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Archiv "Konstruktive Systemkritik" (23.10.1975)

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Die Information:

Bericht und Meinung

Mechanismen für die Kostensteuerung

die Presse durch anhaltende Appelle an das Anspruchsdenken der Versicherten,

I> die Versicherten durch Inan- spruchnahme aller gesetzlichen Möglichkeiten und

I> die Ärzte durch ständigen Aus- bau ihres Leistungsangebotes die Sozialversicherung vor ständig neue Aufgaben und damit auch vor ständig wachsende finanzielle Be-

lastungen gestellt.

Die Anwendung aller Fortschritte der Medizin für alle in dieser Ge- sellschaft ist schon heute weder personell noch technisch machbar.

Auch in der Weiterentwicklung der Krankenversorgungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland müs- sen Prioritäten gesetzt werden. Die Politiker können sich an der Aufga- be, Steuerungsmechanismen für die Weiterentwicklung der Kosten im Gesundheitswesen zu entwik- keln und in das System einzubau- en, nicht weiterhin vorbeidrücken.

2. Eine Selbstbeteiligung in Form einer „Inanspruchnahmegebühr", wie sie seinerzeit bei den Reform- vorstellungen des Bundesarbeits- ministers Blank eine entscheiden- de Rolle gespielt hat, erscheint nach wie vor unzweckmäßig, und zwar weil

I> die Hinderung eines Zugangs zum Arzt der Förderung der Prä- vention strikt widerspricht,

I> diese Form einer „Selbstbeteili- gung" zu spät einsetzt, nämlich die Eigenverantwortlichkeit erst dann einschaltet, wenn bereits Krank- heitssymptome auftreten.

3. Im Rahmen des Sachleistungs- systems hat sich der Großversuch einer genormten Beitragsrückge- währ

nicht

bewährt.

4. Innerhalb des Sachleistungssy- stems erscheint eine zusätzlich zu den Beiträgen erhobene sozial ge- staffelte Eigenbeteiligung der Ver- sicherten vertretbar

• bei der Versorgung mit Arzneien und sonstigen Heil- und Hilfsmit- teln,

• beim Zahnersatz,

• bei der Krankenhausbehandlung in Höhe der ersparten Verpfle- gungskosten im eigenen Haushalt und

bei Kuren.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Eigenbeteiligung bei der Krankenhausbehandlung auch so- ziale Härten bringen kann, weil vielfach die ersparten Verpfle- gungskosten dadurch ausgegli- chen werden, daß häusliche Mehr- aufwendungen gemacht werden

ZITAT

Konstruktive Systemkritik

„Da mit Maßhalteappellen kaum etwas auszurichten ist, müssen wir uns — wozu der Liberale ohnehin neigt — auf die Tugend der konstruktiven Systemkritik besinnen. Dazu gehört auch, die Gewichte zwischen Solidarhaftung und Individualverantwortung bes- ser zu verteilen." (Wolfgang Mischnick am 22. März 1975 in Norderstedt).

müssen, um Haushaltsfunktionen auszugleichen, die der stationär Behandelte im eigenen Haushalt normalerweise innehat.

Die Eigenbeteiligung bei Zahner- satz und bei Kuren erscheint da- gegen auch zur Erreichung der Ausgabenzwecke der Sozialversi- cherungsträger in diesem Bereich durch Einschaltung der Selbstver- antwortung dringend erforderlich.

Die Kosten für Kuren im Ausland sollten nicht mehr getragen wer- den. Das Limit für die Rezeptge- bühr könnte verdoppelt werden.

5.

Die Wahlfreiheit, insbesondere bei den freiwillig Versicherten zwi- schen dem Sachleistungssystem

mit voller Kostendeckung — ohne

jede Selbstbeteiligung — mit ent- sprechend hohen Beiträgen und ei- ner Kostenerstattung mit Mindest- und Höchstgrenzen der Eigenbetei- ligung sowie entsprechend niedri- gen Beiträgen, müßte so konzipiert werden, daß dadurch keine Entmi- schung der guten und schlechten Risiken zu Lasten der Sozialversi- cherung erfolgt. Bei der Erarbei- tung entsprechender Modelle muß erwogen werden, inwieweit Zusatz- versicherungen — wie sie auch jetzt üblich sind — der privaten Krankenversicherung ausschließ- lich überlassen bleiben sollten.

Wenn Wahlfreiheiten vom Sachlei- stungssystem zum Kostenerstat- tungssystem gesetzlich eingeführt werden, kann sichergestellt wer- den, daß dem Sozialversicherten im Kostenerstattungssystem keine höheren ärztlichen Gebühren in Anrechnung gebracht werden, als den Ärzten gleichzeitig für ver- gleichbare Sozialversicherte im Sachleistungssystem gezahlt wird;

davon unberührt bleiben etwaige Mehrleistungen, die durch private Zusatzversicherungen abgedeckt werden können.

6. Es muß geprüft werden, ob ana- log dem Verfahren bei der Kfz- Haftpflicht eine limitierte Selbstbe- teiligung pro Jahr eingeführt wer- den kann bei gleichzeitiger Sen- kung der Beiträge für diesen Per- sonenkreis. Die Beitragssenkung sollte sich ausschließlich bei den Arbeitnehmern, nicht aber auch im Arbeitgeberanteil auswirken. Die erste Inanspruchnahme müßte ebenso wie jede Früherkennungs- untersuchung beteiligungsfrei blei- ben. Der Begriff der Erstinan- spruchnahme muß klar definiert werden, z. B. als „Erste Inan- spruchnahme innerhalb eines Quartals bei der gleichen Krank- heit".

7. Es ist auf die Dauer nicht zumut- bar, daß diejenigen, die sich ge- sundheitsbewußt verhalten, mitbe- zahlen müssen, was an Kosten von denjenigen verursacht wird, die ihre Gesundheit in unverantwortli- cher Weise strapazieren. Es ist zu

2952 Heft 43 vom 23. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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