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Zu den himjarischen Inschriften.
Von
Dr. J. H. Mordtmann jr.
(Mit 2 Tafeln.) I.
Im XXXII. Bd. dieser Zeitschrift S. 200 flF. veröflfentlichte
ich ein himjarisches Basrehef mit Inschrift, welches kurz vorher
aus Süd-Arabien hergebracht worden war. Der damalige Besitzer
gestattete keine Zeichnung des Bildes oder der Inschrift, so dass
ich beide lediglich nach dem Gedäcbtniss beschreiben konnte. In¬
zwischen ist der Stein in die Hände eines neuen Besitzers ge¬
wandert, welcher, liberaler als sein Vorgänger, der Anfertigung
von Abklatscben und Photographien kein Hindemiss in den Weg
legte. Ich beeile mich unter diesen Umständen den Lesem der
Zeitscbrift die wohlgelungene Photographie vorzulegen, welche
die a. a. 0. gegebene Beschreibung des Denkmals in mehren
Puncten wesentlich berichtigt ').
Der Stein aus einer äusserst harten hellgelblichen Masse von
alabasterartigem Aussehen hat nach dem Abklatsch eine Höhe von
M. 0,54 und eine Breite von M. 0,285. Das Basrehef besteht aus
zwei übereinander angebrachten Darstellungen. In der oberen sehen
wir zunächst zur Rechten den Verstorbenen, sitzend auf einem
niedrigen, lehnlosen Sessel mit sägebockartig gestellten Beinen,
ähnlich unseren modernen Klappstühlen, in einem bis auf die
Knöchel herabreichenden Gewände mit engen Aermeln, das Haupt
mit einer tiaraäbnlichen Haube bedeckt. Das Gesicht ist dem Be¬
schauer zugekehrt; der rechte Arm, im Ellbogen gehoben, hält
eine Schale empor, während der linke auf eine Art Polster oder
Lehne gestützt und an die Brust gelegt ist. Vor ihm steht ein
1) Die Photographien sind aus dom auch in Kui'opa genügend bekannten Atelier der Gebrüder Abdullah hervorgegangen. Es ist rair eine angenehme l*flicht, diesen Herrn, weicbe mit einera wahrhaft künstlerischen Sinn ein ebenso warmes Interesse Tür alle wissenschaftlichen Bestrebungen verbinden, auch öffent¬
lich meinen Dank auszusprechen für die Bereitwilligkeit, mit der sie sich der nicht geringen Mühe unterzogen, diese Reproductionen herzustellen.
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Mordtmann, zu den himjarischen Inschriften. 433
Tisch von gleicher Forra, auf welchem ein grösseres GefUss und
eine kleine Schale Platz gefunden hahen. Links vor diesem Tisch
und dem Verstorbenen zugewandt steht ein Diener in kurzem Ge¬
wände in aufwartender Haltung, in beiden Händen Schalen oder
Speisen haltend. Links eine weibhche Gestalt aufrecht und en face,
in langem , herabhängendem Gewände , das Haupt umwickelt ; sie
hält vor sich mit beiden Händen einen Gegenstand, vermuthlich
ein zweisaitiges Musikinstrument
Der Sinn dieser Scene kann nicht zweifelhaft sein: der Ver¬
storbene ist hier beim Mahle dargestellt, wie der alte himjarische
Dichter und Qeil Alqama Du Geden singt: ,Beim Harfenspiel
der Sängerinnen, wenn wir angetrunken waren und den herrhchsten
Wein genossen — da wars gut"!*)
Auf dem darunter befindlichen Bilde sehen wir ihn hingegen
in gleicher Gewandung zu Pferde hnkshin, in der erhobenen Rechten
eine Lanze schwingend, mit welcher er ein vor ihm herlaufendes
Kameel antreibt. Ein Araher, welcher dies Basrehef sah, lobte
die Naturtreue, mit welcher das Kameel gezeichnet war, besonders
was seine Gangart (überkreuz, gerade wie auf dem Bombayer Reiter¬
relief) anbetrifft. Derselbe meinte dass der Zeichner eine trächtige
Kameeistute habe darstellen wollen, da solche Kopf und Hals
nach hinten geworfen und den Schweif emporstehend zu tragen
pflegen, was dahingestellt sein mag. Das Pferd ist am Halse mit
Schnüren und anderen Verzierungen (glede, SJuJL*) geschmückt;
unklar ist dagegen worauf sich der linke Arm des Reiters stützt,
vielleicht auf einen etwas ungebührlich hohen Sattel, wie sie im
Orient üblich sind; von Steigbügel ist hier ebensowenig wie bei
den sonst abgebildeten Reitthieren eine Spur zu bemerken.
Hier scheint der Verstorbene von einem Beutezuge heim¬
kehrend dargestellt zu sein.
Die Darstellung des Verstorbenen in verschiedenen Scenen
aus seinem alltäglichen Leben findet sich ganz ebenso auf der
Ganneau'schen Stele und der von Herrn Müller in dieser Zeit¬
schrift publieirten Stele und scheint characteristisch für den him¬
jarischen Kunststyl zu sein. So ist auf dem letztgenannten Denk¬
mal der Todte zunächst als Fussgänger, darunter als Reisender
auf dem Kameel, hinter sich einen Diener als ^ajO, und einen
Schnappsack 3- (türk. jujC^ heübe vgl. Wetzstein Sprachliches
1) Derselbe Gegenstand ist vermuthlich auf dem Ganneau-Gildemeister'schen
Bilde in dor oberen Abtheilung in den Handen der Damo pbby wieder zu
erkennen ; die Herausgebor nahmen an, dass dort nur eine ungeschickte Wieder¬
gabe des Faltenwurfes vorläge.
2) Bei I. Ishäq S. 26, übstzt. bei v. Kremer Südar. Sage. S. 144 und Moldeke Gescb. der Perser u. Araber etc. S. 193 [vgl. Nachtrag].
434 Mordtmann, zu den himjarischen, Inschriften.
aus den Zeltlagern der syr. Wüste ZDMG. XXU, 92 Anm. 5 dann
als Kunstreiter auf einer Antilope ') und sehliesslieh zu Pferde
abgebildet.
Von den bisher publieirten Basreliefs, die in der Anmerkung
angeführt sind '■'), sind fünf mit Sicherheit, das sechste — No. II —
mit grosser Wahrscheinlichkeit als Grabdenkmäler zu bezeichnen.
Der Stil derselben ist, wie Ganneau bemerkt, ein kindlich naiver.
Von Beobachtung der Perspective ist keine Rede; die Haupt¬
personen sind fast regelmässig mit dem Gesicht dem Beschauer
zugewandt, wenn auch der übrige Körper en profil dargestellt ist,
die Diener und Nebenfiguren als solcbe durch kleinere Gestalt
gekennzeichnet, Farben plastisch ausgedrückt. Die Tbierzeichnung ist ebenfalls roh, aber, wie so oft in der archaischen Kunstepoche, treu und characteristisch.
Gildemeister. Ganneau und Müller glaubten Spuren griechischen
Einflusses wahrzunehmen bei der weiblichen Figur eines Bombayer
Reliefs (No. II), wie mir scheint mit Unrecht, wenigstens lässt sich
diese Ansicht zur Zeit nicht hinreichend begründen. So könnte
man auch noch den Knaben mit Vogel (No. V) und jene weibliche
Figur mit ähnlichen Darstellungen griechischer Grabreliefs vergleichen und bei unserm Basrelief an die Darstellung des sog. Todtenmahles bei den Griechen erinnern: aber diese äusserlichen Aehnlichkeiten beruhen gewiss nur auf Zufall und es ist nicht recht ersichtlich,
weshalb die Himjaren bei ihrer sonstigen Civilisation und ihren
technischen Fertigkeiten es nicht auch in der Bildhauerei auf den
Standpunct einer primitiven Kunsttibung gebracht haben sollen.
Auch ist es schwer begreifheb. auf welcbem Wege die griechische
Kunst nach dem unzugänglichen Süd-Arabien vorgedrungen ist,
um den Stil der einheimischen Grabmonumente zu beeinflussen.
Man braucht nur daran zu denken , wie äusserst selten schon in
Syrien und Aegypten , die doch der hellenischen Kunst viel näher
gerückt waren , dergleichen Grabstelen sind . um die Ünwahr¬
scheinlichkeit dieser Hypothese zu begreifen ; oder sollten etwa
sabäische Künstler in den Werkstätten von .\thpn gelernt haben?
1) Dass hier von keiner Opferscene die Rode sein kann ist klar. Das Thier sprengt in vollem Galopp hin nnd der Reiter sitzt darauf, indem er mit beiden Händen die Hörner desselben umklammert hält. Ausserdem hat das Thier ein geflecktes Fell, kann also kaum ein Stier sein; es wird vermuthlich zur Art des (ji^.5»jJ! gehören.
2) Ich bezeiebne sie wie folgt:
I = Journal of the Asiatic Society of Bombay vol. II pl. IV.
II = ehdslbst. pl. V.
III = ehdslbst. pl VI.
IV = ZDMG. XXIV, 178«'. (Aufsatz (iildemeister's), vollständiger J. A. Vis.
t. XV p. ;i02 SS. (Aufsatz Ganneau's).
V = ZDMG. XXVI. iA-i No. X (Aufsatz Praetorius').
VI = ZDMG. XXX, Höf (Aufsatz D. H. Müller's).
Mordtmann, zn den himjarischen Inschriften. 435
Ueberhaupt setzt aber die Uebertragung eines Kunststils von einem
Volke auf das andere viel innigere Beziehungen voraus, als je
zwischen Griechen und Sabäern bestanden haben.
Das Studium der bisher gefundenen Denkmäler wäre sehr
instructiv für die Culturgeschichte, wenn die Zeichnung bestimmter
und deutlicher wäre. Während der unstäte Wüstenaraber mit
geringem Hausrath zufrieden kaum das nothwendigste Küehengeräth
sein eigen nennt, sehen wir auf den Darstellungen häuslicher Scenen
auf unserer und der Ganneau'schen Stele Möbel mannigfacher Art,
Stühle, Sessel, Tische und Ruhebetten, femer Schalen, Gefässe mit
Verzierangen, als Zeichen einer sesshaften Bevölkerung mit vor¬
geschrittenen Luxusbedürthissen. Dieser Umstand fiel schon den
Alten auf, wie eine merkwürdige Stelle des Agatharchides von
Cnidus aus dem 2ten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung be¬
zeugt. Derselbe sagt von den Sabäem : „sie entwickeln grossen
Luxus nicht nur in bewunderangswürdigen Silberschalen und Ge¬
fässen mannigfacher Art, in grossen Ruhebetten und Tischen,
sondem auch in allem Hausgeräth im Uebermass, indem viele, wie
es scheint, fürstliches Vermögen besitzen'. In dem etwas ausführ¬
hcheren Auszuge bei Diodor heisst es: In der Hauptstadt Sabae
(sic!) haben die Einwohner silbeme und goldene Becher vielerlei
Art, Ruhebetten und Tische mit silbernen Püssen und ebenso ist
das übrige Hausgeräth von unglaublichem Luxus' u. s. w. ').
Die Kleidung ist fast identisch mit der noch heute in Arabien
üblichen Traeht. Die Hauptpersonen auf I VI im obersten Ab¬
schnitt tragen den modernen lang herabfallenden faltenreichen Rock
— v_j^ — mit engen Aermeln aus einem Stück Zeug; die männ¬
lichen Diener I VI und auf dem hier besprochenen Relief kürzere
Gewänder, welche in der Taille durch einen Gürtel — —
zusammengeschnürt unterhalb desselben äbnlich wie die modemen
griechischen Pustanellen in Falten gelegt sind, der Knappe No. I
und der Diener auf unserm Bilde im oberen Abschnitt scheinen
am Saum des Gewandes eine durch querübereinanderlaufende zu¬
sammengesteppte Faltenstreifen gebildete Verzierung zu tragen,
ähnhch der „Antika' bei den untem Classen in Syrien heutzutage.
Der Vadd'ab von No. II ist, wenn die Abbildung genau ist, nur mit
1) Geogr. Graec. miim. 1, 190: eor« Si TiolvTcleta nag' avtoie ov/uövov iv TOpsvfinai Hav^nmols xai noT7]pi(ov noixiXintc, i'n Si Hltveöv xai iQiTtöSoJv jueye&eot , [dika] xai twv akXü/v ruiv xnr' oixiav nap^ rifitv ixTeivofiiviov Xaußävei Trjv inif.pßo^.rjv , ttoXIcSv , a>( i'otxe , xsxrrjfiivmv X,oqrjyinv flaatlixtiv. Auszug bei Diodor ib.: xai /iiiliora iv 2!äßais, iv r]
TÖ ßaoileta xeTrat, logevfiam fiiv iiQyvQä te xai x^^oa xai jiavToSanmv ixntofidttov i'xovot, xXivas Si xai roinoSae äoynqönoSnt xni rnv n},Xr]v xaTaaxEvrjv dnWTOv Tij nolvTeleia xiX. Daraus fast wörtlich Strabo XVI, 4 (779).
436 Mordtmann, zu den Mmjarischen Inschriften.
einem Lendenschurz, 'ihyi, ^iL^XiJ, hekleidet. Auf den Gewändern
der weihlichen Personen in IV sehen wir allerlei Piguren ange¬
bracht, wie sie noch jetzt und ebenso unsymmetrisch aus Striemen
bunten Tuches auf die Kleider aufgenäht werden '). Andere Striche,
z. B. in V, deuten wahrscheinhch die farbige Zeichnung an, und
Ganneau erinnert deshalb passend an die gestreiften Stoffe, die
noch heutzutage in Jemen angefertigt werden und unter dem Namen
bekannt sind. Der Verfasser des Periplus Maris Erythraei
c. 24 führt unter den Einfuhrartikeln von Muza (nahe dem beutigen
Mokka) auf iftaxiOfios 'Agaßixog ^^siqiSwtös, o te dnJlove xai d
xoivog xai axoTOvXÜTog xai dia](gvaog d. h. arabische Kleider
mit Aermeln, einfache, grobe sowie gewürfelte und golddurch¬
wirkte etc., c. 28 vom Import von Kane (Hissn Ghuräb) : eiadytrat
— ifiaxiGfiog 'Agaßixög, bfioitog xai xoivog xai änXovg xai 6
vo&og nsgiaaoregog u. s. w.
Ueberraschend ist es auf diesen uralten Büdern die modeme
iuLfti' Keffie wiederzusehen; dieselbe ist ganz besonders deutlich
auf I, wo ihre langen Enden um die Schultem des Kameelreiters
flattern ; dieselbe Kopfbedeckung kommt auch auf No. V und VI
mehrfach vor , nur dass sie hei der Profilzeichnung gleichsabi im
Durchschnitt gezeichnet ist, um nicht das Gesicht zu bedecken.
Der Knappe auf I dagegen trägt eine Kappe, welche ich mit der
heutigen Taka, 'iLfjlCi aus Baumwolle und Füz vergleichen möchte.
Einen ganz besondem Hut trägt der MüUer'sche Ritter in der
obersten Grappe (No. VI) ; derselbe, von steifer Form, ist ebenfalls
mit einer Art jUi^ umwickelt. Wie der Herausgeber treffend be¬
merkt, ist der Verstorbene hier in seiner ganzen Würde dargestellt,
etwa auf irgend einem feierlichen Ausgange. Dieselbe viereckige
Kopfbedeckung scheint auch auf unserm Bilde vorzukommen. Herr
Müller sieht darin wohl mit Recht eine Krone, _Lj, wie sie den him- Ci/
jarischen Edlen in den Gedichten mehrfach zugeschrieben werden *).
Plinius VI, 162 Deti. sagt: Arabes mitrati degunt aut intonso crine,
barba abraditur praeterquam in superiore labio, aliis et haec in-
tonsa und bezeichnet offenbar mit der Mitra die iUs/ bez. iL*U.c
1) Ein solches Kleid heisst (jijÄi^ Vij^ • Niebuhr Keisebeschreibung I, 336 giebt die Zeichnung eines südarabischen Bauemmädcbens mit einem solchen Kleide.
2) Ob hiermit die Bezeichnung der Araber als tacik, ^ui^Qirj^ bei Ar¬
meniern, als 4^31-' bei den Persern zusammenhängt, scheint zweifelhaft (Lag.
Abh. 84 Armenische Stud. 2182), da TiÜQa und ,«»'t(>« doch uicht identisch sind.
Mordtmann, zu den himjarischen Inschriften. 437
[vgl. Nachtrag] ; doch passt die ührige Beschreibung nicht auf die
himjarischen Bilder, wohl aber auf die Nabatäer, vrie sie auf den
Münzen abgebildet werden (Rev. Num. 1868, pl. XIV ff. Vogüe
Melanges pl. XII), besonders was Haar- und Barttracht betrifft.
Während z. B. die nabatäischen Könige mit langen, geflochtenen
Haaren, mit Schnurrbärten etc. erscheinen, sind die Männer auf
den sabäischen Bildern gänzlich bartlos. Der Vadd'ab No. II trägt
eine Tonsur und am Scheitel einen Haarbüschel, Ai'uiÄ [vgl. Wetz¬
stein ZMG. xvn 390 und XVIII 341]. Auch dies ist ui-alt, wie
wir aus einer Stelle des Plutareh sehen, Theseus c. 5, wo es heisst,
dass die Abanten diese Haartracht nicht von den Arabern ge¬
lemt hätten.
Die über unserem Relief befindliehe Inschrift war a. a. 0. schon
mit Ausnahme eines Wortes richtig wiedergegeben; sie lautet in
Transscription :
■ji-ip I nbny« I p I Dbsy | iUDSi | mjt I injttJiü-'T I ipno I inny | lyapbi
In der 2. Zeile ist also in3i23~iüiT zu lesen von (ji^i», welches
ebenso passend wie das zuerst gelesene ist; es bedeutet
>
schaben, feilen, auskratzen, daher iCuii3- Eisenfeile. In den In¬
schriften kommt "äin H. 534, 6 noch als Name einer Localität vor.
Der weibliche Kopf, welchen ich hier ebenfaUs abbilden lasse,
befindet sich im Besitze desselben Mannes wie das Basrelief; an
der unteren Fläche zeigt er einen eisemen Zapfen, mit welchem
er auf den Rumpf der Statue aufgesetzt wurde. Täusche ich
mich nicht, so ist dies das erste derartige Denkmal, welches ver¬
öffentlicht wird, freilich nicbt das erste, welches in Europa vor¬
handen ist. „Im Garten des Imäm zu San'ä fand Crattenden einen
aus Marmor gehauenen Kopf und erfuhr, dass dieser aus Marib
gekommen und dass derselbe einer ganzen Statue angehörte, die
der Imäm als einen Rest des alten Götzendienstes sogleicb zer¬
trümmem liess. Jenen Kopf brachte Cruttenden mit nach England
und er ist wohl die einzige Antike dieser Art in Europa' (Well¬
sted's Reisen übstzt. von Rödiger H, 359). Auf der Stirne be¬
findet sich in sehr undeutlichen Zügen folgende Inschrift:
byyn7:b:nyb
wofür auch binj^ynyb
gelesen werden kann. Diese räthselhaften Buchstaben erinnem
vieUeicht manchen Leser an die moabitischen Alterthümer, aber
die Möglichkeit einer Pälschung ist kaum denkbar [vgl. Nachtrag].
Auch dieser Kopf scheint mir einheimischem Kunsttypus an¬
zugehören, obgleich gerade hier Zweifel erlaubt wären, vgl. Periplus M. E. c. 28 wo unter den aus Aegypten eingeführten Importartikeln von Kane, dem Hafen von Hadhramaut, silberne toreutische Arbeiten,
438 Mordtmann, zu den himjarischen Inschriften.
gemünztes Geld, Pferde, Statuen (ävSQicevTsg) und fertige Kleider
genannt werden. Man kann aber diese Stelle beanstanden, indem
böebst wabrscbeinlicb hier von den aus dem Sabäerlande ein¬
geführten Waaren die Bede ist und ein Fehler oder ungenaue
Redaetion in der Ueberlieferung vorliegt. In den Inschriften ist
mehrfach von der Weihung von Statuen — nbis pl. obSN — die
Rede; Os. 31 werden der Sonnengottheit vierundzwanzig Bildsäulen,
Miles VI vier zu gleicher Zeit dargebracht; goldene nbs werden
erwähnt Reb. IV, 5, Miles I, 4, Mo. 3, 6; vgl. auch noch Prid. IV, 3, Reh. VII, 5, Mo. IH, 1, 2.
II.
Vor einem Jahr theilte mir Herr Alischan folgende Inschrift
mit, welche von einem türkischen Officier in §an'ä und zwar
^jL"*" '<'^^-**^;*^ »'^'^ Tbor des Schlosses der Balkis",
also wohl am Eingang zum Schloss von Ghumdän (s. Niebuhr
Reisen I, 418 u. Halevy Voy. au Nedjran) abgeschrieben worden war:
DifiT I '3a 1 vü^Tst I insai I yoi | T I n:a 1 ysvivi \ yDirraia
Das Hauptinteresse dieser zwei Zeilen bilden die darin vor-
, ü ^ >
kommenden Eigennamen. ycKis ist ofFenbar gleich dem « ■ t -
der arabischen Autoren, vgl. Ibn Doreid ed. Wüstenfeld p. 307
i^ylj _ ^-jj^J [nämhch j-v4J>]
'ijjuui Jj« J^vSj |.^blt und einige Zeilen darauf:
.0o ^ } ,<j , i
\^y^i:aJ> iJjl ^-,1^ t***' J^A*r5 CJ^ Jf*'**' '^S^
^, l" • ^ ^ ^iAä^lj, SitjSAJt &..1I.9.«. ilj gÄ..> * » JJL/>
vgl. Osiander ZDMG. VII, 473. welcher zu diesem Namen noch
auf Caussin III, 292, 392 und 424 verweist. Fleischer in der
Anmerkung dazu spricht die Vermuthung aus, ob st. jäa*«.
zu lesen sei, da dieser Name als himjarisch durch die grosse In¬
schrift von Hissn Ghuräb belegt sei, während ,«äa**. dem Nord¬
arabischen angehöre. Allein ebenso gut könnte man dort yctJ«
st. yp'nir corrigiren. was bei der Aebnlicbkeit der heiden Buch¬
staben E und p in jener Inschrift nicht gewaltsamer ist: die Mun-
zinger'sche Copie giebt überdies yp^ns. Diese Ztschr. XXXI, S. 66
vermuthete ich noch die Identität von ycaio = jäa*-< mit dem
himjarischen Namen Esimiphaeus bei Procopius. Was die von Ibn
Doreid vorgebrachte Etymologie betrifFt, so ist sie zwar dem Sinne
/('itsihn l'l'LDM, ('..xxxv Bd Monlliiiatin.HimjHri.sclu' Iiisi'lii-ifti'nTaf II
Lit'iArtüf.v.j.ti B^ofi.Uipjiq.
Movdtmann, zu den himjarischen Inschriften. 439
und der Form nach nicht unmöghch, ich glaube jedoch, dass yc-'K'i;
nicbts anderes ist als eine andere Form von rETi73ir, welcher
Eigenname in der folgenden Zeile und Hal. 607 yD^n[a"i; vorkommt.
^ '' > > >
yo-finfe ist = ^Ju k*^, „sein [des Gottes] Name ist erhaben". Wir treffen ausser diesem nocb eine ganze Reihe mit "irr zusammen¬
gesetzter n. pr.: inNnjo'ii = j_yot 3-iDn7:c = k*.^, anruab
= |.Ljj k*^, ■'byn73io = J.c x**«, nTaiay-ii = d. h. sein
J J VJ
Name ist erhaben, edel, hehr, hoch, berühmt. in73iü = x , ... j
kommt in der kleinen Inschrift von Hisn Ghuräb vor, welche
Lenormant BuU. de l'Ac. des Inscr. und v. Maltzan erklärt haben:
irroiD I | dtDin | "ja | anhl73 d. h. M. b. A. hat seinen Namen
eingeschrieben. Dagegen hat sich Praetorius (Beitr. 2. H. S. 2)
o
gegen die Auffassung von n?;'^ = x*.».! ausgesprochen und erklärt
Dnnis = iL*.«.. Die Form an7:iD = tL**«, kommt allerdings vor
(Inschr. von 'Ohne 5; Hal. 257, 6; 478, 21), aber nur in minäi¬
schen Texten, während jene mit nTais componirten Eigennamen
ausschliesslich sabäisch sind; sabäisch aber lautet ^U-v, "'172;:; äbn¬
lich der assyrischen Form (s. E. Meyer ZDMG. XXXI, S. 741).
Nun wäre es eine sehr glückliche Bestätigung meiner Ansicht,
wenn der in einer Inschrift von Beräqisch H. No. 85 vorkommende
Name ■i7:6<'iJ73iD sabäischem = zu setzen wäre,
im Dialect von Beräqisch muss nämlich im Suffix der III. ps. sing.
TS statt "iri eintreten.
Mit hat man von jeher stets den Namen ciA-^-*^
^—■ o
zusammengestellt, einen Namen, welcher auch sonst historisches
Interesse erregt. Die arabische Tradition nennt die cjs-i.»-« i>j
C " ■
unter den Vorfahren der Zenobia und man hat schon längst damit
den gileaditischen Stamm yT7;ä zusammengestellt: für das Alter
' ^ - '
der Vocalisation qX>^ spricht der Name ^ofiaiSd&rh der sich
auf einer griechischen Inschrift von Ezra' im Hauran gefunden hat
(vgl Vogüe Inscr. Sem. S. 35H'., 91 ff., Blau ZDMG. XXVII. S.
351 ff.)*), ferner erinnert Blau a. a. 0. S. 354 an den c.J'.^^ der
1) Dieser Name kommt, wio KIhu mit Wahrscheinlichkeit vermuthet. auch noch auf der Inschrift bei Wetzstein Gr. Insch. aus dem Hauran etc. No. 11 --- Waddington Inscriptions de la Syrie No. 2(l.'i2b uus Tarha {&äqßa) vor. Aber
440 Mordttiumn, zu den himjarischen Inschriften.
südar. Sage bei Kremer Südar. Sage S. 58, vgl. aueh noch S. 64;
verdächtig ist es allerdings, wenn er als Name eines südarabischen
Stammes SjJoä erscheint, der sich mit dem Gurhumitenkönig (jo\.,aA,
dem Scbwiegei-vater des Ismael, in den Besitz von Mekka getheilt
hat, s. Kitäb al agäni hei Fresnel J. A. III s. t. VI S. 196 ff.
Chroniken der Stadt Mekka von Wüstenfeld I, 44, in, 39. Ibn
Badrun S. 69. Beladzori S. 53. Unter den mit n72iD zusammen¬
gesetzten Eigennamen führten wir oben M73iB»1"i = a.tM ^Ju an,
woneben ein wohl nur aus Zufall nicht vorkommendes »T'TO'o so
gut denkbar ist wie bsSTi neben yiibn, aMyT) neben yiiaN. Wenn
-O-J
^jLf^ = SD-'nTaiD ist, könnte gJw— = »TiJiTaii: sein.
Der Name D"inT ist vielleicht identisch mit dem n. pr. "iüt
ohne Mimation Hal. 212, 1, vgl. Müller Die Burgen Südarabiens
S. 352, wo weitere Nacbweisungen dieser Wurzel im Himjarischen.
Möglicherweise ist aber oiÜT = ^3 und liegt hier eine Ab¬
leitung von vor, welches auch sonst Eigennamen bildet, vgl.
Ibn Doreid S. 52, 70, 238.
i;a Z. 1 ist Dual.
Nachtrag.
Eine Darstellung ähnlich wie die unseres Basreliefs beschreibt
Hamdäni Iklil 1. VIII bei MüUer Südar. Stud. 42. Es ist von der
Eröffnung einer aditischen Höhle im Himjarenlande die Rede, welche
verschiedene Grabkammem enthielt. „Als wir die erste Thür
öffneten, fanden wir in dem Gemache zwei mächtige Figuren, zwei
Mädchen darstellend , die Gott in Steine verwandelt hatte. Eine
der beiden Steinfiguren hatte eine Guitarre {jyjSs (jrt iCxIjjc) ')
und in der linken Hand eine Flöte (^L^^)". In der That scheinen
jene Schatzgräber ein Basrelief ähnlicb wie das unsere gefundeu
zu haben. Vgl. auch noch Mas'üdi VIII 93.
Zu dem von Müller ZDMG. XXX publieirten Relief, wo auf der
obersten Abtbeilung der Verstorbene mit einem Stabe, begleitet
von einem Diener, der ebenfalls einen Stab trägt, dargesteUt ist.
allen weiteren Combinationen dieses Gelehrten vermag ich nicht zu folgen.
SviiSKtt, ■'ly'S'^ffi (Vogüe Inscr. Sem. No. 70, vgl sinaitisch •'1773TO bei Levy ZDMG. XVII, No. 18, 2o' af a9-r} (Waddington No. 22 IO. wofür ebenso gut 2o[ii\at\v]ä9'r, = V ■- 1 ■■■gelesen werden kann, gehören gewiss nicht hierher.
1) Nicht Cither, wie M. übersetzt; vgl. die Abbildung bei Niebuhr Keiseu.
Bd I, Taf. XXVI C.
Mordtmann, zu den himjarischen Inschriften. 441
sei auf Strabo XVI, 4 verwiesen, vvo gesa^ wird, dass bei den
Sabäem jeder einen Stock trag: ixccarq) yag gaßdocpopeiv ^d-og.
Zu den Arabes mitrati vgl. noch die Stelle Claudian L. Stil. 1, 156
hic mitra velatus Arabs etc.
Zu der Bombayer Figur mit Vogel vgl. die ähnliche Dar¬
stellung auf dem palmyrenischen Basrelief im Petersburger Bullet.
XX, p. 522 ff. 2)
Das ebenfalls besprochene Statuenfragment ist nicht das zweite,
sondem dritte bisher bekannte. Prideaux Transactions II, 7:
,1 have in my possession a marble head, which I presume is
similar to that discovered by Crattenden though I am told it was
found at Marib. The head is evidently that of a femal goddess
or caryatid nearly lifesize, and with features of a distinct African (Cushite) Type«.
1) Beiläufig halten die beiden Figuren nicht eine Traube in der Hand, sondem einen Bananenbüschel (jj-^).
442
Aegyptisch-Aramäisches.
Von Franz Praetorius.
I. iBnn, das erste Wort auf dem Steine des Serapeums, ist
weder «.■»*.& (dieses Wort scheint gemeint bei Levy, ZDMG. XI, 69),
noch sSui-rcCi (Merx, ZDMG. XXII, 693), sondem das altäg. htp
Darbringung, belcanntlicb das stehende Wort in der Formel
des Todtenopfers. Ob das auslautende i ägyptisch, oder ob es
semitische Endung ist, weiss ich nicht.
Die Richtigkeit von Merx" Erklärung des Eigennamens n;3
als pa-Neit (man könnte auch annehmen pa-Nut) bezweifle ich
deshalb, weü wir in den ägyptisch-aramäiscben Denkmälem für
ägyptisches p sonst beständig e, nie a finden (welche Erweichung
in der Aussprache des Koptischen gewöhnlich ist), nämhch: 'DNE
Pap. Louvre R" passim, ■'DINe Pap. Bulaq = n&oni; der Name
n;3D Pap. Lonvre R» 4 ist schwerlich vom semitischen ,aiE ou
NniE bouche" abzuleiten (Bargfes, Papyras egypto-arameen du
Louvre S. 8), sondern ist offenbar in pa-Mut aufzulösen, der der
Göttin Mut Angehörige; wns Pap. Tur. = /laxvfuog B,e\.
arcb. 1878, Bd. 36, S. 102); ::-inD-inaB Pap. Vatic, fragm. b =
pthrphrt, nebst den Namen mit gleichem Anfang ^ONüD ') Pap. Vat.
a, b und mpUE (?) Pap. Vat. b ; nnEN Pap. Lonvre V» 3 = pth ;
IEH Serap. 2. 4 = hp, ebenso in den Eigennamen "lEnm"! Pap.
Vat., a, •'Enn:y Stele Vatic, •'Enn Carp. 1; endlich das eben er¬
örterte •'Ern = htp. Positives zur Erläuterung des Naraens weiss
ich nicht beizubringen. — Im Uebrigen übersetze ich die Inschrift
ganz so wie sie Levy a. a. 0. übersetzt hat.
II. Nach Erkenntniss des •'Bnn wurde es mir sicher, dass die
Grappe n7anDn, welche in der Stele von Saqqarah dem Stamme
3~ip vorhergeht, wie •'cnn auf dem Serapeumstein dem gleichen
Stamme, ebenfalls aus dem Aegyptischen zu deuten sei. Ad. Erman
schlug mir vor, darin die Anfangsbuchstaben der vollständigen
1) So ist zu lesen, Peteesis (Parthey, Personennamen S. 80 u. 82), statt des unverständlichen "'"IKIiD .