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Prävention und Vorsorgeuntersuchungen

Im Dokument OPUS 4 | Gesund alt werden - (Seite 58-63)

4.2 Gesund alt werden – Gesundheitsverhalten, Prävention und Gesundheitsförderung

4.2.2 Prävention und Vorsorgeuntersuchungen

Alter erfolgreich

Erkrankungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich, funktionelle Einschränkungen und Schmerzen sind nicht nur für sich genommen ernste Befunde, sondern gehen auch mit psychosozialen Beeinträchtigungen einher und können die Lebensqualität massiv ein-schränken (John & Micheelis 2003). Hinzu kommt, dass orale Gesundheit zunehmend Einfluss auf die Allgemeingesundheit hat und umgekehrt (Ziller &

Micheelis 2002) Ein enger Zusammenhang zwischen Zahn- und allgemeinen Krankheiten besteht z. B. für Diabetes mellitus, Herzinfarkt und Schlaganfall. Rau-chen ist ein eindeutiger Risikofaktor für orale Erkran-kungen. Weitere Risiken können sich aus der Zunah-me des Arzneimittelgebrauchs ergeben.

Über die Zahn- und Mundgesundheit der älteren Bür-ger und besonders der Hochaltrigen gibt es kaum ver-lässliche Daten. Nach Daten der Dritten Deutschen Mundgesundheitsstudie (Micheelis & Reich 1999), die leider die Hochaltrigen nicht berücksichtigte, beträgt der Anteil der Zahnlosen im Alter von 65 – 74 Jahren in Deutschland 25 %. Jeder Vierte in dieser Altersgruppe trägt Totalprothesen. Durchschnittlich fehlen dem älte-ren Menschen 21,3 Zähne, so dass ohne Zahnersatz keine funktions- und kaustabile Gebisssituation gege-ben ist. Der letztendliche Verlust der Zähne tritt in einem immer späteren Lebensabschnitt ein.

Krankheiten des Zahnhalteapparates sind die Haupt-bedrohung für das funktionstüchtige Gebiss im Alter.

Ein Viertel der Untersuchten im Alter von 65 – 74 Jah-ren litt unter Zahnfleischentzündungen, die mit der Bil-dung von Zahnfleischtaschen und Knochenabbau ein-hergehen. Die häufigsten Erkrankungen alter Men-schen sind aus zahnärztlicher Sicht die Wurzelkaries, Abrasionsgebisse, Schmelzrisse, abrasionsbedingte Abplatzungen, keilförmige Defekte, Sekundärkaries unter alten Füllungen und überhängenden Kronenrän-dern, Kiefergelenkdysfunktionen, meist prothesenbe-dingte Entzündungen und Druckstellen der Mund-schleimhaut, Erkrankungen an der Zunge, zum Bei-spiel die diabetische Zunge, die ohne Behandlung bis hin zum Zahnverlust führen (Priehn-Küpper 2002).

Sicher ist, dass ältere Menschen zu selten zahnärzt-liche Leistungen in Anspruch nehmen. Nach Ergebnis-sen der Berliner Altersstudie erfüllte keine Altersgruppe bei den über 70-Jährigen die Anforderung einer halb-jährlichen zahnärztlichen Kontrolle (Linden et al.

1996). Gleichzeitig geben aber ältere Menschen ver-stärkt Probleme mit den Zähnen an. 30 % der älteren Menschen klagen über Schwierigkeiten beim Kauen, 17 % über wunde Stellen im Mund. Über die Hälfte der Personen mit herausnehmbarem Zahnersatz haben Probleme mit schlecht sitzenden Prothesen (John &

Micheelis 2003).

Je nach Gesundheits- und Lebenssituation kommt die Zahn- und Mundpflege bei alten Menschen zu kurz bzw. wird auch schwerer – Rheuma beispielsweise kann das Halten der Zahnbürste zur Qual machen und die verringerte Sehkraft mag dazu beitragen, dass die Zahnpasta neben der Bürste landet. Hinzu kommt bei den heute alten und sehr alten Menschen ein man-gelndes Interesse an Mundhygiene. Dies gilt um so mehr, wenn Zahnprothesen verwendet werden.

Wie auch sonst bei allen Gesundheitsbelangen gilt auch für die Zahn und Mundgesundheit, dass die Art und Weise wie Menschen im Lebenslauf gelebt haben und leben konnten, mit entscheidend ist für Mundge-sundheit im Alter. Sozial benachteiligte Bevölkerungs-gruppen haben eine schlechtere Zahngesundheit als Menschen mit höherer Bildung und höherem Einkom-men. Sozial benachteiligte suchen seltener einen Zahnarzt auf und sind insgesamt schlechter zahnärzt-lich versorgt. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Polarisierung im Auftreten oraler Erkrankun-gen (Micheelis & Reich 1999).

Es ist absehbar, dass die Zahl älterer Menschen mit erhaltenem Zahnbestand immer weiter ansteigen wird.

Veränderungen in den Lebensweisen und der objekti-ven Lebensqualität sind hierfür ausschlaggebend. Die Ansprüche an die zahnmedizinische Versorgung und Prävention steigen, da immer mehr Menschen mit eigenen Zähnen alt werden wollen.

Zur Abschätzung der zukünftigen Bedarfsentwicklung wird zwischen verschiedenen Gruppen unterschieden:

• Die Hochaltrigen erlebten als junge Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine unge-nügende präventive und kurative Versorgung.

Hohe Zahnverluste gehen auf die epidemische Karies zurück. Die Versorgungsansprüche dieser Gruppe sind (zu) gering ausgeprägt.

• Die Menschen in der dritten Lebensphase (ca. 65 bis 80 Jahre) sind ebenso durch die epidemische Karies des 20. Jahrhunderts geschädigt. Aber in dieser Gruppe wachsen die Ansprüche an die kurative Versorgung.

• Die heute 45- bis 65-Jährigen sind in ihrer Kindheit zwar ebenfalls von Karies stark betroffen worden, aber sie profitierten später von Fortschritten in der Zahnerhaltung. Die Versorgungsansprüche sind hoch. Diese Gruppe wird darauf bestehen und auch zunehmend selbst präventiv dafür sorgen, mit eigenen Zähnen alt zu werden.

• Die Gruppe der 25- bis 45-Jährigen ist die erste, die von dem Kariesrückgang der 70er und 80er Jahre in ihrer Kindheit profitiert hat. Der Restaura-tionsbedarf wird im Alter niedriger als in der älteren Gruppe sein. Aber eine effektive Oralhygiene wird eine umso wichtigere Rolle spielen.

Wichtige zahnmedizinische Präventionsansätze und Handlungsfelder bei älteren Menschen sind:

• Förderung einer intensiven Mund- und Prothesen-hygiene und aufsuchende Präventionskonzepte für Risikogruppen

• langfristige Konzepte zur Prävention von Kronen-und Wurzelkaries

• zahnärztliche Hausbesuche und regelmäßige Be-treuung von Personen in Heimen einschließlich Fortbildungen für das Pflegepersonal

• regelmäßige Kontrollbesuche beim Zahnarzt und rechtzeitige kurative Maßnahmen bei Zahndefek-ten

• funktionale Zahngesundheit einschließlich der Ver-meidung chronisch entzündlicher oder bösartiger Prozesse in der Mundhöhle.

4.2.2.2 Grippeschutzimpfung

Die Grippe (Influenza) ist eine akute und schwere Infektionskrankheit der Atemwege, die durch so genannte Influenza-Viren verursacht wird. Diese Viren schädigen die Schleimhaut der Atemwege und ermög-lichen dadurch den Eintritt von viralen Giftstoffen (Toxi-ne) oder bestimmten Bakterien in den Körper. Jährlich sterben in Deutschland etwa 5.000 bis 8.000 Men-schen an Influenza. In jeder Grippesaison wer-den wegen dieser Erkrankung etwa 10.000 bis 20.000 Menschen in Krankenhäuser eingewiesen. Der Ausfall von Arbeitskräften verursacht einen volkswirt-schaftlichen Schaden in Milliardenhöhe (Arbeitsge-meinschaft Influenza 2003).

Nach einem meist akuten Krankheitsbeginn mit hohem Fieber, Abgeschlagenheit, Glieder- und Kopfschmer-zen schließt sich eine bisweilen wochenlange Gene-sung mit einem häufig quälenden Reizhusten an.

Dabei wird das Immunsystem so stark geschwächt, dass der Körper für weitere Infektionen anfälliger wird.

Bei jungen Personen, die keine zusätzliche Erkran-kung haben, verläuft die Grippe in der Regel ohne Komplikationen. Besonders aber Kinder und ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen (z. B.

Herz-Kreislaufkrankheiten oder Stoffwechselstörun-gen) und Patienten mit einer Abwehrschwäche sind gefährdet, verschiedene schwere Komplikationen zu

erleiden. Durch Zweitinfektionen mit Bakterien oder zusätzlich anderen Viren können Erkrankungen wie Lungenentzündungen, Entzündungen der Nasenne-benhöhlen, Herzmuskelentzündungen, Hirnhaut- und Gehirnentzündungen oder andere Entzündungen des Nervensystems entstehen. Für Risikogruppen stellen diese Folgeerkrankungen eine unter Umständen töd-liche Bedrohung dar.

Die Auswirkungen der Grippewelle waren in den letz-ten Jahren im Vergleich zu den Epidemien der Jahre 1918 – 1920, 1957, 1968 oder 1977 wesentlich gerin-ger. Aber Experten warnen vor einer Pandemie, die jederzeit wieder auftreten kann.

Ein wirksamer Schutz ist die Grippeschutzimpfung Allen Personen über 60 Jahre und allen gefährdeten Personen wird nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) geraten, sich gegen die durch Influenza hervorgerufe-ne Virusgrippe impfen zu lassen (Ständige Impfkom-mission 2004). Man sollte sich jährlich impfen lassen, denn die Grippeschutzimpfung des vergangenen Jah-res schützt nicht sicher gegen die Influenzaviren, die im kommenden Winter erwartet werden, da sich die Viren ständig verändern. Der optimale Zeitpunkt für die Grippeschutzimpfung ist Oktober in jedem Jahr. Die heute verwendeten Impfstoffe sind gut verträglich und

Abbildung 35: Gegen Grippe geimpfte ältere Männer 1999 und 2003.

Quelle: LDS, Mikrozensus Brandenburg, eigene Berechnungen

Tabelle 12: Durchgeführte Influenza-Impfungen im Land Brandenburg (Quelle: KV Brandenburg).

Jahr 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Anzahl Impfungen 396.996 438.816 461.408 623.367 676.540 620.428 603.379 714.102

Anteil Impfungen in % 15,6 17,4 18,1 24,1 26,8 23,9 23,2 27,5

Abbildung 36: Gegen Grippe geimpfte ältere Frauen 1999 und 2003

Quelle: LDS, Mikrozensus Brandenburg, eigene Berechnungen

nebenwirkungsarm. Neben den üblichen Grippeimpf-stoffen steht für Personen ab 65 Jahren ein Impfstoff mit besserer Wirksamkeit für diese Altersgruppe zur Verfügung.

Nach den Empfehlungen der STIKO sollten sich fol-gende Personengruppen impfen lassen:

• alle Menschen über 60 Jahre

• Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung infolge eines Grundleidens: z. B. chronische Lungen-, Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenkrankheiten, Diabetes und andere Stoffwechselkrankheiten, Immunschwäche, HIV-Infektion

• Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen

• Personen mit erhöhter Gefährdung, z. B. medizi-nisches Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr und Personen, die ungeimpfte Risikopersonen betreuen.

Auch die Pneumokokkenimpfung ist laut Impfkalender für Personen über 60 Jahren eine wichtige Standard-impfung. Wiederholungsimpfungen erfolgen bei Er-wachsenen im Gegensatz zur jährlich notwendigen Grippeschutzimpfung jeweils nach 6 Jahren.

Günstiger Trend: Grippeschutzimpfungen werden zunehmend in Anspruch genommen.

Wie die Daten des Mikrozensus zeigen, hat sich der Anteil gegen Grippe geimpfter älterer Bürger in Bran-denburg seit 1999 deutlich erhöht (Abbildung 35 und Abbildung 36). Bei den Männern über 60 Jahren stieg die Impfrate besonders stark, von 40 % auf 62 %; bei den Frauen von 44 % auf 59 % (LDS, Mikrozensus 1999 und 2003, eigene Berechnungen).

4.2.2.3 Inanspruchnahme von Krebsfrüherkennungsuntersuchungen

Manche Krankheiten und drohende Behinderungen können durch Früherkennungsuntersuchungen in einem frühen Stadium entdeckt werden. Eine recht-zeitige medizinische Behandlung kann Leben retten.

Vor allem bei einzelnen Krebserkrankungen kann die Früherkennung zur Verlängerung des Lebens bei gleichzeitig verbesserter Lebensqualität beitragen.

Frauen ab dem 20. Lebensjahr und Männer ab dem 45. Lebensjahr haben einen Anspruch auf eine jähr-liche Krebsfrüherkennungsuntersuchung, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen wird. Ab dem 36. Lebensjahr wird alle zwei Jahre eine Gesund-heitsuntersuchung („check up“) finanziert.

Für den vorliegenden Bericht konnten Daten der KV Brandenburg ausgewertet werden. Wir beschränken

uns hierbei auf Krebsfrüherkennungsuntersuchungen;

die Daten zur Gesundheitsuntersuchung („check up“) sind für eine geschlechtsspezifische Auswertung leider nicht geeignet.

Im Jahr 2003 wurden in Brandenburg insgesamt 581.732 Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen durchgeführt (Angaben der KV Brandenburg über Untersuchungen, die über die KV Brandenburg abgerechnet wurden). Darunter waren 487.292 Untersuchungen an Frauen und 94.440 Unter-suchungen an Männern. Bezogen auf den berechtig-ten Personenkreis zeigt sich, dass Frauen die Untersu-chungen wesentlich häufiger in Anspruch nehmen als Männer. Bei den Frauen liegt die Rate der Inanspruch-nahme seit Jahren bei etwa 45 %, bei Männern ist in den letzten Jahren eine Steigerung zu verzeichnen, im Jahr 2003 waren es aber trotzdem nur 18 % (Abbil-dung 37).

Ein Vergleich der Inanspruchnahme in verschiedenen Altersgruppen zeigt, dass etwa die Hälfte der Frauen vom 3. Lebensjahrzehnt bis zum 7. Lebensjahrzehnt die Früherkennungsuntersuchungen in Anspruch neh-men. Männer, die ab dem 45. Lebensjahr einen Anspruch auf eine jährliche

Früherkennungsuntersu-Abbildung 37: Vorsorgeuntersuchungen zur Krebsfrüherkennung nach Alter im Jahr 2003.

Quelle: KV Brandenburg, eigene Berechnungen

chung haben, nutzen dieses Angebot kaum. So neh-men nur etwa 12 % der 50- bis 55-Jährigen dieses Angebot an. Die höchste Inanspruchnahmerate findet sich bei den 65- bis 70-Jährigen mit knapp 30 %.

Die Teilnahmeraten sind insgesamt unbefriedigend, dies gilt insbesondere für die Männer. Im Kontext des Gesundheitsverhaltens von Männern, das nach wie vor durch ein männliches Rollen-Stereotyp geprägt ist, mag das Ergebnis zwar nicht überraschen, aber es macht deutlich, dass vermehrte Anstrengungen nötig sind, Männer durch Aufklärung zur Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen zu bewegen.

Thematisch geht es hier insbesondere um die Untersu-chungen zur Früherkennung von Prostata-, Haut- und Darmkrebs.

Vorsorgeuntersuchungen zur Krebsfrüherkennung:

große Defizite bei Männern, aber auch bei älteren Frauen.

Im Dokument OPUS 4 | Gesund alt werden - (Seite 58-63)