A 1380 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 28–29|
19. Juli 2010 HIV-positive Männer, die Sex mit Männernhaben, haben ein erhöhtes Risiko, an Anal - karzinomen zu erkranken. Dies belegt eine große, prospektive Studie von Wissenschaft- lern aus Bochum, Köln und Heidelberg zu ana- len intraepithelialen Neoplasien. Mehr als zwei Drittel der 446 Männer, die fast sechs Jahre beobachtet worden waren, wiesen Tumorvor- stufen auf (36,5 Prozent low grade, 35 Prozent high grade). Bei 2,5 Prozent der Männer hatte sich bereits ein Analkarzinom entwickelt (Brit- ish Journal of Dermatology 2010; 162:
1269–77). „Besorgniserregend ist vor allem, dass sich die Karzinome innerhalb von weniger als neun Monaten aus den Vorstufen bildeten“, kommentiert Prof. Dr. Norbert Brockmeyer (Kli- nik für Dermatologie, Venerologie und Allergo- logie der Ruhr-Universität Bochum) als Spre- cher des Kompetenznetzes HIV/AIDS die Er-
gebnisse. Er empfiehlt HIV-positiven Männern, die Sex mit Männern haben, daher dringend, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen.
Häufig treten Analkarzinome in Verbindung mit einer Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) auf. „Dabei werden verschiedene Krebs- arten durch verschiedene Virustypen begüns- tigt“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Alexander Kreuter (Bochum). „Deswegen muss die jewei- lige Behandlung auch daran angepasst wer- den. „Vorausgegangene Analysen bestätigten, dass circa 70 Prozent der Karzinome durch HPV16 ausgelöst wurden. Bei den HIV-positi- ven männlichen Patienten der Studie wurden 55 Prozent positiv auf HPV16 getestet – ein Subtyp, der unter anderem in den HPV-Impf- stoffen enthalten ist. „Alle bisherigen Untersu- chungen belegen, dass eine Impfung vor HPV- Infektionen schützen kann. Somit ist die HPV-
Vakzine auch hochinteressant für die Präven - tion von Analkrebs“, so Kreuter.
Die Studie zeigte zudem, dass das Analkar- zinom bei HIV-positiven Patienten schlechter therapierbar ist als bei HIV-negativen: Es treten häufiger Nebenwirkungen auf, und auch die Remissionsrate ist niedriger. Dabei scheint es unerheblich zu sein, ob bereits mit einer hoch- aktiven antiretroviralen Therapie begonnen wurde. Ein weiterer Risikofaktor an Analkrebs zu erkranken, ist das Rauchen. Die Studie zeigte, dass das Sterberisiko für Analkrebs bei Rauchern deutlich höher lag als bei Nichtrau- chern. Brockmeyer rät dringend zur Vorsorge:
„Dadurch können wir Vorstufen früh erkennen, behandeln und so Tumoren verhindern. Ins - besondere HIV-positive Männer, die Sex mit Männern haben, sollten dieses Angebot in
Anspruch nehmen.“ zyl
ANALKARZINOME UND HIV: UNBEDINGT ZUR VORSORGE GEHEN
Der Verband der Hersteller von IT- Lösungen für das Gesundheitswesen (VHitG) e.V. hat ein Positionspapier zur Umsetzung von Selektivverträ- gen nach § 73 b und c (Haus- und Facharztverträge) des fünften Sozi- algesetzbuchs veröffentlicht. Darin fordert er, dass niedergelassene Ärz- te, die an Selektivverträgen teilneh- men, das IT-System frei wählen kön- nen. Anbieter von IT-Lösungen soll- ten im freien Wettbewerb konkurrie- ren (www.vhitg.de, Publikationen).
Für eine zukunftssichere und wirtschaftliche Lösung seien frei verfügbare Prozess-, Funktions- und Schnittstellenbeschreibungen und IT-Standards erforderlich, heißt es in der Erklärung. „Im Interesse eines für den Arzt beherrschbaren Vertragsmanagements und einer wirtschaftlich vertretbaren Umset- zung aller Einzelverträge ist eine wettbewerbsoffene und zugleich koordinierte, abgestimmte Umset- zung der Selektivvertragsfunktio- nen zwingend nötig.“ Der VHitG will sich an der softwareseitigen Realisierung beteiligen, um eine IT- gerechte Aufbereitung der Vertrags- inhalte sicherzustellen. KBr IT-VERBAND
Für freien Wettbewerb
Die Verwaltungskosten der Kran- kenkassen sollen in den Jahren 2011 und 2012 im Vergleich zu die- sem Jahr nicht steigen. Das sehen die Sparpläne der Bundesregierung vor, die Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Anfang Juli präsentiert hatte (dazu „Drei Par - teien, ein Defizit“ in diesem Heft).
Einer Studie des Rheinisch- Westfälischen Instituts für Wirt- schaftsforschung (RWI) zufolge ließen sich die Verwaltungskosten sogar noch senken. Durch mehr Ef- fizienz könnten die Kassen jährlich 1,4 Milliarden Euro sparen. Statt derzeit 10,5 Milliarden müsste die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nach der von der Direkt- KRANKENKASSEN
Einsparungen in der Verwaltung möglich
krankenkasse BIG in Auf- trag gegebenen Studie dann nur 9,1 Milliarden Euro für Verwaltung ausgeben.
In der GKV fallen durch- schnittlich 150 Euro Verwal- tungskosten jährlich pro Ver- sichertem an. Der RWI-Stu- die zufolge könnten diese Ausgaben um 20 Euro ge- senkt werden. Die Studie zeige, dass die Verwaltungs- kosten einiger Kassen bei gleichem Leistungsniveau viel höher seien als bei anderen, erklärte der RWI- Experte Dr. Boris Augurzky. So lie- ße sich überprüfen, ob etwa alle Ge- schäftsstellen gebraucht würden.
Augurzky wies zugleich darauf hin, dass nicht alle Kassen auf so niedrige Verwaltungskosten kom- men könnten wie die Internetkasse BIG. Deren Bruttoverwaltungskos- ten liegen bei 105 Euro pro Versi- chertem. Viele Kassen hätten erheb- lich höhere Ausgaben zu finanzieren, beispielsweise weil zu ihren aktiven Mitarbeitern oder auch zu denen im Ruhestand relativ viele Beamte oder beamtenähnlich bezahlte Männer und Frauen zählten. Rie Mehr Effizienz
senkt die Kos- ten: 1,4 Milliar- den Euro könn- ten die Kassen laut einer Studie einsparen.
Foto: Keystone