NACHRICHTEN
Politische Conförence
Eröffnung
des Oster-Kongresses Meran
„Die Kurverwaltung hat glaubwür- dig versichert, es könnte nur noch besser werden". Mit diesen auf das Wetter gemünzten Worten — seit sieben Uhr morgens schneite es — eröffnete Dr. med. Gerhard Jungmann, der Präsident der Ärz- tekammer Niedersachsens, am 20.
März den X. Meraner Oster-Fort- bildungskongreß der Bundesärz- tekammer. Mehrfach war an die- sem Vormittag von Jubiläen die Rede. So erinnerte Dr. Walter Frühauf, der Präsident der Mera- ner Kurverwaltung, daran, daß der Herbstkongreß gerade 25 Jahre alt geworden ist; der Osterkongreß hat inzwischen fast die gleiche Größe erreicht wie sein „älterer Bruder". Und Professor Dr. med.
Albert Schretzenmayr (Augsburg) erinnerte an ein in diesem Jahr bevorstehendes Jubiläum: Vor 25 Jahren begann in Grado die Zu- sammenarbeit der deutschen und der österreichischen Ärztekam- mern bei der Fortbildung — sie funktioniere seitdem hervorra- gend, obwohl es keinerlei „Staats- vertrag" darüber gebe. (Oder viel- leicht: weil?)
Ansonsten war bei dieser Veran- staltung vornehmlich von der Poli- tik und von den Steuern die Rede.
Der Präsident der Südtiroler Ärzte- kammer, Dr. med. Leo Schuster, brillierte wieder mit einer politi- schen Conförence: Es sei eine
„beachtliche" Leistung des Staa- tes, daß es anstatt 30 Prozent An- alphabeten heute 90 Prozent Aka- demiker gebe. Man könne sie nut- zen, indem man sie exportiere, so daß nicht mehr allabendlich gebe- tet zu werden brauche: „So ver- gebt uns unsere Schulden." Oder:
Es gebe in Meran und Bozen Kran- kenhausärzte, die bei ihrem Gehalt schwörten, daß es seit Jahren in Italien keine Inflation gebe (seit Jahren sind nämlich die Gehälter der leitenden Ärzte gestoppt).
Primarius Dr. Richard Piaty, der
Präsident der Österreichischen Ärztekammer, nahm die Stempel- uhren des Kongreßbüros zum An- laß seiner politischen Betrachtun- gen (über dieses durch ein Bun- desfinanzhofurteil angeregtes Te- stierverfahren hat das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT schon aus Badga- stein berichtet). Piaty forderte sei- ne österreichischen Kollegen auf, sich dieser Stempeluhren, die die physische (nicht die geistige!) Teilnahme an den Kongreßveran- staltungen dokumentieren, nicht zu benutzen — nicht etwa, weil das eigentlich unwürdig sei, sondern weil die Österreicher nicht ihrem Finanzminister noch „Eizef" (Rat- schläge) geben sollten. Übrigens hätte er solche Ratschläge auch gar nicht nötig — allein dadurch, daß die Kosten des Arztautos nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können, seien für viele Ärzte Mehrbelastungen zwischen 30 und 70 Prozent entstanden.
Piaty berichtete, daß sich die Österreichische Ärztekammer nur schweren Herzens entschlossen habe, der Aufnahme der Ärzte in die staatliche Pensionsversiche- rung der Selbständigen zuzustim- men: Eines der grundlegenden Kennzeichen der freien Berufe hätten die Ärzte in Österreich ver- loren — sie können nicht mehr aus eigener Kraft genügend Substanz für ihre Alters- und Hinterbliebe- nenversorgung ansammeln. Des- halb habe man das Angebot des Staates annehmen müssen.
Professor Schretzenmayr leitete schließlich zum Festvortrag von Dr. Gerhard Jungmann „Der Arzt als Gesundheitserzieher" über, in- dem er darauf hinwies, daß jedes Seminarthema einen gesundheits- erzieherischen Aspekt habe. Dr.
Jungmann zog eine Bilanz seiner jahrzehntelangen Erfahrungen in der Gesundheitserziehung. In in- stitutionalisierter Form ist sie weit- gehend wirkungslos, wirkliche Ge- sundheitserziehung ist Aufgabe jedes einzelnen Arztes im Ge- spräch mit seinem Patienten. (Der Festvortrag wird in Heft 14/78 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES veröffentlicht werden.) bt
Die Information:
Bericht und Meinung AUS DEN BUNDESLÄNDERN
NORDRHEIN-WESTFALEN
Große Anfrage zum öffentlichen
Gesundheitsdienst
In einer von der FDP für die Koali- tionsfraktionen des Landtages vorbereiteten Großen Anfrage wird Auskunft über die allgemeine Si- tuation, die Organisation und die
Funktionen des öffentlichen Ge- sundheitsdienstes in Nordrhein- Westfalen verlangt.
Unter anderem soll sich die Lan- desregierung dazu äußern, ob der öffentliche Gesundheitsdienst sei- ne Aufgaben noch ausreichend wahrnehmen kann, ob die Ge- sundheitsämter der Kreise und Städte noch als leistungsfähige Funktionseinheiten anzusehen sind und ob der öffentliche Ge- sundheitsdienst für Ärzte attrakti- ver gemacht werden kann, zum Beispiel durch die Möglichkeit der behandelnden Tätigkeit und durch mehr Teilzeitstellen. EB
Ärztehaus
in Ratingen-West eingeweiht
In der Satellitenstadt Ratingen- West wurde kürzlich ein Ärztehaus eingeweiht. In dem aus privater In- itiative errichteten Haus praktizie- ren Ärzte verschiedener Fach- gruppen in Einzel- oder Gemein- schaftspraxen nebeneinander.
Bisher haben in einer Gemein- schaftspraxis ein Internistenehe- paar, weiter ein HNO-Arzt, ein Frauenarzt, ein Augenarzt, ein Kin- derarzt, ein praktischer Arzt und ein Zahnarzt ihre Praxen aufge- nommen.
Zur Ergänzung des allgemeinärzt- lichen, fachärztlichen und zahn- ärztlichen Leistungsspektrums ist im Ärztehaus eine Massage-, Bä- der- und Saunaabteilung einge- richtet, ferner eine Apotheke und ein Optikergeschäft. DP
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 13 vom 30. März 1978 755