Gentechnik/Biotechnik
Vorlesung im WS 2010/2011
Prof. Theo Dingermann
Institut für Pharmazeutische Biologie Goethe-Universität Frankfurt/Main
Rekombinante Wirkstoffe
1984
•Klonierung und Sequenzierung des kompletten HIV-Genoms;
Die Geschichte der Gentechnik
• Entwicklung des genetischen Fingerabdrucks;
Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus (RFLP) an repetitiven Allelen (Minisatelliten)
Allel 1 Allel 2
Gelelektrophorese
repetitive Allele:
zwei Banden pro diploidem Chromosom Banden auf mehrern Chromosomen
Die Geschichte der Gentechnik
Die Geschichte der Gentechnik
DNA-Typisierung
Die Geschichte der Gentechnik
DNA-Typisierung
Tatortspur
Die Geschichte der Gentechnik
DNA-Typisierung
Verdächtige
Die Geschichte der Gentechnik
DNA-Typisierung
Übereinstimmung
Repetitive DNA-Sequenzen
G A G G A C C A C C A G G A A G
Minisatellit
Mikrosatellit Short Tandem Repeat (STR)
A G AT
Die Geschichte der Gentechnik
PCR-Analyse mit Mikrosatelliten (STRs = Short Tandem Repeats
Die Geschichte der Gentechnik
STR Allel 1 STR Allel 2
STR Allel 3 STR Allel 4
spezifische, STR-flankierende Primer!
Repetitive DNA-Sequenzen für DNA-Typisierungen mit PCR Minisatelliten
Größe 400-1000 bp (Kernmotive 10-100 bp)
u.U. schlechte Ergebnisse mit degradierter DNA
Probleme mit allelic dropout
Mikrosatellieten (STRs)
Größe 100-400 bp (Kernmotive 2-6 bp)
bessere Ergebnisse mit stark degradierter DNA
geringere allelic dropout Problematik
kleinere Fragmente sind mit besserer Auflösung trennbar
Neue PCR-spezifische Probleme:
Kontaminationen
PCR-Inhibitoren
Allelic dropout
Die Geschichte der Gentechnik
DNA-Typisierung
Multiplex STR-Analyse (2 Individuen)
Polyacrylamid- Gelelektrophorese Nachweis der Amplimere
durch Autoradiographie
Allel#
1 2 3 4 5 6 7 8 9 Σ
D 16 S 539
DNA
Chromosom 16
"single copy" (Einzelsequenz)
539. Genlocus auf Chromosom 16
Die Geschichte der Gentechnik
Nomenklatur der STR-Marker
Die Geschichte der Gentechnik
Vergleich RFLP und PCR
RFLP PCR
benötigte Zeit 6-8 Wochen 1-2 Tage
benötigte DNA-Menge 50-500 ng 0,1-1 ng
benötigte DNA-Qualität hochmolekular, intakt fragmentiert
automatisierbar? nein ja
DNA-Typisierung durch Multiplex STR-Analysen
Diskriminierungsgrade – praktische Berechnungen
Ein Individuum hat die Wahrscheinlichkeit F, an einem Locus zwei bestimmte Allele zu besitzen:
F = 2pq
Ist ein Individuum homozygot für ein Allelpaar, gilt:
F = p2 Beispiel:
Am Genlocus D3S1358 werden zwei Allele mit 15 bzw. 18 Repeats gefunden. Die Frequenzen sind 0,2825 bzw. 0,1450
F = 2 • 0,2825 • 0,1450 = 0,0819 oder 8,2%
Die Geschichte der Gentechnik
DNA-Typisierung durch Multiplex STR-Analysen
Multiplex STR-Analyse
Beispiel: PowerPlex® 16
16 verschiedene Loci werden gleichzeitig amplifiziert
CSF1PO FGA TPOX
TH01 VWA D3S1358
D5S818 D7S820 D8S1179 D13S317 D16S539 D18S51 D21S11 Penta D Penta E Amelogenin
1 : 1,8•10 17
Die Geschichte der Gentechnik
1984
•Klonierung und Sequenzierung des kompletten HIV-Genoms;
Die Geschichte der Gentechnik
• Entwicklung des genetischen Fingerabdrucks;
• Entwicklung der ersten gentechnisch hergestellten Vakzine.
Das Hepatitis-B-Virus (HBV) gehört zur Gruppe der Hepadnaviren, die ein
zirkuläres, teils doppelsträngiges DNA- Genom und einer Lipidhülle besitzen.
Der zweitgrößte Leserahmen codiert für die verschiedenen Formen des
Oberflächenproteins HBsAg der acht verschiedene Genotypen (A – H).
Die Geschichte der Gentechnik
Hepatitis-B-Impfstoff
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
Funktionelles Klonieren: Voraussetzung ist, dass die biochemische Basis der Erkrankung bekannt ist oder dass Kenntnisse über das Protein
vorliegen, das unmittelbar an der Krankheit beteiligt ist.
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
Positionelles Klonieren: Für diesen Ansatz müssen Kenntnisse über die subchromosomale Position des vermeintlichen Gens vorliegen. Den genauen Pathogenitäts-Mechanismus bzw. die biochemische Funktion des Genproduktes braucht man nicht zu kennen.
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
Positions-unabhängiges Klonieren eines Kandidaten-Gens: Besteht ein begründeter Verdacht, dass ein Defekt in einem bestimmten Gen die Krankheit verursacht, kann das ohne Kenntnisse der chromosomalen Lokalisation Gen kloniert werden. Ein solches Gen bezeichnet man als ein „Kandidaten-Gen“.
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
Positionelles Klonieren eines Kandidaten-Gens: Für diesen Ansatz werden sowohl Kenntnisse über die Pathogenitäts-Mechanismen als auch über die chromosomale Lokalisation des Gens benötigt, das im
Verdacht steht, eine Erbkrankheit zu verursachen. Ist das gegeben, dann ist dieser Ansatz sehr effizient.
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
RFLP-Marker D7S15
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
• Der RFLP-Marker D7S15 markiert in der DNA von Eltern kranker Kinder zwei DNA-Fragmente.
• Dagegen hybridisiert die gleiche Sonde in der DNA kranker Kinder nur mit einem DNA-Fragment.
• Die Eltern sind also für diesen Marker heterozygot und daher gesund.
• Dagegen haben die kranken Kinder von beiden Eltern jeweils das defekte Allel geerbt. Sie sind somit für den Marker
homozygot und folglich krank.
Durch in-situ-Hybridisation konnte die chromosomale Position dieses Markers als 7q31.3 identifiziert werden. Damit war die Voraussetzung für positionelles Klonieren geschaffen.
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
Es konnte nicht nur das Gen identifiziert werden, sondern es wurde auch eine entscheidende Mutation entdeckt, die bei mehr als 70%
aller Patienten mit Cystischer-Fibrose in Nordeuropa vorkommt.
Diese Patienten tragen die DF508-Mutation, die dadurch
gekennzeichnet ist, dass an Position 508 im CFTR-Protein (cystic fibrosis transmembrane conductants regulator) die Aminosäure Phenylalanin fehlt.
Das CF-Gen ist 230 kBp lang, besteht aus 24 Exons und codiert für ein Protein aus 1.480 Aminosäuren. Das Protein ist bekanntlich ein Chloridkanal und somit ein Protein, das in der Membran verankert ist.
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
Die Geschichte der Gentechnik
• Erfindung der PCR-Technik:
Kary B. Mullis 1993
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
•Erfindung der PCR-Technik;
Die Geschichte der Gentechnik
• Sequenzierung des humanen Insulinrezeptors
1985:
•Identifizierung genetischer Marker für die Cystische Fibrose;
•Erfindung der PCR-Technik;
Die Geschichte der Gentechnik
• Sequenzierung des humanen Insulinrezeptor
• Zulassung von rekombinantem, humanem Wachstumsfaktor durch die FDA.
1986:
•Einführung von AIDS- und Hepatitis-Tests für Blutkonserven;
Die Geschichte der Gentechnik
Die Geschichte der Gentechnik
Anfang der 80er-Jahre gab es erste Verdachtsfälle auf Kontaminationen in Blutkonserven.
1984 stand fest: Viele Blutkonserven und für Bluter lebenswichtige Blutprodukte waren mit HIV verseucht.
Zu diesem Zeitpunkt hatten sich jedoch bereits 50 Prozent aller
deutschen Bluter, also rund 1500 Menschen mit dem tödlichen Virus infiziert.
Obwohl Mitte der 80er-Jahre bereits bekannt war, dass die Produkte lebensgefährlich sind, versäumte die Regierung, eine Regelung zum Schutz der Bluter zu schaffen. Dass die Blutpräparate auch mit
Hepatitis A, B und C belastet waren, wurde kaum erwähnt. So kommt es, dass zum Beispiel alle Bluter mit Hepatitis C infiziert sind.
Die Geschichte der Gentechnik
Erst als Anfang der 90er-Jahre der Skandal richtig zum Kochen kam, entschuldigte sich der damalige Gesundheitsminister Horst Seehofer offiziell bei den Blutern wegen Verletzung der Aufsichtspflicht.
Das BGA wurde aufgelöst und das BfArM geschaffen.
Heute garantiert die PCR-Testung auf Hepatitis A-, B- und C-, HI- und Parvoviren, dass Blutkonserven sicher sind.
1986:
•Einführung von AIDS- und Hepatitis-Tests für Blutkonserven;
•Zulassung der ersten Interferone – Intron A® und Roferon A® – für die Krebstherapie;
Die Geschichte der Gentechnik
Die Geschichte der Gentechnik
Die Geschichte der Gentechnik
Biochemische und pharmakologische Eigenschaften der Interferone:
Protein Funktion Induktion durchInduktion durch Typ-I-IFN Typ-II-IFN 2'-5'(A)-Synthetase dsRNA-abhängige Synthese
von 2'-5'(A); Aktivator der RNase L
+ +
Protein (p68) Kinase (PKR) (durch dsRNA aktivierbare
Proteinkinase)
Phosphorylierung des
Translations-Initiationsfaktors eIF-2a
+ ±
Klasse-I-MHC-Antigene (HLA-A,B,C) (incl.β2- Mikroglobulin)
Antigenpräsentation
gegenüber zytotoxische T- Lymphozyten
+ +
Klasse-II-MHC-Antigene
(HLA-DR) Antigenpräsentation
gegenüber TH-Lymphozyten ± +
Die Geschichte der Gentechnik
Biochemische und pharmakologische Eigenschaften der Interferone:
Die Geschichte der Gentechnik
Protein Funktion Induktion durchInduktion durch Typ-I-IFN Typ-II-IFN Indolamin-2,3-
dioxygenase Tryptophanmetabolismus
(Katabolismus) ± +
Guanylat-Bindeproteine
(GPB; γ67) GTP-, GDP-Bindung ± +
Mx-Protein GTPase, spezifischer
Inhibitor des Influenza-Virus + -
IP-10 CXC-Chemokin ± +
Metallothionin Metall-Entgiftung + +
TNF-Rezeptoren Vermittler von TNF-Effekten ± + IL-2-Rezeptoren Vermittler von IL-2-Effekten - +
Biochemische und pharmakologische Eigenschaften der Interferone:
Die Geschichte der Gentechnik
Protein Funktion Induktion durchInduktion durch Typ-I-IFN Typ-II-IFN GM-CSF-Rezeptor Vermittler von GM-CSF-
Effekten - +
Interzelluläres
Adhäsionsmolekül-1 (ICAM-1; CD54)
Endotheliales
Zelladhäsionsmolekül GTP-, GDP-Bindung
- +
Immunglobulin-Fc-
Rezeptor (FcR) Immunglobulinbindung durch
Makrophagen/Neutrophile ± +
Thymosin β4 Induktion der Terminalen Transferase in B-
Lymphozyten
+ ?
1986:
•Einführung von AIDS- und Hepatitis-Tests für Blutkonserven;
•Zulassung der ersten Interferone – Intron A® und Roferon A® – für die Krebstherapie;
•Zulassung des ersten monoklonalen Antikörpers – Orthoclone®
OKT3 – als Medikament zur Prophylaxe von Abstoßungsreaktionen bei der Nierentransplantation;