliefert ist, besonders erwarten, nämlich für die besondere

Beziehung auf die geschlechtliche Vereinigung bieten uns die bisher

betrachteten Erscheinungen des Sprachgebrauchs kein genaues Ana-

o

logon dar. Denn die Wörter jA.i^c und y«jc (= conjux), ^J-5^c

uud u~J_;E (= sponsus) knüpfen sich an den allgemeineren Sinn

der Gemeinschaft und Genossenschaft *). Dagegen wird unsrer An¬

sicht nach jene Lücke ausgefüllt durch das an den oben erwähnten

Stellen des Deuteronomiums überlieferte INX niinffiy. Denn hier

haben wir ein Wort, welches, von iiay abgeleitet, darauf schliesseu

lässt, dass dieses Verbum im Alterthum aucb speciell von der Be¬

gattung gebraucbt worden ist, und welches dabei mit dem Nameu

der Astarte völlig identisch ist.

1) ynTl (Jes. 60, 5 LXX nlov-toe) und bTI stehen sowohl von einer Menge von Schätzen als von einer Menschenmenge.

2) Vielleicht ist nieht zufällig, dass auch im intransitiven Sinne des Roich-

seins 1'^iayH öfter vorkommt als 1CJ (dieses nur Hos. 12, Ü; Hiob 15,

29). Letzteres scheint Denominativum von "1^233*zu sein.

3) Die von Hitzig (Philistäer S. 30) aufgestellte Combination von "liay mit ^ hat Fürst aufgenommen.

4) Khen so auch wohl das Wort s^^-üc = ex eodem patre cum quadam

nati homines , so nahe es zu liegen scheint , hier noch einen Ueberrest von einem Sprachgebrauch, nach welchem ^^^^^ vou der Zeugung gebraucht wurde zu erblicken.

(22)

666 Schlottmann, Additamenta über die Jnschrift Mesa's. IV.

Betrachten wir etwas näher die für die Erklärung besonders

wichtige Stelle Deut. 28, 18. Ueber Israel wird hier für den Fall

seiner heidnischen Entartung die Strafdrohung ausgesprochen : „Ver¬

flucht wird sein die Frucht deines Leibes und die Frucht deines

Bodens, das Werfen deiner Rinder i'^^th^ Iva) und die nilnipy

TjpNS." Die LXX, denen Hieron. folgt, übersetzen die beiden letzten

Glieder: rd ßovxoXia twv ßotHv aov xai tcc noifivia twv ngo-

ßccTwv aov Aber die Bedeutung von laia = „werfen , gebären"

steht durch den chaldäischen Sprachgebrauch (s. das Beispiel in

J. Levy's Wörterbuch) und durch das entsprechende hebr. böi (Jes.

26, 19) fest. Darnach muss sich m"ira5» auf die Erzeugung der

Schaafe beziehen. Und dem dient zur Stütze, dass auch bei dem

gleichlautenden Namen der Astarte eine Beziehung auf die Zeugungs¬

kraft so nahe liegt. Dann aber wird es am nächsten liegen, in dem

Verbum Ti-y die Zeugung als Vereinigung der Geschlechter und

als deren gemeinschaftlichen Akt bezeichnet zu finden.

Man könnte nun versuchen laiB und minify als Abstracta zu

nehmen: „Verflucht das Werfen deiner Rinder und die Paarungen

deiner Schaafe" — ähnlich wie umgekehrt Hiob 21, 10 das Ge¬

deihen der Heerden an das Gedeihen des Befruchtens und des Ge¬

bärens der Thiere geknüpft wird. Dabei müsste man aber einen

Merismus annehmen , der hier an sicb nicht wahrscheinlich ist und

bei dem die Stelluug des mimay vor dem isis die natürliche wäre.

Ueberdies erwartet man nach dem Zusammenhange in beiden Wörtern

Synonyma mit dem zweimal vorhergehenden ■'"ib , daher denu Luthers

Uebersetzung das Wort „Frucbt" in allen vier Gliedern einfach

wiederholt. Zur völligen Gewissheit wird dies durch die Stelle

Deut. 28, 4, wenn wir sie mit der unsrigen vergleichen. Denn

dadurch ergiebt sich, dass dort die Worte T^Bbt» iyo und mini»y

"^SNi: als Apposition und mithin als Specification ueben dem allge¬

meineren '^rii3"3 IIB stehen. Die dabei geforderte Bedeutung ergiebt

sich für im leicht", da es nach Analogie von bsi recht wohl die

geworfenen Jungen bezeichnen kann. So muss auch miniay =

Zeugung, ähnlich wie generatio in den romanischen Spracben, auf

das Gezeugte übertragen worden sein. Das sebeint freilich schwie¬

riger bei einem Worte, das eigeutlich „Paarung" bedeutet, in

welchem also ursprünglich die Beziehung auf das Object der Zeu¬

gung uicht enthalten ist. Doch findet sich eine entsprechende Ueber-

1) Hier liegt unverkennbar die Aulfassung von 1512 =■ emisit (das Hinaus¬

getriebene = die Heerde) und die von nlniuy = ,,Haufcn, agmen" ^nach der

oben entwickelten Grundbedeutung von llüy) zu Grunde. — Die noch von

Gesen. im Thes. gebilligte Deutung „Veneres = femellae gregium" ist ein Noth¬

behelf, den man jetzt wohl allgemein als Curiosität bei Seite lassen wird. Die Erklärung ist eben so abgeschmackt an sich , als unpassend in dem Paralle¬

lismus der biblischen Stelle.

(23)

SchloUviann , Additamenta äber die Inschrift Mesa's. IV. 667

tragung noch auffälligerer Art in dem arabischen SjOc = progenies,

soboles ^).

So wird man, wenn die obigen Erörterungen sich als haltbar

erweisen, meiner Auffassung der Namen iniljy und niniay nicht

absprechen köunen, dass dabei die sacblichen und sprachlichen

Momente sich in hohem Masse gegenseitig bestätigen. Der pho¬

netische Einwand, den Hitzig erhebt, ist ganz unerheblich. Es ist

eine bekannte Erscheinung, dass wo der Zischlaut tü den beiden

Sprachen gemeinsam ist, in der Regel das hebr. is dem arab. uj uud

das hebr. «5 dem arab. is entspricht. Darnach behauptet Hitzig

kurzweg ohne Beweis, die arab. Wurzel jÄc laute im Hebr. "liss.

Aber ich glaubte in den kurzen sprachlichen Bemerkungen meiner

Schrift nicht nöthig zu haben, auf das eben so Bekannte hinzuweisen,

dass jene Erscheinung zahlreiche Ausnahmen hat und nicht von

fern als durchgängige Regel gelten kann. Sehr häufig bleibt derselbe

Zischlaut in beiden Spracben. Ich füge zu den von Ges. (Tbes. S.

1344) hinsichtlich des is angeführten Beispielen noch »aiä und js^",

ns«; und = pns = ^Ui, pptt: = UcÄ u. s. w. Gerade der

Nebenform von ..i-c , dem arab. ^A=» , entspricht wie wir sehen ein

hebr. nuin ^). Oft zeigt auch dieselbe Wurzel die beiden Zisch¬

laute neben einander. Man vgl. isy-i = und [Ji^^ , C]iiö =

i_iJ*^ und v_}lX*.<, und umgekehrt ^Lw = iNis und -iN"i5 {— effer-

buit). Wir haben gesehen , dass auch neben j.ixc das verwandte

durch Transposition entstandene steht. Um so weniger kann

1) Von ^Äc hat Fresnel, ausgehend von dem himjarischen y*Äc den Na¬

men Astarte ahleiten wollen (Journ. As. 1845. VI S. 199—201, 226 — 229).

Das Stammwort und mehre Derivate stehen von der sexuellen Brunst (Derivata mit Bezug auf heide Geschlechter) und zwar in einer Weise, dass Fresnel, wie er sich ausdrückt, <ad vitandam oflfensionem populorum die betreffenden Stellen der arabischeu Lexicographen lateinisch , nicht französisch übersetzt. Eine sol¬

che priapeische Deutung des Namens wird aber schon durch die Lautverhält¬

nisse ausgeschlossen, da sich so in ^^Äc weder das O (denn der Wurzel ^ic sind jene Bedeutungen fremd ) noch vollends das auffällige Nebeneinander von liJ und O erklären lässt. Eber könnte der Name inyiny (Blau in Ztschr.

d. D.M.G. VI 473) an das arab. jÄc eriiniern ; man vgl., was Movers Phön. I.

594. Uber die Thirgate sagte. Dagegen dürfte die Wurzel von iTnlSN eino Nebenform von TiSy und mit diesem gleichbedeutend sein.

2) Von niSn sind nach Movers' scharfsinnigen Untersuchungen auch die kosmogonischen Gottheiten der Phönizier XoviKopoe und Xovaaoi^ii (statt des wahrscheinlich verschriebenen Xoovanod'is) abzuleiten. Vgl. m. Hiob S. 138.

Dass Vorstellungen von verwandtem Ursprung zu verschiedenen mythologischen Gestalten werden, ist überall etwas Gewöhnliches. Jene Bildungen würden aber, wenn mit Recht so erklärt, dazu beitragen zu beweisen , wie geläufig den Phöniziern in ihrer Kosmogonie der Begriff des ^vpSeov war.

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