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Sabäisch OJIVXTIII loflh »sie selbst".
Von Fr. Praetorius.
Schon Osiander ist in dieser Zeitschrift Bd. 19, S. 214 u. 287
auf die Wortgruppe ©HVXtll I 'l^flÄ gestoßen, deren wörtliche
Übersetzung ,die Herren ihres Hauses" zwar nicht zweifelhaft sein
kann, deren Sinn aber gleichwobl bis heute nicht festgestellt ist.
Osiander läßt es dahingestellt, ob „dieses n^a den Tempel, oder das
die Stadt schützende Schloß, oder endlich das Haus mit bsaN »,den
Familienhäuptern" " bezeichnet" ; und die Bearbeiter der südarabiscben
Abteilung des Corp. Inscr. Semit, meinen zu Nr. 86, S. 139 unter
Beziehung auf Glaser „non de hominibus, sed de diis agi".
Ich glaube, daß wir im Sabäischen hier den Anfang der
Bedeutungsentwicklung vor uns haben, die im Tigrina und Amha¬
rischen zur Bildung der pronominalen Ausdrücke 'OOjAfl'^'
bez. OAfL^ „selbst" geführt hat. Es scheint mir dabei un¬
erheblich , daß die beiden neuäthiopischen Ausdrücke sich bisher
nur als nichtreflexivisches Hervorhebungspronomen haben nachweisen
lassen, während das sabäische OjPl'Xfn I 'l^flÄ »'s Reflexivum
in den Inschriften vorkommt. Vgl. i^^^Cfl \ •fl'^AflJ' \
'f/f,^ „die Erde bringt selbst (von selbst) Frucht" (Tigrina-
Grammatik S. 160), "JT'lHTdT ." QAfti: ." P/hTHfb <^
f^UC '• ü"? ,ihr König selbst ist seines Volkes Lehrer ge¬
worden" (Amhar. Sprache S. 278).
Es heißt in der Inschrift Osiander 17 (diese Zeitschr. Bd. 19,
S. 213 ff. ; C. Inscr. Semit. Nr. 86) nach der gewöhnlichen Widmungs¬
einleitung :
5 h I JiHioh I ©nw»« I i®
6 M<D I JlhW I JI®)i^H
7 <D<D I nmo I mih \ »ii
8 I <Djivx?n I i«»nh i
792 Praetorius, Sabäisch OJlVXtll I i^flh selbst".
worauf sich dann die Bitte um Schutz vor Verleumdung u. s. w.
unmittelbar anschließt. Ich übersetze diese Zeilen 5—8: ,und er
möge ihnen hinzufügen männliche, gesunde Kinder und möge ihnen
hinzufügen Früchte und Erträgnisse und das Heil ihrer selbst".
Es ist durchaus am Platze, daß der Weihende über die Einzelheiten
nicht die Hauptsache vergißt, den Inbegriff des Ganzen „das Heil
ihrer selbst". In dem Eingangssatze sagt er einfach O^f^O^
(Z. 4); hier auf Z. 8 hebt er das reflexivische Pronomen stärker
hervor, im Gegensatz zu den Kindem, Früchten, Erträgnissen. Es
mag sein, daß in diesem OjPi'Xtn I i^nh ein besonders inklusiver
Plural liegen soll, die ganze Familie, sämtliche Hausbewohner; auf¬
fallend und unwahrscheinlich aber wäre es, wenn der Weihende in
dieser Privatwidmung aucb an ganz Außenstehende gedacht haben
sollte, etwa an seine Hauswirte und Dienstherren. Man vergleiche
auch die Insebrift Osiander 18 (diese Zeitschr. Bd. 19, S. 216 ff.;
C. Inscr. Semit. Nr. 87), wo auf Zl. 9 in ziemlich gleichem Zu¬
sammenhange an Stelle von ©HVXTfl I ^°Wh I ?^ das ungefkhr
gleichbedeutende »JlVXIDT I 1steht (vgl. Bd. 54, S. 37 f).
Und so wird auch in Osiander 36, Z. 5 | ioflh | ?^[©]
©JlVXtn von dem Heile der Weihenden, Redenden zu verstehen
sein. Doch ist diese Inschrift leider fragmentarisch ; und was Mordt¬
mann und Müller in ihren Sabäischen Denkmälern S. 11 ergänzt
haben, ist offensichtlich zu wenig.
Es ist aber nicht daran zu zweifeln, daß im Sabäischen iof],
^oflf^ sich mit unmittelbar folgendem Xffl »'ich in der Weise
verbinden kann, daß in dieser Wortgruppe von pronominalem Wert
nicht das geringste zu spüren ist. Es ist daran um so weniger zu
zweifeln, als auch noch im Tigrifia OOj^fl,^ „il capofamiglia",
QPlA'tn.^ ,1a massaia" bedeuten kann (De Vito, Vocabolario
della lingua tigrigna S. 61); desgleichen im Amharischen QA '.
nft' „ padrone di casa", QAfL't't „padrona di casa" (Guidi,
Vocabolario amarico-italiano Sp. 312). Und so führe ich denn hier
aus dem Sabäischen an Fr. 45 = Hal. 657, wo | WlXtfl I loflh
l|]]ol|OQ I fi^V „die Herren dieser beiden Häuser Hrn und N'mn"
Apposition zu den an der Spitze der Insebrift genannten Subjekten
zu sein scheint. Und ich vermute, daß mit OWXTfl I lof] auch
wobl ein Gott bezeicbnet werden dürfte, wenn auch die 5. Inschrift
in J. et H. Derenbourg's Etudes sur l'epigrapbie du Y6men sehr
verdächtig ist. In Stellen, wie die eben angeführte Fr. 45 = Hal. 657,
erkennt man einen Ausgangspunkt zu dem Gebrauch von 'fi^A
[\^, QAfl^ als nichtreflexivisches Hervorhebungspronomen:
NN und NN, die Herren des Hauses, haben das und das getan.
Praetorius, Sabäisch OJIVX?!! I i^flh selbst". 793
Das ist: Nicht etwa ihr Diener, noeh sonst ein anderer, sondern
sie selbst, die Hausherren.
Ebenfalls schon Osiander ist auf Zl. 3 der 31. seiner Inschriften
(Bd. 19, S. 261) auf das Wort OVloflh® gestoßen, dessen Suffix
sich auf das unmittelbar vorhergebende | '|4'*ll'l I NX?!! beziebt,
so daß sich die ganze Stelle deutlich den beiden oben besprochenen Stellen Os. 17, 8 und Os. 36, 5 anreiht. Auch hier ist die wörtliche
Übersetzung völlig zweifellos , nicbt so der Sinn. Osiander denkt
(S. 266) an einen himjarischen Vasallen oder Fürsten , oder dessen
Familie, welche in Salhin ihren Sitz hatten und von dort aus einen
Teil des Landes regierten. „Unter seine Botmäßigkeit gehörte eben auch
der Verfasser der Inschrift.' Und in einer Fußnote bringt Osiander
noch eine andere . ihm aber weniger wabrscbeinlich dünkende An¬
nahme. H. Derenbourg dagegen , der im Bab. & Oriental Record,
vol. V, S. 193 ff. die erste Zeile der Inschrift richtig ergänzt zu
haben scbeint, übersetzt „the fortress of Salhin and it.<i defenders".
Ich glaube auch hier, daß ©V'l^flÄ sich (reflexivisch) auf
den Verfasser der Inschrift bezieht, einschließlich der Seinigen. Und es mag hierbei daran erinnert werden, daß auch im Tigriüa "iTT/A.
(ohne das fest angewachsene ft^) zu pronominalem „selbst' ge¬
worden ist, das zwar, wie "flPiAn.^, meist als nominativisches
Hervorhebungspronomen auftritt, aber doch auch als Reflexivum
nachweisbar ist; z. B. QÖA„E ^ CAsYl" «ich selbst habe ge¬
sehen', hnhlii : f^il : QÖATl „verkläre mich bei dir
selbst!'.
H. Derenbourg, der wie es scheint richtig erkannt hat, daß
die Inschrift von Ns'krb, König von Saba, herrührt, war sicht¬
lich gerade deshalb bei der Übersetzung von OVi^Flfil® in be¬
sonderer Verlegenheit ; denn die Herren des Schlosses Salhm werden
eben die Könige von Saba selbst gewesen sein. Deshalb übersetzt
er das Wort mit defenders. Ich übersetze :
3 ovionh® I wiA I «iXfn i tooo \ otmo^
4 I ©HVfTlIi®
„zu ihrem Heile und zum Heile des Hauses Salhin und seiner
Herren (d. b. des Königs selbst mit den Seinigen) und ihres Be¬
sitzes (oder ihres Königtums).' Das nach der gewöhnlichen Übung
in diesen Inschriften vorangeschickte allgemeine Suffix ©UV ('n
OJl'l'f^O'l) wird im Folgenden spezialisiert.
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Zu Kalila waDimna.
Von Th. Nöldeke.
Die Hoffnung, die ich früher geäußert habe*), daß sich noch
einmal eine oder die andre Handscbrift finden möchte, die uns
Ibn Moqaffa''s Kallla waDimna in annähernd ursprünglicher Gestalt
bieten würde, habe ich seit längerer Zeit ziemlich aufgegeben,
namentlich seit Zotenberg uns das vollständige Material von 16
Pariser Handschriften für die kleine Erzählung von dem Asketen
und dem zerbrochenen Krug vorgelegt hat 2) und ich nachträglich
für mich zu dem Stück noch einige weitere, wenn auch nicht um¬
fangreiche, Kollationen gemacht habe. Es ist sogar fraglich, ob
sich unter den etwas besseren Handscbriften auch nur eine scharfe
Scheidung nach Familien wird durchführen lassen ^). Das Werk
hat eben die Schic'csale eines handschriftlich weit verbreiteten
Volksbuches erfahren. Ein solches ist es aber erst geworden,
nicbt von Anfang an gewesen. Ibn Moqaffa' war ein vomehmer,
hochgebildeter Mann, der für die vornehme, hochgebildete Welt
schrieb. Fürsten und Machthaber sollten zunächst auch aus seiner
Bearbeitung Lebensweisheit lernen. Die sonstigen moralischen und
Klugbeitsregeln , und wohl noch mehr die hübschen Geschichten
selbst, baben dem Bucbe dann den großen Leserkreis gewonnen.
Schon Ibn Moq.'s Vater hatte eine wichtige Stelle bekleidet, und es
ist viellfeicbt die Frage, ob der Sohn nicht ebenso früh arabisch
wie die Sprache seiner persischen Vorfahren geredet hat. Er galt
als einer der größten Meister der reinen und eleganten Sprache
Fibrist 45. 126. Der beste Kenner, Asma'i, fand in einem seiner
Werke nur einen einzigen sprachlicben Anstoß Muzhir 2, 86 (nach
1) ZDMO. 30, 761.
2) Journ. as. 1886.
3) Eine besondere Stellung nimmt Zotenberg's Handschrift Q ein, die, so fehlerhaft sie ist, sachlich zu AnwSri Suhaili (also gewiß auch zu dessen persi¬
schen Vorgängern) und dom Wortlaut nach zu der, allerdings verkürzten, Wieder¬
gabe im 'Iqd (Ausg. von 1302) 3, 445 stimmt. Die beste seiner Handschriften ist im ganzen aber wohl A, die er mit Kecht zum Grundtext gewählt hat. — Übrigens mag das gegenseitige Verhältnis der Handschriften bei verschiedenen Stücken des Buchs verschieden sein.