Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 50⏐⏐15. Dezember 2006 A3369
A K T U E L L
Ulla Schmidt wird sich dieses Jahr nur ein dünne Scheibe von der Weihnachtsgans abschneiden. Ohne Soße versteht sich. Auch Silvester gibt es nur Schonkost und höchs- tens einGläschen Sekt. Die Minis- terin ist nämlich auf Diät. Bis zum Sommer 2007 will sie ihren Body- Mass-Index auf unter 25 drücken – um ein Zeichen gegen den nationa- len Trend zur Verfettung zu setzen.
Ihre Abnehmerfolge dokumentiert Frau Schmidt täglich im Internet un-
ter www.bmg.bund.de. Auf den Sei- ten des Ministeriums ist aktuell auch zu sehen, wie ein Ernährungsberater den Bauchumfang der Ministerin misst.
Diese Meldung ist natürlich frei erfunden! Aber nicht so weit herge- holt, wie man denken könnte:
Ausgerechnet in Japan – also dem Land, in dem die Etikette eine so wichtige Rolle spielt – haben jüngst zwei der wichtigsten Gesund- heitspolitiker des Landes auf Fotos ihre nackten und übergewichtigen Bäuche gezeigt. Keizo Takemi und Noritoshi Ishida werben so für eine nationale Kampagne zum Kampf gegen die Fettsucht. Das Duo will mit gutem Beispiel vorangehen und in den kommenden sechs Monaten deutlich abspecken.
Der 1,66 Meter große Takemi wiegt derzeit 84 Kilogramm. Sein Kollege Ishida kommt bei 1,72 Me- ter auf 88 Kilogramm Körperge- wicht. Beide haben somit einen ge- sundheitsgefährdenden Body-Mass- Index von 30. Takemi will mindes- tens fünf Kilogramm binnen sechs Monaten abnehmen, Ishida sechs.
Ob dies gelingt, kann auf den In- ternetseiten des Gesundheitsminis- teriums verfolgt werden. Die beiden Politiker führen ein Online-Tage- buch, in dem sie regelmäßig über ih- re Maße berichten. Jens Flintrop
RANDNOTIZ
Jens Flintrop
Mit gutem Beispiel voran
Stalking-Opfer, die unter fortgesetz- ter Verfolgung, Belästigung und Be- drohung leiden, werden künftig strafrechtlich besser geschützt. Der am 30. November vom Deutschen
Bundestag verabschiedete § 238 StGB „Nachstellung“ führt Stalking als neuen Straftatbestand in das Strafgesetzbuch ein. „Stalking ist keine Privatsache, sondern strafwür- diges Unrecht. Wer solche Taten be- geht, den werden wir mit den Mit- teln des Strafrechts belangen“, be- tonte Bundesjustizministerin Brigit- te Zypries. Durch die Ergänzung des Haftgrundes der Wiederholungsge-
fahr soll es künftig auch möglich sein, gefährliche Stalking-Täter in Haft zu nehmen, um so „schwere Straftaten gegen Leib und Leben“ zu verhüten. „Stalker“ können künftig mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen.
Prof. Dr. Hans-Georg Voß, Insti- tut für Psychologie der Technischen Universität Darmstadt, begrüßt den neuen § 238: „Es erleichtert die Ver- folgung der Täter, weil die Beweis- last nicht mehr beim Opfer liegt.“
Auch die Möglichkeit, besonders hartnäckige Täter vorübergehend in
„Eskalationshaft“ zu nehmen, helfe den Opfern. Kritisch beurteilt er den Umstand, dass die Anzeige gegen den Verfolger nach wie vor vom Op- fer ausgehen muss. Besonders bei eingeschüchterten Frauen müsse die Anzeige auch von einer anderen Person, dem Frauenhaus oder einer Beratungsstelle gemacht werden können. Den Vorbehalten von Jour- nalistenverbänden setzt Zypries ent- gegen: „Wer sich presserechtlich korrekt verhält, läuft nicht Gefahr, als Stalker verurteilt zu werden.“
Der grundrechtlich geschützte Be- reich der Pressefreiheit werde nicht
kriminalisiert. PB
GESUNDHEITSDIENST
Ärzte für Gleichstellung
Der Bundesverband der Ärzte des Öf- fentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) fordert eine bessere Vergütung für die Ärzte im öffentlichen Gesundheits- dienst. Die neuen Tarifverträge für die Ärzte an den kommunalen Kran- kenhäusern und an den Universitäts- kliniken müssten auch für die Ärzte im ÖGD gelten. Anderenfalls werde es zu Schwierigkeiten bei der Gewin- nung und Erhaltung von ärztlichem Personal im ÖGD kommen, weil der Verdienst dort deutlich niedriger sei als im Krankenhaus, heißt es in einer Erklärung des Verbandes.
„Der ÖGD trägt mit seiner Arbeit wesentlich zu einer hohen Lebens- erwartung der Bevölkerung bei:
durch sauberes Trinkwasser, guten Impfschutz und Einhaltung einer
guten Hygiene“, betont der ÖGD- Vorsitzende Dr. med. Klaus Walter.
Dafür benötige der ÖGD auch in Zukunft gutes ärztliches Personal und nicht eine Garnitur zweiter Klasse, die aus der drohenden schlechteren Bezahlung resultieren werde. Walter: „Mit großer Sorge sehen wir eine Entwicklung, die den ÖGD auf das Abstellgleis führt.
Dem gilt es entgegenzutreten.“ JF
Besserer Schutz für die Opfer:
Gefährliche Stalker müssen künftig mit Haftstrafen rech- nen.
Mehr Geld für wertvolle Ar- beit:Die Ärzte im öffentlichen Ge- sundheitsdienst fordern eine An- lehnung an die Tarifverträge in Ländern und Kommunen.
Foto:ddp
Foto:dpa
STALKING