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H-Passivierung von multikristallinem Silizium : Untersuchung der Bindungsenergien von Wasserstoff an Defekten

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Universit¨at Konstanz Fachbereich Physik Abteilung Photovoltaik

H-Passivierung von multikristallinem Silizium

Untersuchung der Bindungsenergien von Wasserstoff an Defekten

Diplomarbeit Philipp Karzel

November 2008

Erstgutachter: PD Dr. Giso Hahn

Zweitgutachter: Prof. Dr. Ulrich R¨udiger

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-73750

URL: http://kops.ub.uni-konstanz.de/volltexte/2009/7375/

(2)
(3)

Inhaltsverzeichnis

Einleitung 1

1 Theorie 5

1.1 Defekte und Lebensdauer . . . 5

1.1.1 Generation . . . 5

1.1.2 Rekombination . . . 6

1.1.2.1 Band-Band-Rekombinationen . . . 8

Strahlende Rekombination . . . 8

Auger-Rekombination . . . 9

1.1.2.2 St¨orstellen-Rekombination . . . 9

Shockley-Read-Hall-Punktdefekte . . . 10

Korngrenzen und Versetzungen . . . 13

Oberfl¨achen . . . 15

1.1.3 Oberfl¨achenpassivierung . . . 17

1.2 Wasserstoffpassivierung . . . 19

1.2.1 Bindungszust¨ande von Wasserstoff in einem Siliziumkristall . . . 20

1.2.2 Passivierung tiefer St¨orstellen . . . 21

1.2.3 Passivierung flacher St¨orstellen . . . 22

1.2.4 Wasserstoff-Diffusion im Siliziumkristall . . . 23

1.2.4.1 Diffusion und trapping in einkristallinem Silizium . . . 23

1.2.4.2 Diffusion und trapping in multikristallinem Silizium . . . 25

1.3 Bindungsenergie . . . 26

1.4 Bildregistrierung . . . 34

2 Experiment 39 2.1 EFG-Material . . . 40

2.2 P-Gettern . . . 42

2.3 Wasserstoff aus einer SiNx:H-Schicht . . . 43

2.4 Temperaturschritte . . . 44

2.4.1 RTP-Ofen SHS 100 der Firma AST . . . 45

2.4.2 Thermoelement . . . 46

2.4.2.1 Qualit¨at der Temperaturmessung mittels Pt-PtRh(10 %)-Thermoelement . . . 47

2.4.2.2 Tr¨agheit des Thermoelements und des Pyrometers . . . 54

2.4.3 Pyrometer . . . 56

(4)

2.4.4 Einfluss der Dauer der Temperaturschritte . . . 63

2.4.5 Einfluss der Form des Temperaturprofils . . . 67

2.4.6 Verunreinigungen durch die Prozesskammer des Ofens . . . 70

2.5 µ-PCD . . . 72

2.5.1 Leitf¨ahigkeitsbestimmung durch Mikrowellenreflexion . . . 72

2.5.2 Effektive Lebensdauer . . . 73

2.5.3 Tempor¨are Oberfl¨achenpassivierung . . . 75

2.5.3.1 HF-Oberfl¨achenpassivierung . . . 75

2.5.3.2 Oberfl¨achenpassivierung mit einer Iod-Ethanol-L¨osung . . . . 76

2.5.4 Einfluss des Bias-Lichts . . . 77

2.5.5 Messsystem Semilab WT-2000 . . . 77

3 Ergebnisse 79 3.1 Auswertung der Messdaten . . . 79

3.2 Bindungsenergien der Defekt-Wasserstoff-Komplexe . . . 85

3.2.1 Lebensdauern . . . 85

3.2.2 Bindungsenergiemittelwerte . . . 88

3.2.3 Ortsaufgel¨oste Bindungsst¨arken der Defekt-Wasserstoff-Komplexe . . . 89

3.2.4 Bereiche mit kleinen Bindungsenergien . . . 92

3.2.5 Bereiche mit großen Bindungsenergien . . . 93

Zusammenfassung 97

Abk¨urzungsverzeichnis 99

Literaturverzeichnis 101

A Bildregistrierung Quellcode I

B Pyrometer-Temperaturprofile IX

Danksagung XIII

(5)

Abbildungsverzeichnis

0.1 Ortsaufgel¨oste Lebendsdauermessungen von EFG-Wafern vor und nach Wasser-

stoffpassivierung [Kaes05] . . . 2

1.1 Rekombinationsmechanismen in einem p-dotierten Halbleiter . . . 8

1.2 Grundlegende Prozesse bei der St¨orstellenrekombination . . . 10

1.3 St¨orstellenniveaus einiger Elemente in Silizium [Goe97] . . . 12

1.4 Schematisches Energiebanddiagramm einer Versetzung oder einer Korngrenze [M¨ol93] 14 1.5 Verschiedene Rekombinationsaktivit¨aten an Korngrenzen [Hano82] . . . 15

1.6 Positionen des Wasserstoffs im Siliziumkristall [Pea92] . . . 21

1.7 Temperaturabh¨angigkeit des Diffusionskoeffizienten von Wasserstoff in Silizium [Dub´e05] . . . 24

1.8 Anteil passivierter Defekte in Abh¨angigkeit der Temperatur . . . 29

1.9 Lineare Darstellung des Anteils passivierter Defekte in Abh¨angigkeit der inversen Temperatur . . . 30

1.10 Anteil noch passivierter Defekte in Abh¨angigkeit der Temperatur [Nak07] . . . 31

1.11 Gegeneinander verschobene Lebensdauermaps . . . 38

2.1 Experimentablauf . . . 39

2.2 Schematische Darstellung der EFG-Technologie [Hahn04] . . . 40

2.3 EFG – vom Oktagon zur Zelle [Hof01] . . . 41

2.4 Ecke eines EFG-Wafers [Groe07] . . . 41

2.5 Schematische Darstellung der POCl3-Diffusion [Goe97] . . . 42

2.6 Direct PECVD-Abscheidung einer SiNx:H-Schicht [Abe01] . . . 44

2.7 Reaktorblock des RTP-SHS 100-Ofens [Ast95] . . . 45

2.8 Temperaturprofil f¨ur das Feuern eines mit Aluminium bedruckten Wafers [Hus05] 48 2.9 Bin¨ares Phasendiagramm von Aluminium und Silizium [Hus05] . . . 49

2.10 Temperaturprofil eines mit Aluminium bedruckten Wafers und Temperaturplateau bei der Erstarrung des Al-Si-Eutektikums . . . 50

2.11 Temperaturprofile beim Aufschmelzen und Erstarren von Zink und Blei . . . 52

2.12 Abweichung der gemessenen von der tats¨achlichen Temperatur . . . 53

2.13 Qualit¨at des verwendeten Thermoelements . . . 54

2.14 Vergleich der Reaktionszeiten und der W¨armeaufnahme von Thermoelement und Pyrometer . . . 55

2.15 Spektren des schwarzen Strahlers . . . 57

2.16 Pyrometer [Ast95] . . . 58

2.17 Absorption eines Siliziumwafers in Abh¨angigkeit der Temperatur . . . 60

(6)

2.20 Pyrometersignale bei unterschiedlichen Dicken der Unterlagewafer aber gleichen

Lampenleistungen . . . 63

2.21 Anteil noch passivierter Defekte bei zwei Extremf¨allen f¨ur die Dauer der Tempe- raturschritte im idealen und im realen Fall . . . 64

2.22 Differenz zwischen den Anteilen passivierter Defekte in Abh¨angigkeit der Tempe- ratur im idealen und im realen Fall . . . 65

2.23 Anteil noch passivierter Defekte bei verschiedenen Dauern der Temperaturschritte 66 2.24 Nahezu ideales Pyrometer-Temperaturprofil mit einer Peaktemperatur von 600C und theoretische zeitaufgel¨oste Wasserstoffausdiffusion . . . 67

2.25 Pyrometer-Temperaturprofil mit einer Peaktemperatur von 650C und theoreti- sche zeitaufgel¨oste Wasserstoffausdiffusion . . . 68

2.26 Rampenf¨ormiges Pyrometer-Temperaturprofil mit einer Peaktemperatur von 650C und theoretische zeitaufgel¨oste Wasserstoffausdiffusion . . . 68

2.27 Bindungsenergieabh¨angige Differenz zwischen Anteilen an noch passivierten De- fekten nach einem Temperaturschritt mit kastenf¨ormigem, idealem und mit ram- penf¨ormigem, realem Temperaturprofil . . . 69

2.28 Lebensdauerwerte mehrerer FZ-Wafers vor und nach verschieden langen Tempe- raturschritten bei 600C . . . 71

2.29 Lebensdauerwerte mehrerer FZ-Wafer vor und nach einsek¨undigen Temperatur- schritten bei verschiedenen Temperaturen . . . 71

2.30 Lebensdauermittelwerte eines unbehandelten EFG-Wafers nach verschiedenen Tem- peraturschritten . . . 72

2.31 Wirkungsmechanismus der Oberfl¨achenpassivierung durch HF [Tru90] . . . 76

2.32 Oberfl¨achenpassivierung durch Iod-Methanol-L¨osung . . . 76

2.33 Lebensdauermessger¨at Semilab WT-2000 [Sem01] . . . 78

3.1 Aus fiktiven Lebensdauerwerten berechneter Anteil passivierter Defekte N/N0 im Vergleich zu Werten einer berechneten Kurve . . . 80

3.2 Lineare Darstellung des Anteils passivierter Defekte in Abh¨angigkeit der inversen Temperatur f¨ur fiktive Daten . . . 83

3.3 Korrelierte Lebensdauermaps nach mehreren Temperaturschritten . . . 85

3.4 Einfluss der Temperaturschritte auf nicht wasserstoffpassivierte Proben . . . 86

3.5 Vergleich der Lebensdauermaps vor der Wasserstoffpassivierung und nach dem letzten Temperaturschritt . . . 86

3.6 Lebensdauermittelwerte nach mehreren Temperaturschritten . . . 87

3.7 Mittelwerte der noch passivierten Defekte nach mehreren Temperaturschritten . . 87

3.8 Unter Vorgabe der Frequenz berechnete ortsaufgel¨oste Bindungsenergiemaps, gleich skaliert . . . 89

3.9 Mit verschiedenen Auswertungsroutinen berechnete ortsaufgel¨oste Bindungsener- giemaps . . . 90

3.10 Betrachtung eines Waferbereichs kleiner Defekt-Wasserstoff-Bindungsenergien . . 92 3.11 Lebensdauerwerte nach mehreren Temperaturschritten an Position (53/39) auf Wafer 93

(7)

3.12 Noch passivierte Defekte nach mehreren Temperaturschritten an Position (53/39) auf Wafer . . . 93 3.13 Betrachtung eines Waferbereichs großer Defekt-Wasserstoff-Bindungsenergie . . . 94 3.14 Lebensdauerwerte nach mehreren Temperaturschritten an Position (162/43) auf

Wafer . . . 95 3.15 Noch passivierte Defekte nach mehreren Temperaturschritten an Position (162/43)

auf Wafer . . . 95 3.16 Vergleich der Anteile noch passivierter Defekte an Positionen im Wafer mit unter-

schiedlich stark gebundenem Wasserstoff . . . 95 3.17 Ortsaufgel¨oste Darstellung der Bindungsenergien von Wasserstoff an Defekten in

EFG-Silizium, berechnet mit einer Frequenz von ν = 1014Hz. . . 97

(8)

1.1 Eigenschaften von Wasserstoff in kristallinem Silizium [Shi84] . . . 20 1.2 Aktivierungsenergien von Wasserstoff in Silizium an verschiedenen Verunreinigun-

gen und Defekten [Pea92] [M¨ol93] . . . 32 2.1 Die Schmelz- bzw. Erstarrungstemperaturen verschiedener Metalle und die mit

den Thermoelementen A1, A2 und A3 gemessenen Temperaturen . . . 51 2.2 Temperaturgradienten der Kurve des Anteils noch passivierter Defekte und Kur-

venbreite bei verschiedenen Zeiten f¨ur die Peaktemperatur . . . 66 3.1 Prozentuale Abweichung der fiktiven Lebensdauerwerte und der Werte f¨ur die

Anteile passivierter Defekte von den berechneten . . . 81 3.2 Steigungswerte des negativen nat¨urlichen Logarithmus zwischen Null und Eins . . 82

(9)
(10)
(11)

1

Einleitung

In den letzten Jahren hat der Weltmarkt f¨ur Photovoltaik mit durchschnittlichen Wachstums- raten von rund 40% pro Jahr eine rasante Entwicklung durchlaufen. 2007 wurden Solarmodule mit einer Gesamtkapazit¨at von ungef¨ahr 2500 MWp1 produziert [BMU08]. Da mehr als 90%

aller Zellen aus kristallinem Silizium hergestellt werden, wurden hierf¨ur ca. 900 Millionen Siliziumwafer (Siliziumscheiben) ben¨otigt2. Aus diesem riesigen Bedarf resultiert eine Knapp- heit an Solarsilizium, die gegenw¨artig eine große Herausforderung f¨ur die Photovoltaikbranche darstellt. Die zweite große Aufgabe, die gel¨ost werden muss, besteht in der Reduzierung der Kosten pro Wattpeak, damit die Industrie unabh¨angig von den Subventionen f¨ur Solarstrom wird.

Um diesen gegenw¨artig gr¨oßten Problemen der industriellen Solarzellenproduktion entgegen- zutreten, wird schon seit einiger Zeit versucht, sparsamer mit dem Rohstoff Silizium umzuge- hen und gleichzeitig die Produktionskosten zu senken. Eine Methode besteht darin, die Wafer nicht mehr aus einem Ingot (Siliziums¨aule) herauszus¨agen, sondern sie direkt aus der Schmel- ze zu ziehen. So wird der Materialverlust, der beim S¨agen auftritt, vermieden. Es entstehen Siliziumb¨ander oder Platten, sogenanntes Foliensilizium. Die bekanntesten Vertreter dieser Methode sind EFG (Edge-defined Film-fed Growth)- oder String-Ribbon-Wafer, die aus den Folien ausgelasert werden. RGS (Ribbon Growth on Substrate)-Wafer entstehen aus direkt auf ein Substrat entsprechender Form aufgewachsenem Silizium. Diese neuen, vielversprechenden Materialien besitzen herstellungsbedingt eine sehr große Anzahl an Defekten, die sich in einem geringen Wirkungsgrad der daraus gefertigten Solarzellen niederschlagen.

Verschiedene Prozessierungstechniken erm¨oglichen, dass der limitierende Einfluss der Defekte so gering wie m¨oglich bleibt. Dazu z¨ahlt beispielsweise die Wasserstoffpassivierung von mul- tikristallinem Silizium, die in der Solarzellenindustrie schon seit Beginn der neunziger Jahre eine große Bedeutung besitzt. Besonders die Qualit¨at defektreicher Siliziumwafer l¨asst sich mit dieser Methode erheblich verbessern. Wasserstoff ist in der Lage, die elektrischen Aktivit¨aten der Defekte zu reduzieren oder ganz aufzuheben und so die Lebensdauer der Minorit¨atsla- dungstr¨ager im Siliziumkristall zu erh¨ohen.

Bei einigen Defekten ist klar, weshalb sie von Wasserstoff passiviert werden k¨onnen. Aber die Erkl¨arung der Passivierwirkung von Wasserstoff beispielsweise an metallischen Verunrei- nigungen ist Gegenstand aktueller Forschung. Ungekl¨art ist auch, warum Wasserstoff manche Defekte besser passiviert als andere. Dieses Problem stellt den Ausgangspunkt f¨ur die vorlie- gende Arbeit dar.

Im Rahmen dieser Arbeit soll ein Verfahren entwickelt werden, das es erlaubt, die Bin- dungsenergien von Wasserstoff an Defekten in multikristallinem Silizium ortsaufgel¨ost zu

1Megawattpeak – Einheit der Nennleistung, die unter standardisierten Testbedingungen gemessen wird.

2Die typische Nennleistung einer Zelle betr¨agt 2.5 Wp.

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ermitteln. In vorhergehenden Experimenten [Nak07] wurde die mittlere Bindungsenergie von Wasserstoff an Defekten in EFG-Material aus integralen Lebensdauermessungen mit dem QSSPC (Quasi Steady State Photoconductance Decay)-Verfahren bestimmt. Hierbei wurde der Wasserstoff aus einem komplett wasserstoffpassivierten Wafer sukzessive ausdiffundiert, indem dieser schrittweise immer h¨oheren Temperaturen ausgesetzt wurde. Zwischen den Tempera- turschritten wurde jeweils die mittlere Lebensdauer bestimmt. Aufgrund der Reaktivierung der urspr¨unglich wasserstoffpassivierten Defekte sank die Lebensdauer nach jedem Tempera- turschritt. Aus dem Abfall der Lebensdauerwerte in Abh¨angigkeit der Temperatur ließ sich mit dem in Kapitel 1.3 beschriebenen Modell auf die mittlere Bindungsenergie des Wasser- stoffs im gesamten Wafer zur¨uckschließen.

Aus der Kombination dieses Verfahrens mit der ortsaufl¨osendenµ-PCD (Microwave Photocon- ductance Decay)-Methode zur Lebensdauermessung, ergibt sich die M¨oglichkeit, die Bindungs- energien von Wasserstoff an Defekten lokal in derselben Aufl¨osung wie die der Lebensdau- erwerte zu bestimmen. Dies liefert ein aussagekr¨aftiges Werkzeug zur lokalen Analyse der Eigenschaften einer Wasserstoffpassivierung und kann zu einem tieferen Verst¨andnis des Pas- sivierungsmechanismus von Wasserstoff f¨uhren.

Das bereits angesprochene Problem der lokal unterschiedlichen Qualit¨at einer Wasserstoff- passivierung von multikristallinem Silizium wird in Abb. 0.1 verdeutlicht und l¨asst sich mit dem neuen Verfahren untersuchen. Die Abbildung zeigt die Ergebnisse von ortsaufgel¨osten Lebensdauermessungen an EFG-Wafern. Im oberen Teil ist das Ergebnis einer Messung am unbehandelten Wafer zu sehen. Nach einer POCl3-Diffusion und dem Feuern einer wasser- stoffreichen SiNx-Schicht verbessern sich die Lebensdauerwerte deutlich, wie im unteren Teil der Abbildung zu erkennen ist. Die Wasserstoffpassivierung tr¨agt einen großen Teil zu dieser Verbesserung bei. Beim genauen Vergleich der beiden Lebensdauermaps (Lebensdauerkartie- rungen) f¨allt auf, dass Bereiche ¨ahnlicher

Abbildung 0.1:Ortsaufgel¨oste Lebendsdauermes- sungen von EFG-Wafern vor (oben) und nach Was- serstoffpassivierung (unten) [Kaes05].

Ausgangslebensdauer unterschiedlich stark durch die Wasserstoffpassivierung verbes- sert wurden. Besonders ausgepr¨agt ist die- ses Ph¨anomen in den weiß markierten Be- reichen. Der Grund f¨ur diese Diskrepanz k¨onnte darin liegen, dass Wasserstoff ver- schiedene Defekte unterschiedlich gut pas- siviert. Die Bestimmung der Defekttypen in den markierten Bereichen ist aufgrund der sehr geringen Ausdehnung eines ein- zelnen Defekts schwierig. Bisher stehen als Analysem¨oglichkeiten beispielsweise die Untersuchung mit einem Elektronenmikro- skop oder die R¨ontgenspektroskopie in ei-

nem Synchrotron zur Verf¨ugung. Diese Methoden sind zeit- und kostenintensiv. In der Regel muss die Probe f¨ur eine Analyse zerst¨ort werden, weil nur ein kleiner Teil untersucht wer- den kann. Dementsprechend erh¨alt man lediglich Informationen ¨uber einen mikroskopisch kleinen Ausschnitt des Wafers. Dieser l¨asst sich nur sehr schwer mit den Ergebnissen einer ortsaufgel¨osten Lebensdauermessung vergleichen. Schon die Zuordnung einer Verunreinigung

(13)

3 zu einem bestimmten Lebensdauerwert f¨allt schwer, da die Lebensdauer in einem Bereich von mehreren µm von vielen Faktoren beeinflusst werden kann und die Defektanalyse auf einer nm-Skala erfolgt.

Ein neuer Ansatz f¨ur die Defektcharakterisierung besteht in der Analyse der ortsaufgel¨osten Bindungsenergien von Wasserstoff an den verschiedenen Defekten mit dem in dieser Arbeit entwickelten Verfahren. Aus der Literatur [Pea92, M¨ol93] ist bekannt, dass diese Bindungs- energien charakteristisch f¨ur verschiedene Defekttypen sind. Deshalb lassen sich aus einem Bindungsenergiemap R¨uckschl¨usse auf m¨ogliche Defektverteilungen ziehen.

Das Verfahren kann beispielsweise auch zur Vorcharakterisierung von Proben dienen, die sp¨ater mit einem Elektronenmikroskop oder einem Synchrotron untersucht werden sollen.

Mit dem verwendeten Lebensdauermesssystem sind Messungen in Abst¨anden von bis zu 65µm m¨oglich, wobei der mit der Mikrowelle untersuchte kreisf¨ormige Bereich auf dem Wafer einen Durchmesser von 1 mm hat. Die interessanten Positionen auf dem Wafer k¨onnen mit den Bin- dungsenergiemaps in dieser Aufl¨osung lokalisiert werden.

Diese Arbeit zeigt, dass eine ortsaufgel¨oste Darstellung der Bindungsenergien von Wasser- stoff an Defekten in multikristallinem Silizium m¨oglich ist. In dem hier vorgestellten ersten Experiment wurden Lebensdauermessungen mit einer Aufl¨osung von 250µm durchgef¨uhrt.

Daraus erh¨alt man einen Bindungsenergiemap in derselben Aufl¨osung, was beim Format der untersuchten EFG-Wafer von 50 mm x 25 mm der Bestimmung der Bindungsenergien an 20 000 Messpunkten auf dem Wafer entspricht.

Die Arbeit ist in drei Kapitel gegliedert. Das ersten Kapitel beschreibt die Theorie der La- dungstr¨agerrekombination an Defekten in Silizium und die Passivierung der elektrischen Ak- tivit¨aten dieser Defekte durch Wasserstoff. In der zweiten H¨alfte dieses Kapitels wird das theoretische Modell zur Bestimmung der Bindungsenergien von Wasserstoff an Defekten in Silizium vorgestellt. Bei der Bestimmung einer ortsaufgel¨osten Bindungsenergieverteilung ist ein sogenanntesimage matching n¨otig, bei dem die verschiedenen Lebensdauermaps miteinan- der korreliert werden. Die Realisierung eines solchen Verfahrens wird in Kapitel 1.4 erl¨autert.

In Kapitel 2 werden der Ablauf des Experiments und die verwendeten Materialien und Ger¨ate beschrieben. Zentrales Thema ist hier, neben der Funktionsweise und Bedienung des RTP (Rapid Thermal Processing)-Ofens, besonders die Temperaturmessung mit den durch das Ger¨at gegebenen M¨oglichkeiten. Am Ende des Kapitels wird die Messung der ortsauf- gel¨osten Lebensdauer durch dasµ-PCD-Verfahren erkl¨art.

Die Ergebnisse des Experiments werden in Kapitel 3 zusammengefasst. Neben der Pr¨asen- tation der Bindungsenergiemaps wird die Genauigkeit des Verfahren und der verschiedenen Auswertungsmethoden diskutiert. Bereiche mit stark unterschiedlichen Bindungsenergien wer- den n¨aher analysiert.

Am Ende der Arbeit stehen eine Zusammenfassung des Experimentablaufs und der gewonne- nen Ergebnisse. Gleichzeitig wird ein Ausblick auf zuk¨unftige Experimente und M¨oglichkeiten pr¨asentiert.

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(15)

5

1 Theorie

1.1 Defekte und Lebensdauer

Als Lebensdauer bezeichnet man die Zeit, f¨ur die sich ein Elektron im Leitungsband oder ein Loch nach der Generation im Valenzband befindet. Diese Verweildauer ist durch den Mechanismus der Rekombination beschr¨ankt. Durch vorhandene Defekte kann die Rekombi- nationsrate drastisch erh¨oht werden. Die Prozesse der Generation und Rekombination werden im Folgenden beschrieben.

1.1.1 Generation

Der lichtgenerierte elektrische Strom eines Siliziumhalbleiters wird durch die Reflexionseigen- schaften der Oberfl¨ache beeinflusst. Beispielsweise f¨allt bei einer Lebensdauermessung Laser- licht einer bestimmten Frequenzν und der Intensit¨atI0(ν) auf die Waferoberfl¨ache. Dort wird schon ein betr¨achtlicher Anteil R des Lichts reflektiert [M¨ol93]:

R= (n−1)22

(n+ 1)22. (1.1)

Dieser reflektierte Anteil wird vom Brechungsindex n und dem D¨ampfungskoeffizienten κ, den Real- und Imagin¨arteilen des komplexen Brechungsindex nc = n−iκ, bestimmt. ¨Uber n und κ ist auch R wellenl¨angenabh¨angig. Der transmittierte Anteil T, der in das Material eindringt, ergibt sich aus der Differenz des reflektierten Anteils zu 1:

T = 1−R. (1.2)

Dieser Anteil an einfallenden Photonen kann zur Ladungstr¨agergeneration im Halbleiter bei- tragen. Das geschieht haupts¨achlich, indem Elektronen vom Valenz- ins Leitungsband ange- regt werden, wobei gleichzeitig ein Loch im Valenzband entsteht. Vorraussetzung hierf¨ur ist, dass die Energie des einfallenden Photons ausreicht, um gen¨ugend Energie zur ¨Uberwindung der Bandl¨ucke an das Elektron zu ¨ubertragen. Ist diese Bedingung erf¨ullt, findet eine Kon- version von Photonen in Elektron-Loch-Paare statt. Aufgrund dieses Prozesses nimmt die Intensit¨atI(z, ν) des Photonenstroms beim Eindringen in das Material nach dem Lambert- Beerschen Gesetz exponentiell ab:

I(z, ν) = (1−R)·I0(ν)·e−α(ν)z. (1.3) Hierbei bezeichnetα(ν) den frequenzabh¨angigen Absorptionskoeffizienten undz die Eindring- tiefe. Der Absorptionskoeffizient gibt an, welcher Anteil an Photonen einer bestimmten Fre- quenz absorbiert wird. Damit l¨asst sich die Elektronen-Generationsrate G(z, ν), die mit der

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L¨ocher-Generationsrate identisch ist, angeben:

G(z, ν) = β(ν)α(ν)I0(ν)(1−R)e−α(ν)z. (1.4) Die Quanteneffizienz β(ν) des inneren Photoeffekts tr¨agt der Tatsache Rechnung, dass le- diglich ein Bruchteil der absorbierten Photonen zur Generation von Elektron-Loch-Paaren beitr¨agt. F¨ur Silizium gilt jedochβ(ν)≈1 [M¨ol93]. Elektronen, die von Photonen mit gr¨oße- rer Energie als die der Bandl¨ucke angeregt werden, besetzen zun¨achst h¨ohere Energiezust¨ande und geben ihre Energie ¨uber Phononstreuung an das Kristallgitter ab, bis sie Zust¨ande na- he der Leitungsbandkante besetzen. Auch hier besitzen die angeregten Elektronen nur eine begrenzte Lebensdauer, die je nach Qualit¨at des Siliziumkristalls unterschiedlich sein kann.

F¨ur eine Rekombination mit einem Loch, also eine Abgabe der Anregungsenergie, gibt es verschiedene Gr¨unde, die im n¨achsten Abschnitt besprochen werden sollen.

1.1.2 Rekombination

Wird das thermische Gleichgewicht eines Halbleiters durch Generation von Elektron-Loch- Paaren gest¨ort, kann das System durch Rekombinationsprozesse wieder ins Gleichgewicht zur¨uckkehren. Diese Prozesse werden durch die Ladungstr¨agerlebensdauer charakterisiert, die

¨uber mehrere Gr¨oßenordnungen – von einigen Stunden bis zu 10−8s oder weniger – variieren kann. F¨ur dotiertes Silizium liegen diese Lebensdauerwerte bei einer Passivierung der Ober- fl¨achenst¨orzust¨ande typischerweise im Bereich von einer bis zu einigen hundert µs. Rekom- bination findet nat¨urlich auch im thermischen Gleichgewicht statt, steht aber dann mit der thermischen Generation von Elektron-Loch-Paaren im Gleichgewicht. Der schnellste Prozess zur Abgabe der Anregungsenergie der Elektronen im Leitungsband findet ¨uber die Wech- selwirkung mit Phononen statt. Die angeregten Ladungstr¨ager geben dabei ihre Energie an das Kristallgitter ab. Dies geschieht typischerweise auf einer Zeitskala von 10−12s, und das obwohl die Energie nur in sehr kleinen Quanten von 0 bis 0.05 eV abgegeben werden kann [W¨ur95]. Deshalb ist dieser Mechanismus f¨ur Halbleiter, die zur Herstellung von Solarzellen dienen, nicht so wichtig. Die Ladungstr¨ager k¨onnen ihn zwar zu Relaxation an die Bandkan- ten nutzen, m¨ussen dann aber gr¨oßere Energiemengen auf einmal abgeben, um die Bandl¨ucke

¨uberwinden zu k¨onnen. Dies ist mit Hilfe von Phononen nicht m¨oglich. Man unterscheidet zwei Arten von Rekombinationsmechanismen, bei denen die Ladungstr¨ager diese Energiemen- gen abgeben k¨onnen: die Band-Band-Rekombination und die Rekombinationsprozesse unter Beteiligung von Kristalldefekten. Im Allgemeinen liefern alle Prozesse einen Beitrag und die gesamte Rekombinationsrate ist die Summe aller Einzelprozesse. In Abb. 1.1 sind die Rekom- binationsprozesse f¨ur einen p-dotierten Halbleiter veranschaulicht. Die Prozesse (b), (c) und (d) werden als Band-Band-Rekombinationen bezeichnet. In einer N¨aherung bis zu Termen dritter Ordnung werden die wesentlichen Rekombinationsprozesse in Silizium durch folgende Gleichung beschrieben [Schr88]:

R=A(n−n0) +B(pn−p0n0) +Cp(p2n−p20n0) +Cn(pn2−p0n20). (1.5) Hier bezeichnen n0 und p0 die Elektronen- bzw. Lochdichten im thermischen Gleichgewicht, sowienundpdie Ladungstr¨agerkonzentrationen bei einer St¨orung dieses Gleichgewichts durch

(17)

1.1. Defekte und Lebensdauer 7 Einfall von Photonen. Die einzelnen Summanden beschreiben verschiedene Rekombinations- prozesse. Die jeweiligen Proportionalit¨atskoeffizenten werden den Prozessen wie folgt zuge- ordnet:

(a) A: St¨orstellenrekombination – Proportional zum ¨Uberschuss an Elektronen. Zu St¨orstel- len z¨ahlen Punktdefekte, Versetzungen, Korngrenzen und Oberfl¨achen.

(b) B: Strahlende Rekombination – Damit ein Elektron-Loch-Paar strahlend rekombinieren kann, muss sowohl ein Loch als auch ein Elektron vorhanden sein. Deshalb ist der Prozess proportional zum Produkt aus n und p.

(c) Cp: Auger-Rekombination eines Elektron-Loch-Paares bei Anregung eines Lochs – Ein Dreiteilchen-Prozess: Elektron und Loch rekombinieren und geben ihre Energie an ein weiteres Loch ab. Deshalb geht die L¨ocherdichte quadratisch in diesen Summanden ein.

(d) Cn: Auger-Rekombination bei Anregung eines Elektrons – Hier geht die Elektronendich- te quadratisch ein.

Jeder Rekombinationsprozess hat seine eigene mittlere Lebensdauer τ. Die gesamte oder ef- fektive Lebensdauer τef f eines Kristallladungstr¨agers ergibt sich unter Ber¨ucksichtigung der drei wichtigsten Prozesse aus folgender Gleichung:

1

τef f = 1

τSt¨or + 1

τStrahlend + 1

τAuger. (1.6)

So dominiert die k¨urzeste Lebensdauer in der Regel die Rekombination im Kristall. Im Folgen- den sollen die wichtigsten Rekombinationsmechanismen besprochen werden. Sie sind nahezu unabh¨angig voneinander, finden aber alle zugleich statt.

Es gibt zwei verschiedene Einheiten f¨ur die Rekombinationsraten. F¨ur Rekombinationsprozes- se an einer einzelnen St¨orstelle im Material ist die Rate definiert als Anzahl an ¨Uberg¨angen von Elektronen oder L¨ochern pro Zeiteinheit und Volumen. Bei Rekombinationen an aus- gedehnten Defekten, wie Oberfl¨achen, Korngrenzen oder Versetzungen, ist die Einheit der RekombinationsratenRn und Rp f¨ur Elektronen und L¨ocher die Anzahl an Durchg¨angen pro Zeiteinheit und Fl¨ache.

Bei der mathematischen Beschreibung der verschiedenen Rekombinationsprozesse ist der Zu- sammenhang zwischen Lebensdauer τ und Rekombinationsrate R sehr hilfreich:

Rn= ∆n τn

bzw. Rp = ∆p τp

. (1.7)

Die Indizes n und p beziehen sich auf die Rekombination von Elektronen und L¨ochern. ∆n und ∆pbezeichnen die ¨Uberschussladungstr¨agerkonzentrationen an Elektronen und L¨ochern.

F¨ur ausgedehnte Defekte werden die Lebensdauern durch Rekombinationsgeschwindigkeiten ersetzt. Damit ergibt sich die entsprechende Dimension f¨ur diese Defektart.

(18)

Abbildung 1.1:Rekombinationsmechanismen in einem p-dotierten Halbleiter: (a) St¨orstellenrekom- bination, (b) Strahlende Rekombination, (c) Auger-Rekombination bei Anregung eines Lochs, (d) Auger-Rekombination bei Anregung eines Elektrons, was in einem p-dotierten Halbleiter sehr selten geschieht.

1.1.2.1 Band-Band-Rekombinationen

Strahlende Rekombination Da sich die direkte Rekombination eines Elektrons an der Lei- tungsbandkante mit einem Loch an der Valenzbandkante unter Abgabe eines Photons in einem Halbleiterkristall nicht verhindern l¨asst, stellt dieser Rekombinationsmechanismus eine Ober- grenze f¨ur die Lebensdauer dar. Bei diesem Prozess m¨ussen Energie- und Impulserhaltung gew¨ahrleistet sein. Das bedeutet f¨ur den indirekten Halbleiter Silizium große Lebensdauern die strahlende Rekombination betreffend, weil f¨ur die Erf¨ullung des Impulssatzes ein Pho- non ben¨otigt wird. Dadurch wird die strahlende Rekombination zu einem unwahrscheinlichen Drei-Teilchen-Prozess.

Die Wahrscheinlichkeit s(E, E0) f¨ur einen solchen ¨Ubergang aus dem EnergieniveauE in ei- nes der Energie E0 wird zur Berechnung der dazugeh¨origen Rekombinationsrate RStrahlend = Rn =Rp ben¨otigt:

RStrahlend= Z

s(E, E0)·Nn(E)f(E)·Np(E0)(1−f(E0))dEdE0. (1.8) Diese h¨angt von den Zustandsdichten der Elektronen und L¨ocher (Nn(E) und Np(E)) sowie der Besetzung der Energieniveaus ab, die durch die Fermi-Verteilung f(E) bestimmt ist. Gl.

(1.8) entspricht dem zweiten Summanden von Gl. (1.5). Im Allgemeinen muss die Funktion s(E, E0) quantenmechanisch berechnet werden. F¨ur Silizium ist sie wegen des ben¨otigten phononischen Beitrags vergleichsweise gering. ¨Uber den Zusammenhang aus Gl. (1.7) l¨asst sich die Lebensdauer bestimmen. F¨ur den indirekten Halbleiter Germanium ergibt sich eine Lebensdauer von 0.75 s [Ros54], was im Vergleich zu Lebensdauern, die sich aus der Rekom- bination an St¨orstellen ergeben, einen sehr großen Wert darstellt.

(19)

1.1. Defekte und Lebensdauer 9 Auger-Rekombination Eine weitere M¨oglichkeit der Energieabgabe bei einer direkten Re- kombination eines Elektron-Loch-Paares besteht darin, die ¨Uberschussenergie an einen ande- ren Ladungstr¨ager, ein Elektron, oder wie in Abb. 1.1(c) dargestellt, ein Loch, abzugeben. Der durch die frei werdende Rekombinationsenergie angeregte Ladungstr¨ager kann seine Energie uber Phononstreunung nach und nach an das Kristallgitter abgeben und zur Bandkante rela-¨ xieren.

Dieser Rekombinationsprozess wird ebenfalls durch Gl. (1.8) beschrieben. Dabei ist in der Ubergangswahrscheinlichkeit f¨¨ ur die Augerrekombination die Elektronen- und die L¨ocherkon- zentration enthalten:

sn(E, E0) = sAuger,n,C ·n+sAuger,n,V ·p (Elektronen), (1.9) sp(E, E0) = sAuger,p,C ·p+sAuger,p,V ·n (L¨ocher). (1.10) Der Rekombinationsmechanismus ist am effektivsten, wenn die Ladungstr¨agerdichten in einem oder beiden B¨andern besonders hoch sind. Beispielsweise in sehr stark p-dotiertem Silizium oder unter Hochinjektionsbedingungen, wenn besonders viele Elektronen ins Leitungsband angeregt werden. Ist eine Ladungstr¨agerdichte sehr viel h¨oher als die andere, wird derjeni- ge Summand in den beiden Gleichungen, der die andere Ladungstr¨agerdichte enth¨alt, f¨ur die ¨Ubergangswahrscheinlichkeiten vernachl¨assigbar. Setzt man die Wahrscheinlichkeiten mit dieser N¨aherung in Gl. (1.8) ein, erkennt man die letzten beiden Summanden aus Gl. (1.5) wieder.

In p- und n-dotiertem Silizium sinkt die Lebensdauer erst f¨ur Dotierdichten ¨uber 1018cm13

unter 1µs [Dzi77]. Das best¨atigt die vorangegangenen ¨Uberlegungen – f¨ur geringere Dotier- dichten ist dieser Rekombinationsmechanismus f¨ur Silizium-Solarzellen vernachl¨assigbar.

1.1.2.2 St¨orstellen-Rekombination

Die verschiedenen Rekombinationsmechanismen an den unterschiedlichen St¨orstellen tragen alle zu der in Gl. (1.6) verwendeten gesamten, durch alle Defekte verursachten Lebensdauer τSt¨or bei. Folgende St¨orstellen sollen hier besprochen werden: Punkt- oder Shockley-Read- Hall(SRH)-Defekte, Kristallversetzungen, Korngrenzen und die Oberfl¨achenst¨orstellen. Alle tragen zu der Lebensdauer τSt¨or in folgender Weise bei:

1

τSt¨or = 1

τSRH + 1

τV ers + 1

τKorn + 1

τOber. (1.11)

Da die zu den verschiedenen Defekten geh¨origen Indizes im Folgenden sehr oft vorkommen, werden in den Gleichungen neben den obigen folgende Indizes verwendet:

• Shockley-Read-Hall-Defekte: kein Index oder Subskript T (f¨ur englischtrap)

• Versetzungen und Korngrenzen: SubskriptB (boundary)

• Oberfl¨achen: Subskript s (surface)

(20)

Shockley-Read-Hall-Punktdefekte Punktdefekte und ausgedehnte Gitterfehler, die Ener- gieniveaus in der Bandl¨ucke erzeugen, verringern die Lebensdauer von Minorit¨atsladungs- tr¨agern und stellen in den meisten F¨allen den limitierenden Faktor f¨ur die Lebensdauer dar.

Punktdefekte werden durch einzelne Energieniveaus in der Bandl¨ucke charakterisiert. Man unterscheidet zwei Arten von Punktdefekten: Defekte, die nur ein einziges St¨orstellenniveau ET zur Verf¨ugung stellen und solche, die mehrere Niveaus ETi in die Bandl¨ucke einf¨uhren.

Typische Verunreinigungen, die zu St¨orstellen aus der ersten Gruppe f¨uhren, sind Dotierato- me. St¨orstellen mit mehreren Energieniveaus werden beispielsweise durch Verunreinigungen mit ¨Ubergangsmetallen hervorgerufen. Im Folgenden wird nur der einfache Fall eines einzigen St¨orniveaus genauer betrachtet.

Abb. 1.2 zeigt, welche Rekombinationsvarianten und ¨Uberg¨ange f¨ur solch ein einzelnes St¨orni- veau in der Bandl¨ucke denkbar sind. Dabei wird vereinfachend davon ausgegangen, dass das St¨orniveau nur in zwei m¨oglichen Zust¨anden vorliegen kann – negativ geladen oder elektrisch neutral. Das St¨orniveau hat zur Zustands¨anderung die Option, ein Elektron einzufangen oder

Abbildung 1.2:Grundlegende Prozesse bei der St¨orstellenrekombination: (a) Elektroneneinfang, (b) Elektronenemission, (c) Locheinfang, (d) Lochemission.

abzugeben. Die frei werdende Energie wird dabei in W¨arme oder Licht umgewandelt. Mit diesem Modell bestimmten W. Shockley und W. Read die Rekombinationsrate f¨ur St¨orstellen [Sho52]. Ausgangspunkt der statistischen Betrachtung ist im Prinzip Gl. (1.8), wobei die Zu- standsdichteNp(E0) bei der Beschreibung des Elektroneneinfangs durchNTδ(E0−ET) ersetzt werden muss, da das Niveau, das das Elektron einf¨angt nur einen diskreten Energiewert be- sitzt.NT bezeichnet die Gesamtkonzentration an St¨orstellen. Damit erh¨alt man aus Gl. (1.8) zwei Gleichungen f¨ur die Einfangraten von Elektronen und L¨ochern:

rnnvthnNT[1−f(ET)] und rppvthpNTf(ET). (1.12) Statt der ¨Ubergangswahrscheinlichkeiten wurden hier konstante Einfangquerschnitte σn und σp f¨ur Elektronen und L¨ocher eingef¨uhrt.nundpbezeichnen die gesamten Ladungstr¨agerkon- zentrationen einschließlich der lichtgenerierten Ladungstr¨ager. Die thermische Geschwindig- keit der Elektronen h¨angt von der Temperatur T ab: vth = (8kBT /πm0)1/2. Dabei bezeichnet

(21)

1.1. Defekte und Lebensdauer 11 m0 die Elektronenmasse und kB die Boltzmann-Konstante. Wenn die St¨orstellenkonzentrati- onNT nicht zu groß ist, gilt f¨ur die Konzentrationen der ¨Uberschussladungstr¨ager ∆n ≈∆p, da dann nur wenige Ladungstr¨ager in den St¨orniveaus gefangen sind. Dann erh¨alt man aus der L¨osung der beiden Kontinuit¨atsgleichungen

∂∆n

∂t =Gn−Rn und ∂∆p

∂t =Gp−Rp (1.13)

schließlich eine einzige Gleichung f¨ur die Rekombinationsrate an St¨orstellen [Sho52, M¨ol93]:

RSRH = np−n1(ET)p1(ET)

τp0(n+n1(ET)) +τn0(p+p1(ET)). (1.14) n1(ET) und p1(ET) sind die Ladungstr¨agerkonzentrationen im St¨orstellenniveau der Energie ET, die in den Gln. (1.15) n¨aher bestimmt werden. Dabei bezeichnenNC undNV die Zustands- dichten des Leitungs- und des Valenzbandes. Die Lebensdauern τn0 und τp0 der Elektronen bzw. L¨ocher in Abwesenheit von sichtbarem Licht nach der thermischen Generation ¨uber St¨orstellen werden mit den Gln. (1.16) berechnet.

n1(ET) = NCexp

−EC −ET kBT

p1(ET) = NV exp

EV −ET kBT

(1.15) τn0 = 1

σnvthNT τp0 = 1

σpvthNT (1.16)

F¨ur die Elektronen- und L¨ocherlebensdauern ergibt sich f¨ur geringe Str¨orstellenkonzentratio- nen wiederum ein gemeinsamer Wert, den man im Wesentlichen aus Gl. (1.7) erh¨alt:

τSRH = τp0(n0+n1) +τn0(p0+p1) n0+p0

. (1.17)

Diese Gleichung wird ¨ublicherweise als Shockley-Read-Hall-Beziehung bezeichnet. Damit h¨angt die LebensdauerτSRH der Ladungstr¨ager von der Dotierkonzentration, dem Injektionsniveau und der Temperatur ab. ¨Uber den Einfangsquerschnitt und die Position der St¨orstellenni- veaus in der Bandl¨ucke spielt auch die Art der Verunreinigung eine Rolle. Die Gr¨oße des Einfangquerschnitts h¨angt beispielsweise von der Ladung der St¨orstelle ab. Positiv geladene Verunreinigungen bieten einen viel h¨oheren Wirkungsquerschnitt f¨ur den Elektroneneinfang als neutrale oder negativ geladene.

F¨ur die beiden F¨alle der Niedrig- und Hochinjektion l¨asst sich Gl. (1.17) durch eine N¨aherung stark vereinfachen:

• Niedriginjektion: Geht man beispielsweise von einem p-dotierten Halbleiter aus, gilt:

p0 n0, n1, p1. Analoge Voraussetzungen erh¨alt man f¨ur einen n-Halbleiter. Damit l¨asst sich die St¨orstellenlebensdauer in den verschiedenen F¨allen n¨ahern zu:

τSRH(p)≈τn0 ∝ 1

NT bzw. τSRH(n)≈τp0 ∝ 1

NT. (1.18)

Die Gesamtlebensdauer wird in diesen F¨allen also von der Minorit¨atsladungstr¨agerle- bensdauer bestimmt und h¨angt mit den Gln. (1.16) invers von der St¨orstellendichte ab.

(22)

• Hochinjektion: Eine N¨aherung f¨ur die Hochinjektion ergibt sich aus der Betrachtung der Rekombinationsrate RSRH aus Gl. (1.17). F¨ur diesen Fall gilt n ≈ p und n n1, p1. Damit l¨asst sich die Rekombinationsrate zuRSRH ≈n/(τp0n0) n¨ahern [Hall52]. Aus dem Vergleich mit Gl. (1.7) erkennt man f¨ur die Lebensdauer bei Hochinjektion:

τSRH ≈τp0n0. (1.19)

Die Analyse von Gl. (1.14) zeigt, dass die Rekombinationsrate besonders groß wird, wenn die Bedingungn1 ≈p1 erf¨ullt ist. Beide Gr¨oßen h¨angen ¨uber die Gln. (1.15) von der Energie ab.

n1 steigt undp1 sinkt mit zunehmender Energie. F¨ur Energien in der Mitte der Bandl¨ucke gilt n1 ≈p1. Dann wird der Nenner in Gl. (1.14) sehr klein und der Z¨ahler nimmt sein Maximum an. Sogenannte tiefe St¨orstellen mit St¨orzust¨anden in der Mitte der Bandl¨ucke erf¨ullen diese Bedingung am besten. Dort ist die Rekombinationsrate besonders hoch. Flache St¨orstellen verringern die Lebensdauer weniger drastisch, außer der Einfangquerschnitt ist sehr groß.

Tiefe St¨orstellen werden oft durch Verunreinigungen wie z.B. ¨Ubergangsmetalle erzeugt. Die- se bieten zwar mehrere Energieniveaus innerhalb der Bandl¨ucke an und k¨onnen deshalb nicht mehr exakt durch die Fermi-Dirac-Statistik beschrieben werden. Sie k¨onnen aber n¨aherungs- weise als SRH-St¨orstellen betrachten werden. Besonders wenn die Energieniveaus mehr als einige kBT auseinanderliegen, nimmt in der Regel haupts¨achlich ein St¨orniveau am Rekom- binationsprozess teil. Typische Vertreter f¨ur solche tiefen St¨orstellen sind Eisen, das ¨uberall vorhanden ist und Kupfer, das in Silizium sehr gut diffundiert. Abb. 1.3 zeigt die Positionen der St¨orstellenniveaus einiger Elemente in der Bandl¨ucke von Silizium.

Abbildung 1.3:Lage der St¨orstellenniveaus einiger Elemente in der Bandl¨ucke von Silizium [Goe97].

Ist die St¨orstellenkonzentration sehr hoch, gilt nicht mehr ∆n ≈ ∆p. In diesem Fall ist die Anzahldichte ∆nT der Elektronen, die die St¨orstellenniveaus besetzen, mitzuz¨ahlen:

∆n+ ∆nT = ∆p. (1.20)

(23)

1.1. Defekte und Lebensdauer 13 Aus den beiden Gln. (1.7) erh¨alt man einen Unterschied zwischen den Lebensdauern f¨ur Elektronen und L¨ocher:

τp

τn = ∆p

∆n = 1 + ∆nT

∆n . (1.21)

Dies l¨asst sich durch den Effekt des sogenannten trappings erkl¨aren: Viele Elektronen sind in den St¨orniveaus gefangen und tragen im Gegensatz zu den zugeh¨origen L¨ochern nicht zur Leitf¨ahigkeit bei. So kann τp sehr viel gr¨oßer als τn werden. Das Lebensdauermessger¨at misst zur Bestimmung der Lebensdauer, wie in Kapitel 2.5 beschrieben, die Leitf¨ahigkeit nach An- regung des Halbleiters mit einem Laserpuls. Dabei kann es nicht zwischen Elektronen und L¨ochern unterscheiden. Aus diesem Grund ist ein Bias-Licht, ein tageslicht¨ahnliches Hin- tegrundlicht, bei der Bestimmung der Lebensdauer in defektreichem Material sehr wichtig.

Durch das Bias-Licht werden bereits so viele Elektron-Loch-Paare angeregt, dass die erh¨ohte Leitf¨ahigkeit durch die L¨ocher, die eigentlich mit den in dentrap-Niveaus gefangenen Elektro- nen rekombinieren w¨urden, dagegen kaum ins Gewicht f¨allt. So k¨onnen durch Abs¨attigung der trap-Niveaus einheitliche Messbedingungen geschaffen werden. Eine ausf¨uhrlichere Beschrei- bung findet sich in Abschnitt 2.5.4.

Korngrenzen und Versetzungen Korngrenzen und Versetzungen sind ausgedehnte Defekte, die im Gegensatz zu den statistisch ¨uber den gesamten Halbleiter verteilten Punktdefekten nur lokal die Lebensdauer beeinflussen. Beide k¨onnen durch dasselbe theoretische Modell beschrieben werden – mit dem Unterschied, dass Versetzungen eindimensionale und Korn- grenzen zweidimensionale Kristalldefekte darstellen.

Als Versetzungen werden St¨orungen der Kristallsymmetrie bezeichnet, die durch offene, nicht abges¨attigte Bindungen (dangling bonds) zu Stande kommen. Diese erzeugen Energieniveaus in der Energiel¨ucke. Die Lage und Verteilung dieser Niveaus wird durch das Ausmaß der Ver- spannung und des Umbaus der kovalenten Bindungen untereinander bestimmt. An Versetzun- gen lagern sich bevorzugt Verunreinigungen an, die auch einen Einfluss auf die Energieniveaus haben.

Korngrenzen trennen zwei einkristalline Kristallbereiche unterschiedlicher Orientierung. Auch in diesem Fall kommt es zu offenen und gegeneinander verspannten Bindungen, die Energie- niveaus in der Bandl¨ucke erzeugen.

Der Dimension der Geometrie solcher Defekte entsprechend, bilden die zus¨atzlichen Niveaus ein zwei- bzw. eindimensionales Band in der Bandl¨ucke, das in den meisten F¨allen mit einer kontinuierlichen Zustandsdichte beschrieben werden kann. Diese kontinuierlichen Zust¨ande lie- gen in Abb. 1.4 zwischen den beiden dickeren Strichen in der Bandl¨ucke. Hier ist das zus¨atz- liche Band ¨uber das neutrale Niveau EB0 hinaus besetzt. Es existieren Defekte, die durch Besetzung eines der zus¨atzlichen Niveaus elektrisch neutral oder negativ werden. Liegt die Fermienergie EF unterhalb des Neutralniveaus, ist auch eine positive Aufladung der Defekte m¨oglich. Dieser Fall tritt ein, wenn den Siliziumatomen ¨uberwiegend beide Bindungselektro- nen fehlen. In der Folge entsteht im Halbleiter eine Raumladungszone, die zu einer in Abb.

1.4 skizzierten symmetrischen Bandverbiegung f¨uhrt. Diese Bandverbiegung bringt die Fermi- energieEF und den h¨ochsten besetzten Zustand EB des Defektbandes auf ein Energieniveau.

Die resultierende Potentialbarriere VB und die dazugeh¨orige Verarmungszone f¨uhren zu ei-

(24)

Abbildung 1.4: Schematisches Energiebanddiagramm einer Versetzung oder einer Korngrenze. Zwischen den beiden dickeren Strichen in der Bandl¨ucke befinden sich kontinuierliche Energieniveaus, die durch die St¨orstellen erzeugt werden. Sie sind bis zur EnergieEB besetzt, im neutralen Fall bisEB0. Die PotentialbarriereVB ist auf beiden Seiten des symmetrischen Potentials gleich groß (nach [M¨ol93]).

nem erh¨ohten Widerstand in diesen Bereichen und beeinflussen damit neben den zus¨atzli- chen Energieniveaus in der Bandl¨ucke die Lebensdauer der Ladungstr¨ager. Um die durch das St¨orstellenband erh¨ohte Rekombinationsrate der Ladungstr¨ager zu berechnen, wird wie- der von Gl. (1.8) ausgegangen. Die Einheiten der Rekombinationsraten f¨ur Elektronen und L¨ocher,RV ers/Korn,nundRV ers/Korn,p, sind als ¨Uberg¨ange pro Zeiteinheit und Fl¨ache definiert.

Sie enthalten bereits die thermische Generation:

RV ers/Korn,n = Z

[sn(E)nBNB(E) (1−fB(E+VB))−gn(E)NB(E)fB(E+VB)] dE, (1.22) RV ers/Korn,p =

Z

[sp(E)pBNB(E)fB(E+VB)−gp(E)NB(E)fB(E+VB)] dE.

Hier bezeichnen nB und pB die Elektronen- und Lochkonzentrationen im Leitungs- bzw. Va- lenzband an der Versetzung oder Korngrenze. Die Dimension der Einfangkoeffizientensn und sp ist, wie schon beschrieben, die einer Geschwindigkeit, weshalb sie auch als Rekombinati- onsgeschwindigkeiten bezeichnet werden. Im Fall einer Versetzung wird sie f¨ur die Oberfl¨ache eines Zylinders, der die Versetzung umschließt, berechnet. NB(E) steht f¨ur die Zustandsdich- te bei der Versetzung oder Korngrenze. Die BesetzungsfunktionfB(E) entspricht im thermi- schen Gleichgewicht der Fermiverteilung f0, weicht im Fall eines Nicht-Gleichgewichts, wie z. B. bei Lichteinfall, aber von dieser ab. Die thermischen Emissionsraten von Elektronen ins Leitungs- und L¨ochern ins Valenzband, gn und gp, k¨onnen aus den Bedingungen f¨ur das thermische Gleichgewicht (RV ers/Korn,n =RV ers/Korn,p = 0 undfB =f0) bestimmt werden.

Zur weiteren Vereinfachung wird im Folgenden eine gleichm¨aßige lichtinduzierte Generation von Elektron-Loch-Paaren im gesamten Kristall angenommen. Damit gilt dann:

RV ers/Korn,n =RV ers/Korn,p =RV ers/Korn,0.

Geht man weiterhin von einem n-dotierten Halbleiter aus, lassen sich die beiden Gln. (1.22)

(25)

1.1. Defekte und Lebensdauer 15

zu einem ¨ubersichtlicheren Ausdruck n¨ahern [M¨ol93]:

RV ers/Korn,0 = nBpB−n2i nB

Z

sp(E)NB(E)fB(E)dE. (1.23)

Im Rahmen dieser N¨aherung gilt f¨ur die Besetzungsfunktion fB(E) = nB/(nB+n1), wobei n1 mit Gl. (1.15) berechnet wird. ni bezeichnet die intrinsische Ladungstr¨agerkonzentration.

F¨ur p-dotiertes Silizium ergibt sich ein ¨ahnlicher Ausdruck. Aus einer N¨aherung f¨ur niedri- ge Rekombinationsraten erh¨alt man damit Rekombinationsgeschwindigkeiten proportional zu exp (VB/kBT). Die H¨ohe der Barriere VB ¨andert sich abh¨angig von der Anzahl der Ladungs- tr¨ager in den St¨orstellenniveaus. So ergibt sich f¨ur Silizium in Abwesenheit von sichtbarem Licht ein theoretischer Wert von etwa 0.3 eV. Dieser Wert sinkt bei Belichtung aber unter 0.1 eV [M¨ol93]. Experimentelle Werte liegen f¨ur p-dotiertes Silizium mit einer Dotierdichte von 1.3· 1016cm−3 an einer Korngrenze um rund 0.1 eV h¨oher als die theoretischen [M¨ol93].

Abb. 1.5 verdeutlicht, dass sich nicht alle Korngrenzen gleich verhalten. Das linke Bild zeigt das Ergebnis einer EBIC (Electron Beam Induced Current)-Messung an einem EFG-Wafer.

Rechts wird nach einer Sirtl- ¨Atze auf einer Photographie vom Wafer eine weitere Korngrenze sichtbar, die offensichlich keine Rekombinationsaktivit¨aten zeigt. Dies ist ein Indiz daf¨ur, dass besonders mit Verunreinigungen dekorierte Korngrenzen und Versetzungen f¨ur eine Reduzie- rung der Minorit¨atsladungstr¨agerlebensdauer verantwortlich sind [Kit02].

Abbildung 1.5:Links: Ergebnis einer ortsaufgl¨oste EBIC-Messung, die die Rekombinationsaktivit¨aten an einer Korngrenze zeigt. Rechts: Photographie von derselben Probe nach einer Sirtl-¨Atze, die eine weitere Korngrenze, die mit A markiert ist, sichtbar macht [Hano82].

Oberfl¨achen Genau wie an Korngrenzen und Versetzungen existieren an der Oberfl¨ache eines Wafers offene Bindungen, die elektronische Energiezust¨ande in der Bandl¨ucke erzeu- gen. Diese lassen sich durch eine kontinuierliche Zustandsdichte (pro Fl¨acheneinheit) Ns(E) beschreiben, die stark von der Oberfl¨achenbeschaffenheit abh¨angt. Im Normalfall ist die Ober- fl¨ache mit einer Oxidschicht und anderen angelagerten Atomen bedeckt. Diese Atome tauschen mit den Siliziumatomen an der Kristalloberfl¨ache und deren offenen Bindungen Elektronen aus und k¨onnen so negativ oder positiv geladen werden. So entsteht ¨ahnlich wie in Abb.

(26)

1.4, diesmal aber nicht symmetrisch sondern einseitig, ein Potentialwall. Die Eigenschaften dieses Potentialwalls h¨angen nat¨urlich davon ab, in welcher Form die offenen Bindungen an der Oberfl¨ache vorliegen. Dies kann durch verschiedene Techniken beeinflusst werden: durch Polieren, ¨Atzen oder beispielsweise durch die in Abschnitt 1.1.3 beschriebene Oberfl¨achenpas- sivierung.

Wieder erfolgt die Berechnung der Oberfl¨achenrekombinationsrate ROber nach einem ¨ahnli- chen Verfahren wie schon im vorigen Abschnitt f¨ur die Rekombinationsraten an Korngrenzen und Versetzungen. Dabei wird von einer ¨ahnlichen Beziehung wie in Gl. (1.22) ausgegangen.

Man erkennt in der folgenden Gleichung [Fitz67] die beiden Gln. (1.14) und (1.17) wieder, aber diesmal f¨ur den Fall einer kontinuierlichen Zustandsdichte:

ROber =

EC

Z

EV

vth(nsps−n2i)NS(E)

1

σs,p (ns+ns1(E)) + σ1

s,n (ps+ps1(E)) dE. (1.24) Hier bezeichnen ns und ps die Ladungstr¨agerkonzentrationen an der Oberfl¨ache.ns1 und ps1 werden durch die Gln. (1.15) beschrieben.vthsteht wieder f¨ur die thermische Geschwindigkeit der Elektronen. Das Integral l¨asst sich mit folgender N¨aherung l¨osen: Die kontinuierliche Zustandsdichte Ns(E) wird als konstant angenommen und im Folgenden als Ns bezeichnet.

So existiert wiederum nur ein St¨orniveau in der Bandl¨ucke bei einer mittleren Energie Es. Damit vereinfacht sich Gl. (1.24) zu [Schr88]:

ROber = snsp(psns−n2i)

sn(ns+n1) +sp(ps+p1). (1.25) Hierbei wurden zur besseren ¨Ubersicht die beiden Ausdr¨ucke f¨ur die Oberfl¨achenrekombina- tionsgeschwindigkeiten von Elektronen und L¨ochern verwendet:

sns,nvthNs und sps,pvthNs. (1.26) Es gelten die Zusammenh¨ange ns = ns0 + ∆ns und ps = ps0 + ∆ps. Dabei bezeichnen ns0 und ps0 die Ladungstr¨agerkonzentrationen an der Oberfl¨ache im thermischen Gleichgewicht,

∆ns und ∆ps die ¨Uberschusskonzentrationen bei optischer Anregung. Man erh¨alt f¨ur die Oberfl¨achenrekombinationsgeschwindigkeit:

SOber = ROber

∆ns ≈ snsp(p0s+n0s+ ∆ns)

sn(n0s+n1+ ∆ns) +sp(p0s+p1+ ∆ps). (1.27) Damit lassen sich f¨ur die beiden F¨alle der Hoch- und Niedriginjektion in p-dotiertem Silizium (vgl. Abschnitt 1.1.2.2) sehr ¨ubersichtliche N¨aherungen bestimmen:

• Niedriginjektion: SOber ≈Sn

• Hochinjektion:SOberSSnSp

n+Sp

Aus diesen beiden Ergebnissen der einfachen N¨aherung l¨asst sich bereits das qualitative Ver- halten der Oberfl¨achenrekombinationsgeschwindigkeit in Abh¨angigkeit des Injektionsniveaus

(27)

1.1. Defekte und Lebensdauer 17 erkennen: Bei gr¨oßerer Beleuchtungsintensit¨at wird diese in p-dotiertem Silizium kleiner, was zu h¨oheren Lebensdauern τOber, also mit Gl. (1.11) auch zu gr¨oßeren Werten f¨ur τSt¨or f¨uhrt.

Eine genaue Berechnung des Integrals aus Gl. (1.24) findet sich in [M¨ol93] und f¨uhrt wieder auf Proportionalit¨aten der Rekombinationsgeschwindigkeit zu exp

VB

kBT

.

Die Oberfl¨achenst¨orzust¨ande haben einen ¨außerst limitierenden Einfluss auf die Gesamtle- bensdauer der Minorit¨atsladungstr¨ager. Eine Passivierung dieser St¨orzust¨ande ist daher von großer Bedeutung. Verschiedene M¨oglichkeiten werden in Abschnitt 1.1.3 beschrieben.

1.1.3 Oberfl¨ achenpassivierung

Passivierte Defekte dienen nicht mehr als Rekombinationszentren, es finden dort also keine Rekombinationsaktivit¨aten statt. Die Passivierung der Oberfl¨achenst¨orzust¨ande ist besonders wichtig, da diese Defekte die Lebensdauer der Minorit¨atsladungstr¨ager drastisch vermindern.

Grunds¨atzlich stehen zur Passivierung zwei Methoden zur Verf¨ugung, die mit der Verringerung der Oberfl¨achenrekombinationsrate in Gl. (1.25) theoretisch begr¨undet werden:

i. Verringerung der St¨orstellenzustandsdichte Ns: Damit geht nach Gl. (1.26) ei- ne Reduzierung der Oberfl¨achenrekombinationsgeschwindigkeiten von Elektronen und L¨ochern in Gl. (1.25) einher. In der Folge sinkt die gesamte Rekombinationsrate.

Diese M¨oglichkeit wird ¨ublicherweise durch das Aufwachsen oder Abscheiden einer pas- sivierenden Schicht auf die Oberfl¨ache realisiert, da die meisten St¨orzust¨ande an der Oberfl¨ache eines Wafers von offenen Bindungen herr¨uhren und diese dadurch abges¨attigt werden k¨onnen. Einen klassischen Vertreter f¨ur diese Methode stellt das Aufwachsen ei- ner thermischen Oxidschicht dar. An der Grenzfl¨ache zwischen dem dabei entstehenden Siliziumdioxid und dem reinen Silizium kommt es aber auch zu einer Ladungstr¨agerak- kumulation, so dass auch der unter Punkt (ii.) erkl¨arte Effekt zur Passivierung beitr¨agt.

Diese Methode sorgt f¨ur eine langzeitstabile Passivierung der Oberfl¨ache. Tempor¨ar lassen sich die offenen Bindungen aber auch durch die Behandlung der Oberfl¨ache mit Flusss¨aure oder einer Iod-Ethanol-L¨osung abs¨attigen, worauf in den Abschnitten 2.5.3.1 und 2.5.3.2 n¨aher eingegangen wird.

ii. Verringerung der Ladungstr¨agerkonzentrationen ns oder ps an der Wafero- berfl¨ache: Dadurch wird das Produkt aus den beiden Gr¨oßen kleiner und die Rekom- binationsrate sinkt. Physikalisch ist diese Methode so zu verstehen, dass f¨ur einen Re- kombinationsprozess sowohl ein Elektron als auch ein Loch notwendig sind. Fehlt einer der beiden Partner, findet deshalb keine Rekombination statt.

Zu einer Reduzierung der Ladungstr¨agerkonzentrationen stehen grunds¨atzlich zwei M¨oglich- keiten zur Verf¨ugung:

• Akkumulation: Die Konzentration der Majorit¨atsladungstr¨ager an der Oberfl¨ache wird ¨uber das normale Niveau hinaus erh¨oht und die der Minorit¨atsladungstr¨ager gleichzeitg abgesenkt. Das geschieht z. B. durch Einbau eines sogenannten Al- BSF (Aluminium-Back Surface Field). Durch die Aluminiumschicht an der R¨uck- seite ist der Kristall dort sehr stark p-dotiert. Diese Dotierung erzeugt ein Feld, gegen das die Elektronen aus dem Kristallinneren nur schwer anlaufen k¨onnen, in der Folge sinkt ihre Konzentration an der Oberfl¨ache.

(28)

• Inversion: Hierbei wird die Konzentration der Minorit¨atsladungstr¨ager an der Ober- fl¨ache erh¨oht. Dies geschieht beispielsweise bei einer Phosphordiffusion eines p- dotierten Wafers, die f¨ur eine beidseitige n-Schicht an der Oberfl¨ache sorgt. An dem unbelasteten pn- ¨Ubergang entsteht ein Konzentrationsgef¨alle und damit ein Feld, gegen das weitere Elektronen nur schwer zur Oberfl¨ache gelangen, solange die Elektronen in den n-Bereichen nicht abfließen k¨onnen. Ein weiterer Vertreter dieser Methode ist die Oberfl¨achenpassivierung durch eine SiNx-Beschichtung. Durch an der Oberfl¨ache fixierte Ladungen entstehen Felder, die die Elektronen aufgund der Coulomb-Abstoßung von der Oberfl¨ache fernhalten. Der Prozess der Nitridabschei- dung wird in Kapitel 2.3 genauer erl¨autert, da dabei auch andere Defekte durch den frei werdenden Wasserstoff passiviert werden k¨onnen.

Weitere Passivierungsmethoden und genauere Erl¨auterungen zu den bisher erw¨ahnten fin- den sich in [Pet05]. Auf zwei Oberfl¨achenpassivierungstechniken soll jedoch in Kapitel 2.5 n¨aher eingegangen werden, da sie im Experiment in dieser Form verwendet werden: Die HF- Passivierung und die Passivierung mit einer Iod-Ethanol-L¨osung. Sie dienen zur tempor¨aren Oberfl¨achenpassivierung eines noch nicht prozessierten Wafers und sind zur Messung der Lebensdauer der Ladungstr¨ager im Kristallinneren, dem sogenannten Bulk, mit der im sel- ben Kapitel beschriebenen Methode sehr wichtig. Der Betrag dieser Bulklebensdauer ist der Lebensdauer der Minorit¨atsladungstr¨ager in der fertig prozessierten Solarzelle, bei der die Oberfl¨achenst¨orzust¨ande ebenfalls passiviert sind, sehr ¨ahnlich. In Gl. (1.11), die die gesamte St¨orstellenlebensdauer beschreibt, verschwindet dann der letzte Term.

(29)

1.2. Wasserstoffpassivierung 19

1.2 Wasserstoffpassivierung

Die in Abschnitt 1.1.2.2 beschriebenen Defekte bewirken eine erh¨ohte Rekombinationsrate und verringern damit die Minorit¨atsladungstr¨agerlebensdauer. Deshalb wird schon bei der Produk- tion der Wafer versucht, solche Defekte zu vermeiden. Auch wenn sie beim Kristallwachstum bereits entstanden sind, gibt es verschiedene M¨oglichkeiten, die Defektdichte im Siliziumkris- tall nachtr¨aglich zu verringern. Hierzu z¨ahlt beispielsweise die sogenannte Floatzone-Methode, bei der eine Schmelzzone mehrmals durch den Ingot gezogen wird. Da metallische Verunrei- nigungen im fl¨ussigen Silizium eine erh¨ohte L¨oslichkeit besitzen als in kristallisiertem, werden viele von ihnen mit der Schmelzzone aus dem Kristall heraus an ein Ende des Ingots getrieben.

Gleichzeitig k¨onnen Gitterdefekte bei der Neubildung der Kristallstruktur korrigiert werden.

Bei der Anwendung kosteng¨unstigerer Verfahren zur Siliziumproduktion werden die Wafer immer defektreicher. Bei manchen Methoden, wie zum Beispiel dem direkten Ziehen von Si- liziumfolien aus der Schmelze, ist ein anschließendes Gettern in dieser Form nicht m¨oglich.

Neben dem in Kapitel 2.2 vorgestellten Phosphorgettern stellt die Wasserstoffpassivierung eine weitere M¨oglichkeit zur Materialverbesserung dar, die sich in diesem Fall besonders an- bietet.

Schon seit den f¨unfziger Jahren [Est03] ist bekannt, dass die elektrischen Aktivit¨aten die- ser Defekte durch das Einbringen von Wasserstoff in den Siliziumkristall passiviert werden k¨onnen. Die m¨ogliche Bedeutung der Wasserstoffpassivierung f¨ur die Verbesserung von mul- tikristallinem Siliziummaterial und die Folgen f¨ur die Solarzellenprozessierung wurden als erstes von der Gruppe der Sandia National Laboratories um C. Seager erkannt. In der ers- ten Ver¨offentlichung [Sea79] verwendete man dort ein Wasserstoffplasma zum Einbringen des Wasserstoffs. Heute hat sich als Plasmaverfahren das MIRHP(Microwave Induced Remote Hydrogen Plasma)-Verfahren, das beispielsweise in [Die02] n¨aher beschrieben wird, in der For- schung etabliert. Eine weitere Methode besteht darin, die Probe einem Wasserstoffionenstrahl auszusetzen, der jedoch an der Oberfl¨ache des Wafers neue Defekte verursacht [Pea92]. Im vorliegenden Experiment wird der Wasserstoff beim Abscheiden und Feuern einer wasserstoff- reichen SiNx:H-Schicht eingebracht. Dieser Vorgang wird in Kapitel 2.3 n¨aher beschrieben.

Nachdem Sah et al. Anfang der achtziger Jahre festgestellt hatten, dass Wasserstoff den Widerstand von Bor-dotiertem Silizium um zwei Gr¨oßenordnungen erh¨ohen kann [Sah83], wurde mit der systematischen Untersuchung der passivierenden Wirkung von Wasserstoff in multikristallinem Silizium begonnen. Wasserstoff gilt als sogenannter all-purpose passivant (Allzweck-Passivierstoff). Er kann in vielen verschiedenen Halbleitern sowohl flache als auch tiefe St¨orstellen, die von Defekten oder Verunreinigungen herr¨uhren, passivieren. Wasserstoff ist in Silizium amphoterisch, besitzt also einen Donator- und einen Akzeptorzustand in der Bandl¨ucke. Deshalb kann er sowohl die St¨orniveaus von Donator- als auch von Akzeptora- tomen passivieren. Das ist eigentlich unerw¨unscht, da damit eine Aufhebung der Dotierung verbunden ist, die f¨ur eine Solarzelle unerl¨asslich ist. Die Passivierung dieser flachen Donator- und Akzeptorst¨orzust¨ande ist jedoch thermisch nicht sehr stabil. Beispielsweise l¨ost sich der Wasserstoff von einem passivierten Bor-Atom bereits bei ungef¨ahr 220C [Sta88]. Eine Solar- zelle wird bei ihrer Fertigung nach dem Nitridabscheiden, bei dem der Wasserstoff eingebracht wird, im Normalfall weit h¨oheren Temperaturen ausgesetzt.

W¨unschenswert ist die Passivierung tiefer St¨orstellen, die von Kristalldefekten oder Verunrei-

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nigungen herr¨uhren. Deren Passivierung ist in Abschnitt 1.2.2 beschrieben.

1.2.1 Bindungszust¨ ande von Wasserstoff in einem Siliziumkristall

Die grundlegende Theorie zur Berechnung der verschiedenen Energiezust¨ande von Wasserstoff in Silizium bezeichnet man als Extended H¨uckel Theory (EHT) [Hof01]. Die in Tab. 1.1 zu- sammengefassten Ergebnisse beruhen auf Berechnungen aus einem leicht modifizierten Modell [Shi84]. In [Pea92] findet sich eine ausf¨uhrliche Darstellung.

Si-H H2 H

Potentielle Energie [eV] −14 bis −15.8 −26.6 −12.5 Gleichgewichtslage antibonding (AB) Td entlang M

oder bonding (BC) h111i

Aktivierungsenergie – 2.7 0.32

zur Diffusion [eV] (exp. 0.5−1.2)

Dissoziierungsenergie [eV] 1.5−3.3 1.6 –

Tabelle 1.1:Die berechneten Eigenschaften der drei Zust¨ande von Wasserstoff in kristallinem Silizi- um [Shi84]. Die drei stabileren Positionen (BC, AB, Td) des Wasserstoffs im Kristall sind in Abb. 1.6 veranschaulicht. BC steht f¨urbond centered position, AB f¨urantibonding position, Tdf¨urtetrahedral interstital position in diamond structure und M f¨urmid-position.

Tab. 1.1 zeigt die Eigenschaften der drei m¨oglichen Zust¨ande von Wasserstoff in Silizium f¨ur Temperaturen unter 500C:

i. Der Wasserstoff kann eine Bindung mit einer offenen kovalenten Silizium-Bindung ein- gehen. Diese Si-H-Bindung besitzt die geringste potentielle Energie aller m¨oglichen Zust¨ande von Wasserstoff in Silizium. Beim Vergleich der Energien mit dem H2-Molek¨ul bietet es sich an, auch f¨ur die ¨ubrigen Konfigurationen die potentielle Energie zu ver- doppeln. Der Tabelle entnimmt man f¨ur zwei an Siliziumdefekte gebundene Wasserstof- fatome eine potentielle Energie von h¨ochstens −28 eV. Ein solches trapping kann auch an Punktdefekten oder ausgedehnten Gitterdefekten vorkommen, wobei aber nicht klar ist, in welcher Form der Wasserstoff sich an diesen Defekten anlagert. Die beiden wahr- scheinlichsten M¨oglichkeiten werden in Abschnitt 1.2.2 diskutiert.

ii. In einem defektarmen Kristall besitzt molekularer Wasserstoff (H2) die kleinste poten- tielle Energie. Bei geringen Temperaturen ist dies die vorherrschende stabile Konfigu- ration.

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1.2. Wasserstoffpassivierung 21 iii. Die gr¨oßte potentielle Energie besitzt atomarer Wasserstoff. In dieser Konfiguration diffundiert Wasserstoff schon bei Raumtemperatur sehr stark durch den Kristall, da die Aktivierungsenergie zur Diffusion sehr klein ist.

Bei h¨oheren Temperaturen brechen die Bindungen des Wasserstoffs in den beiden ersten Konfigurationen vermehrt auf und ab einer bestimmten Temperatur liegt der Wasserstoff uberwiegend in atomarer Konfiguration vor.¨

Die Positionen des Wasserstoffs im Siliziumkristall sind in Abb. 1.6 f¨ur die beiden gebundenen Konfigurationen (i.) und (ii.) dargestellt.

Abbildung 1.6:Ausschnitt aus dem Gitter eines Siliziumkris- talls. BC, AB und Tdkennzeichnen m¨ogliche Positionen, die Wasserstoff im Kristallgitter besetzen kann. BC und AB ent- sprechen hierbei der Konfiguration (i.), Td der Konfiguration (ii.). Die Zeichnung stammt aus [Pea92] bzw. [De´a88].

Einige der theoretisch ermittelten Eigenschaften aus Tab. 1.1 ließen sich in Ionen-Channeling- Experimenten best¨atigen (beispielsweise [Pic78]). Gleichzeitig ergaben sich jedoch einige Wi- derspr¨uche. Bisher wurde die von mehreren Forschungsgruppen errechneten Eigenschaften nicht direkt nachgewiesen.

1.2.2 Passivierung tiefer St¨ orstellen

Neben Gitterfehlern, wie Versetzungen und Korngrenzen, k¨onnen viele der durch metallische Verunreinigungen hervorgerufenen tiefen St¨orstellen durch atomaren Wasserstoff passiviert werden. Eine Passivierwirkung von Wasserstoffmolek¨ulen ist nicht bekannt [Pea82]. Wie in Abschnitt 1.1.2.2 bereits angesprochen, dienen vor allem die ¨Ubergangsmetalle als Zentren erh¨ohter Rekombination. Sie k¨onnen schon w¨ahrend des Kristallwachstums in den Ingot oder sp¨ater w¨ahrend der Prozessierung sehr leicht in den Wafer gelangen. Aufgrund ihres hohen Einfangquerschnitts f¨ur Elektronen und L¨ocher, sorgen bereits geringe Konzentrationen f¨ur eine starke Beeintr¨achtigung der Materialqualit¨at.

Uber den Wasserstoff-Passivierungsmechanismus tiefer St¨¨ orstellen, die durch Verunreinigun- gen hervorgerufen werden, gibt es anhaltende Diskussionen in der Literatur. Da die Mi- krostruktur der tiefen St¨orstellen weitgehend unbekannt ist, stellt die Erkl¨arung ihrer Passi- vierung durch Wasserstoff ein gr¨oßeres Problem dar.

Große ¨Ubereinstimmung herrscht bei der Erkl¨arung der Wasserstoffpassivierung von Defek- ten, deren elektrische Aktivit¨aten im Zusammenhang mit offenen Bindungen der Siliziumato- me stehen. Diese offenen Bindungen k¨onnen durch atomaren Wasserstoff abges¨attigt werden.

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