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Mehr Markt und ökologische Zivilisation – Geht das in China?

Von Doris Fischer, Universität Würzburg

vom 18.11.2013

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Mehr Markt und ökologische Zivilisation – Geht das in China?

Bonn, Würzburg 18.11.2013. Die Ergebnisse des 3. Plenums des 18. Zentralkomitees der Kommu- nistischen Partei Chinas sind mit Spannung erwar- tet und letzte Woche mit gemischten Reaktionen aufgenommen worden: Zu wenig politische Re- formen, kein Angriff auf die Staatsunternehmen, zu wenig Konkretes. Nur für die weitere Aufwer- tung der Rolle der Märkte und des Wettbewerbs wurde ein klares Signal gesetzt, was etwa von den in China engagierten deutschen Unternehmen positiv aufgenommen wurde.

Diese Reaktionen auf das Abschlussdokument greifen indes zu kurz. Das Dokument fordert nicht nur eine Aufwertung von Marktmechanismen und Wettbewerb, es fordert auch den Aufbau einer

„ökologischen Zivilisation“ und widmet diesem einen ganzen Absatz. Das scheint auf den ersten Blick widersprüchlich: Mit Verweis auf die verhee- renden Umweltschäden in China gibt es wohl eini- ge Umweltschützer und Klimaaktivisten, die be- haupten würden, dass Markt und ökologische Zivilisation nicht zusammenpassen. Sie würden er- warten, dass die Aufwertung des Marktes den Umweltschutz zum Opfer ökonomischer Zwänge machen wird. Ich möchte dagegen halten: Das Bekenntnis zu mehr Markt und zu gerechtem Wettbewerb könnte in China der Schlüssel zu mehr „ökologischer Zivilisation“ sein und wichti- ger für Umwelt und Klima sein als diplomatische Versprechungen im Rahmen der laufenden Klima- verhandlungen in Warschau.

Ökologische Zivilisation

Nun garantieren Markt und Wettbewerb allein kei- nen verantwortlichen Umgang mit Umwelt, Klima und Ressourcen. Daher ist der Absatz zur „ökologi- schen Zivilisation“ von besonderer Relevanz – auch wenn der Begriff in unseren Ohren sperrig klingt. So heißt es: „Es muss eine Ordnung der ökologischen Zivilisation auf- und ausgebaut werden, um systematisch die Ökologie und Um- welt zu schützen. Es bedarf gesunder Systeme, welche die Eigentumsrechte und Nutzung von na- türlichen Ressourcen regeln. Es muss eine rote Li- nie zum Schutz der Ökologie gezogen werden. Es

soll ein System realisiert werden, in dem für die Nutzung von Ressourcen gezahlt, und für (Schä- digungen der) Ökologie Kompensation geleistet wird. Die Ökologie- und Umweltschutzadministra- tion muss reformiert werden.“

Durch diese Worte weht ein ordnungspolitischer Geist, der Umweltpolitik mit Marktinstrumenten und allgemeingültigen Regeln realisieren will. Also nicht über staatliche grüne Industriepolitik, wie sie die Führungsriege um Hu Jintao und Wen Jiabao in den zehn Jahren bis 2012 propagierte, in der Hoff- nung ökologische und ökonomische Herausforde- rungen mit eher dirigistischen Methoden anzuge- hen.

Chinas Umweltprobleme

Hu und Wen waren die ökologischen Probleme, die das rasante Wirtschaftswachstum des Landes ausgelöst hat, sehr bewusst – nicht erst seit den Berichten über dramatische Smogwerte in Chinas Metropolen. Aber die Umweltprobleme beschrän- ken sich nicht auf Luftverschmutzung oder Treib- hausgasemissionen. Wasser ist in weiten Teilen Chinas extrem knapp; die Grundwasserspiegel in vielen trockenen Regionen sinken; viele Seen, Flüsse und Küstengewässer sind zudem hochgra- dig mit Schadstoffen belastet. Die Verseuchung von Böden durch Pestizide und unzureichende Entsorgung von Industrieabfällen führt immer wieder zu Lebensmittelskandalen und Krankheits- fällen.

Lange Zeit wurden diese Probleme nicht als dra- matisch angesehen, da in China die Überzeugung verbreitet war, China könne sich „erst entwickeln, und dann aufräumen“. Dies hat dazu beigetragen, dass die ökologischen Standards eher niedrig an- gesetzt waren bzw. nur sehr unzureichend durch- gesetzt wurden. Niedrige Umweltstandards haben auf diese Weise auch zu den Erfolgen in China ge- fertigter Produkte im internationalen Preiswettbe- werb beigetragen. Geringe Umweltauflagen und damit günstigere Produktionskosten zählten zum Beispiel in den 1990er Jahren zu den Gründen für die fast vollständige Verlagerung der Gewinnung von Seltenen Erden nach China.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne,18.11.2013 www.die-gdi.de | www.facebook.com/DIE.Bonn | https://plus.google.com/

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Von grüner Industriepolitik zum Markt

Die letzten fünf Jahre der Hu-Wen-Dekade waren durch das große Konjunkturprogramm geprägt, das zur Bekämpfung der globalen Finanzkrise auf- gestellt worden war. Dieses Konjunkturprogramm wurde von einer Welle von industriepolitischen Dokumenten und Plänen begleitet, die unter an- derem darauf zielten, China für das Rennen um

„grüne“ Wettbewerbsfähigkeit zu rüsten. Deshalb wurden damit auch Sektoren wie erneuerbare Energien, Elektromobilität und andere umweltre- levante Technologien gefördert.

Die letzten Jahre haben gezeigt, wie problematisch Industriepolitik sein kann, wenn sie nicht markt- konform ist: Erstens führen in China industriepoli- tische Ansätze dazu, dass Staatsunternehmen ge- genüber Privatunternehmen in den betroffenen Branchen an Gewicht gewinnen (Bsp. Solarin- dustrie). Zweitens behindern die industriepoliti- schen Regelwerke innovatives Unternehmertum.

Sobald einer strategischen Industrie eine Indust- riepolitik gewidmet wird, ist sie noch stärker einer politischen bzw. administrativen Einmischung unterworfen, bedarf es noch mehr Lizenzen und Genehmigungen, um in dieser Industrie mitmi- schen zu können. Gerade innovativen Seitenein-

steigern oder Start-ups wird so der Einstieg in Umwelttechnologieindustrien erschwert, wie am Beispiel der Elektromobilität in China beobachtet werden konnte.

Nach dem Regierungswechsel im letzten Winter hat sich die neue chinesische Führung verbal schon von diesen industriepolitischen Ansätzen abzusetzen versucht und eher klassisch ordnungs- politische Ansätze betont: Abbau von Marktbar- rieren, fairer Wettbewerb und Gleichbehandlung von privaten und staatlichen Unternehmen. Diese Punkte werden auch im Abschlussdokument des 3. Plenums betont.

Es wird eine große Herausforderung für die Regie- rung sein, diese Ordnungspolitik in der Praxis durchzusetzen. Wenn ihr das gelingt, würde das weitreichende Folgen haben – für den Umwelt- schutz, aber auch für die Eindämmung der Macht der Staatsunternehmen. Zumindest für die Um- weltpolitik in China könnte sich erweisen, dass in der Vergangenheit nicht Marktversagen dominier- te, sondern Staatsversagen. Und so schlecht klingt

„ökologische Zivilisation“ ja auch gar nicht, nur ungewohnt. Wenn wir so etwas global hätten, wären internationale Klimaverhandlungen viel leichter… oder gar nicht notwendig.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne,18.11.2013 www.die-gdi.de | www.facebook.com/DIE.Bonn | https://plus.google.com/

Prof. Dr. Doris Fischer Universität Würzburg China Business and Economics

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