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Archiv "Fehlerhafte Multiple-choice-Fragen im Kreuzfeuer der Kritik (I)" (05.02.1981)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 6 vom 5. Februar 1981

Dieser Beitrag beschäftigt sich einge- hend mit dem zentralisierten, sch riftli- chen Prüfungsverfahren nach dem Multiple-choice-(Antwort-Wahi-Verfah- ren-)System, wie es mit der Approba- tionsordnung von

1970

für das Medi- zinstudium eingeführt wurde . Vor al- lem untersucht er kritisch die Arbeit des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (Mainz), das die Zusammenstellung des Prüfungsstoffes in Gegenstandska- talogen und die Formulierung der Prü- fungsfragen zu verantworten hat. Der Autor weist unter anderem nach, daß in zurückliegenden Prüfungsterminen eine leider nennenswerte Anzahl fehler- haft gestellter Fragen festzustellen war;

das hatte erhebliche Auswirkungen nicht nur auf die Bestehensquote, son- dern auch auf das Leistungsverhal- ten im weiteren Prüfungsverlauf selbst.

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Fehlerhafte

Multiple-choice-Fragen

im Kreuzfeuer der Kritik (I)

Rolf Buhl

ln der Diskussion, ob Multiple- choice-Prüfungen überhaupt geeig- net sind, die wesentlichen für eine Approbation zu fordernden Befähi- gungen in ausreichender Bandbrei- te zu erfassen, hat sich der Wind etwas gelegt:

~ Das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) stellt heute konsequenter und deutlicher als früher heraus, wo das Multiple-choice-(MG-)System seine Stärke hat und worin seine Be- grenztheit liegt. Affektiver und psy- chomotorischer Bereich werden entschieden in die gebliebene Ei- genverantwortung der Hochschulen verwiesen (dazu jüngst Prof. Gebert als Abteilungsleiter im IMPP in: Der Internist 1980, S. 136-142).

~ Wer für eine möglichst klinikna- he Ausbildung mit dementsprechen- den Prüfungsformen plädiert, hat mehr oder weniger zähneknir- schend angesichts der Studenten-

zahlen die auf den kognitiven Be-

reich begrenzte MG-Prüfung als der- zeit einzig praktikabel "geschluckt"

und sieht lediglich für den 111. Prü- fungsabschnitt berechtigte Hoff- nung auf Veränderung der jetzigen Prüfungsform.

Statt dessen ist ein gewaltiger Sturm der Diskussion und des Protestes aufgekommen über die Art und Wei- se, wie das MG-Verfahren insbeson-

dere im Blick auf die auch formale Qualität der Fragen vom IMPP der- zeit gehandhabt wird. Geradezu ex- . piesionsartig sind die verwaltungs- gerichtlichen Klagen wegen fehler- hafter Fragen angestiegen. Das war in der bisher sechsjährigen Ge- schichte der Medizinerprüfung nach MG-Strickmuster keineswegs von Anfang an so. Die Anzahl von ent- sprechenden Klagen hielt sich zu Anfang durchaus in Grenzen. So stellte das IMPP 1976 nicht ohne Stolz fest: "Die Anzahl der Verfah- ren, die Auseinandersetzungen über die Inhalte der Prüfungsaufgaben zum Gegenstand haben, ist entge- gen verschiedentlich geäußerten Befürchtungen sehr gering, was si- cherlich auch auf das ... außeror- dentlich sorgfältige Erstellen der Prüfungsfragen zurückzuführen ist"

(IMPP: Aufgaben. Entwicklung. Ana- lysen, 1976, S. 47).

Aber schon Ende 1977 wurde das damals begonnene Überlassen der Prüfungshefte - bezeichnenderwei- se - mit Argwohn begleitet: "Wir werden in der Zukunft sehen, ob sich damit die Prozeßfreudigkeit de- rer erhöht, die das Examen erfolglos unternommen haben" (Kraemer, Di- rektor des IM PP, in DÄ 1978, S. 259).

Im Sommer 1979 war die kritische Schwelle erreicht. Anläßlich einer fünfjährigen Bilanz der MG-Prüfun- gen formulierte Dr. Kraemer als Überschrift: "Prozeßfreudigkeit bei 239

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Kritik an Multiple choice

den Studenten steigt" (in: Der Prak- tische Arzt 1979, S. 3670). Sichtlich eine andere „Freudigkeit" als die, die das IMPP den Studenten nach den ersten Prüfungen 1974 beschei- nigte. Damals hieß eine entspre- chende Überschrift: „Studenten zeigten Entscheidungsfreudigkeit und Selbstsicherheit" (Kraemer, DÄ 1974, S. 378). Wir werden auf diese Kriterien erwünschten studenti- schen Verhaltens in der Prüfung noch ausführlicher zurückgreifen müssen. Vorerst sei festgehal- ten: Entscheidungsfreudigkeit und Selbstsicherheit werden untergra- ben, wenn fehlerhafte Fragen eine eindeutige Entscheidung für eine bestimmte Antwort nicht zulassen und dann Verunsicherung, die um sich greift, auslösen.

Schon der von Kraemer gewähl- te Begriff „Prozeßfreudigkeit" ver- deckt und verharmlost den Kern da- hinterstehender Probleme betroffe- ner Studenten und weist mehr auf die selbstsichere Haltung des IMPP solchen Klagen gegenüber hin.

Auch wird mit dem Hinweis Krae- mers, daß das IMPP bisher nur in einem Fall rechtskräftig unterlegen sei (Kraemer in: DÄ 1980, S. 549), bei einem ansonsten uninformiert ge-

lassenen Leser der Eindruck er- weckt, als seien die in solchen Pro- zessen zum Tragen kommenden Be- anstandungen nicht nur faktisch aussichtslos, sondern auch in ihrem Kern unbegründet.

Dieser Eindruck wird bestärkt, wenn der Leser von IMPP-Veröffentlichun- gen erfährt, was sich das IMPP ger- ne von namhaften auswärtigen Insti- tutionen im Blick auf die Fragenqua- lität und deren Sicherung bescheini- gen läßt:

„Nach Auskunft des Europäischen Regionalbüros der WHO werden in keinem Land, in dem Multiple- choice-Examen abgehalten werden, derart viele ,Kontrollfilter` einge- setzt, bevor eine Frage an den Stu- denten gelangt" (Kraemer in: Fort- schritte der Medizin Jg. 92, 1974, S.

304). „Das Zentrale Institut darf fest- stellen, daß der qualitative Standard der Examensfragen heute nach 5 Jahren dem Niveau der Prüfungsfra- gen in den USA vergleichbar ist, wo diese Arbeit seit mehr als 30 Jahren geleistet wird. Die WHO in Europa und das National Board in Philadel- phia haben uns dieses Ergebnis un- serer Arbeit inzwischen bestätigt"

(Kraemer in: Der Praktische Arzt 1979, S. 3575).

Diesem Eindruck, daß immer mehr Studenten mit doch erheblichem fi- nanziellen und zeitlichen Aufwand so ohne Grund gegen hinreichend gut formulierte Prüfungsfragen auf dem Weg der Klage vorgehen, ist nun aber entschieden zu widerspre- chen. Es ist höchst ärgerlich, daß nicht der Bericht des IMPP im Fe- bruarheft 9 des DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATTES über den Hintergrund der massiven Kritik an Fragen der Herbstprüfungen 1979 offen Stel- lung nimmt, sondern nur die Prozeß- zahl von 40 und die Zahl der Wider- spruchsverfahren von 120 als Ein- stieg in den Klageweg nennt. Erst eine Spiegel-Veröffentlichung (Osterausgabe) bringt die Spitze des Eisbergs der Kritik ans Licht. Die vom IMPP betonte bisherige Erfolg- losigkeit von nahezu 100 Prozent bei studentischen Klagen gegen fehler- hafte Fragen hat weniger mit einer gediegenen Fragenqualität zu tun als mit der geübten Rechtspraxis auf dem Gebiet der gerichtlichen Über- prüfung von Prüfungsentscheidun- gen, wie in Teil III ausführlicher zu zeigen sein wird.

Bevor im einzelnen auf wesentliche Ursachen, Häufigkeit und Konse- quenzen fehlerhaft gestellter Fragen eingegangen wird, seien im folgen- den aus dem II. und III. Prüfungsab- schnitt Herbst 1979 einige solcher Fragen beispielhaft vorgestellt und kurz kommentiert, um einen kurzen Einblick zu ermöglichen. Nicht zu- letzt deswegen, um auch den letzten

„ungläubigen Thomas" sich vom lei- der reichlichen Vorhandensein sol- cher Fragenmißgeburten überzeu- gen zu lassen.

Fehlerformen gestellter MC-Fragen Schon einfachste Fehler bei der Ex- amenszusammenstellung rutschen trotz „Kontrollfilter" durchs Netz.

Ausdrücklich schreibt das IMPP in Übereinstimmung mit Grundforde- rungen der einschlägigen Testlitera- tur: „Aufgaben, die einen identi- schen Sachverhalt abfragen oder auch unter Umständen Lösungshin- weise auf andere Fragen enthalten, werden aus der ersten Auswahl eli-

Beispiel a

II. Teil, 1. Tag, Aufl. B, Frage 84 Welche Aussage trifft nicht zu?

Die Stomatitis aphthosa (Gingivostomatitis herpetica) a) befällt überwiegend Kleinkinder

b) heilt innerhalb von 7-20 Tagen ab

c) ist Ausdruck der Erstinfektion mit Zoster-Varizellen, Zoster/Varizellen- Virus

d) verläuft unter Fieber, Abgeschlagenheit und Erbrechen e) bewirkt eine schmerzhafte Schwellung der Mundschleimhaut

Beispiel b

II. Teil I, B 80

Welche Aussage trifft nicht zu?

Stomatitis aphthosa

a) ist die Folge einer Herpes-zoster-Infektion

b) verursacht schmerzhafte oberflächliche Schleimhautdefekte im Mund c) führt zur regionalen Lymphknotenschwellung

d) ist innerhalb der Familie auf andere Kinder leicht übertragbar e) beeinträchtigt das Allgemeinempfinden von Kleinkindern stark

240 Heft 6 vom 5. Februar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Kritik an Multiple choice

miniert" (IMPP: Aufgaben . S. 73).

Gleich zweimal wird diese soge- nannte stochastische Unabhängig- keit der Fragen im II. Prüfungsab- schnitt Herbst '79 nicht beachtet:

Beispielpaar a/b und eine weitere offensichtliche Doublette, bei der je- weils anzukreuzen war, daß sich Colchizin zur Behandlung eines Gichtanfalls eignet. Ohne zusätzli- ches Wissen ist die Beantwortung der jeweils anderen Frage klar. Das nahe Zusammenstehen der Fragen- paare im Prüfungsheft unterstützt dies noch. Wer aber den Sachverhalt nicht wußte, der hatte jeweils eine Chance weniger als ihm zustand, um die für das Bestehen erforderliche Punktmenge zu sammeln.

Auch wenn in der Testliteratur im- mer wieder eindringlichst davor ge- warnt wird, Lehrbuchtexte nahezu wörtlich beziehungsweise mit nur geringen Abänderungen (zum Bei- spiel um die Aussage falsch zu ma- chen) zu übernehmen, so geschieht das immer wieder, wie in Beispiel c.

Hierbei auch noch so, daß je nach dem zugrunde gelegten Lehrbuch doch wohl falsch abgeschrieben wurde, so daß die Beantwortung buchstäblich zwischen den vorgege- benen Möglichkeiten hängenbleibt.

Jenseits des Gelernten gilt beim

„Kreuzeln" wie so oft: Im Zweifels- falle ist eine mehr richtig oder eben alle — wie in diesem Falle. Zugleich macht das Beispiel deutlich, daß der Forderung nach Überprüfung der Fragen an gängigen Lehrbüchern doch offensichtlich nicht mit der entsprechenden Sorgfalt Rechnung getragen wird. Ein kleines, von ei- nem Mainzer (!) Dermatologen ge- schriebenes Kompendium bietet den Fragetext — sogar in der Reihen- folge — quasi im Wortlaut, das renommierte Lehrbuch von Format und Fülle bietet dick gedruckt nur drei Möglichkeiten.

Das Beispiel d) repräsentiert einen der häufigsten Fehler: Nicht nur wie vorgesehen eine einzige Alternative stellt sich als richtig heraus. Für wel- che soll sich der beides wissende Prüfungskandidat entscheiden, um mit einem Punkt rechnen zu kön-

nen? Wer „nur" Harnack gelesen hat, kreuzt ABO an, wer das einschlä- gige Lehrbuch der Hämatologie ge- lesen hat, für den ist auch noch eine weitere Alternative richtig. Der so oft vom IMPP benutzte Rückzug auf die dann „beste" Lösung greift hier nicht. Beides wird ausdrücklich zu den Neugeborenenerkrankungen gerechnet, und für beide werden Ku- gelzellen zu den erwähnenswerten klinischen Merkmalen gezählt. Auch der Rückzug darauf, daß Kugelzel- len nur für ABO-Unverträglichkeit beweisend sind, kann nicht geltend gemacht werden, da nach dem Be- weis nicht gefragt ist.

Zudem gibt die Frage bei näherem Hinsehen noch zu erkennen, daß der ursprüngliche Fragensteller offen- bar nach mehreren Erkrankungen gefragt hat (welchen und nicht wel- cher). Die Frage könnte ursprüng- lich durchaus für einen anderen Fra- getyp formuliert gewesen sein, an der im Revisionsfilter gebastelt wor- den ist, bis jetzt diese systemwidrige Frage dabei herauskam.

Bei der Häufigkeitsverteilung der rheumatischen Klappenfehler (Bei- spiel e) bieten sehr viele Lehrbü- cher keine Anhaltspunkte zur Häu- figkeitsdifferenzierung in der gefor- Beispiel c

II. Teil, 1. Tag, Aufl. B Frage 159

Die Infektion des Hautorgans mit Mykobakterien kann erfolgen 1) exogen

2) per continuitatem 3) lymphogen 4) hämatogen a) nur 1 ist richtig b) nur 2 und 3 sind richtig c) nur 1, 2 und 3 sind richtig d) nur 2, 3 und 4 sind richtig e) 1-4 = alle sind richtig

Nasemann/Sauerbrey: Lehrbuch der Hautkrankheiten und venerischen Infektionen 2.

Aufl. 1977, S. 94, 3. Aufl. 1979, S. 96: „Die Infektion des Hautorgans durch Mykobakterien kann sich auf drei Wegen vollziehen: hämatogen, auf dem Lymphwege und exogen."

Körting: Dermatologisches Grundwissen 1973, S. 66: „Die tuberkulösen Erkrankungen des Hautorgans ... entstehen durch exogene Infektion, per continuitatem, schließlich durch lymphogene oder hämatogene Herdsetzung."

Steigleder: Dermatologie und Venerologie 1. Aufl. 1975, S. 313: „Die Infektion der Haut mit Tuberkelbakterien geschieht entweder auf dem Blutwege, dem Lymphwege oder auch exogen durch Inokulation."

Beispiel d

II. Teil 1. Tag, Aufl. B. Frage 51

Bei welchen der folgenden Erkrankungen im Neugeborenenalter treten Kugel- zellen auf?

a) Rh-Inkompatibilität

b) toxisch-hämolytische Anämie c) Morbus haemorrhagicus neonatorum d) ABO-Inkompatibilität

e) materno-fetale Transfusion

v. Harnack: Kinderheilkunde 4. Aufl. 1977, S. 36: Dort ist nur bei ABO-Erythroblastose als differentialdiagnostische Besonderheit „Kugelzellen" angegeben.

E. Kleihauer: Hämatologie 1978

S. 506 zur ABO-Unverträglichkeit: „Ein charakteristisches Zeichen im Blutausstrich sind Sphärozyten"

S. 514/515 zu toxisch-hämolytischen Anämien, zu denen er die hämolytische Heinzkör- peranämie zählt:

„Der Krankheitsbegriff umfaßt hämolytische Anämien bei Früh- und Neugeborenen ...

Im Blutbild finden sich morphologische Veränderungen in unterschiedlich schwerer Ausprägung mit Anisozytose und Poikilozytose. Neben Kugelzellen sind oft ... Bewei- send ist der Nachweis von Heinzkörpern.'

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 6 vom 5. Februar 1981 241

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Kritik an Multiple choice

derten Form. Meist heißt es nur: Mi- tralfehler sind am häufigsten. Am ausführlichsten äußert sich das Lehrbuch Gross-Schölmerich. Aber selbst wer den Text vor sich hat, mußangesichtsder in der Frage vor- gegebenen Antwortalternativen zum Taschenrechner greifen und kommt auch dann nicht eindeutig zu einem ankreuzbaren Ergebnis.

Mit Beispiel f) läßt sich ein Fehler demonstrieren, der darauf beruht, daß sich Fragenstamm und Antwort- alternativen nicht entsprechen. Es ist nach einer nicht indizierten The- rapieform gefragt. Bekanntlich ist ei- ne Balintgruppe aber gar keine The- rapieform, sondern eine Fallbespre- chungsgruppe für Therapeuten.

Deswegen wurde diese Alternative von vielen als schon vom Prinzip her falsch ausgeschlossen. Da aber nach einer nicht indizierten Thera- pieform gefragt war, haben viele die schlechteste aus den verbliebenen Therapieformen angekreuzt: "Psy-

Beispiele

II. Teil, 1. Tag Aufl. B Frage 14 Welche Aussage trifft zu?

chopharmaka", was sicherlich gu- ten Sinn hat. Viele mögen sich über so viel kritische Distanz angehender Ärzte zu Psychopharmaka freuen, das IMPP aber wollte trotzdem nur die "Nicht-Therapieform" Balint- gruppe gelten lassen trotz System- widrigkeit.

Diese Fehlerform wird übrigens im Fachjargon der Testtheorie "Kängu- ruh" genannt auf Grund des Para- digmas, an dem diese Fehlerform unvergeßlich deutlich gemacht wor- den ist: Von welchem Insekt wird die afrikanische Schlafkrankheit über- tragen? a) Moskito, b) Termite, c) Tsetsefliege, d) Känguruh (G. F.

Seelig: Zur Aufgabenstellung bei ob- jektivierten Leistungsprüfungen, in:

Tests in der Schulpraxis, hrsg. von K. H. lngenkamp, Weinheim 1971.

s.

82)

Die Beispiele g) und h) - vgl. Seite 243 -sollen jenseits der Frage nach ihrer Beantwortbarkeit zeigen, wie

Häufigste Spätfolge einer Endocarditis rheumatica ist a) Pulmonalstenose

b) Aortenstenose

c) kombiniertes Aortenvitium d) kombiniertes Mitralvitium e) kombiniertes Aorten-Mitralvitium

Gross/Schölmerich: Lehrbuch der Inneren Medizin 5. Auf!. 1977, S. 280/81

"2. Verteilung rheumatischer Klappenfehler: Die einzelnen Klappenfehler des Herzens sind in unterschiedlicher Häufigkeit anzutreffen. Isolierte Mitralklappenfehler machen etwa die Hälfte aller rheumatischen Klappenfehler aus, isolierte Aortenklappenfehler etwa 20%. ln 30% liegt eine Kombination von Aorten· und Mitraliehlern vor ... Unter den Mitralklappenfehlern sind 50% reine oder überwiegende Mitralstenosen, die damit V.

aller rheumatischen Klappenfehler ausmachen. 20% entfallen auf reine oder überwie- gende Mitralinsuffizienz, 30% stellen eine Kombination von Mitratstenose und Mitral- insuffizienz dar (Abb 12.1)."

Beispiel f

111. Teil Frage 79 Aufl. A

Eine 53jährige Frau kommt wegen starker phobischer Ängste, Magenbe- schwerden und einer quälenden Aerophagie in Behandlung. Die Beschwerden bestehen in wechselnder Intensität seit ca. 25 Jahren, sind aber jetzt nach der Verselbständigung des letzten Kindes erneut sehr stark aufgetreten.

Welche Therapie ist nicht indiziert?

a) Psychopharmaka b) Balintgruppe

c) konfliktorientierte Gesprächstherapie d) stützende Gespräche

e) Selbsthilfegruppe

242 Heft 6 vom 5. Februar 1981

DEUTSCHES ARZTEBLATT

der Problembereich psychosomati- scher Erkrankungen nicht selten in MG-Manier "verbraten" wird und da- mit durchaus ein höchst uner- wünschter Beitrag zum spöttischen Belächeln dieses wichtigen, aber an- sonsten so unterrepräsentierten me- dizinischen Bereichs beigesteuert wird. Typischerweise sind in frühe- ren Prüfungen Fragen ähnlichen Ka- libers aus dem Bereich heilprakti- scher Behandlungsmethoden ge- stellt worden (vergleiche DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT, Heft 43, 1979, S. 2835).

Die hier vorgestellten Fragen sind ausgewählt worden, weil deren Feh- lerhaftigkeit am schnellsten deutlich zu machen ist. Das Spektrum der vorgestellten Fragen ließe sich leicht um ein Vielfaches erweitern. Alle- samt mindern sie für den einzelnen seine Bestehenschancen.

~ Nicht vorgestellt sind Fragen, bei denen Lehrbücher den Ausschluß einzelner Antwortalternativen gar nicht ermöglichen, weil diesbezüg- lich nichts vermerkt ist. Wo läßt sich schon nachlesen, ob die Tuberculo- sis cutis verrucosa ihren Erkran- kungsgipfel im Schulalter hat. Da auch noch die Alternative "Keine der Aussagen trifft zu" vorgegeben war, reicht auch ein Wissen über die an- deren drei Alternativen bei insge- samt fünf nicht zum Ausschluß aus.

Tolerierbare Zumutung? Immerhin wurden im II. Teil siebenmal Fragen mit Altershäufigkeitsgipfel als Ant- wortalternative verwendet, ein be- quemer Ausweg, um die oft mühsam erreichbaren insgesamt fünf Ant- wortvorgaben aufzufüllen. Braucht man eine Falschantwort, setzt man das Lebensalter ein, was die gering- ste Häufigkeit aufweist und umge- kehrt. Ob die wesentlichen Studen- tenlehrbücher entsprechende Anga- ben deutlich enthalten, bleibt offen- sichtlich ungeprüft.

~ Nicht vorgestellt sind die Fragen, bei denen unterschiedliche Lehr- meinungen zum Beispiel verschie- dene Therapieformen für die beste Möglichkeit halten. Gerade dieser Anteil fehlerhaft gestellter Fragen hat sich mit dem Versuch des IMPP,

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klinikbezogenere Fragen zu entwik- keln und einzusetzen, erheblich ver- größert.

~ Nicht vorgestellt sind auch in die- sem Zusammenhang zu nennende Fragen, bei denen nach der besten Antwort gefragt ist, diese aber aus der Perspektive durchaus renom- mierter Lehrmeinungen gar nicht als eine der Antwortalternativen vorge- geben ist, so daß der Examenskandi- dat gezwungen ist, aus den nach seinen lehrmeinungsbezogenen Kenntnissen weniger gut geeigneten Therapieformen die davon "beste"

herauszusuchen!

~ Nicht vorgestellt sind die vielen Fragen, die im Anschluß an Bildma- terial gestellt wurden und zum Teil von ihrem Informationsgehalt her die geforderten Entscheidungen nicht zuließen.

Nach oben Dokumentiertem wun- dert es deshalb nicht, daß zum II.

Teil mit seinen 580 Fragen zu über 20 Fragen Stellungnahmen von an- gesehenen Hochschullehrern abge- geben worden sind, daß die entspre- chenden Fragen in der vorliegenden Form keine eindeutige Beantwor- tung zulassen. Der entsprechende Anteil des 111. Teils mit seinen 180 Fragen beträgt knapp 20 durch Stel- lungnahmen gestützte Nachweise von Fehlern in Fragen. Da heißt es dann:

C> "Auch ich möchte Sie in Ihrer

Meinung unterstützen, daß die Ant- wort B genauso richtig ist wie die Antwort A" (Prof. Dr. Willms als Lei- tender Arzt der Fachklinik für Diabe- tes und Stoffwechselkrankheiten Bad Lauterbach zu einer Diabetes- trage).

C> "Hier ist sowohl die Lösung A)

als auch die Lösung E) möglich"

(Prof. Dr. P. Thurn als Direktor der Radiologischen Klinik der Uni Bonn zu einer Frage im Anschluß an ein Röntgenbild).

C> "Ich bin der testen Überzeugung,

daß die Frage in der angeführten Form nicht zu beantworten ist"

(Prof. Dr. H. Tscherne als Chef der

Beispiel g

Spektrum der Woche

Aufsätze ·Notizen

Kritik an Multiple choice

II. Prüfungsabschnitt Aufl. B, 1. Tag Frage 98

Der Kern der psychedynamischen Problematik von Patienten mit Colitis ulce- rosa ist die Fixierung in der ödipalen Entwicklungsphase,

weil

Patienten mit Colitis ulcerosa durch unbewußte sexuelle Phantasien an die Mutter gebunden sind und damit verknüpfte Strafängste abwehren.

Beispiel h

II. Prüfungsabschnitt Aufl. B, 1. Tag Frage 95

Latente Versorgungswünsche und überkompensatorische Aktivität sind typi- sehe Merkmale bei "pseudounabhängigen" Patienten mit Ulcus duodeni,

weil

latente Versorgungswünsche und überkompensatorische Aktivität dem Ulkus- kranken zur Abwehr der typischen unbewußten Kastrationsängste dienen.

Antwort Aussage 1

A richtig

B richtig

c

richtig

D falsch

E falsch

Unfallchirurgischen Klinik der Uni Hannover zu einer inzwischen schon berühmt-berüchtigten Frage nach der Behandlung eines unkomplizier- ten Kahnbeinbruchs).

Die Liste der Hochschullehrer, die freundlicherweise bereit waren, sich der Mühe einer Stellungnahme zu unterziehen, rekrutiert durchweg aus Spezialisten des jeweiligen Fachgebiets, aus dem die Frage stammt. Oft sind es Chefs der jewei- ligen Uniklinik oder eines der Lehr- krankenhäuser. Aber auch Wissen- schaftler aus dem Ausland wie der Präsident der AG-International, Prof. Dr. H. Willenegger aus Bern, waren zu einer Stellungnahme bereit.

Zusammengenommen ergibt sich durchaus eine respektable Sachver- ständigenkommission, die der vom IMPP berufenen in keiner Weise an Sachverstand nachsteht (auch wenn das IMPP sich in Gerichtsverhand- lungen dazu versteigt, allen Ernstes zu behaupten, daß z. B. das Chir- urgiebuch Heberer!Tscherne in be- zug auf den strittigen Sachverhalt als überholt anzusehen sei, oder

Aussage 2 Verknüpfung

richtig richtig

richtig falsch

falsch -

richtig -

falsch -

gar, Prof. Tscherne hätte wohl das zugehörige Röntgenbild unzulässi- gerweise bei seiner Stellungnahme nicht angesehen).

Sind nun angesichts der aufgezeig- ten Sachlage nicht nur einige weni- ge, sondern eine beachtliche Anzahl fehlerhafter Fragen zu konstatieren, so steht es dem IM PP meines Erach- tens schlecht an, dies nicht als einen der zur Zeit hauptsächlich geübten Kritikpunkte ottenzulegen. Damit würde allererst eine offene Diskus- sion mit der Möglichkeit zu kon- struktiver Kritik ermöglicht. Solange der Nachweis fehlerhafter Fragen erst mühsam gegen den vehemen- ten Widerstand des IMPP erstritten werden muß, bleibt für Weiteres kaum Raum, ganz zu schweigen da- von, daß die Gesprächsatmosphäre dadurch nicht unerheblich vergiftet wird.

e

Wird fortgesetzt

Anschrift des Verfassers:

cand. med. Rolf Buhl Kronenstraße 2 5600 Wuppertal 2

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 6 vom 5. Februar 1981 243

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