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Archiv "Pharma-Industrie warnt vor Bürokratismus auf dem Arzneimittelmarkt" (13.06.1974)

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Leserdienst Hinweise -Anregungen

WIRTSCHAFT

Pharma-Industrie warnt vor Bürokratismus

auf dem Arzneimittelmarkt

Vor den Folgen übertriebener per- fektionistischer Regelungen bei der Neuordnung des Arzneimittel- rechts und des Arzneimittelmarktes in der Bundersepublik hat der wie- dergewählte Vorsitzende des Bun- desverbandes der Pharmazeuti- schen Industrie, Dr. Rolf Lappe, nachdrücklich gewarnt. Staatliche Eingriffe in das Arzneimittelwesen ohne „das rechte Augenmaß" müß- ten sich sowohl auf die Arzneimit- telversorgung der Bevölkerung bzw. die medikamentöse Therapie des Arztes als auch auf Struktur und die Forschungs- und Entwick- lungstätigkeit der Pharma-Industrie negativ auswirken. Lappe betonte anläßlich der Hauptversammlung des Verbandes in München, daß die deutsche pharmazeutische In- dustrie jede sachgerechte Rege- lung akzeptiert, die der weiteren Verbesserung der Arzneimittelsi- cherheit in der Bundesrepublik dient. Das gelte auch für die Re- form des Arzneimittelmarktes. Die- se Reform müsse nach Ansicht des Pharma-Bundesverbandes „mög- lichst rasch, unbürokratisch und mit dem geringsten Aufwand" ver- wirklicht werden. Das bestehende marktwirtschaftliche System dürfe dabei nicht in Frage gestellt wer- den.

Eine Reihe der im Gesetzentwurf zur Neuordnung des Arzneimittel- rechts enthaltenen Ermächtigun- gen begründeten die Sorge der Pharma-Industrie, daß „unbewußt oder fahrlässig eine Reise zu diri- gistischen Ufern angetreten wer- den könnte". Es bestehe die Ge- fahr, daß dabei manches leistungs- fähige mittelständische Unterneh- men „untergehe".

Neben den struktur- und wettbe- werbspolitischen Folgen seien auch die volkswirtschaftlichen Ko- sten der geplanten Gesetzesände-

rungen zu beachten, sagte Lappe.

Diese Kosten müßten in der ver- minderten Zahl der Neueinführun- gen von Arzneispezialitäten und der damit verbundenen Verringe- rung der individuellen Therapie- möglichkeiten gesehen werden.

Obwohl im Augenblick nur schwer quantifizierbar, seien diese Kosten mit Sicherheit beträchtlich. So habe eine Untersuchung des US- amerikanischen Pharma-Marktes vor und nach dem Erlaß der ver- schärften Zulassungsbedingungen im Jahr 1962 ergeben, daß allein die verschärften Vorschriften für die Wirksamkeitsprüfung einer zu- sätzlichen Verbrauchssteuer auf Arzneimittel von etwa fünf bis zehn Prozent gleichkommen. Ferner sei ermittelt worden, daß aus der Ver- zögerung der Einführung wichtiger neuer Arzneimittel auf Grund büro- kratischer Hemmnisse eine jährli- che Minderung des amerikani- schen Volkseinkommens von 250 bis 500 Millionen Dollar resultiert.

Gewarnt werden müsse auch vor einer Schwächung der Position der deutschen pharmazeutischen Indu- strie im internationalen Wettbe- werb. So könnten zahlreiche Be- stimmungen des Referentenentwur- fes zu Wettbewerbsverzerrungen zugunsten ausländischer Anbieter führen. Dies deshalb, weil der aus- ländische Mitbewerber nicht mit solchen Auslagen belastet werde,

„die zwar gesundheitspolitisch ir- relevant sind, die sich gleichwohl aber auf Grund ihres Überperfek- tionismus kostentreibend auswir- ken müssen".

Breite Skala

von Wirksamkeitsabstufungen Was den medizinisch-therapeuti- schen Bereich angehe, sei es ein Irrtum anzunehmen, daß dem Pa- tienten automatisch um so besser

gedient sei, je höher die Anforde- rungen an den Nachweis der Wirk- samkeit von Arzneimitteln ge- schraubt würden. Es gebe nämlich keineswegs nur absolut wirksame und nur absolut unwirksame Arz- neimittel. Dazwischen liege viel- mehr eine breite Skala von Arznei- mitteln mit unterschiedlichen Wirk- samkeitsabstufungen: „Wir alle wissen, daß im allgemeinen sehr stark wirkende Medikamente das Risiko unerwünschter Nebenwir- kungen erhöhen. Wir wissen auch, daß für zwischen 60 und 80 Prozent der Behandlungsfälle beim nieder- gelassenen Arzt der ausschließli- che Einsatz stark wirkender Arz- neimittel nicht erforderlich ist."

Mithin könne es nicht im Interesse des „auf Sicherheit und auf Unbe- denklichkeit der Arzneimittel Be- dachten" liegen, alle die Medika- mente aus der Therapie zu eliminie- ren, „für die nach sehr strengen, zum Teil übersteigerten Kriterien der Nachweis ihrer Wirksamkeit bislang nicht erbracht wurde oder noch nicht erbracht werden kann".

In Anbetracht der derzeitigen schleppenden Registrierung neuer Arzneispezialitäten beim Bundes- gesundheitsamt (rund 3000 Anmel- dungen stehen auf der Warteliste, zum Teil seit drei Jahren!) sei die Verwirklichung der im Referenten- entwurf mit maximal sieben Mona- ten vorgesehenen Registrierungs- dauer unmöglich. Vielmehr werde notgedrungen die jetzige unhalt- bare Situation bestehenbleiben, wenn nicht sich noch erheblich verschärfen: mit allen für die deut- sche Pharma-lndustrie, insbeson- dere im internationalen Wettbe- werb, nachteiligen Folgen.

Nach Ansicht der Pharma-Industrie kann eine von allen gewünschte höhere Markttransparenz dadurch erreicht werden, daß verbesserte Informationen über das Angebot bereitgestellt werden, die es Ärzten und Verbrauchern ermöglichen, das im Einzelfall therapeutisch und wirtschaftlich geeignetste Medika- ment auszuwählen. Deswegen müsse eine Lösung angestrebt

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 24 vom 13.Juni 1974 1805

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Leserdienst

Hinweise· Anregungen WIRTSCHAFT

werden, die durch geeignete Infor- mationen dem Nachfrager eine mit- telbare Einwirkung auf den Wettbe- werbsprozeß sichert. Aus thera- peutischen Gründen aber müsse es dem Arzt überlassen bleiben, im in- dividuellen Fall die Schlußfolgerun- gen aus den entsprechenden Markt- informationen zu ziehen. Eines

"staatlichen Nachhilfeunterrichts"

für den Arzt bedürfe es hier nicht.

Die in den "Eckwerten" des inter- ministeriellen Arbeitskreises ent- haltenen· Vorstellungen über die Bildung eines sogenannten Sach- verständigengremiums für Preis- vergleiche aber würden die Gefahr einer "Programmierung der medi- kamentösen Therapie" in sich ber- gen. Obwohl es unmöglich sei, ob- jektivierbare Kriterien für die Beur- teilung der Relation von Preis und Wirksamkeit von Arzneimitteln auf- zustellen, würde eine Gruppe von Sachverständigen ermächtigt zu entscheiden, welches Medikament der Arzt wann verordnen darf. Ein solches Gremium entscheide im Effekt auch darüber, welche Her- steller auf d'em Markt verbleiben können und zu welchen Bedingun- gen. Dies wiederum führe zu einer Investitionslenkung in der Pharma- Industrie.

Für schnelle

und unbürokratische Reform Nach Meinung der Pharma-Indu- strie kann die Zielsetzung der Re- form des Arzneimittelmarktes schnell und unbürokratisch er- reicht werden, wenn der bei den Marktbeteiligten vorhandene Sach- verstand und überblick nutzbar ge- macht wird. Dazu habe der Bun- desverband der Pharmazeutischen Industrie zwei Initiativen entwik- kelt:

..,. Zum einen sei von ihm die Rote Liste neu gestaltet worden. Sie wer- de in Kürze (Mitte 1974) an alle Ärzte und Apotheken ausgesandt und schaffe eine bis dahin nicht gekannte Transparenz über das Angebot der Arzneispezialitäten der Mitglieder des Bundesverban- des.

..,. Zum anderen werde zusammen mit anderen Marktbeteiligten die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft für Arzneimittelfragen angestrebt.

Sie solle keineswegs zu einem

"Kartell der Marktbeteiligten" wer- den, hob Dr. Lappe hervor. Viel- mehr sei es ihre Aufgabe, Informa- tionen zur Gesamtbeurteilung des Marktes zu erarbeiten. Mit Hilfe dieser Führungsdaten wäre es möglich, die gegenwärtige Situa- tion und die zukünftige Entwicklung zu durchleuchten. Weitere wichtige Aufgabe dieser Arbeitsgemein- schaft: Schaffung von Übersichten über alle relevanten Eigenschaften von funktionsähnlichen Arzneimit- teln. Sie würden es dem Arzt er- leichtern, im Einzelfall die Preis- günstigkeit eines Arzneimittels zu

beurteilen. WZ/DÄ

Aus der

pharmazeutischen Industrie

Casella 1973 - Wie der Geschäfts- bericht 1973 ausweist, stieg der konsolidierte Umsatz von Casella sowie der in- und ausländischen Tochtergesellschaften 1973 auf 445,7 Millionen DM. Er lag damit um 12,3 Prozent über der ver- gleichbaren VorjahreszahL Der Auslandsanteil beträgt 43 Prozent.

Am Gruppenumsatz waren Arznei- mittel wie folgt beteiligt: Anteil an dem Gesamtumsatz: 19 Prozent, Umsatzveränderungen gegenüber 1972:

+

9 Prozent. Im Geschäfts- jahr 1973 erhöhte sich der Umsatz (Bruttoerlöse einschließlich Neben- geschäfte ohne Mehrwertsteuer) der Casella Farbwerke Mainkur AG um 14,8 Prozent auf 286 Millionen DM. Der Mehrumsatz wurde über- wiegend durch höhere Verkaufs- mengen und nur geringfügig durch Erlösverbesserungen erzielt. Der Exportanteil verminderte sich durch ein stärkeres Wachstum im Inland von 46 auf 45 Prozent. Trotz weiter erheblich gestiegener Ko- sten, die im Berichtsjahr auch auf dem Rohstoffsektor spürbar wur- den, ist dank der Umsatzauswei-

1806 Heft 24 vom 13.Juni 1974 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

tung ein Ergebnis erwirtschaftet worden, das es erlaubt, der Haupt- versammlung eine unveränderte Dividende von 20 Prozent auf das Grundkapital von 34,1 Millionen DM bzw. von 20 DM je Aktie zur Be- schlußfassung vorzuschlagen und 4,6 Millionen DM (1972: 3,9 Millio- nen DM) in die Freie Rücklage ein- zustellen.

Das Arzneimittelgeschäft hat sich weiter günstig entwickelt. Im Inland haben die Neueinführungen des Vorjahres zum Wachstum beigetra- gen. Das Exportgeschäft brachte wegen hoher Bevorratungskäufe von Vertragspartnern Ende 1972 ei- nen leichten Rückgang in 1973, der im laufenden Jahr ausgeglichen wird, da die Entwicklung in diesen Ländern weiterhin gut ist. Die For- schungsarbeiten wurden 1973 auf allen Tätigkeitsgebieten bei regem Erfahrungsaustausch mit der Farb- werke Hoechst AG in vollem Um- fang fortgeführt. Auf dem Arznei- mittelsektor mit dem Schwerpunkt der Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben sich auch weiterhin interes- sante Entwicklungen ergeben.

über ein seit langem in der klini- schen Prüfung befindliches Präpa- rat zur Behandlung der Angina pectoris hinaus wird im laufenden Jahr noch mit der klinischen Unter- suchung weiterer Entwicklungsprä- parate begonnen.

Am 31. 12. 1973 wurden 2338 Mit- arbeiter beschäftigt; damit lag die Beschäftigtenzahl um 1,7% über dem Vorjahresstand. Die Auf- wendungen für Löhne und Gehäl- ter betrugen 1973 = 59,5 Millionen DM und lagen damit um 11,7%

über dem Vorjahr. Die Steigerung wird vor allem durch die Personal- vermehrung und die Tariferhöhung von 9,9% per 1. 4. 1973 bestimmt.

Hierin sind auch die Kosten der ge- setzlichen Lohnfortzahlung enthal- ten, die 1973 = 24,0% über dem Stand des Vorjahres lagen. Mit dem Ansteigen der Beitragsbemes- sungsgrenzen in der Sozialversi- cherung und des Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversiche- rung stiegen die sozialen Abgaben

um 18,2%. Kl

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