Leserdienst
Hinweise •Anregungen BRIEFE
All das änderte sich schlag- artig zum Guten nach Ein- führung der Bestellpraxis.
Jeder Patient erhält ein Kärtchen (selbst entworfen und drucken lassen) mit Eintragungsmöglichkeiten für Termine, versehen mit seinem Geburtsdatum. Bei unserer „Natus-Kartei" ent- fällt dadurch das manch- mal peinliche Fragen nach dem Namen bei schon dagewesenen Patienten.
Während es früher Zeiten gab, als die Patienten bis auf den Flur vor dem War- tezimmer standen, ist seit- dem das Wartezimmer sel- ten voll. Man hat vielmehr das Gefühl, in Ruhe arbei- ten zu können, ohne den Streß vieler wartender Pa- tienten im Hintergrund!
Früher oft aufgetretene Fluktuationen etwa durch ungünstige Wetterverhält- nisse, Kirmes, die Zeit „zwi- schen den Jahren" usw.
sind weitgehend „ausge- bügelt". Es läßt sich nicht leugnen, daß einige Patien- ten „abspringen", wenn sich die Bestelltermine bei nicht dringenden Fällen auf viele Tage oder gar Wo- chen ausdehnen. Trotzdem ist meine durchschnittliche Patientenzahl nicht ge- sunken. Selbstverständlich müssen die Termine so ausgegeben werden, daß zwischendurch dringende Fälle eingeschoben wer- den können, was ich in meiner Praxis mit etwa 20 Prozent veranschlage. Der Nachteil, daß die aufneh- mende Helferin häufig an das Telefon gerufen wird und viel „Fingerspitzenge- fühl" haben muß, ist ein Übel, das gegenüber dem früheren als das kleinste bezeichnet werden muß, auch die höheren Unko- sten.
Fazit: „Es lebe die Bestell- praxis".
Dr. med. Dieter Poppert Augenarzt •
Am Karlsbrunnen 1 6350 Bad Nauheim
Anklang bei Patienten
Grundsätzlich hat sich bei mir das Prinzip der Bestell- praxis gut bewährt. Wir ge- hen folgendermaßen vor:
1. Jeder neue Patient be- kommt automatisch einen längeren Termin, da Erstel- lung der Anamnese, des körperlichen Untersu- chungsbefundes und die gemeinsame Besprechung der erhobenen Befunde und der daraus möglicher- weise resultierenden weite- ren Untersuchungsmenge erfahrungsgemäß Zeit brauchen und der Patient das Gefühl haben muß, tat- sächlich von Kopf bis Fuß untersucht worden zu sein und daß der Arzt tatsäch- lich für ihn Zeit hatte. Glei- ches gilt grundsätzlich für Kinder und Schwerkranke, auch wenn diese häufiger in die Praxis kommen.
2. Technische und labor- chemisch-hämatolog ische Untersuchungen werden zu bestimmten Zeitpunkten nach Plan vergeben, sofern sie nicht notfallmäßig so- fort durchgeführt werden müssen (z. B. Infarktver- dacht, unklares Abdomen u. a.). Jeder Patient be- kommt einen vorgedruck- ten Zettel mit den entspre- chenden Daten. Diese wer- den dann von der Mitarbei- terin in das Vormerkbuch (wir verwenden mit gutem Erfolg eines der Firma Ce- dip, München) einge- tragen.
3. Zu den Notfällen. In einer Allgemeinpraxis stellen die dringend angeforderten und während der Sprech- stunde ausgeführten Haus- besuche das zeitlich größte Problem dar. Die Anzahl in meiner größeren Allge- meinpraxis belief sich im letzten Jahr auf 14 Fälle.
Mit Hin- und Rückfahrt so- wie Diagnose und Behand- lung vergehen im Schnitt
etwas über eine Stunde.
Dies wirft natürlich jede Terminplanung über den Haufen, ähnlich wie die Versorgung Frischverletz- ter. Ich habe aber zwei Din- ge festgestellt: Erstens wa- ren, von einem Fall abgese- hen, der aus einer reinen Anspruchshaltung des Pa- tienten herrührte, alle Be- suche objektiv dringend er- forderlich, und zweitens hatten bislang — ebenfalls- von einer Patientin abgese- hen — alle Patienten, die dann eben wirklich warten mußten (und wollten), völli- ge Einsicht und sprachen sich sogar lobend über die- se besondere Einsatzbe- reitschaft ihres Arztes aus.
Die bei mir eingeführte, modifizierte Bestellpraxis hat sich gut bewährt und findet auch bei den Patien- ten großen Anklang. Dabei habe ich inzwischen das Glück, qualifiziertes Perso- nal zu haben, das weiß, wie ihr Chef im Einzelfall vor- geht und das psycholo- gisch im allgemeinen sehr geschickt ist.
Dies aber ist nur bei einem guten Arbeitsklima zu er- reichen und bei entspre- chender Motivation der Mitarbeiterinnen zu erzie- len. Jede junge Dame muß eben durch den Arzt so aus- und weitergebildet werden, daß sie selbst das Gefühl der Sicherheit hat.
Dies überträgt sich sehr stark auf die Patienten.
Denn es besteht nicht nur ein Arzt-Patient-Verhältnis!
Frank Bechyna praktischer Arzt
Gottfried-Keller-Straße 53 4000 Düsseldorf
System schafft Zufriedenheit
Bestellpraxis — ein trojani- sches Pferd? — Nein, durchaus nicht! Denn ohne ein Bestellsystem wären an
den frequenzstarken Tagen zu Wochenbeginn die War- tezeiten für die Patienten und der Streß für Arzt und Mitarbeiter gleichermaßen unerträglich.
Ein Bestellsystem funktio- niert jedoch nur, wenn die Termine für neue und alte Patienten ohne Überschät- zung der Kapazität ausge- geben werden.
Und wenn man in die Be- stellzeiten als „Pufferzone"
eine Kaffeepause einplant, die dann nach Anzahl der Notfälle — auch in einer un- fallchirurgisch ausgerich- teten orthopädischen Pra- xis durchaus kalkulierbar—
flexibel gestaltet wird, kann man sicher jedem Patien- ten gerecht werden, ohne die Wartenden oder sich selbst zu sehr zu strapa- zieren.
Die Anmeldung sollte oh- nehin besetzt sein. Wo ent- stehen da zusätzliche Per- sonalkosten? Der Patient ruft entweder an oder aber kommt zur Terminverein- barung vorbei — wo fallen da Telefonkosten für die Praxis an?
Es ist natürlich nicht mög- lich, dieselbe Mitarbeiterin für Anmeldung, für Rönt- gen oder für Tätigkeit beim Arzt gleichzeitig einzuset- zen. Ich habe nicht erlebt, daß durch die Tätigkeit in der Anmeldung zu große psychische Belastung ent- steht — ist es hier nicht mehr der nicht zu erfüllen- de Anspruch des „Chefs"?
Die Bestellpraxis ist nach meiner Erfahrung ein gutes System für Zufriedenheit der Patienten, der Mitarbei- ter der Praxis und des Arz- tes selbst — unabhängig von der Forderung, sie ständig im Detail zu verbes- sern.
Dr. med. Rolf Ebel Arzt für Orthopädie Karlstraße 29
7340 Geislingen/Steige
16 Heft 38 vom 24. September 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe B