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Archiv "Australien: Krankenkassen werden verstaatlicht" (15.05.1975)

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Academic year: 2022

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Bericht und Meinung AUS ALLER WELT

Am 1. Juli dieses Jahres tritt in Au- stralien ein Gesetz in Kraft, das die gesamte bisher existierende Kran- kenversicherungsorganisation in einer Einheitsversicherung ver- staatlicht. Die neue Institution hat den Namen „Medibank". Das Sy- stem steht allerdings von vornher- ein unter der Drohung der Opposi- tionsparteien, daß es im Fall einer Wahlniederlage der seit 1972 regie- renden australischen Labour Party rückgängig gemacht werde.

Bisher wurde die australische Be- völkerung von freiwilligen gemein- nützigen Krankenversicherungen betreut, die allerdings bis zu 40 Prozent ihrer Ausgaben als Sub- ventionen von der Bundesregie- rung erhielten — ein System also ähnlich dem der Schweiz. Für die ambulante Behandlung gab es drei Gebührenordnungen: zum einen die von der ärztlichen Standesor- ganisation, der Australian Medical

Association, empfohlene Gebühren- ordnung, ferner eine von der Bun- desregierung empfohlene, natür- lich niedrigere Gebührenordnung und schließlich eine besondere Ge- bührenordnung für Rentner und Ar- beitslose, bei denen der Staat di- rekt etwa 60 Prozent der Sätze der Regierungsgebührenordnung zahlt.

Ähnlich wie in Großbritannien ist fachärztliche Behandlung innerhalb des Sozialversicherungssystems vornehmlich in Ambulanzen der

Krankenhäuser möglich.

Nach dem neuen Gesetz erhält der Versicherte von der „Medibank" 85 Prozent der Sätze der Regierungs- gebührenordnung erstattet. Da- bei sind verschiedene Zahlungs- weisen möglich: Der Arzt kann vom Patienten die volle Zahlung seiner Rechnung in Bargeld oder mit Scheck verlangen; der Pa- tient erhält dann gegen Vorlage der quittierten Rechnung den Er- stattungsbetrag. Ferner besteht

die Möglichkeit, daß der Patient die Rechnung des Arztes unbe- zahlt an die „Medibank" sendet;

er erhält dann den Erstattungssatz von der „Medibank" zurück, wobei auf dem Scheck bereits der Arzt als Empfänger angegeben ist.

Dann soll der Patient den Scheck zusammen mit der Rechnungsdiffe- renz dem Arzt übergeben. Schließ- lich besteht auch die Möglichkeit, daß der Patient seinen Erstattungs- anspruch von vornherein auf den Arzt überträgt. Dann allerdings er- hält der Arzt lediglich die 85 Pro- zent der Regierungsgebührenord- nung und hat keinerlei Anspruch auf eine Zuzahlung des Patienten.

Dies letztere Verfahren wurde bis- her schon für die Rentner und Ar- beitslosen angewandt.

Die Regierung bemüht sich nun, Verpflichtungserklärungen der Ärz- te einzuholen, daß sie grundsätz- lich für Rentner und Pensionäre das letztgenannte Verfahren an- wenden. Die Australian Medical Association hat die Ärzte dringend davor gewarnt, eine solche Ver- pflichtung zu unterschreiben. Auch ohne diese Verpflichtung können sie, falls der Patient bedürftig ist, im Einzelfall das Abtretungsverfah- ren anwenden. Die australische Ärzteorganisation empfiehlt je- doch, daß die Ärzte so viel wie möglich das erste Verfahren, also die Bar- oder Scheckzahlung durch den Patienten anwenden, dies na- türlich insbesondere bei den Pa- tienten, die nicht Rentner oder Ar- beitslose sind.

Der Hauptgrund ist nicht ein finan- zieller, sondern die Hoffnung, daß man die Regierung damit am mei- sten ärgern kann. Die „Health In- surance Commission" wird näm- lich, wie es in einem Rundschrei- ben des AMA-Präsidenten Keith Jones heißt, auf diese Weise mit

so vielen Einzelforderungen, die sie ihrerseits selbst bar be- zahlen muß, bestürmt werden, daß eine spätere Abschaffung die- ses Instituts und die Wiedereinfüh- rung der freiwilligen Krankenversi- cherungen durch die Opposition dann als Erleichterung begrüßt werden wird. Dies ist, so sagte Dr.

Keith Jones, der einzige Weg, mit dem die Ärzte gegen das „Medi- bank"-System protestieren können.

Im übrigen sollen die Ärzte auf ihre Patienten dahingehend einwirken, daß sie auch nach Inkrafttreten des Gesetzes weiterhin in ihren Versi- cherungen bleiben; vielfach ist das allein deswegen schon erforder- lich, weil die Krankenhausbehand- lung von dem neuen System noch nicht vollständig gedeckt ist.

Das ganze neue System wird aus Steuermitteln finanziert, man rech- net mit Kosten von etwa 1,5 Milliar- den australischer Dollar pro Jahr.

Übrigens ist dies das einzige Stück, das von dem umfangrei- chen Wahlprogramm der australi- schen Labour Party von 1972 übrig- geblieben ist. Damals hatten sich die Wähler in ihrer Mehrheit gegen die von der bis dahin regierenden liberalen Partei als zeitgemäß vor- geschlagenen Sparmaßnahmen ausgesprochen. Insbesondere durch eine erhebliche Aufblähung der öffentlichen Ausgaben stieg die Inflationsrate in Australien nach der Regierungsübernahme durch Premierminister Whitlam von acht auf 20 Prozent. Die Arbeitslosen- quote von drei Prozent ist für Au- stralien ein Rekord. Die meisten Neuerungen sind denn auch wie- der rückgängig gemacht worden ., die Verstaatlichung der Kran- kenversicherung ist der letzte Rest.

Das Durchschnittseinkommen der Australier, die früher als sehr reich galten, liegt heute knapp über den entsprechenden Werten in Großbri- tannien und Japan.

Anschrift des Verfassers:

Dr. Hanns Pacy

Tea Gardens, N.S.W. 2324 Australien

AUSTRALIEN

Krankenkassen werden verstaatlicht

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 20 vom 15. Mai 1975 1405

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