Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 17|
25. April 2014 A 711C
hefärzte haben im Krankenhaus kaum noch et- was zu sagen. Sie erhalten ehrgeizige betriebs- wirtschaftliche Zielvorgaben der Geschäftsführung.Und wenn sie die erreichen, sich also an die Spielregeln halten, bekommen sie einen Bonus.
Ist das die Realität in deutschen Krankenhäusern?
Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man an Diskussionsrunden über die Ökonomisierung der Me- dizin und Chefarztboni teilnimmt. Über das Verhältnis von kaufmännischen Geschäftsleitungen und ärztlichen Führungskräften gibt es Mutmaßungen und viel Erfah- rungswissen – aber nur wenige empirische Daten. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) hat nun versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, und zwar mit der Studie „Ärzte – Manager 2013“ (Dtsch Med Wochenschr 2014: 139: 726–34). Befragt wurden inter- nistische Ordinarien, Chefärzte und Oberärzte.
Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Die Mehrheit der ärztlichen Führungskräfte erhält ambitionierte Leis- tungs-, Budget- und Umsatzvorgaben (73,6 Prozent) und sieht die betriebswirtschaftliche Verantwortung ganz klar bei sich. Die meisten von ihnen bekommen monatlich die Controlling-Daten ihrer Abteilung auf den Schreibtisch. Zugleich sehen die Ärzte allerdings kaum Steuerungsmöglichkeiten, um die Vorgaben zu erfüllen. Vielmehr fühlen sich mehr als 60 Prozent in Entscheidungen der Geschäftsführungen nur unzurei- chend eingebunden. Der fachlich-ärztliche Input wird von kaufmännischer Seite oft nicht aufgegriffen.
Es ist wie im Hamsterrad. Die Leistungsvorgaben sind immer schwieriger zu erreichen, weil „die Schere zwischen Kosten und Erlösen sich zunehmend spreizt“, kommentierte Prof. Dr. med. Ulrich R. Fölsch, Gene- ralsekretär der DGIM, die Studie. Der wirtschaftliche Druck steigt, die Personalausstattung lässt unterdessen zu wünschen übrig.
Auch um Bonuszahlungen ging es in der Befragung.
Hier zeigt sich: Ist eine Erfolgsbeteiligung an das Errei- chen konkreter Ziele gekoppelt, dann handelt es sich meist um rein betriebswirtschaftliche Aspekte (57,1
Prozent). Allein um medizinische Zielvorgaben geht es in nur wenigen Fällen (6,7 Prozent).
Sicherlich kann man sich fragen, wie aussagekräftig die Studie tatsächlich ist. Angeschrieben wurden 3 435 DGIM-Mitglieder in Führungspositionen. An der On- line-Befragung beteiligten sich 627 von ihnen, also we- niger als 20 Prozent. Auch die Autoren räumen ein, dass die Befragung in Bezug auf die Unterdisziplinen, wie Kardiologie oder Gastroenterologie, sowie die Ver- teilung der Abteilungsgrößen nicht repräsentativ ist.
Aber die Studie gibt durchaus Hinweise auf bestehende Schwierigkeiten in deutschen Kliniken.
Dass Krankenhäuser Gewinne erwirtschaften sollen – mitunter sogar, damit Aktionäre eine Dividende er- halten –, ist kein Naturgesetz. Es ist eine gesellschaftli- che Entscheidung. Die Ärzte müssen sich nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen, sollten ihn aber auch nicht einfach an die Geschäftsleitungen weiterge- ben. Vielmehr liegt es in ihrer Verantwortung, die Pro- bleme immer wieder in die Öffentlichkeit zu bringen – sachlich, aber gut hörbar. Für die Ärzte geht es um viel:
um das Selbstverständnis und die Glaubwürdigkeit ih- res Berufsstandes. Das sollten sie im Übrigen auch be- denken, wenn sie Erfolgsbeteiligungen vereinbaren.
Dass der Internistenkongress Ende April in Wiesbaden das Thema aufgreift, ist ein wichtiges Signal.
FÜHRUNGSKRÄFTE IM KRANKENHAUS
Wie im Hamsterrad
Dr. med. Birgit Hibbeler
Birgit Hibbeler Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik