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2.3 Wasserstoff aus einer SiN x :H-Schicht

2.4.5 Einfluss der Form des Temperaturprofils

Bei den Berechnungen der Wasserstoffausdiffusion in Kapitel 1.3 wurde von einem kastenf¨ ormi-gen Temperaturprofil ausgeganormi-gen, bei dem der Siliziumwafer instantan auf eine bestimmte Temperatur aufgeheizt wird, diese f¨ur eine Sekunde beibeh¨alt und dann schlagartig wieder abk¨uhlt. Solche Temperaturprofile lassen sich nicht realisieren, da der Wafer eine bestimmte Zeit ben¨otigt, um W¨arme aufnehmen und abgeben zu k¨onnen.

Abbildung 2.24: Pyrometer-Temperaturprofil mit einer Peaktemperatur von 600C. Das Profil ist dem idealen kastenf¨ormigen sehr ¨ahnlich. Dargestellt ist auch der theoretische prozentuale Anteil an noch passivierten Defekten in Abh¨angigkeit der Zeit, sowohl f¨ur das ideale als auch f¨ur das reale Temperaturprofil. F¨ur die Berechnungen der Ausdiffusion wurden eine Bindungsenergie von 2.26 eV und eine Schwingungsfrequenz der Bindungen von ν=1013Hz angenommen.

Dennoch gelingt es, Temperaturprofile zu erstellen, die diesem Ideal sehr nahe kommen. Abb.

2.24 zeigt ein solches Pyrometerprofil im Vergleich zu einem entsprechenden Kastenprofil. Bis 625C konnten alle Profile in dieser Art gestaltet werden.

Bei h¨oheren Temperaturen tritt ein unerwartetes Ph¨anomen auf: Obwohl die Lampenleistung zum Erreichen der gew¨unschten Peaktemperatur konstant bleibt, verweilt die Wafertempera-tur bei ungef¨ahr 600C f¨ur ca. 1.5 s. So entsteht bei dieser Temperatur ein Plateau von dem

aus ein weiteres Aufheizen nur schwer durch Regulierung der Lampenleistungen zu kontrollie-ren ist. Abb. 2.25 zeigt ein Temperaturprofil, bei dem eine Peaktemperatur von 650C erreicht werden sollte. Eine m¨ogliche Erkl¨arung f¨ur dieses Verhalten ist in der schlechten W¨armeleitung des Systems zu suchen. Selbst wenn die Lampen beim Erreichen des Plateaus ausgeschaltet werden, heizt sich der Wafer danach noch bis zu 100 K weiter auf. Vermutlich gibt die Umge-bung, also die Luft oder die Quarzglaskammer dann erst die aufgenommene W¨arme an den Wafer weiter. Auch durch zahlreiche Variationen der beeinflussbaren Systemparameter (ande-re Temperaturrampen und Lampenleistungen beim Erstellen der Kalibrierdatei, Benutzung nur eines Unterlagewafers, l¨angeres Aufheizen bei geringen Temperaturen, Kalibrierung mit anderen Thermoelementen) l¨asst sich dieses Plateau nicht vermeiden. Die einzige M¨oglichkeit besteht darin, vom idealen Kastenprofil abzuweichen und die Peaktemperatur nicht instantan, sondern durch eine Temperaturrampe zu erreichen. Die Lampenleistung wird dabei nicht wie zuvor schlagartig von meist 40% auf 90% erh¨oht, sondern so geregelt, dass die mit dem Pyro-meter gemessene Wafertemperatur kontinuierlich in mindestens 7 s von ca. 370C auf 600C erh¨oht wird. Anschließend wird, wie sonst auch, mit einer abrupten Erh¨ohung der Lampen-leistung die Peaktemperatur von 650C erreicht. Abb. 2.26 zeigt ein solches Profil und den entsprechenden idealen Temperaturverlauf.

Beide Temperaturkurven weichen deutlich vom Ideal ab. Um zu entscheiden, welche sich besser eignet, soll der Einfluss auf die Wasserstoffausdiffusion f¨ur beide Temperaturprofile

Abbildung 2.25: Pyrometer-Temperaturprofil mit einer Peaktemperatur von 650C und theo-retische zeitaufgel¨oste Wasserstoffausdiffusion bei einer angenommenen Bindungsenergie von 2.6 eV und einer Schwingungsfrequenz der Bin-dungen von ν=1014Hz. Dargestellt ist der An-teil an noch passivierten Defekten in Prozent. Im Temperaturverlauf ist ein Plateau bei ungef¨ahr 600C zu erkennen, obwohl die Lampenleistung konstant 95% betrug und der Wafer sp¨ater wei-ter aufgeheizt wurde.

Abbildung 2.26: Rampenf¨ormiges Pyrometer-Temperaturprofil mit einer Peaktemperatur von 650C und theoretische zeitaufgel¨oste Wasser-stoffausdiffusion bei einer angenommenen Bin-dungsenergie von 2.6 eV und einer Schwingungs-frequenz der Bindungen vonν=1014Hz. Darge-stellt ist der Anteil an noch passivierten Defek-ten in Prozent. Hier wurde der Wafer mit ei-ner Temperaturrampe mit einem Gradienten von 38.5 K/s aufgeheizt.

2.4. Temperaturschritte 69 berechnet werden. Mit Gl. (1.34) l¨asst sich der Anteil an noch wasserstoffpassivierten De-fekten f¨ur beliebige Zeitintervalle und Temperaturen berechnen. Allerdings muss hierzu die Bindungsenergie und die Schwingungsfrequenz der Bindungspartner bekannt sein. W¨ahlt man differentiell kleine Zeitintervalle, l¨asst sich unter Vorgabe dieser beiden Gr¨oßen der prozen-tuale Anteil an noch passivierten Defekten im Vergleich zu der Anzahl passivierter Defekte vor dem Temperaturschritt f¨ur jeden Zeitpunkt berechnen.

Die beiden Temperaturkurven wurden mit einer Genauigkeit von 1·10−5s interpoliert. An-schließend konnte der Anteil an Wasserstoff berechnet werden, der bei der vorliegenden Tem-peratur nach 1·10−5s noch an den Defekten gebunden ist. Ausgehend von diesem neuen Wert f¨urN/N0 wurde die Ausdiffusion nach weiteren 1·10−5s berechnet. So entstanden die schwar-zen Kurven in den Abbn. 2.24, 2.25 und 2.26. Hierbei wurden jeweils Bindungsenergien und Schwingungsfrequenzen gew¨ahlt, f¨ur die die Ergebnisse, welche sich aus der idealen und der realer Temperaturkurve ergeben, besonders weit auseinander liegen.

F¨ur die Frequenzen wurden nur zwei m¨ogliche Werte, die sich aus der Literatur anboten [Nak07] [Pea87], betrachtet: 1013Hz und 1014Hz. Um die extremsten Abweichungen heraus-zufinden, fand so lange eine Variation der Bindungsenergien statt, bis kein Unterschied mehr festzustellen war. Abb. 2.27 zeigt diese Variationen f¨ur die Abweichung des Anteils noch passi-vierter Defekte bei Berechnung aus dem in Abb. 2.26 dargestellten rampenf¨ormigen Tempera-turprofil und dem dort abgebildeten kastenf¨ormigen Profil. F¨ur die Temperaturkurve mit dem Plateau bei 600C ergab sich eine ¨ahnliche Abweichung. Eine der extremsten Abweichungen ist in Abb. 2.25 dargestellt.

Abbildung 2.27: Bindungsenergieabh¨angige Differenzen zwischen Anteilen an noch passivierten De-fekten nach einem Temperaturschritt mit einem kastenf¨ormigen, idealen Temperaturprofil und mit einem realen Temperaturprofil. F¨ur verschiedene Schwingungsfrequenzen der Bindungspartner ge-geneinander ergeben sich unterschiedliche Kurven (rot und schwarz).

Links:N/N0-Differenz ideal-real f¨ur reales, rampenf¨ormiges Temperaturprofil aus Abb. 2.26.

Rechts: N/N0-Differenz ideal-real f¨ur reales, sehr kasten¨ahnliches Temperaturprofil aus Abb. 2.24.

Die Ordinaten sind unterschiedlich skaliert.

Beim Vergleich mit Abb. 2.26 f¨allt auf, dass der Absolutwert an noch passivierten Defekten f¨ur das rampenf¨ormige Profil auf unter 30% sinkt, f¨ur das plateauf¨ormige aber nur auf ca. 55%.

Dies h¨angt mit den unterschiedlichen Spitzentemperaturen zusammen. Im Bereich um 650C bedeuten geringe Abweichungen bereits große Unterschiede f¨ur die Wasserstoffausdiffusion.

Das zeigt sich auch im Fall des idealen Temperaturprofils. Dessen Peaktemperatur wurde aus den Mittelwerten der Spitzentemperaturen der realen Profile ermittelt. F¨ur das Profil mit den beiden Plateaus ergaben sich 638C, f¨ur das rampenf¨ormige 658C. Diese Differenz von 20 K erkl¨art, warum im zweiten Fall viel mehr Wasserstoff ausdiffundiert. Sie deutet auch schon an, dass die Peaktemperaturen mit dem rampenf¨ormigen Temperaturverlauf besser zu kontrollieren sind, was sich in der Praxis zweifelsfrei best¨atigt. Da die Unterschiede zwischen den beiden Profilen f¨ur die Ausdiffusion ansonsten nicht sehr groß sind, fiel die Entscheidung schließlich f¨ur das rampenf¨ormige Temperaturprofil.

Der Fehler, der dadurch entsteht, ist aus zwei Gr¨unden nicht besonders gravierend. Wie aus der Literatur bekannt [Nak07], ist bis zum Temperaturschritt von 650C bei den vori-gen Temperaturschritten des Experiments bereits der meiste Wasserstoff ausdiffundiert (vgl.

Abb. 1.8). Die Abweichung des rampenf¨ormigen Temperaturprofils vom idealen kastenf¨ ormi-gen Temperaturprofil wirkt sich auf die Wasserstoffausdiffusion (Abweichung < 16%, Abb.

2.27 links) im Vergleich zum Fehler der bestm¨oglichen Temperaturprofile (Abweichung<7%, Abb. 2.27 rechts) etwa doppelt so stark aus. In einem sehr großen Bindungsenergiebereich ist die Abweichung aber unter 10% und damit sehr gut zu verteten.