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Archiv "Arzneimittelversorgung: Für mehr Aus- und Fortbildung in Pharmakologie und für bessere Arztinformation" (14.05.1986)

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Für mehr Aus- und Fortbildung in Pharmakologie und

für bessere Arztinformation

75 Jahre Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Referate von Professor Dr. Walter Kreienberg,

Professor Dr. Fritz Scheler, Dr. Karl Heinz Kimbel

sowie die sechs Entschließungen zu Tagesordnungspunkt I b

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

89. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Arzneimittelversorgung

Anlaß dafür, daß dem Gebiet der Arzneimittelversorgung ein eige- ner Tagesordnungspunkt des 89.

Deutschen Ärztetages gewidmet wurde, war das 75jährige Beste- hen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, die üb- rigens, wie Bundesärztekammer- präsident Dr. Karsten Vilmar in sei- nen einleitenden Worten unter- strich, für den Steuerzahler unent- geltlich arbeitet.

Zur Einführung veranschaulichte Vorstandsmitglied (sowohl der Arzneimittelkommission wie auch der Bundesärztekammer) Profes- sor Dr. Walter Kreienberg die Grö- ßenordnung des Arzneimittel- marktes: Die Bundesrepublik Deutschland ist der drittgrößte Arzneimittel-Produzent und der größte Arzneimittel-Exporteur der Welt. Der deutsche Markt umfaßt zur Zeit etwa 25 000 zugelassene oder als zugelassen geltende Fer- tigarzneimittel. Aber: Fast zwei Drittel des Umsatzes der Apothe- ken entfallen auf nur 500 Arznei- mittel; ordnet man die Medika- mente nach der Rangfolge ihrer Umsatzanteile, so decken die 2000 umsatzstärksten Präparate zusam- men bereits 92 Prozent des Apo- thekenumsatzes. Das bedeute:

Vom Bedarf der Ärzte und Patien- ten her könnte der deutsche Arz- neimittelmarkt auf einen großen Teil seiner Produkte verzichten.

Dies sowie die Tatsache, daß es noch immer an Qualitätsnormen für Arzneimittel mangelt, sei Ursa- che für viele Probleme der Arznei- mittelversorgung in Deutschland.

Nun gäbe es die Möglichkeit, die- sen nach der Zahl der Produkte unübersichtlichen Arzneimittel- markt zu begrenzen oder zu berei- nigen, indem man vom jeweiligen Hersteller den Nachweis der thera- peutischen Wirksamkeit seines Produktes verlangt. Das ist aber weder im ersten Arzneimittelge- setz von 1961 noch im zweiten von 1976 geschehen, und auch in der zur Zeit geplanten Novelle fehlt ei- ne solche Vorschrift.

Vorschläge zur Bereinigung des Arzneimittelmarktes Professor Kreienberg warnte da- vor, sich von Positiv- und Negativ- listen oder gar von Kosten- oder Preisdiktaten eine solche Markt- bereinigung zu erhoffen. Sie könnten höchstens die Therapie- freiheit, die Arzneimittelforschung und letzten Endes also die Ge- sundheit der Bürger bedrohen.

Kreienberg forderte statt dessen folgende Maßnahmen:

0 Präzisierung des Arzneimittel- gesetzes und baldmögliche Nach-

zulassung der nur registrierten Arzneimittel;

• Gewährleistung einer einheit- lichen, verständlichen, ausrei- chend differenzierten und zuver- lässigen Arzneimittel-Information durch den Hersteller;

(;) Pharmakotherapeutische Rat- schläge und Orientierungshilfen für Ärzte, um eine kritische Arznei- verordnung zu fördern.

Eine solche, für den Arzt unent- behrliche Arzneimittelinformation durch den Hersteller ist in der ge- planten Novelle zum Arzneimittel- gesetz endlich vorgesehen („Ge- brauchsinformation für Fachkrei- se"). Man sollte jedoch im Gesetz auch noch sichern, daß ein Arzt für diese Information verantwort- lich ist. Der verordnende Arzt be- nötige eine solche Information im übrigen nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Aufklärung der Patienten über die verordne- ten Medikamente. Schon aus die- sem Grunde seien auch Ärztemu- ster weiterhin unentbehrlich.

Diese ständige Vermittlung neu- er pharmakotherapeutischer Er- kenntnisse an Ärzte ist, wie Pro- fessor Kreienberg unterstrich, ei- ne der wichtigsten Aufgaben der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft. Dazu dienen:

• Das Taschenbuch „Arzneiver- ordnungen", das 1986 in der 16.

Auflage erscheint;

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die Informationsschrift „Arz- neiverordnung in der Praxis"

(achtmal jährlich);

O Auskünfte auf schriftliche und telefonische Anfragen;

O Fortbildung in rationaler Phar- makotherapie;

• Hinweise und Empfehlungen zu Arzneimittelfragen in der Fach- presse;

Erfassung und Dokumentation von unerwünschten Arzneimittel- 1434 (42) Heft 20 vom 14. Mai 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Wirkungen und Bewertung von Arzneimittel-Risiken.

Dazu kommen noch die Transpa- renzlisten der Transparenzkom- mission sowie gezielte Informa- tion in einigen Kammer- und KV- Bereichen.

Ärzte und Patienten dürfen nicht verunsichert werden Professor Kreienberg ging schließlich auf das Spontanbe- richtssystem über unerwünschte Arzneimittelwirkungen ein, das in den letzten Jahren Hinweise in großer Zahl geliefert hat. Dabei ist jedoch zu fordern, daß diese Hin- weise bei den Herstellern gezielte Untersuchungen nach einem et- waigen Kausalzusammenhang auslösen. Zu diesem Punkt wie- derholte Kreienberg die Forde- rung (die der Ärztetag später in Form einer Entschließung mit gro- ßer Mehrheit bekräftigte): Bei Arz- neimittelrückrufen durch die Bun- desoberbehörde oder den Herstel- ler sollten die Ärzte vor den Pa- tienten informiert werden, weil es sonst immer wieder zu erheblicher Verunsicherung kommt. Denn, so schloß Kreienberg: Ein gutes, zu- verlässiges Arzt-Patient-Verhält- nis, das auf Glaubwürdigkeit und Vertrauen beruht, ist oft entschei- dend für den Erfolg einer Therapie mit Arzneimitteln; deshalb dürfen diese Glaubwürdigkeit und dieses Vertrauen zwischen Patient und Arzt durch niemanden gefährdet werden.

Eine eigene Prüfung über Pharma- kotherapie von einer halben Stun- de Dauer am Abschluß des dritten Abschnittes der klinischen Ausbil- dung — also neben der geplanten einstündigen Prüfung in den klini- schen Fächern — forderte der Vor- sitzende der Arzneimittelkommis- sion der deutschen Ärzteschaft, Professor Dr. Fritz Scheler, in sei- nem Referat über „Rationale Arz- neitherapie in der Ausbildung und Fortbildung der Ärzte". Zu einer rationalen Arzneitherapie gehöre ein Verordner mit pharmakologi-

Professor Kreienberg referierte über bessere Arzneiinformation der Ärzte

Prof. Scheler leitet die Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft

Geschäftsführer Dr. Kimbel: Aus der Vergangenheit Lehren für heute ziehen

schem Wissen und Erfahrung, der zuvor auch eine Diagnose oder zu- mindest eine Indikation gestellt haben muß.

Arzneimittelversorgung

Eine rationale, das heißt eine kriti- sche Arzneitherapie verlange eben immer beides: diagnostische Er- fahrung und pharmakologisches Wissen. Nur scheinbar, sagte Scheler, ließe sich das Problem dadurch umgehen, daß man die medizinische Forschung — also den „Stand der Wissenschaft" — und die praktische Medizin als ge- trennte Bereiche betrachtet: „Ein neu entwickeltes Arzneimittel wird nach den Bestimmungen des Arz- neimittelgesetzes im Tierversuch und am Menschen auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklich- keit geprüft und mit einer Ge- brauchsinformation auf den Markt gebracht. Der Arzt hat auf Grund von Instruktionen, die in den La- boratorien und Amtsstuben for- muliert wurden, das Arzneimittel nur noch anzuwenden ... aber wird so eine rationale Arzneithera- pie gefördert?"

Das Ziel der Ausbildung werde al- so beides im Auge behalten müs- sen: einmal die Vertiefung der Kenntnisse über die Ätiologie und Pathophysiologie der Krankheiten und zum anderen die Prinzipien der Wirkungen von Arzneimitteln auf den Organismus.

Mehr Prüfungsfragen aus der Pharmakologie

Die Diagnostik müsse freilich den Primat haben, und sie werde ja auch in der Ausbildung besonders betont. Der pharmakologische Un- terricht in der Ausbildung sei auch schon erheblich erweitert und ver- bessert worden. Allerdings werde die Intensität des Studiums vor al- lem durch Prüfungsanforderun- gen bestimmt. Und hier wies Sche- ler darauf hin, daß sich nur 8,6 Prozent der 870 schriftlichen Prü- fungsfragen in den beiden ersten Abschnitten des klinischen Studi- ums mit pharmakologischen The- men beschäftigen. Mehr als ge- rechtfertigt wäre es, wenn dieser Anteil auf 20 Prozent erhöht wer- den würde. Den gleichen Prozent- satz müßte man für die Prüfungen Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 20 vom 14. Mai 1986 (47) 1435

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Arzneimittelversorgung

für die Gebietsbezeichnungen „In- nere Medizin" und „Allgemeinme- dizin" fordern.

Der Student und der junge Arzt, führte Professor Scheler aus, soll- ten vor allem die allgemeine Phar- makologie beherrschen, also ins- besondere die prinzipiellen Wir- kungen von Pharmaka auf den Or- ganismus und umgekehrt die Wir- kungen des Organismus auf Phar- maka sowie die Interaktionen von Pharmaka. Darüber hinaus sollten sie in der Lage sein, Prüfungen von Pharmaka im Tierversuch, aber auch die Ergebnisse klini- scher Prüfungen zu beurteilen. Sie sollten die Informationen der Her- stellerfirmen interpretieren und Erfahrungsberichte über Arznei- mittelanwendungen kritisch wer- ten können. In diesem Zusammen- hang verlangte Scheler auch die Möglichkeit zur Beteiligung an kli- nischen Prüfungen.

Es komme nicht darauf an, fuhr der Referent fort, feste Therapie- schemata zu lehren, die der ange- hende Arzt sein Leben lang behal- ten soll und die er gar nicht behal- ten kann. Wichtig sei vielmehr die Fähigkeit, sich auf die oft inner- halb weniger Jahre erfolgenden Umstellungen von Therapiekon- zepten einzustellen. Und wichtig sei auch die Fähigkeit, aus der Fül- le des Angebotes auszuwählen mit dem Ziel, einige wenige Arzneimit- tel wirklich gut kennenzulernen.

Es stehe nun einmal fest, daß selbst ein Internist, der sich stark für Arzneimittel interessiert, nicht mehr als 60 bis 80 Präparate gut kennen kann. Der gut ausgebilde- te Arzt werde in der Lage sein, sich bei seinen Verordnungen auf die therapeutisch wirklich bedeutsa- men Arzneimittel zu beschränken und unnötigen Ballast — wie etwa fixe Kombinationen mit mehr als drei Wirkstoffen — über Bord zu werfen.

Als Ziel der Fortbildung in der Pharmakotherapie bezeichnete Professor Scheler den sinnvollen, vernünftigen Umgang mit Arznei- mitteln, also insbesondere eine

kritische Auswahl aus dem großen Angebot und das Sammeln und Austauschen von Erfahrungen über erwünschte wie auch über unerwünschte Wirkungen.

Fortbildung müsse dem Arzt hel- fen, beim Sammeln von Wissen, das ihm durch Gebrauchsinforma- tionen, Prospekte, Anzeigen, Fort- bildungsveranstaltungen, wissen- schaftliche Veröffentlichungen und Pharmareferenten reichlich ins Haus kommt, nicht einerseits den Fortschritt zu verpassen und nicht andererseits der Propagan- da zu erliegen.

Nachweise über die Effektivität der Fortbildung lassen sich an den seit 1981 erhobenen Daten über das Verordnungsverhalten von Kassenärzten feststellen. Von 1981 bis 1985 verringerte sich laut GKV-Arzneimittelindex die Zahl der Verordnungen in der gesetzli- chen Krankenversicherung um 15 Prozent, die Zahl der verordneten täglichen Dosen um 9 Prozent. Bei Schmerzmitteln, Herzmitteln und Koronarmitteln sind die Verord- nungen von unzweckmäßig zu- sammengesetzten Kombinations- präparaten stark zurückgegangen zugunsten von Monopräparaten.

Aktuelle Forderungen — wie schon vor 75 Jahren

„Ob nicht der Kongreß von sich aus Maßregeln ergreifen könnte, um dem immer unerträglicher um sich greifenden Unwesen in der Produktion und vor allem auch in der Anpreisung neuer Arzneiprä- parate einen Damm zu setzen" — diese für 1986 sehr aktuell klin- gende Frage, die aber in Wirklich- keit aus dem Jahre 1911 stammt, stellte der Geschäftsführer der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft, Dr. Karl Heinz Kimbel, an den Anfang seiner Aus- führungen über die Lehren aus der Vergangenheit. Diese Frage stellten 1911 beim Deutschen Kon- greß für Innere Medizin in Wiesba- den der Göttinger Pharmakologe Wolfgang Heubner und der Inter-

nist Adolf Schmidt aus Halle, weil sie „etwas gegen die unübersicht- liche Sintflut neuer und oft genug unwillkommener Präparate" tun wollten. Das Ergebnis war die Gründung einer „Arzneimittel- kommission des Deutschen Kon- gresses für Innere Medizin". Ein Jahr später brachte das „Ärztliche Vereinsblatt", der Vorgänger des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES, zum ersten Mal eine Liste, in der Arzneimittel als positiv, negativ und zweifelhaft beurteilt wurden.

Dr. Kimbel zitierte, was einer der beiden Initiatoren, nämlich Heub- ner, danach äußerte: „Die Indu- strie war natürlich erbost darüber, daß überhaupt der Versuch ge- wagt worden war ... man hatte bald eine Summe von Gründen beisammen, weshalb gerade das von der Arzneimittelkommission gewählte Vorgehen ganz beson- ders geeignet sei, das allgemeine Wohl' zu schädigen . . . Dagegen war nicht vorausgesehen worden, in welchem Grade sich die medizi- nischen Fachzeitschriften als ab- hängig von der Industrie erwie- sen ... andere, darunter Hochbe- rühmte, waren insofern nicht un- befangen, als sie selbst an dem Vertrieb irgendeines kritisierten Präparates ideell — zuweilen auch materiell — interessiert waren und daher ihr Urteil von persönlicher Verstimmung nicht ganz freihalten konnten."

Es zeigte sich aber doch bald, daß viele Pharmahersteller ihre Wer- bung den Grundsätzen anpaßten, welche die Deutsche Gesellschaft für innere Medizin durchzusetzen versuchte. Das Ziel einer staat- lichen Unterstützung der Tätigkeit der Kommission oder gar der Er- richtung einer staatlichen Zentral- prüfungsanstalt für Arzneimittel wurde aber nicht erreicht.

Der Erste Weltkrieg unterbrach die Aktivitäten. Erst 1923 konstituierte sich die Kommission neu, und zwar jetzt unter Beteiligung der Krankenkassen. Erstes Arbeitser- gebnis war die 1925 erschienene erste Auflage der „Arzneiverord- 1436 (48) Heft 20 vom 14. Mai 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Arzneimittelversorgung

nungen der Deutschen Arzneimit- tel-Kommission". Daneben gab es damals verschiedene Arzneimittel- listen der Krankenkassen.

Dr. Kimbel bezeichnete es als überraschend, daß die nationalso- zialistische Regierung sich nicht auf diese „Arzneiverordnungen"

als Instrument zur therapeuti- schen Gleichschaltung stützte.

Statt dessen schaffte der Reichs- arbeitsminister 1934 alle Arznei- verordnungsbücher als Richtli- nien für die kassenärztliche Ver- sorgung ab und ersetzte sie durch etwas ganz Einfaches: den Regel- betrag,

1949, wiederum in Wiesbaden und bei der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin, begannen neue Überlegungen zur Schaffung einer Arzneimittelkommission. Hans Neuffer, Vorsitzender der damali- gen Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern, schlug 1950 vor, die Arzneimittel- kommission zu einem Organ der ganzen Ärzteschaft zu machen.

Sie konstituierte sich 1952, und im selben Jahr konnten die „Arznei- verordnungen" bereits in der 9.

Auflage vorgelegt werden — 1986 wird die 16. Auflage erscheinen.

50 000 Berichte an das Spontanerfassungssystem Einen weiteren wichtigen Schritt nach vorn machte die Arzneimit- telkommission 1958, als sie in ih- rem Jahresbericht die Ärzte auf- forderte, Beobachtungen über un- erwünschte Arzneimittelwirkun- gen zu berichten; sie sollten durch Veröffentlichung im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT alle Kollegen auf- merksam machen. Anfang der 60er Jahre förderte die Contergan- Katastrophe das Bewußtsein für die Notwendigkeit eines solchen Spontanerfassungssystems. In seinen jetzt 25 Jahren hat sich dar- aus ein ansehnlicher Datenbe- stand entwickelt, der auf nunmehr fast 50 000 Berichten beruht. Seit 1974 erscheint die „Arzneiverord-

nung in der Praxis", die jetzt acht- mal jährlich mit 120 000 Exempla- ren niedergelassene, Kranken- hausärzte und Studenten in ratio- naler Arzneiverordnung berät — wie seit 75 Jahren, so unterstrich Dr. Kimbel, in der bewährten Tra- dition ärztlicher Selbstverwaltung.

In der Aussprache zu diesem Ta- gesordnungspunkt wurden zu- nächst einmal noch die Ände- rungsanträge behandelt, die zum entsprechenden Kapitel des

„Blauen Papiers" vorlagen; das Plenum hatte sinnvollerweise be- schlossen gehabt, dieses Kapitel erst im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt „Arzneimit- telversorgung" zu behandeln.

Im wesentlichen ging es um die Frage der Verantwortung: einmal der individuellen Verantwortung bei der Therapie am einzelnen Pa- tienten, die doch wohl letzten En- des nur beim verordnenden Arzt liegen könne und müsse. Dies trotz aller notwendigen gegensei- tigen Information im Falle von Überweisungen und auch trotz des Versuches, den Patienten durch Beipackzettel zu informie- ren. Die Beipackzettel wurden, wie es schon üblich geworden ist, zum Teil heftig kritisiert.

Das andere Hauptthema der Dis- kussion war die Frage, ob neben dem Arzneimittelinstitut beim Bundesgesundheitsamt noch ein unabhängiges Arzneimittelprü- fungsamt zu fordern sei. Einen entsprechenden Antrag hatte der nordrheinische Delegierte Dr. Da- vid Peter Klemperer eingebracht (Nachkomme eines der Mitglieder der ersten, 1911 gegründeten Arz- neimittelkommission). Er verlang- te in der Begründung, daß ein sol- ches Prüfungsamt nicht nur Anga- ben über neue Medikamente sam- meln und veröffentlichen, sondern auch jedes Medikament in eige- nen Laboratorien prüfen sollte, ehe es auf den Markt kommt — erst danach teilte er mit, woher Antrag und Begründung stammten: wort- wörtlich aus „Therapie der Gegen- wart" aus dem Jahre 1920!

Es gab allerdings gewichtige Ge- genargumente, insbesondere, daß man den Hersteller eines Arznei- mittels nicht aus seiner Verant- wortung für die Sicherheit seines Produktes und damit auch aus der Haftung für etwaige Schäden ent- lassen dürfte. So wurde dieser An- trag denn auch mit großer Mehr- heit abgelehnt.

Bei Rückrufen die Ärzte vor den Patienten informieren Die vom Vorstand vorbereiteten (und nachstehend dokumentier- ten) Entschließungsentwürfe da- gegen fanden jeweils breite Zu- stimmung. Besonders relevant für alle in Praxis und Klinik tätigen Ärzte ist dabei der Aufruf, sich in noch größerem Maße als bisher am Spontanerfassungssystem der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft für uner- wünschte Arzneimittelwirkungen zu beteiligen. Denn dieser hoch- wichtige Beitrag zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit beruhe nun einmal notwendigerweise dar- auf, daß in der Regel nur der be- handelnde Arzt Arzneimittelrisiken feststellen kann. Gleichzeitig wandte sich der 89. Deutsche Ärz- tetag aber erneut gegen die Ver- unsicherung von Patienten und Ärzten durch Arzneimittel-Rückru- fe, welche durch neue Tierversu- che oder Berichte aus dem Aus- land ausgelöst werden. Die Herstel- ler sollten geeignete Maßnahmen treffen, damit die Ärzte vor ihren Pa- tienten informiert werden. gb

„Gebrauchsinforma- tionen für Fachkreise"

„In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Arzneimittel mit neuen Wir- kungsmechanismen zugelassen. Au- ßerdem wurden viele neue Erkenntnis- se über Nutzen und Risiken bewährter Arzneimittel gewonnen. Deshalb ist ei- ne umfassende und ständig aktualisier- te Information der Ärzte über die von ihnen verordneten Arzneimittel uner- läßlich.

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 20 vom 14. Mai 1986 (51) 1437

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