• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Raus aus dem Hamsterrad: Wenn Ärzte eine Auszeit nehmen" (14.09.2007)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Raus aus dem Hamsterrad: Wenn Ärzte eine Auszeit nehmen" (14.09.2007)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 37⏐⏐14. September 2007

A 2535

S T A T U S

Ä

rzte identifizieren sich sehr mit ihrem Beruf und fühlen sich für die Patienten verantwort- lich. Dabei spielen Begriffe wie Pflichterfüllung und ethische Ver- pflichtung eine wichtige Rolle. Viel- leicht gerade deswegen leiden Ärzte häufig unter Stress und Überarbei- tung; sie fühlen sich ausgebrannt oder wie der berüchtigte Hamster im Käfig. In dieser Situation denken einige daran, eine Auszeit zu neh- men: ein Ruhejahr oder ein Sabbati- cal, in dem verschüttete Qualitäten wie Kreativität und Motivations- kraft neu aufgebaut werden können.

Ein Sabbatical nehmen? Geht das überhaupt? Immerhin dauert ein Sabbatical drei bis zwölf Monate.

Hinzu kommt: Wer als Arzt davon redet, eine Auszeit zu nehmen, hat in der Leistungsgesellschaft mit Vorurteilen zu kämpfen. Ein länge- rer Freizeitblock wird mit Müßig- gang gleichgesetzt: Wer „Langzeit- urlaub“ nimmt, gilt als nicht fleißig, kaum belastbar und ziellos. So ist es kein Wunder, dass die Möglichkeit einer Auszeit in den Heilberufen

kaum institutionalisiert ist. Nur in wenigen Krankenhäusern gibt es die Möglichkeit, etwa über Arbeits- zeitkonten Zeit anzusparen, um sie für das Ruhejahr einzusetzen. Bei niedergelassenen Ärzten ist das Hauptproblem, einen geeigneten Stellvertreter zu finden. Denn der Albtraum des freiberuflichen Sabba-

ticalers ist, nach der Rückkehr vor Praxistüren zu stehen, die sich für Patienten nie wieder öffnen werden.

Trotzdem: Es gibt auch Ärzte, die das Sabbatical nutzen. Die Gründe sind vielfältig. Und nicht immer ist die Ursache das fast schon eine Modeerscheinung zu nennende Burn-out-Syndrom. So ist nach der anstrengenden und zeitintensiven Phase des Aufbaus einer Praxis oder der Weiterbildung zum Facharzt oder vor einem Arbeitsplatzwechsel ein Sabbatical eine Möglichkeit, sich zu regenerieren. Oft dient die Aus- zeit auch der Weiterqualifikation, dem beruflichen und persönlichen Wachstum oder der Neuorientie- rung. Meistens ist es eine Mischung mehrerer Faktoren – so verhielt es sich zumindest bei mir.

Persönliche Weiterentwicklung, bereichernde Begegnungen mit an- deren Menschen, neue Erkenntnisse sammeln, die Welt sehen – das waren meine wichtigsten Beweggründe dafür, knapp ein Jahr lang durch vier Kontinente zu reisen. Mein Trai- ningsinstitut, ich bin Unternehmer

RAUS AUS DEM HAMSTERRAD

Wenn Ärzte eine Auszeit nehmen

Ein Sabbatical will gut geplant sein.

Foto:Eberhard Hahne

Erweiterung des eigenen Horizonts – knapp ein Jahr reiste der Autor durch vier Kontinen- te. Das Foto zeigt die Chinesische Mauer.

Mutige Avantgardisten, die die Balance suchen . . .

Prof. Dr. Hans-Werner Stahl

(2)

A 2536

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 37⏐⏐14. September 2007

S T A T U S

und leite ein international tätiges Verkaufstrainingsinstitut in Wien, wusste ich in der Zeit in den profes- sionellen Händen mehrerer Ge- schäftspartner.

Ärzte, die den Mut finden, das Sabbatical zu nehmen und vor allem die Möglichkeit dazu haben, sind nach Prof. Dr. Hans-Werner Stahl, Leiter des Europäischen Studien- programms für Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Reutlingen, keine beruflich Frustrierten, son- dern mutige Avantgardisten, die die Balance suchen.

Unumgänglich ist es, die Auszeit genau zu planen. Das beginnt bei der Überlegung, warum ein Arzt diese

weitreichende Entscheidung fällt.

Die Konsequenzen wollen genau be- dacht sein, so zum Beispiel der orga- nisatorische Aufwand und die finan- zielle Planung. Bei freiberuflichen Ärzten, die nicht in einer Gemein- schaftspraxis tätig sind, bietet es sich an, eine Ärztin oder einen Arzt als Stellvertreter zu gewinnen, der sich im baldigen oder frühen Pensionsal- ter befindet. Von dieser Alternative berichtet Prof. Dr. Gian A. Melcher, Chefarzt der Chirurgischen Klinik am Spital Ulster in der Schweiz. Bei angestellten Ärzten ist die intensive Vorbereitungszeit auch deswegen

notwendig, um gegenüber der Kran- kenhausleitung den Wunsch nach der Auszeit stichhaltig begründen zu können. Der Arzt sollte einen Plan er- arbeiten, wie seine Arbeit während seiner Abwesenheit aufgefangen werden kann. Schließlich steht die zeitliche und finanzielle Planung an.

Es muss ja nicht immer gleich ein Ruhejahr sein, vielleicht genügt ein Ruhequartal den Ansprüchen des auszeitwilligen Arztes. Ich persön- lich habe mir für mein Ruhejahr zu- dem eine Art Business- und Budget- plan aufgestellt.

Elementar bei der konkreten Aus- gestaltung des Sabbaticals ist, ob der Arzt freiberuflich tätig ist oder als Angestellter. Chefarzt Melcher er- zählt von seinem viermonatigen Sabbatical, das in zwei Blöcke für Fortbildung und Freizeit geteilt wur- de. Ermöglicht wurde die Auszeit durch ein „Ferienguthaben in Form

eines Dienstleistungsgeschenks“

und einen einmonatigen unbezahl- ten Urlaub. Die Vertretung erfolgte durch einen pensionierten Chefarzt- kollegen. Der Arzt stellte – ein wenig staunend – fest, dass sein Sabbatical auf eine sehr hohe Akzeptanz traf, auch bei seinen Patienten.

Klar ist, dass die Realisierung ei- nes Ruhejahrs viel Kreativität und das wohlwollende Entgegenkom- men aller Beteiligten voraussetzt.

Fakt ist aber auch, dass Menschen, die ein Sabbatical gewagt haben, durchweg von positiven Erfahrun- gen berichten. Die Motivation und Horizonterweiterung für das wie- der aufgenommene Berufsleben, die Ausbalancierung der verschiedenen Lebensbereiche, die gesundheitli- chen Aspekte und vor allem die neue Perspektive, unter der man Le- ben, Beruf und Privatleben nach ei- nem Ruhejahr betrachtet, stellen Vorteile dar, die die Nachteile auf- wiegen. Das gilt auch für Praxis und Klinik. Der „Ruheständler“ hat die Zeit und Muße, über Dinge nachzu- denken, wofür im hektischen Klinik- oder Praxisalltag keine Zeit bleibt: Ein Ruhejahr ist die Zeit der Selbstreflexion, der Selbster- kenntnis, des Blicks in den Spiegel, der persönlichen Weiterentwick- lung und der Begegnung mit dem

eigenen Ich. I

Heinz Feldmann

RECHTSREPORT

Kein Anspruch auf cannabinoid- haltige Arzneimittel

Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Ab- satz 3 Satz 1 Fall 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt vielmehr voraus, dass die selbst beschaff- te oder zu beschaffende Therapie zu den Leis- tungen gehört, die eine Krankenkasse allge- mein als Sach- oder Dienstleistung zu erbrin- gen hat. Darauf hat das Bundessozialgericht (BSG) hingewiesen.

Im entschiedenen Fall wollte der Kläger errei- chen, dass seine Kasse die zur Behandlung sei- ner Schmerzerkrankung benötigten Arzneimittel auf Cannabinoidbasis erstattet oder wenigstens die Kosten übernimmt, die ihm für Selbstbe- schaffung entstehen. Weder in Deutschland noch in der Europäischen Union sind cannabinoidhalti- ge Fertigarzneimittel derzeit zugelassen. Der iso- lierte Hauptwirkstoff von Cannabis – Dronabinol – ist zwar unter anderem in den USA als Fertig- arzneimittel zur Behandlung chemotherapiebe- dingter Übelkeit sowie zur Therapie der Kachexie und Appetitstimulation von Aidspatienten zuge- lassen, nicht aber für die Schmerztherapie.

Eine bestehende Arzneimittelzulassung im Ausland entfaltet sowieso keine entsprechende Rechtswirkung für Deutschland. Ein Ausnahme- fall, in dem trotz fehlender Empfehlung des Ge- meinsamen Bundesausschusses (G-BA) eine neuartige Therapie beansprucht werden kann, liegt nach Ansicht des Bundessozialgerichts nicht vor. Denn weder handelt es sich um einen dafür verlangten sogenannten Seltenheitsfall, der sich systematischer Forschung entzieht, noch sind die Voraussetzungen für ein sogenanntes Sys- temversagen erfüllt: Ein vom Gesetzgeber vorge- sehener Prüfantrag für cannabinoidhaltige Re- zepturarzneimittel ist an den G-BA nicht gestellt worden.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht un- längst klargestellt, dass Versicherte einen An- spruch auf eine noch nicht genehmigte Therapie haben, wenn bei ihnen eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliegt. Im vorliegenden Fall geht es aber um ein chronisches Schmerzsyndrom des Klägers. Dafür gibt es Alternativen zum Einsatz cannabinoid- haltiger Arzneimittel. Die Klage wurde daher abgewiesen. (Urteil vom 27. März 2007, Az.: B 1 KR 30/06 R) RA Barbara Berner In Alaskahat man

Zeit und Muße, über Dinge nachzuden- ken, wofür im hekti- schen Klinik- oder Praxisalltag keine Zeit bleibt.

Ein Ruhejahr ist die Zeit der Selbstreflexion, des Blicks in den Spiegel.

Fotos:Heinz Feldmann

Informationen zur Auszeit des Autors unter www.ruhejahr.com

@

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ganz sicher aber werden Turbulenzen das Börsenjahr begleiten wie Blitz und Don- ner. Wer Gewinne macht, sollte zwischendurch immer wieder Kasse machen. Wer noch nicht investiert

Auch angesichts des Umstandes, daß die Praxis am Wochenende geschlossen sei, eröffne der Fremden- verkehr dem Arzt nach den objektiven Gegebenheiten durchaus Verdienstmöglich-

Bei einem Punktwert von 0,075 DM bei 12 Wochen Arbeit im Quartal kämen wir auf einen Punkt- wert von 0,10 DM, wenn wir nur 9 Wochen im Quartal ar- beiteten – und dies ohne

Auflage erschienene Werk gibt einen auch für Allgemeinmediziner interessanten relativ kurz gefaßten und dabei umfassenden Überblick über das gesamte Gebiet der

SÄV 2/26/2013 Jahresabschluss 2012 mit Jahresab- schlussbilanz und Entlastung der Gremien (einstimmig bestätigt) Wortlaut: „Die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsausschusses und des

Die Beihilfe war nicht nur Geldunterstützung, sondern auch moralische Unterstützung.“ Diesen Dank eines Arztehe- paars möchten wir auf diesem Wege allen Kolleginnen und

Leider zwingen auch die finanziellen Umstände in der Stiftung „Ärzte helfen Ärzten“ in den letzten Jahren, mit nur knappen Budgets ein anspruchsvolles Programm für unsere

relevante Forschung und Lehre sind für mich aber auch sehr wichtig: Ich bearbeite mit meiner Arbeitsgruppe verschiedene Grund- lagenprojekte in den Sonderforschungs- bereichen 738