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Archiv "Die Leistung der Ärzte nicht nach Minuten messen!“ „Gespräch mit Präsident Dr. Rimpau“" (13.04.1978)

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Die Information:

Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

„Die Leistung der Ärzte nicht nach

Minuten messen!"

„Gespräch

mit Präsident Dr. Rimpau"

„In einem Festvortrag zum 25jähri- gen Bestehen der Hamburger Krankenhausgesellschaft beklagte der Eppendorfer Neurochirurg Prof. Rudolf Kautzky den Verlust an Humanität im Krankenhaus.

Auch Patienten beklagen sich re- gelmäßig darüber. Werden die Kli- niken immer mehr zu Gesund- heitsfabriken?

Dr. Arnold Rimpau: Wenn das Ge- sundheitswesen jetzt in zuneh- mender Weise von den Gesetzen der Wirtschaftlichkeit beherrscht

eranburg er Menüblatt

wird, ist die Entwicklung zur Ge- sundheitsfabrik nicht aufzuhalten.

Ich glaube aber, das Pendel schlägt wieder um.

Die Spezialisierung in der Medizin bringt es immer häufiger mit sich, daß der Patient im Krankenhaus zur Nummer wird, weil den Spezia- listen nur eng abgegrenzt die Krankheit interessiert, weniger der ganze Kranke. Wie steht es dabei um das Wohl des Patienten?

Gerade die Spezialisierung und Verfeinerung der diagnostischen und therapeutischen Methoden kommen dem Patienten zugute. Er wird schneller gesund. Vor einigen Jahren hat die Öffentlichkeit noch darüber geklagt, wir seien in der apparativen Ausstattung rückstän- dig im Vergleich zum ,großen Amerika' — die fabrikmäßige Abfer- tigung der Kranken drüben wollte jedoch keiner sehen. Wir haben dieses Beispiel der Staaten vor Au- gen und deshalb derartige Ver- hältnisse hier gar nicht erst einrei- ßen lassen. Aber wir müssen auch bei uns unterscheiden zwischen dem Hochleistungskrankenhaus

und dem Haus der Grund- und Re- gelversorgung. Im letzteren ist viel mehr Möglichkeit zum Gespräch und menschlichen Kontakt zwi- schen Ärzten, Pflegepersonal und Patienten gegeben. Die Spezialab- teilungen können sich nur um ihr Fachgebiet kümmern; die Ergeb- nisse laufen dann zusammen in der Abteilung, in der der Patient liegt und behandelt wird. Dort ist man um sein Wohl bemüht — das gilt für Schwestern, Stationsärzte und leitende Ärzte.

Durchschnittlich hat der Arzt im Krankenhaus täglich vier Minuten Zeit, um mit einem Patienten zu sprechen. Ist der chronische Zeit- mangel eine Ausrede, oder gibt es ihn tatsächlich 365 Tage im Jahr?

Wenn Sie mich nach mehr Huma- nität fragen, dann sollten Sie nicht mit Minuten-Wertungen ärztlicher Leistung in das Thema einsteigen.

Ich bestreite, daß ein Arzt so pau- schaliert beurteilt werden kann. Es gibt wie in jedem anderen Bereich Zeiten, in denen es drunter und drüber geht — ebenso, wie es ruhi- ge Tage gibt. Normen, wie Sie sie aufstellen, lehne ich für Ärzte ab, die ich hier in Hamburg vertrete.

Jeder nimmt sich so viel Zeit für seine Patienten, wie er braucht — es mag Ausnahmen geben, aber die bestätigen nur die Regel." Co

Krankenkasse kommt nicht für

Pkw-Kindersitz auf

„Der Dritte Senat des Bundesso- zialgerichts in Kassel hat entschie- den, daß die Krankenkassen nicht für normale Kindersitze in Autos aufzukommen brauchen. Das Ge-

Nina etaDtemeiger

richt wies darauf hin, daß der Kin- dersitz nicht als medizinisches Hilfsmittel anzusehen sei. Das gilt

auch für kranke und körperbehin- derte Kinder, für die im übrigen Leistungen der Krankenkasse ge- währt werden.

Beim Bundessozialgericht blieb deswegen die Klage eines Vaters aus Berlin erfolglos, der für seine an Haltungsschwäche leidende zwei Jahre alte Tochter einen Au- tokindersitz aus der Serienanferti- gung zum Preis von 140 Mark ge- kauft hatte und dafür von der Orts- krankenkasse das Geld zurückha- ben wollte. (AZ.: 3 RK 61 /77)" ap

Manager

im Gesundheits-Geschäft

„• Nach der Ölkrise von 1973 verloren viele Manager und Aka- demiker ihre Spitzenstellungen. In der Heilkunde konnten sie sich am schnellsten wieder eine Position aufbauen. Ein Kölner Diplom- Volkswirt, der sich 1974 als Heil- praktiker im Geschäftsviertel der Innenstadt niederließ, nutzte fol- gende Vorteile: 1. Schnellausbil- dung zum Heilpraktiker in einem

SAARBRÜCKER ZEITUNG

achtwöchigen Kursus. 2. Einfache Prüfung vor dem Gesundheitsamt.

Fachkenntnisse werden bei dieser Prüfung nicht gefordert. 3. Vor- übergehend gefallene Mietpreise für Geschäftsräume. 4. Hohe Kre- dite zu Niedrigzinsen wie niemals zuvor in der Nachkriegszeit. 5. We- gen Arbeitslosigkeit große Aus- wahl an geschultem Hilfs- und Pflegepersonal. 6. Wachsendes Gesundheitsbewußtsein in der Be- völkerung und die Bereitschaft, Geld für den Heilpraktiker auszu- geben. 7. Das gesunkene Ärzte- Image während des Streits um Ho- norare und Kostendämpfung.

Wenn Manager dieser Art in das Gesundheitsgeschäft einsteigen, dann kann man sie nicht mehr den Heilpraktikern alten Stils zuord- nen. Ihre Einrichtungen tendieren zur Bildung von Gesundheits-Ket- tenläden.

872 Heft 15 vom 13. April 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung Berufspolitisches Kolloquium

Aktuelle Gesundheits-

und Sozialpolitik — und die Folgen

Eine ganze Anzahl von Heilprakti- kern aus dem Umland von Ham- burg und München oder aus den Vororten von Berlin haben im letz- ten Jahr ,Zweigpraxen` in der City gegründet."

Dr. Herbert L. Schrader

„Milliardenirrtum"

„Ehrenbergs Geniestreich war nur von kurzer Wirkung. Am 14. Janu- ar 1977 verkündete er den stau- nenden Journalisten in Bonn, die Bundesanstalt für Arbeit in Nürn- berg solle ab 1979 für die Arbeits- losen Rentenversicherungsbeiträ- ge zahlen. Die Finanzierung berei- tete ihm offenbar kein Kopfzerbre- chen, denn er sah für 1979 und 1980 ein dickes Polster von ,gut 10 Milliarden Mark' voraus. Dies ist für die Verhältnisse der Nürnber-

D I E WELT

ger Anstalt eine erstaunliche Sum- me, wenn man bedenkt, daß sich deren Einnahmen aus dem drei- prozentigen Arbeitslosenversiche- rungsbeitrag 1978 auf 14,1 Milliar- den Mark belaufen dürften. Heute weiß man, daß an Ehrenbergs Rechnung vielleicht nur noch eins stimmt: die Zahl von 10 Milliarden, aber nicht als Überschuß, sondern als Defizit der nächsten Jahre.

Damit stellt sich hier — wie bei der Rentenversicherung — die Frage der Finanzierung künftiger Lei- stungen, ob über Beitragserhö- hungen oder aus Bundeszuschüs- sen. Eine Beitragserhöhung müß- te, wenn sie das mutmaßliche Defi- zit ganz decken soll, eher bei ei- nem Prozent als bei einem halben liegen. Diese Beitragserhöhung stünde aber im Widerspruch zu den Regierungsversprechen.

Denn es bleibt schließlich dassel- be, ob man den Beitrag zur Ren- ten- oder zur Arbeitslosenversi- cherung erhöht (nachdem man zu- vor Umbuchungen zwischen den beiden Kassen vorgenommen hat) ..." H.H.

• Fortsetzung von Seite 867 stensteigerung ganz abgesehen, so wird deutlich, daß beim einzel- nen Arzt viel weniger „ankom- men" wird.

Freie Heilfürsorge

Bekanntlich hat der Gesetzgeber- wie die Ärzteschaft meint: verfas- sungswidrig — einen Personen- kreis, der gegen den für ihn fürsor- gepflichtigen Staat Anspruch auf

„freie Heilfürsorge" hat, mit dem sattsam bekannten Kostendämp- fungs- und Strukturveränderungs- gesetz einfach in die kassenärztli- che Versorgung einbezogen: Sol- daten der Bundeswehr, Angehöri- ge des Bundesgrenzschutzes und Polizisten sollen künftig nach den AOK-Sätzen behandelt werden; in die „Kassenpflichten" des Arztes sollen sogar die Untersuchungen nach dem Wehrpflichtgesetz ein- bezogen werden! Die Kassenärztli- che Vereinigung Nordrhein und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns haben jetzt, in Abstim- mung mit den anderen KVen, ge- gen die Bestimmungen Klage er- hoben.

Prof. Sewering ironisch: Ob dar- aufhin das BMAuS etwa auf die Idee kommt, für den Bundesgrenz- schutz eine „Betriebskrankenkas- se" zu errichten?

Effektivität, Effizienz, Rationalisierung

Die nächste „Konzertierte Aktion"

wird sich übrigens, worauf Prof.

Sewering hinwies, auch mit Fra- gen der Effektivität, der Effizienz, der Rationalisierung befassen.

Fragen von weittragender Bedeu- tung stehen im Raum: Medizi- nisch-technische Leistungen sol- len so rationell wie möglich er-

bracht werden; Leistungen dieser Art sollen auch „bezogen" werden können. Eine weitere Absenkung der Laborgebühren wird bereits gefordert. Am Zusammenschluß von Ärzten, um teure Geräte ge- meinsam zu nutzen, wird kein Weg vorbeiführen.

Kostendämpfung im Krankenhaus

Ein weiterer Punkt öffentlicher Kri- tik: die Krankenhauskosten, an de- nen keineswegs die Krankenhaus- ärzte schuld sind und in denen nur ihre Tarifgehälter enthalten sind.

Die Verringerung der Arbeitszeit, die Vermehrung der Stellen hat selbstverständlich auch eine Stei- gerung der Personalkosten ge- bracht. Notwendigerweise sind al- le Gruppen der medizinischen Versorgung in die Kostendämp- fungsbemühungen einzubeziehen

— da jetzt aber Kassen schon da- von reden, daß die Arztstellen im Krankenhaus auf 55 000 festge- schrieben werden sollen, kann man sich die möglichen Folgen für den ärztlichen Nachwuchs ausma- len.

„Arbeitnehmerorientierte"

Gesundheitspolitik

Wie soll es weitergehen? Ein Räte- system, in dem eine Gruppe — nämlich die Gewerkschaft — alles bestimmt, wollen SPD, ÖTV und DGB an die Stelle unseres derzeiti- gen Krankenversicherungssy- stems setzen. Eine „Selbstverwal- tung" mit sogenannter Drittelpari- tät soll alle Funktionen eines „in- tegrierten Gesundheitssystems" — auch die Verteilung der Ärzte und Investitionen — lenken. Beachtlich ist dabei die von SPD-, DGB- und AOK-Funktionären immer wieder

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 13. April 1978 873

Referenzen

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