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OPUS 4 | Gesund alt werden -

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(1)

DEMOGRAPHISCHE ENTWICKLUNG

LEBENSBEDINGUNGEN LEBENSWEISEN

GESUNDHEIT KRANKHEIT PFLEGE

MEDIZINISCHE VERSORGUNG

Gesund alt werden –

Soziale und gesundheitliche Lage älterer Menschen

im Land Brandenburg

Beiträge zur Sozial- und

Gesundheitsberichterstattung Nr. 4

(2)

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Brandenburgischen Landesregierung herausgege- ben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwer- bung verwendet werden. Dies gilt für Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht so verwendet werden, dass es als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstan- den werden könnte. Den Parteien ist es jedoch gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer einzelnen Mitglie- der zu verwenden.

(3)

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

kaum ein Thema wird in den Medien so kontrovers diskutiert wie die demo- graphische Entwicklung: Während die Zahl der Geburten stagniert oder gar sinkt, steigt und steigt die Zahl älterer Menschen. In dieser Diskussion nei- gen viele zur Hysterie und andere schüren Ängste. Da mutieren Bücher über ein angebliches „Methusalemkomplott“ zu Bestsellern; und mancher

„Nachwuchspolitiker“ greift karrieresüchtig zu nassforschen Thesen über Generationengerechtigkeit und kolportiert eine angebliche Ausbeutung der Jungen durch die Alten. Alles ist falsch und das Thema viel zu ernst, als dass wir es mit Phrasen abspeisen sollten – denn dies schafft nur Verun- sicherung.

Dieser Report über die gesundheitliche und soziale Lage älterer Menschen in Brandenburg will zur Ver- sachlichung einer oft aufgeregten Debatte über die Zukunft des Sozialstaates beitragen. In Zusammen- arbeit mit dem Landesgesundheitsamt hat das MASGF Fakten ausgewertet und gibt damit einen um- fassenden Überblick über die Lebenslage älterer Menschen in unserem Land. Daraus ergeben sich die zentralen politischen Handlungsfelder der Landesregierung in der Gesundheits- und Sozialpolitik: Nicht nur in Brandenburg brauchen wir eine kinderfreundliche Familienpolitik; wir brauchen nicht nur soziale Betreuungseinrichtungen für ältere Menschen, sondern müssen auch ihre Fähigkeiten zur eigenstän- digen Bewältigung des Alltags stärken; wir brauchen ein bedarfsgerechtes Netz von Pflegeeinrichtungen und müssen die medizinische Versorgung auch in den ländlichen Regionen sicherstellen.

Das Umsetzen dieser Politikfelder fordert uns ganz besonders. Sind wir doch damit konfrontiert, wie in den peripheren Regionen des Landes die Bevölkerung ständig abnimmt, während der Anteil älterer Men- schen kontinuierlich wächst. Wir sind diesen Menschen ebenso verpflichtet wie jenen im Umland von Berlin. Wie diese haben sie ein gleiches Recht auf eine funktionierende soziale Infrastruktur. Deshalb brauchen wir differenzierte Angebote, die der regionalen Spezifik entsprechen, bezahlbar sind und die Umsetzung des rechtlichen Anspruchs gewährleisten. Das ist eine sehr schwere Aufgabe. Gelingen kann sie nur wenn alle verantwortlichen Institutionen im Gesundheits- und Sozialwesen eng zusammen- arbeiten. Dieser Report gibt mit seinen Daten und Fakten den Debatten zur demographischen Entwick- lung eine sachliche und solide Grundlage.

Dagmar Ziegler

Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg

(4)
(5)

1 Einleitung . . . . 7

2 Demographische Entwicklung . . . . 8

3 Lebensbedingungen und Lebensweisen älterer Menschen . . . . 14

3.1 Altern zwischen Familienleben und Alleinsein . . . 14

3.1.1 Haushalte und familiäre Ressourcen im Alter . . . 14

3.1.2 Zukünftige Entwicklung der Lebensformen älterer Menschen . . . 16

3.2 Einkommen im Alter . . . 17

3.2.1 Einkommensentwicklung und Situation . . . 17

3.2.2 Perspektiven für die Zukunft . . . 22

3.3 Wohnen im Alter . . . 23

3.3.1 Wohnen im Wohneigentum . . . 24

3.3.2 Wohnen zur Miete . . . 25

3.3.3 Subjektive Bewertung der Wohnsituation . . . 27

3.4 Erwerbstätigkeit älterer Menschen . . . 28

3.4.1 Das Leistungsspektrum älterer Beschäftigter ist anders . . . 30

3.4.2 Anforderungen an die Politik auf EU-, Bundes- und Landesebene . . . 31

3.5 Aktiv jenseits der Erwerbstätigkeit . . . 33

3.5.1 Freiwilliges Engagement . . . 33

3.5.2 Politische Mitwirkung . . . 35

3.5.3 Bildung . . . 36

3.5.4 Freizeitaktivitäten . . . 37

3.5.5 Sport und Bewegung . . . 37

4 Gesundheit und Krankheit . . . . 39

4.1 Gesundheit im Überblick . . . 40

4.1.1 Selbsteinschätzung der Gesundheit . . . 40

4.1.2 Lebenserwartung . . . 42

4.1.3 Todesursachen . . . 43

4.1.4 Krankenhausdiagnosen . . . 44

4.1.5 Wichtige Krankheiten . . . 44

4.1.6 Ein Blick in die Zukunft: Steigt die Zahl der Kranken mit der Alterung der Gesellschaft? . . . 51

4.1.7 Fazit zur Gesundheit im Alter . . . 51

4.2 Gesund alt werden – Gesundheitsverhalten, Prävention und Gesundheitsförderung . . . 52

4.2.1 Risikofaktoren . . . 53

4.2.2 Prävention und Vorsorgeuntersuchungen . . . 58

4.2.3 Menschenwürdig leben bis zuletzt . . . 63

4.3 Auf Hilfe angewiesen – Pflegebedürftigkeit und Behinderung im Alter . . . 64

4.3.1 Eckdaten der Pflegestatistik für das Land Brandenburg . . . 65

4.3.2 Brandenburg im Ländervergleich . . . 68

4.3.3 Prognose . . . 68

4.3.4 Wenn das Gedächtnis nachlässt – Demenz als häufige Ursache für Pflegebedürftigkeit . . . 70

Inhalt

(6)

5 Medizinische Versorgung alter Menschen . . . . 75

5.1 Ambulante Versorgung . . . 75

5.1.1 Hausärztliche Versorgung . . . 75

5.1.2 Ambulante fachärztliche Versorgung . . . 76

5.1.3 Maßnahmen zur Behebung des Ärztemangels in Brandenburg . . . 77

5.2 Stationäre Versorgung . . . 78

6 Literatur . . . . 81

7 Anhang/Service . . . . 85

(7)

„Es kommt ja nicht nur darauf an, wie alt wir werden, sondern wie wir alt werden: Es gilt, nicht nur dem Leben Jahre, sondern den Jahren Leben zu geben.“

Dr. Ursula Lehr, Altersforscherin, ehemalige Bun- desministerin für Jugend, Familie, Frauen und Ge- sundheit

Braucht das Land Brandenburg einen eigenen Alten- report? Steht nicht bereits in den vorhandenen vielen Gutachten und Expertisen der vergangenen Jahre alles drin, was auch für Brandenburg gilt? Sicherlich, den Trend zur Alterung der Gesellschaft gibt es überall, aber die Verhältnisse sind nicht in allen Ländern gleich.

Mehr noch, die Trends und Lebensverhältnisse unter- scheiden sich deutlich je nach Region im Land. Eine Altenpolitik muss die differenzierten Verhältnisse wahr- nehmen und dafür braucht es zunächst eine differen- zierte Beschreibung.

Wenn von alten oder älteren Menschen die Rede ist, werden im Alltag, in der Politik und in der Wissenschaft verschiedene Definitionen benutzt. Im vorliegenden Report sprechen wir von älteren Menschen ab etwa 55 Jahren, um die Lebensphase zum Ausgang des Arbeitslebens noch thematisieren zu können. Denn hier treffen Menschen für sich Entscheidungen, die das gesamte spätere Alter bestimmen können. Gleichzeitig sind viele Menschen in diesem Alter Objekt von Ent- scheidungen, die den Übergang in den so genannten Ruhestand bestimmen. Insbesondere Arbeitslosigkeit und gebrochene berufliche Karrieren spielen hier eine wichtige Rolle für die ökonomischen und gesundheit- lichen Ressourcen, die in das spätere Alter mitgenom- men werden.

In den Alternswissenschaften unterscheidet man ein drittes und viertes Lebensalter. Das dritte Lebensalter gilt als historisch relativ neu und beinhaltet die erste Phase nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben.

In dieser Phase erfreuen sich die meisten Menschen durchaus guter Gesundheit, sie sind mobil, aufge- schlossen und leistungsfähig. Mit der vierten Lebens- phase ist die Hochaltrigkeit gemeint. Dieser Lebensab- schnitt beginnt mit etwa 80 Jahren. Ein wachsender Teil der Menschen erreicht dieses Alter, muss dann aller-

dings mit zunehmend mehr Einschränkungen in der Gesundheit und allen anderen alltäglichen Lebensvoll- zügen rechnen. Als unsere Urgroßeltern jung waren, war die Unterscheidung in ein drittes und viertes Lebensalter nur für wenige Menschen sinnvoll. Heute dagegen errei- chen immer mehr Menschen das Ende des Arbeits- lebens in weit besserer Gesundheit – und teilweise auch deutlich früher – als noch vor Jahrzehnten.

Von Geburt an wächst die Unterschiedlichkeit zwischen den Menschen, ein Prozess, der sich im Alter noch ver- tieft. Unterschiedlichkeit geht mit Ungleichheit einher, wobei soziale Faktoren mit der Ungleichheit gewöhnlich Hand in Hand gehen. Wegen der engen Verbindung zwischen den sozialen Verhältnissen und der Gesund- heit, sind Soziales und Gesundheit auch in der Bericht- erstattung des Landes Brandenburg eng verbunden.

Der vorliegende Report verfolgt mehrere Ziele:

1. Beschreibung der gesundheitlichen und sozialen Lage der älteren Bevölkerung im Land Branden- burg, wobei Vergleiche das Verständnis erleichtern sollen – Vergleiche mit anderen Bundesländern, landesinterne und zeitliche Vergleiche sowie künf- tige Entwicklungslinien.

2. Identifizierung von aktuellen und künftigen Kern- problemen und des Handlungsbedarfs für die Gesundheits- und Sozialpolitik, aber auch von Bereichen, in denen ältere Menschen selbst für sich und andere mitwirken können.

Einleitung 1

Handlungsprioritäten nach dem Weltaltenplan der Vereinten Nationen:

• Soziale Teilhabe älterer Menschen, politische Vertretung und soziale Integration

• Solidarität zwischen den Generationen

• Abwanderung junger Menschen und die Auswir- kungen auf die Älteren

• Schutz älterer Menschen vor Missbrauch und Gewalt

• Größere Aufmerksamkeit für ältere Menschen in ländlichen Regionen

• Gesundheitsförderung für ältere Menschen.

United Nations (2002). International Plan of Action on Ageing. Second World Assembly on Ageing.

(8)

Gegenwärtig leben in Brandenburg etwa 1,30 Mio. Frau- en und 1,27 Mio. Männer. Davon sind 187.000 Frauen und 98.000 Männer über 70 Jahre (LDS 2003, mittlere Bevölkerung). Bereits seit Jahren ändert sich die Zusammensetzung der Bevölkerung. Der Anteil älterer Bürger steigt und der Anteil jüngerer sinkt.

Wir benutzen hier absichtlich nicht den negativ getön- ten Begriff Überalterung, denn aus demographischer Sicht gibt es keine Norm für einen „richtigen“ Bevölke- rungsaufbau.

Die gestiegene Lebenserwartung und besonders die zurückgegangenen Geburtenzahlen haben zu erheb- lichen Verschiebungen zwischen den Altersklassen geführt. Beide Faktoren werden auch künftig den

Altersaufbau verändern (Abbildung 1). Die Bevölke- rungsprognose zeigt die Alterung der Gesellschaft.

Die „Babyboomer“, die geburtenstarken Jahrgänge aus den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, werden um das Jahr 2020 herum als 55- bis 65-Jäh- rige den größten Anteil der Bevölkerung ausmachen.

Die Darstellung zeigt, dass die vor dem 2. Weltkrieg geborenen Jahrgänge die große Gruppe der Hochal- trigen bilden werden.

Die Landesregierung Brandenburgs befasst sich seit Jahren mit den Folgen der demographischen Ver- änderungen. Ein erster, zurzeit in der Fortschrei- bung befindlicher „Bericht der Landesregierung zu den Auswirkungen der demographischen und wirt- schaftsstrukturellen Veränderungen in Brandenburg“

wurde unter Leitung der Staatskanzlei von einer res- sortübergreifenden Arbeitsgruppe erarbeitet und vom Kabinett am 17. Februar 2004 verabschiedet (www.stk.brandenburg.de). Demnach werden die Veränderungen in der Altersstruktur und der Bevöl- kerungsrückgang, einschließlich der damit einherge- henden strukturellen Veränderungen, in allen Teilräu- men des Landes erhebliche Auswirkungen haben.

Diese Entwicklungen gehen mit Veränderungen der

2 Demographische Entwicklung

Die Brandenburger Bevölkerung altert. Noch gehört Brandenburg aber im Bundesvergleich zu den

„jungen Ländern“. Der berlinnahe Raum wird in den nächsten Jahren ein ausgeglicheneres Verhält- nis zwischen Jung und Alt haben als der äußere Entwicklungsraum. Dort wird die Alterung der Be- völkerung zu einer großen Herausforderung für die Sozial- und Gesundheitspolitik werden.

Abbildung 1: Bevölkerungsaufbau in Brandenburg 2003 und Prognose für 2020.

Quelle: Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik

(9)

sozialen Zusammensetzung der Gesellschaft einher und werden sich auch auf die zwischenmenschliche Kommunikation und auf das soziale Handeln eben- so auswirken wie auf die Wirtschaft, den Arbeits- markt und die Infrastruktur des Landes.

Die Bevölkerung Brandenburgs wird sich insgesamt verringern, aber die Reduzierung wird regional unter- schiedlich stark ausfallen. Nach den Daten der Bevöl- kerungsprognose werden die berlinfernen Regionen wesentlich mehr Einwohner verlieren. Die kreisfreie Stadt Potsdam wird sogar wachsen (Abbildung 2).

Ein Kennwert, der die wirtschaftlichen Zusammenhän- ge der demographischen Veränderungen anschaulich macht, ist der Altenquotient. Dieser gibt das quantita- tive Verhältnis der älteren Bevölkerung (65 Jahre und älter) zur Erwerbsbevölkerung (20 – 64 Jahre) an und gibt Hinweise, in welchem Ausmaß die Wirtschaftskraft erwerbsfähiger Personen für ältere, aus dem Erwerbs-

leben ausgeschiedene Personen mit aufkommen muss.

Dieser Indikator ist allerdings insofern problematisch, als nicht nur die über 65-jährigen und unter 20-jährigen Personen ihren Lebensunterhalt aus dem von den Erwerbstätigen erwirtschafteten Sozialprodukt bezie- hen, sondern auch nicht im Erwerbsleben stehende Personen im erwerbsfähigen Alter (z. B. Studenten, Arbeitslose, Vorruheständler).

1990 lag der Altenquotient bei knapp 20, d. h., 20 älte- re Bürger standen 100 Erwerbsfähigen gegenüber. Im Jahr 2003 lag der Altenquotient bereits bei 28. Nach der Bevölkerungsprognose des Landesbetriebes für Datenverarbeitung und Statistik und des Landesum- weltamtes Brandenburg (LDS und LUA 2004) wird erwartet, dass der Altenquotient bis zum Jahr 2009 auf etwa 34 ansteigt, dann auf einem Niveau bleibt und ab 2014 bis 2020 auf 42 erneut ansteigt (Abbildung 3).

Dann stehen 42 ältere Menschen 100 Erwerbsfähigen gegenüber.

Abbildung 2: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in den kreisfreien Städten und Landkreisen Brandenburgs 2003 bis 2020.

Quelle: LDS und LUA Brandenburg 2004, eigene Berechnungen.

(10)

Gegenwärtig fällt der Altenquotient für Brandenburg im Vergleich der Bundesländer niedrig aus. Hierbei muss man aber beachten, dass der Geburtenrückgang nach der Wende in diesem Bundesvergleich noch nicht zum

Ausdruck kommen kann. In Zukunft wird der Altenquo- tient in Brandenburg, wie in den anderen neuen Bundesländern auch, höher ausfallen.

Abbildung 3: Altenquotient in Brandenburg 1990 – 2003 und Prognose 2004 – 2020 (Anteil der älteren Bevölkerung (65 Jahre und älter) an der Erwerbsbevölkerung (20 – 64 Jahre)).

Quelle: LDS und LUA Brandenburg 2004

Abbildung 4: Altenquotient 2003 nach Bundesländern.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Quoten: eigene Berechnung

(11)

Die Alterung der Gesellschaft ist zwar ein universeller Trend, doch gibt es eine unterschiedliche Entwicklung in den berlinnahen- und fernen Regionen. In beiden Räumen des Landes wird der Anteil der älteren Be- völkerung steigen, aber im äußeren Entwicklungsraum wird der Anstieg größer sein als im engeren Verflech- tungsraum (Abbildung 5). Die Zahl Hochaltriger wird kontinuierlich wachsen. Die Zahl der jüngeren Alten (65 bis 79 Jahre) wird nach 2010 im engeren Verflech- tungsraum stabil bleiben und im äußeren Entwick- lungsraum sogar abnehmen. Diese unterschiedliche Entwicklung wird verständlich, wenn man den Bevölke- rungsaufbau betrachtet (vgl. Abbildung 1 zum Bevölke- rungsaufbau). Hier wirken sich die Geburtenrückgänge im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg aus (demo- graphische Echos).

Die Unterscheidung in den engeren und äußeren Raum Brandenburgs weist bereits darauf hin, dass die Alterung in den Land- und Stadtkreisen in den kom- menden Jahren unterschiedlich ausfallen wird. Land- kreise, die an Berlin angrenzen und gleichzeitig An- teile am äußeren Entwicklungsraum aufweisen, wer-

den hinsichtlich der Alterung eine ungleiche Entwick- lung zu verarbeiten haben. In den Kennwerten eines solchen Kreises allein wird diese Ungleichheit eher verdeckt. Aber auch bei den großen Landkreisen im peripheren Raum ist eine heterogene Entwicklung absehbar. Letztlich muss für viele Fragen und Planun- gen eine kleinräumigere Analyse zu Grunde gelegt werden.

Der Altenquotient lag in Brandenburg z. B. im Jahr 2001 zwischen 23 in Barnim und 30 in der Prignitz. Für 2020 zeigt die Prognose, dass Brandenburg an der Havel und weitere Landkreise im äußeren Raum Bran- denburgs die höchsten Altenquotienten (fast 50) auf- weisen werden (Abbildung 7). Potsdam dagegen wird 2010 und 2020 den niedrigsten Altenquotienten haben (29 und 32).

Neben den regionalen und altersgruppenspezifischen Unterschieden gibt es auch geschlechtsspezifische Differenzen in der demographischen Entwicklung. Die Zahl der älteren Frauen übertrifft die der älteren Män- ner. Dies gilt bereits für die jüngeren Alten. Aber Abbildung 5: Prognose der Anzahl älterer Bürger im engeren Verflechtungsraum und äußeren Entwicklungsraum.

Quelle: Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg 2002 – 2020

(12)

besonders groß ist die Diskrepanz bei den Hochal- trigen (Abbildung 6). Diese Thematik wird in Kap. 3, wo es u. a. um Lebensformen geht, noch einmal aufge- griffen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen:

• Die Zahl der jüngeren Alten (65 – 79 Jahre) steigt im engeren Verflechtungsraum bis etwa 2010 steil an, zwischen 2010 und 2020 ist dann nur noch ein schwacher Zuwachs zu erwarten.

• Im äußeren Entwicklungsraum steigt die Zahl der jüngeren Alten (65 – 79 Jahre) ebenfalls bis etwa zum Ende des Jahrzehnts steil an, zwischen 2010 und 2020 sinkt die Zahl dann aber wieder.

• Die Zahl der Hochbetagten wächst in beiden Räu- men kontinuierlich und wird sich bis 2020 in beiden Teilen des Landes verdoppeln.

• Es gibt wesentlich mehr ältere Frauen als Männer, dies gilt vor allem für die Hochbetagten.

• Die Städte Potsdam und Brandenburg a. d. H. neh- men unter allen Landkreisen und kreisfreien Städ- ten entgegengesetzte Positionen ein. Potsdam wird den niedrigsten Altenquotienten aufweisen, Brandenburg a. d. H. den höchsten.

Die Daten zur demographischen Entwicklung zeigen, dass der Handlungsdruck zum Erhalt angemessener Lebensbedingungen für die älteren Bürger in den äuße- ren Regionen des Landes ungleich stärker ausfällt. Es wird nicht nur um quantitative Veränderungen gehen (z. B. Verringerung im Angebot von Dienstleistungen für die Bürger), sondern auch um qualitative Veränderun- gen (z. B. neue Formen von Dienstleistungen).

Innovationen für periphere Regionen mit Be- völkerungsrückgang

Die Lebensqualität, Gesundheit und soziale Integra- tion der Bürger sind nicht per se durch die zuneh- mend dünnere Besiedlung der Randregionen Bran- denburgs gefährdet. Skandinavische Länder bieten in noch dünner besiedelten Landesteilen eine quali- tativ hochwertige Versorgung und ein reges öffent- liches Leben. Aber innovative Maßnahmen und systematische Planungen sind nötig. Im Rahmen eines raumordnerischen Modellvorhabens des Bun- des erarbeitet die Region Lausitz-Spreewald seit 2002 Strategien für ländlich-periphere Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang (www.regionale- anpassung.de).

Abbildung 6: Ältere Männer und Frauen in Brandenburg – jüngere Vergangenheit und Prognose.

Quelle: Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg 2002 – 2020; LUA und LDS Brandenburg 2004

(13)

Abbildung 7: Unterschiedliche Entwicklung in den Kreisen – Altenquotient 2002 und Prognose 2010 sowie 2020.

Quelle: Bevölkerungsprognose 2004; LUA und LDS Brandenburg

(14)

3.1 Altern zwischen Familienleben und Alleinsein Die meisten älteren Menschen leben im eigenen Haushalt. Für Männer bleibt bis ins hohe Alter der Mehrpersonenhaushalt die typische Lebensform.

Frauen leben ab dem 75. Lebensjahr meistens im Einpersonenhaushalt. Regelmäßiger Kontakt zu den erwachsenen Kindern und gegenseitige Unterstüt- zung gehören zum Alltagsleben.

Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels (vgl. Kap. 2), stellt sich die Frage, wie sich der Alltag und das Lebensumfeld älterer und alter Menschen heute und in Zukunft gestaltet. Eine entscheidende soziale Ressource für die Lebensgestaltung ist das private soziale Netzwerk. Hierbei ist vor allem die Beziehung zu den nächsten Angehörigen bedeutsam (Kruse & Wahl 1999). Die Familie spielt im Leben alter Menschen sowohl für unmittelbare Hilfestellungen als auch für den geselligen Austausch und die Anteilnah- me eine zentrale Rolle. Darüber hinaus zeigt die so- zialwissenschaftliche Netzwerkforschung, dass gerade das weitere soziale Netz – Nachbarn, Freunde, Be- kannte – einen großen Einfluss auf die Lebensqualität und Hilfeleistung in Krisensituationen hat.

Die Familien- und Haushaltsstruktur wird zum einen durch den Altersaufbau der Bevölkerung und zum anderen durch Ereignisse wie Heirat, Scheidung, Weg- zug der Kinder und Verwitwung geprägt.

3.1.1 Haushalte und familiäre Ressourcen im Alter Wie bereits beschrieben, ist die Zahl der älteren Menschen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. 2003 waren in Brandenburg bereits mehr als jeder fünfte Mann (22 %) und mehr als jede vierte Frau (29 %) 60 Jahre alt und älter.

Die meisten älteren Menschen leben im eigenen Haushalt oder in einem Haushalt mit nahe stehen- den Personen zusammen.

Nur 4 % der älteren Menschen ab 65 Jahren leben in Pflegeheimen oder ähnlichen Einrichtungen. Erst im hohen Alter gewinnt das Leben im Heim quantitativ an Bedeutung: So leben gegenwärtig von den 65- bis

75-Jährigen ca. 1 % in Pflegeeinrichtungen, bei den 75- bis 85-Jährigen ca. 5 % und bei den 85-Jährigen und Älteren über 20 % (vgl. Kap. 4.3).

Familienleben oder allein leben

Die häufigsten Haushaltsformen im Alter sind Ein- und Zweipersonenhaushalte. Erst im hohen Alter steigt die Zahl der Älteren in Dreipersonenhaushalten leicht an (vgl. Abbildung 8). Dies geht teilweise darauf zurück, dass die Senioren nach dem Verlust des Ehepartners oder bei Krankheit von der Familie aufgenommen wer- den. Der Einpersonenhaushalt wird aber mit zuneh- mendem Alter zur häufigsten Haushaltsform (bei den über 85-Jährigen über 50 %).

Es existieren jedoch Unterschiede zwischen den Geschlechtern und einzelnen Altersgruppen: So führen in Brandenburg 2003 insgesamt 43 % der Frauen ab 65 Jahren einen Einpersonenhaushalt, gegenüber 14 % der Männer (LDS Mikrozensus 2003, eigene Berechnungen).

Wie die Abbildung 9 zeigt, ist für Frauen in Branden- burg ab 75 Jahren der Einpersonenhaushalt die bestimmende Lebensform. Für Männer bleibt auch mit steigendem Alter der Zwei- bzw. Mehrpersonenhaus- halt die häufigste Lebensform. Hauptursache dafür ist, dass verheiratete Frauen im Durchschnitt ein weit höheres Verwitwungsrisiko haben als verheiratete Männer. Dies liegt wiederum zum einen an der höhe- ren Lebenserwartung von Frauen (ca. 6 Jahre Diffe- renz) und zum anderen daran, dass bei Ehepaaren die Frau meist jünger ist als der Mann. Die Zahl und der Anteil geschiedener älterer allein lebender Männer (und Frauen) wird in Zukunft jedoch zunehmen, da die Scheidungsrate in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen ist, auch bei langjährigen Ehen.

Unterstützung innerhalb der Familie

Der Anteil der älteren Bevölkerung, der in Haus- halten gemeinsam mit zwei und mehr Generationen zusammenlebt, ist seit Jahrzehnten rückläufig. So leb- ten im Jahr 2000 von den über 60-Jährigen nur 13 % mit einer weiteren Generation im Haushalt zusammen.

In den meisten Fällen waren das die eigenen erwach- senen Kinder. In den neuen Bundesländern gibt es

3 Lebensbedingungen und Lebensweisen

älterer Menschen

(15)

häufiger Mehrgenerationenkonstellationen als in den alten Bundesländern. Konkret: Es gibt mehr Groß- eltern. Dies liegt an der in Ostdeutschland bis Ende der 80er Jahre selteneren Kinderlosigkeit sowie am niedrigen Familiengründungsalter. So waren z. B. in den neuen Bundesländern 1996 von den 55- bis 69- Jährigen 76 % Großeltern, im früheren Bundesgebiet nur 52 % (DZA 1996).

Auch die mittlere Generation (40- bis 54-Jährige) ist in Ostdeutschland seltener kinderlos. So hatten in Ost- deutschland im Jahr 1996 von den 40- bis 54-Jährigen 94 %, im Westen nur 86 % Kinder. Das heißt, dass sich

zumindest in den nächsten zwei Jahrzehnten nur wenig verändern wird: Erwachsene Kinder werden auch in naher Zukunft eine wichtige soziale Ressource im Alter bleiben.

Der überwiegende Teil der älteren Generation pflegt den regelmäßigen Kontakt zu den erwachsenen Kin- dern. 85 % der älteren Menschen, deren erwachsene Kinder außerhalb des Haushalts leben, haben einmal in der Woche oder öfter Kontakt zu ihren Kindern. Die Zahlen sprechen für eine stabile Beziehungsstruktur zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern (Adolph & Heinemann 2002).

Abbildung 8: Haushaltstypen nach Alter im Land Brandenburg 2003.

Quelle: Mikrozensus 2003 des LDS Brandenburg und eigene Berechnungen

Abbildung 9: Einpersonenhaushalte nach Alter und Geschlecht im Land Brandenburg 2003.

Quelle: Mikrozensus 2003 des LDS Brandenburg und eigene Berechnungen

(16)

Außerfamiliäre informelle Netzwerke

Im Gegensatz zum familiären Beziehungsnetz beru- hen außerfamiliäre Netzwerke auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Es geht um gegenseitige Hilfeleistungen, gemeinsame Freizeitbeschäftigungen und Informa- tionsaustausch. Das informelle Hilfesystem besteht aus Freunden, Nachbarn und Bekannten und wird im Alter immer wichtiger für die soziale Integration und die Lebensqualität. Wie aus den Daten der Repräsenta- tivumfrage zur Messung der individuellen Wohlfahrt und Lebensqualität in Deutschland (Wohlfahrtssurvey 1998; Adolph & Heinemann 2002) hervorgeht, ist in Ostdeutschland der Anteil derjenigen, die keine Freun- de haben, auch schon in der Gruppe der 55- bis 70-Jährigen mit 22 % überdurchschnittlich hoch. Die durchschnittliche Anzahl der engen Freunde nimmt mit dem Alter in beiden Landesteilen ab.

Auch wenn das Netzwerk aus Freunden im Alter kleiner wird, nimmt die Intensität der Freundschaften gemessen an der Häufigkeit der Kontakte mit Freun- den keineswegs ab. Im Gegenteil, die älteren Perso- nen über 70 Jahre, treffen sich häufiger als die 55- bis 69-Jährigen (Adolph & Heinemann 2002).

3.1.2 Zukünftige Entwicklung der Lebensformen älterer Menschen

Der Kontakt der älteren Menschen zu ihren Kindern wird künftig durch zum Teil beträchtliche Entfernungen und zeitliche Beschränkungen begrenzt werden. Die Ursachen dafür liegen im arbeitsmarktbedingten Weg- zug der jüngeren Generationen, und hierbei wiederum besonders der jungen Frauen, aus den strukturschwa-

chen Regionen Brandenburgs. Seit Anfang der 1990er Jahre bleiben immer mehr Frauen kinderlos und die- jenigen, die Kinder bekommen, sind im Durchschnitt fast 29 Jahre alt. In weiterer Zukunft werden daher alte Menschen auf weniger familiäre Ressourcen bzw.

Unterstützung zurückgreifen können.

In den kommenden vier Jahrzehnten wird es, nach einer Prognose des Bundesinstituts für Bevölkerungs- forschung (BMFSFJ 2001) zu beträchtlichen Verände- rungen bei den Haushaltsformen kommen, besonders ausgeprägt sind die Veränderungen für die Männer.

Der Anteil der allein lebenden Männer (65 – 79 Jahre) wird sich bis 2040 aufgrund der Zunahme lediger und geschiedener allein lebender Männer verdoppeln. Und durch das Auslaufen kriegsbedingter Einflüsse wird die Zahl der allein lebenden Witwen erheblich zurückge- hen (Abbildung 10).

In naher Zukunft werden immer mehr die geburtenstar- ken Jahrgänge der Nachkriegszeit die Lebensformen im Alter prägen. Von diesen haben sehr viele geheira- tet und sie werden auch als ältere Menschen häufig verheiratet sein. Allerdings wird der Anteil der kinderlos bleibenden Frauen ab den Geburtsjahrgängen der 50er Jahre zunehmen. Laut neueren Schätzungen wird ca. ein Viertel der 1965 geborenen Frauen in Deutschland (Westen: 28 %, Osten: 23 %) keine Kin- der haben (Dorbritz 2001). Es ist also abzusehen, dass in Zukunft die soziale Ressource „Kinder“ im Alter schwächer werden wird. Diese Entwicklung kann nur durch ein starkes außerfamiliales Netzwerk kompen- siert werden.

Tabelle 1: Außerfamiliäre soziale Kontakte, 1998 (Noll & Schöb 2002)

55 – 69 Jahre 70 Jahre und älter

West Ost West Ost

Keine Freunde 17% 22% 28% 28%

Gute Kontaktmöglichkeiten 83% 76% 71% 57%

Treffen mit Freunden:

Täglich 9% 7% 14% 19%

Einmal pro Woche 40% 34% 52% 37%

Einmal pro Monat 35% 44% 32% 36%

(17)

3.2 Einkommen im Alter

Das Einkommen der Rentnerhaushalte wird in Bran- denburg, wie in den anderen neuen Ländern auch, vor allem durch die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) bestimmt. Hier sind die Einkommen in den letzten 14 Jahren stark gestiegen. Die gegenwärtig relativ günstige wirtschaftliche Lage der Rentnerin- nen und Rentner spiegelt sich auch darin, dass nur 1 % der über 65-Jährigen Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz erhält. Die künftigen Rent- nergenerationen werden aber geringere Leistungs- ansprüche erworben haben.

3.2.1 Einkommensentwicklung und Situation Das Einkommen im Alter kann sich aus unterschied- lichen Quellen zusammensetzen. Bestimmt wird es durch die Lebensphasen zuvor und hier insbesondere durch die Erwerbstätigkeit. Jede Form der monetären Altersvorsorge in Deutschland basiert auf dem Erwerb von Ansprüchen über Beitrags- bzw. Prämienzahlung, wofür ein entsprechendes Einkommen erforderlich ist.

Dieses wird in der Regel über Berufstätigkeit erzielt und basiert für die überwiegende Zahl der Erwerbstätigen auf einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.

Die Entscheidungen und die Spielräume über den Konsum und das Sparen in den vor der Verrentung lie- genden Lebensphasen sind ebenfalls bestimmend für die Lebenslage im Alter. So führt eine relativ niedrige Sparquote bzw. mangelnde Sparfähigkeit nicht zu einem entsprechend geringen Kapital- oder Sozialver- mögen, aus dem im Alter Einkommen gezogen werden kann.

Zur Beschreibung der gegenwärtigen Situation sei zunächst ein Überblick über die Einkommen von Haus- halten älterer Menschen in einem Ost-West-Vergleich gegeben. Dabei ist zu beachten, dass die Einkom- menssituation nur von Rentnerhaushalten verglei- chend dargestellt wird. Die im Durchschnitt finanziell wesentlich besser gestellten Beamtenhaushalte wer- den bei dieser Betrachtung nicht berücksichtigt. Sie sind in Ostdeutschland vergleichsweise selten. Die absoluten sowie relativen Werte der verschiedenen Einkünfte sind für West- und Ostdeutschland in der Tabelle 2 angegeben.

Abbildung 10: Prognose von Einpersonenhaushalten nach Geschlecht und Alter in Deutschland.

Quelle: BMFSFJ 2001

(18)

Der Ost-West-Vergleich zeigt einige typische Struktur- merkmale der Alterseinkünfte. In Ostdeutschland sind die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Anteil von ca. 86 % für die Lebenslage im Alter von zentraler Bedeutung. Andere Einkommen aus öffentlichen und nichtöffentlichen Transferzahlun- gen sowie Einnahmen aus Vermögen spielen in Ost- deutschland im Vergleich zu Westdeutschland eine eher untergeordnete Rolle. Die ergänzenden Systeme der Altersvorsorge sind in Ostdeutschland schwächer.

Dies geht darauf zurück, dass die Anwartschaften aus DDR-Erwerbsbiographien in die gesetzliche Renten- versicherung übertragen wurden. Die ergänzenden Systeme der betrieblichen und privaten Altersvorsorge wurden aber erst im Laufe der 90er Jahre eingeführt.

Über diesen kurzen Zeitraum wurden nur geringe Ansprüche erworben.

Die durchschnittlichen Zahlungen der gesetzlichen Ren- tenversicherung in Ostdeutschland fallen nicht zuletzt durch die zumeist langen und kontinuierlichen Erwerbs- biographien zu DDR-Zeiten um fast 150 Euro im Monat höher aus als in Westdeutschland. Insgesamt liegen die Haushaltsbruttoeinkommen der Rentner in Ostdeutsch- land jedoch erheblich niedriger als in Westdeutschland, was durch die geringeren „sonstigen Transferzahlun- gen“ (insbesondere Zusatzversorgungen und Betriebs- renten) bedingt ist. Grundsätzlich ist jedoch zu der heuti- gen Situation festzustellen: Seit der Vereinigung hat es in Ostdeutschland eine beträchtliche Verbesserung der Einkommenssituation von älteren Menschen sowohl in absoluten als auch in relativen Beträgen gegeben.

Der Grund hierfür liegt in der Entwicklung der Leistun- gen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zum Tabelle 2: Der Anteil der wichtigsten Einkommensquellen sowie das durchschnittliche Bruttoeinkommen von Rent- nerhaushalten pro Monat im 1. Halbjahr 2003 (Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundes- amtes aus dem 1. Halbjahr 2003).

Einkunftsquelle1 West Ost West Ost

In Prozent In Euro

(Brutto-)Renten der gesetzlichen Rentenversicherung 65,3 85,7 1.253 1.408

Wohngeld/Sozialhilfe 0,4 0,4 7 6

sonstige Einkommen aus öffentlichen Transferzahlungena) 9,3 4,7 178 78 Einkommen aus nichtöffentlichen Transferzahlungenb) 11,0 2,4 211 39

Einnahmen aus Vermögenc) 8,6 3,3 165 55

Bruttoeinkommen aus Erwerbstätigkeit 5,3 3,4 102 56

sonstige Einkünfte 0,2 0,1 4 1

Haushaltsbruttoeinkommen ohne unterstellte Mietzahlungen 100,0 100,0 1.920 1.643

1 Anmerkungen: Als Rentnerhaushalt werden gemäß amtlicher Statistik die Haushalte bezeichnet, deren Bezugsperson über- wiegend Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Als Bezugsperson gilt diejenige in einem Haushalt, die anteilsmäßig das höchste Einkommen erzielt.

a) Diese Transferzahlungen umfassen vor allem Renten der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und der gesetzlichen Unfallversicherung, Pflegegeld, laufende Übertragungen der Arbeitsförderung, Arbeitslosenhilfe, Kindergeld, Mutterschafts- geld, Erziehungsgeld und BAföG.

b) Hierzu gehören insbesondere Werks- und Betriebsrenten, Leistungen aus privaten Versicherungen sowie die Unterstützung von anderen privaten Haushalten.

c) Ohne unterstellte Mietzahlungen für selbstgenutzten Wohnraum: diese betrugen 264 EUR in West- und 102 EUR in Ost- deutschland.

(19)

einen wurden diese durch die so genannte „Renten- überleitung“ angehoben, zum anderen waren die Ren- tenanpassungssätze in den nachfolgenden Jahren sehr hoch. Ferner wurden in Ostdeutschland die Son- der- und Zusatzrentensysteme, deren Empfänger in Westdeutschland entweder Beamtenpensionen oder aber Renten aus der Zusatzversorgung des öffent- lichen Dienstes erhalten würden (Mitarbeiter des ehe- maligen Staatsapparats der DDR), aus überwiegend finanzpolitischen Gründen im Rahmen der Renten- überleitung in die gesetzliche Rentenversicherung integriert. Die höheren Anpassungssätze und Anspruchsgrundlagen führten dazu, dass die laufen- den Renten wegen Alters oder verminderter Erwerbs- fähigkeit in Ostdeutschland zum 1. Juli 2003 um 5,1 % (Männer) bzw. 37,6 % (Frauen) über den vergleichba- ren Renten der Männer und Frauen in Westdeutsch- land lagen (vgl. Abbildung 11).

Das durchschnittliche Einkommen ostdeutscher Rentnerhaushalte ist geringer als im Westen, da sie seltener und geringere Einkünfte aus anderen Ein- kunftsquellen haben, wie z. B. Betriebsrenten oder Kapitaleinkünften.

In der Abbildung 12 sind die durchschnittlichen Gesamtrentenzahlbeträge von Versichertenrenten angegeben, einschließlich einer Differenzierung nach Kreisen und kreisfreien Städten.

Der durchschnittliche Gesamtrentenzahlbetrag von Renten in Brandenburg liegt etwas niedriger als in Ost- deutschland insgesamt, ist aber höher als das west- deutsche Niveau. Die Differenzierung nach kreisfreien Städten und Landkreisen zeigt Unterschiede innerhalb des Landes auf. Den höchsten Durchschnittswert weist Potsdam mit 981 Euro und den niedrigsten Ostprignitz- Abbildung 11: Durchschnittliche Zahlbeträge der Versichertenrenten am jeweiligen Anpassungstermin.

Quelle: VDR 2003

(20)

Ruppin mit 859 Euro auf, die Spannbreite beträgt 122 Euro. Dieser Unterschied in den Durchschnitts- werten ist auch in einem Gefälle zwischen den süd- lichen und den nördlichen Landesteilen Brandenburgs zu beobachten. Ursache für den durchschnittlich höhe- ren Gesamtzahlbetrag von Renten in den südlichen Landesteilen ist wahrscheinlich mit dem Braunkohle- tagebau und der deswegen höheren Industrialisierung verbunden, wogegen der Norden eher landwirtschaft- lich geprägt ist und damit häufig auch niedrigere Ein- kommen erzielt werden.

Diese Durchschnittswerte enthalten keine Informatio- nen über die Streuung oder über die Anzahl von niedri- gen oder überdurchschnittlich hohen Renten. Um hier- zu einen Einblick zu erhalten, muss auch die Vertei- lung der Rentenzahlbeträge betrachtet werden. Diese ist für Brandenburger Rentnerinnen und Rentner in der Abbildung 13 dargestellt.

Es zeigen sich erhebliche Verteilungsdifferenzen des Rentenzahlbetrages zwischen Männern und Frauen. So ist z. B. der Anteil der Rentnerinnen, die unter 500 Euro im Monat Rente beziehen, mit 13,7 % wesentlich höher als der Anteil der Rentner mit 4,6 %. Fast bei der Hälfte der Frauen liegt der Rentenzahlbetrag zwischen 500 und 900 Euro, die Hälfte der Männer liegt mit 900 bis 1.300 Euro im Monat dagegen deutlich höher.

Ungleichheit: Männer haben höhere Renten als Frauen.

Auch wenn der Gesamtrentenzahlbetrag unter 500 Euro liegt, bedeutet dies nicht unmittelbar Bedürftigkeit nach dem Grundsicherungsgesetz. Die jeweilige Person kann z. B.

• mit einer oder mehreren anderen Personen eine Haushaltsgemeinschaft bilden und / oder

• neben der eigenen Rente auch weitere Einkünfte, z. B. eine Witwen- oder Witwerrente beziehen.

Abbildung 12: Durchschnittlicher Gesamtrentenzahlbetrag von Inlandsrentnern der gesetzlichen Rentenversiche- rung, Bestand am 1. Juli 2003 (ohne Waisenrentner), in Euro pro Monat, Personenbetrachtung.

Quelle: VDR Sonderauswertung

(21)

Altersarmut ist in Brandenburg selten. Lediglich 1,0 % der 460.011 Personen, die älter als 65 Jahre sind, erhalten Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (vorläufige Angaben der Empfänger von bedarfsorien- tierter Grundsicherung am 31. Dezember 2003, LDS Brandenburg). Allerdings sind die Anteile in den jeweili-

gen Verwaltungsbezirken unterschiedlich hoch, wie der folgenden Tabelle entnommen werden kann.

Besonders hohe Anteile liegen mit 2,1 % in Potsdam vor, gefolgt von Ostprignitz-Ruppin mit 1,7 % und Frankfurt/Oder mit 1,6 %. Besonders niedrige Werte liegen für Märkisch-Oderland mit 0,4 % vor.

Abbildung 13: Verteilung des Gesamtrentenzahlbetrags in Euro von Rentnerinnen und Rentnern am 1. Juli 2003 in Brandenburg nach Geschlecht.

Quelle: Sonderauswertung des VDR

(22)

Prinzipiell lässt sich für die älteren Menschen in Bran- denburg festhalten, dass ihre materielle Situation im Vergleich zu der von Erwerbstätigen sicher ist, da sie

• einen kontinuierlichen Mittelzufluss haben, der ein materielles Auskommen für die überwiegende Zahl der Haushalte gewährleistet

• nicht von der Entwicklung der Kapital- und Arbeits- märkte abhängig und

• insbesondere vom Problem der Arbeitslosigkeit nicht betroffen sind.

Dennoch besteht ein Grund zur Besorgnis: Die älteren Personen sind vom Abbau des Leistungsniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie in den ande- ren sozialen Sicherungssystemen betroffen. Zudem sind die älteren Menschen im Ruhestand im Vergleich zur erwerbstätigen Bevölkerung nur sehr eingeschränkt in der Lage, die Kürzungen im Sozialversicherungs- system auszugleichen. Demzufolge wird es wahr- scheinlich in der Zukunft zu realen Einkommenseinbu- ßen im Vergleich zu den Erwerbstätigen kommen und die Altersarmut zunehmen.

3.2.2 Perspektiven für die Zukunft

Berücksichtigt man die Arbeitsmarktentwicklung mit einer seit Jahren hohen Arbeitslosenquote, so werden im Vergleich zu den heutigen Rentnern die in den nächsten Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheiden- den Personen geringere Leistungsansprüche an die GRV haben. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation in der Vergangenheit wird ein Großteil der alten Men- schen zudem nur verhältnismäßig geringe Ansprüche an betriebliche Altersvorsorgesysteme erworben haben.

Weiterhin konnten diese Personen aufgrund der im Durchschnitt geringen Sparfähigkeit eine private Vor- sorge über freiwillige Vermögensbildung, sei es im Rahmen der steuerlich geförderten Riesterrente oder anderer Formen, nur sehr eingeschränkt betreiben.

Berechnungen des Verbandes Deutscher Rentenver- sicherungsträger zufolge wird sich dadurch das Brutto- rentenniveau von 46,7 % im Jahr 2005 auf 39,0 % und das Nettorentenniveau von 51,5 % auf 43,0 % im Jahr 2030 verringern.

Tabelle 3: Bevölkerung und Empfänger von bedarfsorientierter Grundsicherung am 31.12.2003 (vorläufige Angaben, Quelle: Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik).

Kreisfreie Städte / Landkreise insgesamt insgesamt 65 und älter in % davon Empfänger

Potsdam 144.979 24.596 506 2,1

Ostprignitz-Ruppin 110.057 19.612 333 1,7

Frankfurt/Oder 67.014 11.508 183 1,6

Brandenburg an der Havel 75.485 15.606 213 1,4

Cottbus 107.549 18.893 232 1,2

Barnim 173.951 28.570 356 1,2

Dahme-Spreewald 160.173 29.571 313 1,1

Havelland 153.328 25.245 259 1,0

Oberhavel 197.055 33.548 341 1,0

Oder-Spree 193.062 35.047 337 1,0

Spree-Neiße 141.256 26.162 227 0,9

Prignitz 91.214 18.840 147 0,8

Teltow-Fläming 161.146 27.493 201 0,7

Uckermark 143.411 26.394 183 0,7

Elbe-Elster 125.526 25.067 161 0,6

Oberspreewald-Lausitz 136.251 27.425 169 0,6

Potsdam-Mittelmark 201.335 33.413 197 0,6

Land insgesamt 2.574.521 460.011 4.494 1,0

(23)

Dies kann für die sozialversicherungspflichtig Beschäf- tigten in Brandenburg problematisch werden, da die so genannten rentennahen Jahrgänge, d. h. die Perso- nen, die in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren eine Versichertenrente aus der GRV beziehen werden, keine größeren Vermögen gebildet und auch nur ver- hältnismäßig geringe Ansprüche an eine betriebliche Altersvorsorge haben werden. Dies gilt selbst bei voller Ausschöpfung der öffentlichen Förderung im Rahmen der „Riester-Rente“. Denn innerhalb von weniger als zwanzig Jahren kann kein Vermögensbestand entste- hen, der die gravierenden Reduzierungen der Leistun- gen in den sozialen Sicherungssystemen (einschl. der Kranken- und Pflegeversicherung) ausgleichen könn- te. Aus eigener Kraft können viele dieser Personen die Leistungseinschränkungen nicht kompensieren.

Es wird häufig darauf hingewiesen, dass diese Perso- nen zur Erbengeneration gehören, die z. T. erhebliche Vermögenswerte zu erwarten haben. Hierzu ist anzu- merken, dass die derzeitigen Rentenempfänger in Ost- deutschland anteilsmäßig recht niedrige Einkünfte aus Vermögen beziehen. Damit liegt die Vermutung nahe, dass auch die Vermögensbestände relativ niedrig sind, aus denen die Einkünfte gespeist werden. Somit wer- den auch die möglichen Erbschaften niedrig sein.

Außerdem ist abzusehen, dass diese Vermögen teil- weise nicht vererbt, sondern zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Lebenshaltungsniveaus verwendet werden (insb. zur Finanzierung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit).

Diskontinuierliche Erwerbsbiographien mit Phasen von Arbeitslosigkeit, Leistungseinschränkungen bei den Sozialversicherungen und damit eingeschränkte Möglichkeiten Vermögen aufzubauen, werden die Einkommen für die künftigen Rentnergenerationen verringern.

3.3 Wohnen im Alter

Die Wohnsituation älterer Menschen im Land Bran- denburg ist gut. Es gibt keine alarmierenden Hin- weise auf Unterversorgung und schlechte Wohn- qualität. Die älteren Mieterhaushalte bewerten ihre Wohnsituation sehr positiv. Dies gilt für den Durch- schnitt der Haushalte und schließt schlechte oder auch Besorgnis erregende Wohnverhältnisse im Einzelfall nicht aus.

Für die Beschreibung der Lebenssituation älterer Men- schen sind die Wohnverhältnisse ein wichtiges Merk- mal. Die Wohnung als geschützter Ort bildet den Lebensmittelpunkt, besonders dann, wenn aufgrund von Erkrankungen oder Behinderungen die Mobilität eingeschränkt ist. Vor diesem Hintergrund wird im Fol- genden die Wohnsituation älterer Menschen im Land Brandenburg analysiert. Dabei wird auf unterschied- liche Datenquellen zurückgegriffen. Neben den amt- lichen Zahlen aus der Zusatzerhebung „Wohnen“ des Mikrozensus aus den Jahren 1998 und 2002 werden insbesondere Ergebnisse aus repräsentativen Unter- suchungen des Institutes für Stadtentwicklung und Wohnen (ISW) zum Thema „Wohnen zur Miete“

berücksichtigt (MSWV 2004, ISW 2004).

Ältere Menschen (65 und älter) leben im Land Bran- denburg zum größten Teil in eigenen Haushalten, nur ein kleiner Teil lebt in Heimen oder heimähnlichen Ein- richtungen. Dabei lassen sich die Wohnformen „Leben im Heim“ und „Leben im Privathaushalt“ nicht immer eindeutig voneinander unterscheiden. Zwischenfor- men gibt es speziell im Bereich des betreuten Woh- nens, beispielsweise in Form von Wohngemeinschaf- ten älterer Menschen oder in Form von Appartement- häusern, die zwar zu den privaten Haushalten zählen, deren Bewohner aber zentral von Hilfsorganisationen betreut werden. Statistisch erfasst sind 16.899 Heim- plätze, die von älteren Menschen genutzt werden (vgl. 4.3.1). Darüber hinaus sind durch das Land Bran- denburg 1.431 Plätze im Bereich des betreuten Woh- nens gefördert worden (Stand Dezember 2003).

(24)

3.3.1 Wohnen im Wohneigentum

Knapp 40 % aller privaten Haushalte wohnen im Land Brandenburg im selbst genutzten Wohneigentum und 60 % zur Miete. Der Anteil älterer Haushalte mit Wohn- eigentum liegt dabei mit 36 % unter dem Durchschnitt.

Dies lässt sich mit den Lebensumständen in der Ver- gangenheit erklären. Im Alter zwischen 30 und 45 Jah- ren, also der Lebensphase, in der Haushalte haupt- sächlich Wohneigentum bilden, gab es diese Möglich- keit in der ehemaligen DDR nur eingeschränkt. Viele der älteren Haushalte konnten die Realisierung ihres Eigentumswunsches nach der Wende nicht nachholen.

In der jüngeren Vergangenheit ist die Eigentumsquote sowohl bei den jüngeren Haushalten unter 65 Jahren (+ 4,5 %-Punkte), als auch bei den Älteren über 65 Jahren (+ 4,3 %-Punkte) gestiegen, liegt allerdings insgesamt unterhalb des Niveaus westdeutscher Bundesländer (45% Wohneigentumsquote).

„Armut“ im Wohneigentum

Im Allgemeinen ist die soziale Situation von Haus- halten mit Wohneigentum günstiger als die von Mie- terhaushalten. Allerdings haben im Land Branden- burg 7% aller Eigentümerhaushalte ein Einkommen

unterhalb von 900 EUR. Bei Haushalten, deren Haus oder Eigentumswohnung gleichzeitig im äuße- ren Entwicklungsraum und in einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern liegt, ist dieser Anteil mit 9 % sogar noch höher (LDS 2004a). Wohneigen- tum geht damit nicht unbedingt mit Wohlstand ein- her, sondern der Unterhalt einer Immobilie kann im Gegenteil bei niedrigen Einkünften sogar eine beträchtliche Belastung darstellen. Das gilt um so mehr, wenn man berücksichtigt, dass speziell in den strukturschwachen Räumen des Landes, also im Wesentlichen in den ländlichen Bereichen des äußeren Entwicklungsraumes, bei Zwangsversteige- rungen teilweise lediglich 20 % – 30 % des gutach- terlich festgelegten Verkehrswertes erreicht werden (Gutachterausschuss des Kreises Barnim). Die für die soziale Situation bei Eigentümern normalerweise als positiv gewerteten Faktoren des mietfreien Woh- nens sowie des Objektwertes als materielle Ab- sicherung greifen also nur bedingt, da einerseits Kosten für die Instandhaltung/Instandsetzung anfal- len (können) und andererseits ein Verkauf – wenn überhaupt – nur zu sehr geringen Erlösen möglich ist.

Abbildung 14: Haushalte mit Wohneigentum (eigene Berechnungen mit Daten Mikrozensus, Zusatzerhebungen

„Wohnen“ 1998 und 2002).

Quelle: Mikrozensus, Zusatzerhebungen „ Wohnen“ 1998 und 2002

(25)

3.3.2 Wohnen zur Miete

Um hier eine differenziertere Betrachtung zu ermög- lichen, wurde eine Gruppierung aller Haushalte mit mindestens einer Person über 60 Jahren2nach Haus- haltsgröße vorgenommen (vgl. Tabelle 4 und Tabel- le 5). Die meisten älteren Menschen, die zur Miete wohnen, leben in Einpersonenhaushalten (21 % aller Haushalte), 16 % sind Zweipersonenhaushalte. Drei- oder Mehrpersonenhaushalte, in den mindestens eine Person 60 Jahre und älter ist, kommen mit knapp zwei Prozent nur sehr selten vor.

Die Wohnungsversorgung wird durch „Wohnfläche pro Person“, „Raumanzahl“ und „Quadratmetermiete“ defi- niert. Hierbei wirkt sich die hohe Anzahl kleiner Haus- halte stark aus. Der Wohnflächenverbrauch pro Per- son ist bei Einpersonenhaushalten im Durchschnitt höher, da Badezimmer, Küche und Flur lediglich von einer Person genutzt werden. Demzufolge verfügen die älteren Singlehaushalte mit 57 m2 über deutlich mehr Wohnfläche pro Person als ältere Menschen, die

in Zwei- oder Drei- und Mehrpersonenhaushalten leben (33 resp. 26 m2). Der Durchschnitt aller Mieter- haushalte – jüngerer und älterer – im Land Branden- burg liegt bei 41 m2; die älteren Menschen nutzen unabhängig von der Haushaltsgröße mit 46 m2deutlich mehr Wohnfläche, haben allerdings im Durchschnitt weniger Räume zur Verfügung (2,4 Räume zu 2,8 Räu- men bei den jüngeren Mieterhaushalten).

Die Miete pro Quadratmeter bei älteren Haushalten unterscheidet sich in den hier differenzierten Haus- haltsgrößengruppen lediglich geringe (6,41 EUR bis 6,50 EUR). Erhebliche Unterschiede zeigen sich aller- dings bei der Mietbelastung, also bei dem prozentua- len Anteil der Bruttowarmmiete am Haushaltsnettoein- kommen. Besonders die älteren Einpersonenhaushal- te haben eine hohe Mietbelastung von 37 % zu tragen, während bei den älteren Mehrpersonenhaushalten die Quoten mit 29 % (Zweipersonenhaushalte) und 22 % (Drei- und Mehrpersonenhaushalte) noch unterhalb der Belastung jüngerer Haushalte mit 32 % liegen.

2 Die den Auswertungen zu Grunde liegenden Zahlen lassen lediglich eine Differenzierung der Haushaltsmitglieder bis 59 Jah- ren und über 60 Jahren zu.

Tabelle 4: Wohnungsgröße, Miete und Einkommen (Quelle: MSWV 2004, eigene Berechnungen, Haushalte n = 1590).

Anteil des Haus- Wohnfläche/ Räume Miete/m2 Miet-

haltstyps in % Person belastung*

ältere 1 P.-Haushalte 21,3 56,9 2,2 6,41 37%

ältere 2 P.-Haushalte 15,7 33,3 2,6 6,50 29%

ältere 3 und mehr

Personenhaushalte 11,6 26,0 3,8 6,44 22%

ältere Haushalte gesamt (60 Jahre und älter) 38,5 45,8 2,4 6,43 33%

jüngere Haushalte gesamt (bis 59 Jahre) 61,5 38,4 2,8 6,69 29%

* Prozentualer Anteil der Bruttowarmmiete am Haushaltsnettoeinkommen

(26)

Gemessen an der Belegung sind die Mieterhaushalte des Landes Brandenburg ausreichend mit Wohnraum versorgt. Von einer ausgewogenen Belegung geht man dann aus, wenn die Personen- und Raumzahl gleich sind oder die Raumzahl die Personenzahl um maximal 1 übersteigt. Küche, Bad und Räume unter 6 m2 werden dabei nicht berücksichtigt. Nach dieser Definition sind lediglich knapp 1 % der älteren Haus- halte unterversorgt, aber mit 19 % fast jeder fünfte Haushalt überversorgt.

Ältere Haushalte wohnen etwa zu gleichen Anteilen in Mehrfamilienhäusern herkömmlicher Bauart und in Gebäuden industrieller Bauweisen (vgl. Abbildung 15).

Während sie in den herkömmlichen Mehrfamilienhäu- sern im Verhältnis zu allen Mieterhaushalten unterre- präsentiert sind, wohnen sie überdurchschnittlich oft in

„Plattenbauten“. Vergleichsweise selten leben ältere

Haushalte in Ein- oder Zweifamilienhäusern zur Miete (10 % im Vergleich zu 14 % der jüngeren Haushalte unter 60 Jahren). Die in Westdeutschland häufiger praktizierte Wohnform, bei der allein stehende ältere Menschen in einer Einliegerwohnung im Wohneigen- tum der Kinder leben, spielt in Brandenburg quantitativ keine Rolle.

Das Baualter der von älteren Haushalten bewohnten Gebäude liegt mit 60 % überdurchschnittlich oft im Zeit- raum des DDR-Wohnungsbaus. Nach der Wende gebaute Mietwohnungen werden von der hier unter- suchten Gruppe älterer Haushalte nicht in dem Maße genutzt (16 %) wie von den übrigen Haushalten (25 %).

Angaben aus bundesdeutschen Statistiken, wonach ältere Menschen häufig in schlecht ausgestatteten Wohnungen leben, lassen sich für das Land Branden- Tabelle 5: Wohnungsbelegung ältere Haushalte (Quelle: MSWV 2004, eigene Berechnungen)

1 Raum 2 Räume 3 Räume 4+ Räume

ältere 1 P.-Haushalte 5,6 35,6 13,6 0,7

ältere 2 P.-Haushalte 0,4 19,7 16,6 4,3

ältere 3 und mehr Personenhaushalte 0,0 00,2 01,4 1,8

Abbildung 15: Haustyp und Baualtersklasse (eigene Berechnungen, Quelle: MSWV 2004).

Quelle: „Wohnen zur Miete im Land Brandenburg 2004“

(27)

burg nicht bestätigen. So liegt beispielsweise der Anteil älterer Haushalte, die in voll ausgestatteten Wohnun- gen (Sammelheizung, Bad, Innen-WC) leben, mit 96 % deutlich über dem Durchschnitt der anderen Haushalte mit 90 %.

3.3.3 Subjektive Bewertung der Wohnsituation Insgesamt bewerten die Brandenburger Mieterhaushal- te ihre Wohnsituation als gut. Auf einer Skala von

1 = sehr gut bis 5 = sehr schlecht errechnet sich ein Durchschnittswert von 2,0. Dabei spielt das Alter der Haushaltsmitglieder nahezu keine Rolle. Die älteren Haushalte schätzen ihre Wohnsituation mit 1,9 gering- fügig etwas besser ein als die jüngeren Haushalte (2,1).

Je nach Haushaltsgröße älterer Menschen und diffe- renziert über die zu bewertenden Faktoren Wohnung, Wohngegend und Miethöhe werden allerdings Unter- schiede bei den älteren Haushalten sichtbar (Tabelle 6).

Tabelle 6: Wohnzufriedenheit (Mittelwerte von 5-stufigen Skalen mit 1 = sehr gut und 5 = sehr schlecht; eigene Berechnungen, Haushalte n = 1.590; Quelle: MSWV 2004).

Wie bewerten Sie Ihre ...

Wohnung Wohngegend Miethöhe Wohnsituation insgesamt

Ältere Einpersonenhaushalte 1,9 1,9 3,4 1,8

Ältere Zweipersonenhaushalte 2,0 2,0 3,2 2,0

Ältere Drei- und Mehrpersonenhaushalte 2,2 1,8 3,0 2,3

Ältere Haushalte gesamt 1,9 1,9 3,3 1,9

Jüngere Haushalte gesamt 2,0 2,0 2,8 2,1

Die Miethöhe wird im Alter kritischer beurteilt. Diese Bewertung steht nicht nur in Abhängigkeit zum Alter, sondern auch zum Einkommen der Haushalte. Der Faktor Miethöhe wird grundsätzlich bei allen Haushal- ten am schlechtesten bewertet, während die Qualität der Wohnung und auch der Wohngegend deutlich bes- ser bewertet wird als die häufig an der Stadtplanung geübte Kritik erwarten lässt.

Ältere Mieter können erwartungsgemäß auf eine über- durchschnittlich lange Wohndauer zurückblicken. Im Schnitt leben ältere Haushalte bereits seit 19 Jahren in ihren jeweiligen Wohnungen, jüngere Haushalte im Vergleich dazu lediglich 9 Jahre (Tabelle 7). Der Anteil der Haushalte, die innerhalb der nächsten Zeit umzie- hen werden, nimmt im Alter ab. Insgesamt haben lediglich 5 % der älteren Haushalte konkrete Umzugs- pläne, bei den übrigen Haushalten sind dies dagegen 17 %.

Betreutes Wohnen

Den Lebensabend in der eigenen Wohnung und gewohnten Wohnumgebung zu verbringen, ist ein Wunsch, den ältere und jüngere Menschen teilen.

Dies entspricht einerseits den menschlichen Bedürf-

nissen nach Kontinuität und Sicherheit, und anderer- seits glaubt man, die kostenintensive Unterbringung in Pflegeheimen einschränken zu können (Galonska

& Mäntle 1997, S. 166). In diesem Zusammenhang werden viele unterschiedliche Wohnformen für älte- re Menschen diskutiert. Sie können weitgehend unter dem Begriff „betreutes Wohnen“ zusammen- gefasst werden. Betreutes Wohnen setzt Fähigkei- ten zur selbständigen Lebensführung voraus, die aber in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand durch verschiedene externe Hilfen unterstützt wer- den. Diese Hilfen reichen von „Essen auf Rädern“

bis zur mehrstündigen und täglich mehrmaligen Intensivpflege durch professionelle Pflegedienste.

Aber auch das selbständige Wohnen und Leben in Seniorenheimen, die teilweise den Charakter von Appartementhäusern haben und lediglich eine zen- trale medizinische/pflegerische Versorgung und auf Wunsch auch Essensversorgung bieten, gehören zum betreuten Wohnen.

Schließlich werden in letzter Zeit die Seniorenwohn- gemeinschaften als selbst bestimmte und selbst organisierte Lebens- und Wohnform propagiert. Tat- sächlich bietet diese Wohnform viele Vorteile, die

(28)

beispielsweise in der gegenseitigen Hilfe der Mitglie- der zum Ausdruck kommen. Allerdings ist es für vie- le ältere Menschen schwierig, sich im Alter auf voll- kommen neue Lebensumstände und „WG-Mitbe- wohner“ einzustellen. Es gibt im Land Brandenburg keine Statistik über Seniorenwohngemeinschaften.

Aber diese Wohnform dürfte bislang quantitativ kei- ne Rolle spielen. Wie viele ältere Menschen insge- samt in den verschiedenen Formen des „betreuten Wohnens“ leben, lässt sich nur schwer schätzen.

Die älteren Haushalte, die bereits umgezogen sind, geben als Grund für den bereits vollzogenen Umzug am häufigsten die Lage der neuen Wohnung auf einer unteren Etage oder alternativ die Ausstattung der neu- en Wohnung mit Aufzug an (45 %; ISW 2004). Oft spielt für den Umzug in eine andere Wohnung auch das bes- sere Image der neuen Wohngegend eine entscheiden- de Rolle (29 %).

Jeder 10. ältere Haushalt wohnt in einer Wohnung, die im sozialen Wohnungsbau entstanden ist. Im Vergleich zu allen übrigen Haushalten (12 % leben in einer So- zialwohnung) ist dieser Anteil leicht unterdurchschnitt- lich. Deutlich weicht dagegen der Anteil der Wohngeld- bezieher bei den älteren Haushalten vom Landesdurch- schnitt ab. Sie nehmen lediglich zu 6 % Wohngeld in Anspruch, im Durchschnitt aller Mieterhaushalte liegt dieser Anteil bei 14 %.

Abschließend lässt sich zusammenfassen: Die Wohnsi- tuation älterer Menschen in Brandenburg, die in Privathaushalten zur Miete leben, ist gut. Es gibt keine alarmierenden Hinweise auf Unterversorgung und schlechte Wohnqualität. Diese Aussage hat Gültigkeit

für den Durchschnitt der Haushalte und schließt schlechte oder auch besorgniserregende Wohnverhält- nisse im Einzelfall nicht aus. Es bleibt abzuwarten, wie ältere Menschen in 20 bis 30 Jahren wohnen werden.

Eine simple Fortschreibung der aktuellen Wohnsitua- tion wird dem erwarteten gesellschaftlichen Umbruch, einem „ergrauenden Brandenburg“, nicht gerecht. In Abhängigkeit von sozialer Integration und finanzieller Situation werden sich differenziertere Wohn- und Lebenskonzepte älterer Menschen etablieren.

3.4 Erwerbstätigkeit älterer Menschen

Vorurteile gegenüber der Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer und eine Verdrängung aus dem Arbeitsleben haben für die Menschen in der letzten Phase des Arbeitslebens zu einer vielfach unbefrie- digenden Situation geführt. Inzwischen hat zwar in der Politik ein Paradigmenwechsel stattgefunden, sich aber noch nicht überall durchgesetzt. Derzeit ist die Arbeitslosigkeit der jüngeren Alten im Arbeitsle- ben (50 bis 55 Jahre) besonders hoch. Das Land Brandenburg versucht mit einer Reihe von Maßnah- men gegenzusteuern.

Die Situation älterer Arbeitnehmer ist vor allem mit dem Thema Ausgrenzung Älterer aus dem Erwerbs- leben verbunden. Die Ausgrenzung geht mit Vorurtei- len einher, wonach mit fortschreitendem Lebensalter ein generelles Absinken der Leistungsfähigkeit zu ver- zeichnen sei und es damit verbunden zu einem Leis- tungsabfall komme. Diese Einschätzungen sind in- zwischen durch viele gerontologische und arbeits- wissenschaftliche Forschungen widerlegt. Jedoch sind die Vorurteile nur ein Grund für die Stigmatisierung Tabelle 7: Wohndauer und Umzugsabsichten (MSWV 2004, eigene Berechnungen).

Haushalte (n = 1.590) Wohndauer in der aktuellen Feste Umzugsabsichten

Wohnung (in Jahren) (in %)

Ältere 1 Pers.-Haushalte 17 04,0

Ältere 2 Pers.-Haushalte 21 06,6

Ältere 3 und mehr Pers.Haushalte 23 02,5

Ältere Haushalte gesamt 19 05,0

Jüngere Haushalte gesamt 09 17,0

(29)

älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt. In der Ver- gangenheit haben Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien gemeinsam dazu beigetragen, dass in der ganzen Gesellschaft eine Tendenz der Jugendzen- triertheit entstand.

Als die Arbeitslosigkeit in den achtziger Jahren in Westdeutschland und dann besonders in den neunzi- ger Jahren im vereinten Deutschland wuchs, wurden massenhaft ältere Arbeitnehmer vor dem Erreichen des regulären Renteneintrittsalters zu Lasten der so- zialen Sicherungssysteme entlassen. Hierfür wurden im Sozialgesetzbuch Altersübergangsregelungen ge- schaffen, die mit betrieblichen Vorruhestandsregelun- gen kombiniert wurden. Das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben wurde älteren Beschäftigten auch mit dem Argument nahe gelegt, ihren Arbeitsplatz für Jüngere zu räumen. Den Betrieben wurde so eine Verjüngung der Belegschaften erleichtert und mit den Mitteln der Sozialversicherungen subventioniert.

Inzwischen weiß man, dass nur ein Bruchteil der rech- nerisch freigestellten Arbeitsplätze tatsächlich mit Jün- geren besetzt wurde.

Trotz eines inzwischen in Politik und Wissenschaft voll- zogenen Paradigmenwechsels gibt es gegenwärtig in keinem anderen Land der Europäischen Union so wenig ältere Beschäftigte wie in Deutschland. Dies gilt vor allem für Beschäftigte, die älter als 60 Jahre sind.

Bundesweit haben sechs von zehn Unternehmen kei- ne Beschäftigten mehr, die über 50 Jahre alt sind.

Bemerkenswert ist ebenso, dass Deutschland das ein-

zige EU-Land ist, in dem die Arbeitslosenquote der Älteren zwischen 55 und 64 Jahren höher ist als die Quote insgesamt.

Nach den Ergebnissen einer repräsentativen Arbeitge- berbefragung (siebte Welle des IAB-Betriebspanels aus dem Jahr 2003) waren im Land Brandenburg nur noch in knapp jedem zweiten Betrieb (48 %) ältere Arbeitnehmer ab 50 Jahren beschäftigt. Im Land Bran- denburg stieg aber in den Jahren 2001 bis 2003 der Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 50 und mehr von 21,0 % auf 23,3 %. Als Erwerbstätige gelten Arbeitnehmer, Beamte, Selbständige und mithelfende Familienangehörige. Gleichzeitig blieb der Anteil der Erwerbslosen im Alter von 50 und mehr mit etwa 30 % konstant hoch (siehe Tabelle 8).

Im Jahr 2003 waren von allen Personen in der Alters- kohorte zwischen 50 bis 54 Jahren 71% erwerbstätig, 20 % erwerbslos und 9 % Nichterwerbspersonen. In der Alterskohorte von 55 bis 59 Jahren gingen nur noch 59 % aller Personen einer Erwerbstätigkeit nach, 24 % waren als erwerbslos registriert und 17 % Nicht- erwerbspersonen. Bei den 60- bis 64-jährigen Perso- nen waren lediglich noch 17 % erwerbstätig, 6 % waren erwerbslos und 76 % standen als Nichterwerbs- personen dem Arbeitsmarkt nicht oder nicht mehr zur Verfügung. In den Zahlen spiegeln sich die genannten Entwicklungen der Förderung eines frühzeitigen Über- gangs in den Altersruhestand, die damit verbundene Frühverrentung sowie die hohe Arbeitslosigkeit älterer Beschäftigter wider.

Tabelle 8: Ältere Erwerbstätige und Erwerbslose im Land Brandenburg (Quelle: LDS Brandenburg)

April 2001 April 2002 Mai 2003

1000 Pers. % 1000 Pers. % 1000 Pers. %

Erwerbstätige – gesamt 1.143,0 1.129,8 1.117,1

davon Erwerbstätige

älter als 50 Jahre 240,6 21,0 251,6 22,3 260,3 23,3

Erwerbslose – gesamt 267,1 271,2 282,7

davon Erwerbslose

älter als 50 Jahre 78,9 29,5 81,0 29,9 84,7 30,0

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Im Zeitraum zwischen 2001 und 2003 nimmt der Anteil der Erwerbstätigen in der Alterskohorte von 50 bis 54 Jahren um ca. 3 % ab, der Anteil der Erwerbslosen um 2,5 % zu. In den anderen beiden Alterskohorten ist der Trend umgekehrt (Abbildung 16). So stieg der Anteil erwerbstätiger Personen in der Alterskohorte zwischen 55 und 59 Jahren im Jahr 2003 um 5,8 % gegenüber dem Jahr 2001.

Die genannten Trends setzen sich 2004 fort. Ende 2004 waren von den insgesamt 250.032 Arbeitslosen im Land 25 % älter als 50 Jahre. Von diesen rund 63.000 älteren Arbeitslosen waren weit über die Hälfte – etwa 39.000 Betroffene – Arbeitslose im Alter zwischen 50 und 54 Jahren. Dies unterstreicht die Feststellung, wonach bei den deutlich Älteren über 55 Jahren die Betroffenheit von Arbeitslosigkeit relativ abnimmt, bei den jungen Älteren nimmt sie hingegen zu.

Am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen sind die jüngeren Alten in der Gruppe von 50 bis 54 Jahren.

In der dargelegten Entwicklung spiegeln sich auch die politischen Steuerungsinstrumente wider. So nutzten

im Mai 2004 in Brandenburg u. a. rd. 20.000 Personen die Möglichkeit des § 428 SGB III. Danach können ältere Arbeitslose ab 58 Jahren Arbeitslosengeld beziehen, ohne weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Ver- fügung stehen zu müssen. Sie erscheinen dann auch nicht mehr in der Statistik als Arbeitslose.

Seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts ist vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung, der Belastung der Sozialversicherungssysteme und auch der Befürchtung eines möglichen – für die neuen Bundesländer jedoch sehr differenziert zu betrachten- den – Mangels an Fachkräften eine Trendwende sowohl bezüglich der politischen Willensbildung als auch des öffentlichen Bewusstseins zu verzeichnen.

3.4.1 Das Leistungsspektrum älterer Beschäftigter ist anders

Die Ergebnisse gerontologischer wie arbeitswissen- schaftlicher Forschungen haben zu einer differenzier- teren Betrachtung des Urteils über die Leistungsfähig- keit älterer Beschäftigter geführt. Allein aus dem erreichten Lebensalter lassen sich keine zuverlässigen Schlüsse über die körperliche und geistige Leistungs-

Abbildung 16: Erwerbstatus älterer Menschen in Brandenburg 2001 bis 2003.

Quelle: IAB Betriebspanel 2003

(31)

fähigkeit eines Menschen ziehen. Ältere Beschäftigte sind nicht prinzipiell weniger, sondern anders leis- tungsfähig als jüngere Beschäftigte. So stehen einem natürlichen Altersabbau z. B. der körperlichen Leis- tungsfähigkeit eine Reihe von Fähigkeiten, wie z. B.

die zur Informationsaufnahme, die Konzentrations- fähigkeit oder die Lernfähigkeit, gegenüber, die als weitgehend altersbeständig angesehen werden. Wich- tiger noch: Es gibt Fähigkeiten, die sich mit steigen- dem Lebensalter erhöhen, etwa Erfahrung, Urteilsver- mögen, Selbständigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gehören dazu (Kruse 1998).

Immer mehr Beschäftigte planen eine Ausdehnung ihrer aktiven Erwerbszeit über die formale Altersgrenze hinaus (Alterssurvey des BMFSFJ, Engstler 2004).

Dies weist darauf hin, dass die Arbeitnehmer im Hin- blick auf soziale Absicherung im Alter unsicher sind. In den neuen Ländern sind die Menschen mehr als im alten Bundesgebiet erwerbsorientiert. Dass viele Ältere in Brandenburg die Quasi-Vorruhestandsregelung nach

§ 428 SGB III in Anspruch nehmen bzw. genommen haben, ist ein aus der Not geborener Trend. Tatsächlich wollen ältere Arbeitnehmer gerade in Ostdeutschland und Brandenburg vor allem einen Arbeitsplatz.

Auf der Unternehmensseite ergibt sich ein wider- sprüchliches Bild. Nach den Ergebnissen des IAB- Betriebspanels 2003 (Bellmann, Dahms & Wahse 2004) beschäftigt nur knapp jeder zweite Betrieb im Land (48 %) ältere Arbeitnehmer ab 50. Andererseits äußern sich Unternehmer in der Befragung überwie- gend sehr positiv über ältere Beschäftigte: Sie seien grundsätzlich genau so leistungsfähig wie jüngere. Im Erfahrungswissen, dem Qualitätsbewusstsein und der Arbeitsmoral haben sie die Nase vorn, dafür gelten Jüngere als körperlich belastbarer. In der Realität schlägt sich aber die grundsätzlich positive Einschät- zung der älteren Beschäftigten im Betrieb nicht in einem entsprechenden Einstellungsverhalten nieder.

Betriebe müssen auch in ihrer Personalarbeit etwas tun, um die hohe Leistungsfähigkeit der Älteren zu

erhalten (IAB-Betriebspanel 2003). Aber nur jeder fünf- te Betrieb in Brandenburg (19 %) führt Maßnahmen zum Beschäftigungserhalt Älterer durch. Darin sind auch die Angebote für Altersteilzeit enthalten. Hier besteht im Land Brandenburg – wie in ganz Deutsch- land – ein großer Entwicklungsbedarf.

3.4.2 Anforderungen an die Politik auf EU-, Bundes- und Landesebene

Vor dem skizzierten Problemhintergrund hat der Euro- päische Rat in Stockholm 2001 die Verpflichtung auf- gestellt, dass die Erwerbstätigenquote der älteren Arbeitnehmer (55 – 64 Jahre) bis 2010 auf mindestens 50 % anzuheben sei. Und in Barcelona wurde 2003 als Ziel festgelegt, das tatsächliche Durchschnittsalter des Eintritts in den Ruhestand in der EU bis 2010 um fünf Jahre zu erhöhen.

Eine Politik des „aktiven Alterns“ wird seit mehreren Jahren von Seiten der EU-Kommission gefordert und hat Eingang gefunden in die Europäische Beschäfti- gungsstrategie. Die Empfehlungen und Forderungen werden immer drängender und genauer. In den Mittei- lungen der Kommission an den Rat vom 3. März 2004 zur „Anhebung der Beschäftigungsquoten älterer Arbeitskräfte und des Erwerbsaustrittalters“ werden nicht nur „gesunde“ makroökonomische Bedingungen eingefordert, sondern auch Handlungsanweisungen für die Gestaltung des Arbeitsmarktes gegeben. Die Kommission fordert insbesondere:

1. die Überprüfung der Vorruhestandsregelungen und aller finanzieller Anreize, um zu gewährleisten, dass ein Verbleib am Arbeitsmarkt sich lohnt;

2. bessere Arbeitsplatzqualität und gute Bedingungen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz;

3. flexible Formen der Arbeitsorganisation;

4. ständigen Zugang zu Fortbildungsmaßnahmen;

5. wirksame aktive Arbeitsmarktmaßnahmen, wie ge- zielte Beratung, bedarfsgerechte Fortbildung und geförderte Beschäftigung. Es soll verhindert wer- den, dass ältere Arbeitnehmer über die Alternative von Arbeitslosenleistungen früh in den Ruhestand treten.

Abbildung

Abbildung 2: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in den kreisfreien Städten und Landkreisen Brandenburgs 2003 bis 2020.
Abbildung 3: Altenquotient in Brandenburg 1990 – 2003 und Prognose 2004 – 2020 (Anteil der älteren Bevölkerung (65 Jahre und älter) an der Erwerbsbevölkerung (20 – 64 Jahre)).
Abbildung 6: Ältere Männer und Frauen in Brandenburg – jüngere Vergangenheit und Prognose.
Abbildung 7: Unterschiedliche Entwicklung in den Kreisen – Altenquotient 2002 und Prognose 2010 sowie 2020.
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