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Archiv "HIV-Infektion: Kinderwunsch und Schwangerschaft" (25.09.1998)

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ngesichts steigender Zahlen von Frauen mit HIV-Infek- tion, verbesserter Therapie- möglichkeiten und einer vertikalen Transmissionsrate von unter fünf Pro- zent werden Gynäkologen zunehmend von betroffenen Frauen zu den Mög- lichkeiten einer Schwangerschaft be- fragt. Dr. Ralph Kästner (München) sprach sich bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Psycho- somatische Geburtshilfe und Gynäko- logie in Mainz dafür aus, den Wunsch nach einem Kind als legitim anzuneh- men und der ambivalenten Patientin bei der Konfliktlösung Zeit zu lassen.

Obwohl die HIV-Krankheit heu- te mit einer deutlich verbesserten Pro- gnose einhergeht, reagiert die Gesell- schaft weitgehend mit Ablehnung und Ausgrenzung der Betroffenen – spezi- ell auch bei bestehendem Kinder- wunsch: Kosten für eine assistierte Befruchtung müssen die Paare in der Regel selbst übernehmen, sofern sie eine Klinik finden, die die Behand- lung übernimmt, oder aber nach Ita- lien fahren. In Deutschland wagt sich bisher nur das Mannheimer Univer- sitätsklinikum bei HIV-diskordanten Paaren (männlicher Part betroffen) an eine assistierte Fertilisation mit

aufbereiteten Spermien nach Kryo- konservierung und PCR-Testung.

Um die ethischen und juristischen Konsequenzen zu klären, wurde in Berlin zu dieser Problematik die Ethik- kommission eingeschaltet. Dr. Friede- rike Siedentopf (Berlin) wertete die assistierte Fertilisation bei HIV-diskor- danten Paaren als ethisch vertretbar – allerdings in Abhängigkeit von der individuellen Situation des Paares. Ist dagegen die Frau infiziert, scheint ein unausgesprochener Konsens zur Nicht- erfüllung des Kinderwunsches zu be- stehen – wenn keine natürliche Zeu- gung möglich ist. Ist die Konzeption be- reits erfolgt, drängen Gesellschaft und teilweise auch Ärzte auf einen Ab- bruch. Nach den Erfahrungen an der Münchener Universitäts-Frauenklinik sind Schwangerschaften bei HIV-infi- zierten Frauen nicht selten: Mehr als 200 Fälle überblickt das Team inzwi- schen, erklärte Kästner.

Mehr als die Hälfte wurden im Zusammenhang mit einer Gravidität eingewiesen, 14 Prozent aufgrund von Zyklusstörungen, acht Prozent zur Interruptio. Zwei Drittel der Frauen waren zwischen 20 und 30 Jahre alt.

A-2379

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 39, 25. September 1998 (31)

HIV-Infektion

Kinderwunsch und Schwangerschaft

Therapieverbesserungen und ein geringes Transmissions- risiko stellen die Gynäkologen vor eine neue Problematik.

A

Die Meldung, daß in Deutsch- land eine Frau wahrscheinlich durch HIV-infiziertes Sperma eines Spen- ders angesteckt wurde, wirft Fragen nach Kenntnis des Risikos und der Vermeidbarkeit auf (Lancet 1998;

351: 728). Hierbei ist nicht nur die Zeitspanne des diagnostischen Fen- sters (Zeit zwischen Infektion und Antikörperbildung) zu bedenken, die in der Regel zwei bis 14 Wochen betragen kann. HIV-Erreger im Sperma können nämlich auch mit nativem und kryokonserviertem Sperma übertragen werden, da nicht nur Spermien den Kryokonservie- rungsprozeß überleben, sondern auch Bakterien und Viren.

Die Richtlinien zur künstlichen Befruchtung, die 1990 vom Bundes- ausschuß der Ärzte und Krankenkas- sen erstellt worden sind, betreffen

ausschließlich die Maßnahmen der künstlichen Befruchtung unter Ehe- paaren. Sie besagen, daß beide Part- ner zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung HIV-negativ sein müs- sen. Zur heterologen Insemination fehlen hierzulande analoge Beschlüs- se, obwohl sich der Deutsche Ärzte- tag bereits 1970 und der Deutsche Ju- ristentag 1986 mehrheitlich für die Akzeptanz der therapeutischen Übertragung von Spendersperma bei Sterilität der Ehe und Infertilität des Mannes ausgesprochen hatten. Um diese Lücke zu schließen, hat der Ar- beitskreis für donogene Insemination zur sicheren Vermeidung einer Über- tragung von HIV-Erregern folgende Empfehlungen ausgesprochen:

1. Die Verwendung von fri- schem Spender-Sperma ist nicht zulässig.

2. Der Samenspender wurde vor der ersten Samenprobe auf HIV-Antikörper untersucht. Weite- re Kontrollen erfolgen in regelmäßi- gen Abständen alle sechs Monate.

3. Die donogene Insemination darf nur mit kryokonserviertem Sperma erfolgen, das eine Quarantä- nezeit von mindestens 180 Tagen ge- lagert wurde, wenn der Spender auch nach Ablauf der Quarantänezeit frei von HIV-Antikörpern geblieben ist.

Bezüglich der Vortestung der Ehegatten auf HIV-Antikörper for- dert die Richtlinie die „konsequente Einhaltung der Bestimmungen des Embryonenschutzgesetzes vom 13.

Dezember 1990 und der weiteren ge- setzlichen Bestimmungen“. Zu den Behandlungsgrundsätzen des Ar- beitskreises für donogene Insemina- tion gehört auch, daß die „gesetzli- chen und berufsethischen Bestim- mungen und Maßnahmen der künstli- chen Befruchtung . . . sinngemäß auch für die heterologe Insemination“ gel- ten. Prof. Dr. med. Erwin Günther

Strategien zur Vermeidung einer HIV-

Infektion bei heterologer Insemination

(2)

Beim Gespräch mit diesen Frauen ist generell ein klinischer Psychologe an- wesend, vier von zehn Frauen nehmen das Angebot einer regelmäßigen Be- treuung an.

Die Frauen schwanken bei der Beratung zwischen Furcht und Hoff- nung – Furcht vor einer Verschlechte- rung des Immunstatus, vor einem frühen Tod und vor einer Weitergabe der Infektion an das Kind. Anderer- seits ist diese Schwangerschaft viel- leicht die letzte Möglichkeit, „etwas“

von sich weiterleben zu lassen. Auf- grund dieser extremen Ambivalenz, aber auch der teilweise belastenden Vergangenheit der Frauen (broken home, sexueller Mißbrauch) rät Käst- ner zu verstärkter Zuwendung und Zeitgabe in der Beratung.

Seit in München die Graviden während Schwangerschaft und Geburt – primäre Sectio ohne Wehen – antivi- ral behandelt werden, nicht stillen und das Kind ebenfalls einer Medikation unterzogen wird, ist die vertikale Trans- missionsrate von über 20 auf unter fünf Prozent gesunken; infolgedessen ist die

Zahl der Abbrüche deutlich zurückge- gangen. Bei 25 Geburten nach diesem Schema ist kein Kind infiziert worden.

In einem Kooperationsprojekt der Zentren Berlin, Frankfurt, Hamburg, Mannheim und München wurde dank der Gefahrenminimierung nur eines von 98 Kindern HIV-positiver Mütter infiziert; möglicherweise ist über eine Kombinationstherapie eine Rate von einem Prozent zu erreichen.

Das Risiko ist bei optimaler Be- treuung damit zwar geringer als vor Jahren, aber bleibt bestehen. Deshalb wird nirgendwo eine Kinderwunschbe- handlung bei HIV-infizierten Frauen angeboten. Der Thematisierung dieser Problematik werden sich Ärzte, Paare und die Gesellschaft bei weiter anhal- tenden Therapieerfolgen für die HIV- infizierten Frauen und einer weiteren Reduktion des Transmissionsrisikos stellen müssen – und sich damit min- destens ebenso intensiv auseinander- setzen wie mit dem Kinderwunsch von Paaren, bei denen der Mann an einem fortgeschrittenen Karzinom er- krankt ist. Dr. Renate Leinmüller

A-2380

P O L I T I K MEDIZINREPORT

(32) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 39, 25. September 1998

Für Paare mit Kinderwunsch, bei denen der Mann HIV-infiziert ist, stellt die Insemination mit aufbereite- tem Sperma eine relativ sichere Me- thode dar. „Ein Restrisiko ist jedoch nicht völlig auszuschließen“, so Dr.

Augusto Semprini (Mailand) bei der 14. Jahrestagung der European So- ciety of Human Reproduction und Embryology in Göteborg. Semprini vertrat die Auffassung, eine weitere Minimierung durch den Einsatz der Mikroinjektion sei angesichts der ho- hen Kosten nicht vertretbar und nicht notwendig. Vor der Insemination überprüft er die aufbereiteten Sper- mien mit der NASBA-Methode, die HIV ab einer Untergrenze von 800 Kopien pro Milliliter nachweist.

Seit der Geburt des ersten nicht- infizierten Kindes mit Hilfe dieser Me- thode verzeichnet Semprini jährlich rund 5 000 Anfragen, und dies nicht nur aus Italien. Der Reproduktions- mediziner gab offen zu, daß der expe- rimentelle Beweis für die HIV-Inte-

gration in Spermien höchst kontrovers diskutiert wird. Bei den Patienten sei das Virus zwar im Keimepithel, nicht jedoch in Spermien selbst nachgewie- sen worden. Unbedingt notwendig vor der geplanten Therapie ist nach seinen Erfahrungen eine Sanierung des Geni- taltraktes, wo er zu 47 Prozent Infek- tionen feststellen konnte.

Bei inzwischen rund 500 Paaren und über 1 500 Inseminationszyklen konnte Semprini 224 Schwanger- schaften induzieren, dies entspricht einer Rate von 14 Prozent. Keines der 206 Kinder und keine der Mütter sei bei diesem Vorgehen HIV-infiziert worden, erklärte er in Göteborg. Er teilt den hilfesuchenden Paaren mit, daß ein gewisses Restrisiko bei dieser Methode nicht auszuschließen ist. „Es ist aber nachweislich sicherer als der zeitlich geplante Geschlechtsverkehr mit natürlicher Konzeption.“ Denn hierbei sind in einem Kollektiv von nur 100 Paaren immerhin vier Infek- tionen dokumentiert. Lei Anlagerung und Eintritt von HIV in die Zellen

des menschlichen Organismus:

HIV besitzt auf seiner Oberfläche zwei Glykoprote- ine, das extrazelluläre gp120-Molekül und das trans- membranäre gp41-Molekül.

a) Mit Hilfe des gp120-Moleküls „dockt“ HIV an den CD4-Rezeptor der humanen Zelle an.

b) Während der Interaktion mit dem CD4-Rezeptor erfährt das gp120-Molekül Konformationsände- rungen, die es einem Korezeptor der menschlichen Zelle erlauben, sich an HIV zu binden. Weitere Veränderungen führen zur Exposition des gp-41- Moleküls, welches die Fusion zwischen dem Virus und der Zellmembran initiiert.

c) Nach der Fusion tritt der Viruskern in das Zyto- plasma der menschlichen Zelle ein. Schema: Roche

Erfahrungen zur Insemination bei

HIV-infiziertem männlichen Partner

Referenzen

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