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Risikofaktoren

Im Dokument OPUS 4 | Gesund alt werden - (Seite 53-58)

4.2 Gesund alt werden – Gesundheitsverhalten, Prävention und Gesundheitsförderung

4.2.1 Risikofaktoren

Die Datenlage zum Gesundheitsverhalten, sei es Ernährung, Alkoholkonsum, Rauchen oder Bewegung, ist bundesweit schlecht. Allerdings geben uns die repräsentativen Befragungen im Mikrozensus über zwei wichtige Bereiche Auskunft: Tabakkonsum und Übergewicht. Hier lassen sich die Trends in den ver-gangenen Jahren bis zur Gegenwart verfolgen.

4.2.1.1 Tabakkonsum

Trotz unübersehbarer Warnungen vor den gesundheit-lichen Risiken des Tabakkonsums rauchen viele Bran-denburger Bürger. Nur in den nördlichen Bundes-ländern Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wird, abgesehen von den Stadtstaaten, insge-samt mehr geraucht als in Brandenburg (Dittrich 2001). In den oberen Altersgruppen sind die Raucher-raten aber schon deutlich niedriger. Unter den 60- bis 70-Jährigen rauchten 2003 noch 20 % der Männer und 10 % der Frauen (Abbildung 30). Insgesamt hat sich in den letzten Jahren bei den Männern eine leichte Ver-ringerung der Raucherraten ergeben, bei den Frauen aber (noch) nicht.

Rauchen und soziale Faktoren hängen zusammen. Bei Männern und Frauen sind die Raucheranteile bei Men-schen mit bestimmten sozialen Benachteiligungen

überdurchschnittlich hoch. Erwerbslose z. B. rauchen über alle Altersgruppen hinweg mehr als Erwerbstätige und Nicht-Erwerbspersonen (Statistisches Bundesamt 2004).

Maßnahmen zur Reduktion des Tabakkonsums können zu einem deutlichen Gesundheitsgewinn für die Brandenburger führen.

Brandenburg rauchfrei

Die Landessuchtkonferenz Brandenburg, ein Zu-sammenschluss von öffentlichen und nicht öffent-lichen Akteuren in Suchtprävention und Suchtkran-kenversorgung, hat im Jahr 2004 das Programm

„Brandenburg rauchfrei“ gestartet. Ziel ist, den Tabakkonsum in Brandenburg wesentlich zu sen-ken. Ein Eckpfeiler auf diesem Weg ist der Beschluss des Landtags vom April 2005 zum Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen.

4.2.1.2 Adipositas

Adipositas (starkes Übergewicht) gilt als Risikofaktor für eine Reihe von Krankheiten. In Kombination mit weite-ren Risikofaktoweite-ren wie Rauchen, hohem Blutdruck oder Bewegungsmangel steigt das Risiko von Herzkrankhei-ten, Schlaganfall oder Diabetes deutlich an (RKI 2003).

Nach den Empfehlungen der WHO weist ein BMI-Wert von 30 und mehr auf gesundheitsrelevantes Überge-wicht (Adipositas) hin. Der BMI (Body Mass Index:

BMI = kg/m2) ist international als Indikator für die Kör-perfettmasse anerkannt. Im individuellen Einzelfall müssen aber noch weitere Gesichtspunkte zur Beurtei-lung von Adipositas beachtet werden. Dazu gehören das Fettverteilungsmuster („Apfel- vs. Birnen-Form“) und das Vorliegen weiterer Krankheiten.

Aus den Daten des Mikrozensus31999 und 2003 geht hervor, dass der Gipfel der Adipositas bei Frauen und Männern in der Altersgruppe der 60- bis 70-Jährigen

Abbildung 30: Anteile der Raucher in verschiedenen Altersgruppen nach Geschlecht 1999 und 2003, Definition:

regelmäßiges oder gelegentliches Rauchen.

Quelle: LDS, Mikrozensus 1999 und 2003 Brandenburg, eigene Berechnungen

3 Die Daten aus dem Mikrozensus zum Bereich Übergewicht und Adipositas stellen wahrscheinlich eine Unterschätzung der realen Verhältnisse dar. Sie sind aus Befragungen gewonnen und erfahrungsgemäß unterschätzen Befragte ihr eigenes Körpergewicht.

liegt. Fast ein Viertel der Frauen und etwa ein Fünftel der Männer gelten in dieser Altersgruppe als adipös.

Im höheren Alter sinken die Adipositas-Prävalenzen wieder. Die Daten legen nahe, dass Übergewicht besonders in der dritten Lebensphase ein Problem darstellt. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die Vorhersagekraft des Faktors Übergewicht/Adipositas für Krankheiten und Sterblichkeit mit zunehmendem Alter abnimmt. Das heißt: Adipositas im jungen und mittleren Erwachsenenalter ist gesundheitlich relevan-ter als in der dritten Lebensphase.

Zwischen 1999 und 2003 ist die Adipositasrate bei Frauen im Alter von 70 Jahren und mehr von 16 % auf 19 % angestiegen. Bei den Männern dieser Altersgrup-pe ist die Rate mit etwa 17 % unverändert geblieben.

Im Vergleich der Bundesländer zeigt sich, dass Adipo-sitas in allen neuen Ländern häufiger vorkommt als in der alten Bundesrepublik. 15,1 % der Brandenburger Männer und Frauen waren 2003 stark übergewichtig.

Ähnlich hohe oder noch höhere Raten werden für Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thü-ringen berichtet (Dittrich 2001, Statistisches Bundes-amt 2004).

Übergewicht und Adipositas stehen ebenfalls im Zu-sammenhang mit Merkmalen der sozialen Lage.

Ledige Männer und Frauen sind seltener stark überge-wichtig. Dasselbe gilt für Erwerbstätige im Gegensatz zu Erwerbslosen und für ehemalige Raucher im Gegensatz zu aktiven Rauchern (Statistisches Bundesamt 2004).

Die Empfehlung für die Betroffenen ist einerseits ein-fach: Abspecken. Andererseits zeigen die Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass dieses schlichte Vorhaben nur schwer dauerhaft umzusetzen ist. Die Erfolge von populären Diäten ebenso wie von Adipositas-Therapien sind begrenzt oder sogar kontra-produktiv, wenn über eine Reihung von Gewichtsab-nahmen und folgenden zuGewichtsab-nahmen schließlich sogar das Ausgangsgewicht überschritten wird. Sicher ist, dass eine Kombination von dauerhaften Umstellungen in den Ernährungs- und Essgewohnheiten verbunden mit mehr körperlicher Aktivität für einen Teil der Betrof-fenen zum bleibenden Erfolg führt.

Abbildung 31: Starkes Übergewicht nach Altersgruppen und Geschlecht, Brandenburg 1999 und 2003.

Quelle: Mikrozensus 1999 und 2003 Brandenburg, eigene Berechnungen

4.2.1.3 Verletzungen von älteren Menschen – Schicksal oder vermeidbar?

Ältere Menschen verletzen sich vorrangig im häus-lichen Bereich und vor allem durch Stürze. Verlet-zungen sind nicht schicksalhaft, sie lassen sich ver-meiden und bekämpfen. Besonders wirksam sind bei älteren Menschen folgende Strategien: Förde-rung körperlicher Aktivität und Gleichgewichtstrai-ning, Veränderung der Haushaltseinrichtung, siche-res Schuhwerk, persönliche Schutzmaßnahmen (Hüftprotektoren), angepasste Sehhilfen, Verhaltens-training und gemeindebezogene Maßnahmen.

Die Unfallsterbeziffer steigt ab dem 65. Lebensjahr steil an. Männer sind in allen Altersgruppen stärker betrof-fen als Frauen (Abbildung 32). Allerdings ist der Geschlechtsunterschied bei den über 80-jährigen Män-nern und Frauen nur noch gering. Dass mit dem Alter das Risiko tödlicher Unfälle ansteigt, ist auch bundes-weit festzustellen. Für das Land Brandenburg ist jedoch auffallend, dass die tödlichen Unfälle in allen Alters-gruppen deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen.

Eine Ausnahme bilden nur die über 80-Jährigen.

Tödliche Unfälle von über 65-Jährigen sind überwiegend häusliche Unfälle und Verkehrsunfälle. Der Anteil der häuslichen Unfälle steigt jedoch mit zunehmendem Alter stark an und spiegelt wider, dass ältere Männer und Frauen immer mehr Zeit in ihrer Wohnung verbringen.

Die Rate der tödlichen Verkehrsunfälle nimmt ab dem 65. Lebensjahr bei Männern und Frauen ebenfalls zu, obwohl ältere Menschen mit zunehmendem Alter immer weniger am Verkehr beteiligt sind. Ältere Men-schen fahren selten zu schnell oder unter Alkoholein-fluss, werden aber häufiger auffällig im Zusammen-hang von Vorfahrtsdelikten bzw. Abbiege- und Wende-manövern (Emsbach 1999). Dies lässt sich durch ein eingeschränktes Sehvermögen, eine verlangsamte Informationsaufnahme und ein reduziertes Reaktions-vermögen erklären. Auch die Einnahme von Medika-menten, die die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen, nimmt im Alter zu (Mackay 1998).

Ebenso wie die Rate der tödlichen Unfälle mit dem Alter zunimmt, nehmen auch Unfallverletzungen zu.

Im Gegensatz zu den tödlichen Unfällen verletzen sich Frauen ab dem Alter von 65 Jahren jedoch häufiger als

Abbildung 32: Tödliche Unfälle Brandenburg 2003 (pro 100.000 nach Altersgruppen und Geschlecht).

Quelle: Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg und eigene Berechnungen

Männer. Dahinter verbirgt sich vor allem ein steiler Anstieg der häuslichen Unfälle bei Frauen ab 65 Jah-ren. Häusliche Unfälle sind bei beiden Geschlechtern

die häufigste Unfallart, bei Frauen machen sie jedoch einen noch höheren Anteil der Unfälle aus als bei Män-nern.

Abbildung 33: Tödliche Unfälle bei Männern und Frauen nach Altersgruppen und Unfallkategorien, Brandenburg 2003.

Quelle: Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg und eigene Berechnungen

Abbildung 34: Unfallverletzte pro 1.000 nach Altersgruppen und Geschlecht – Brandenburg 2002.

Quelle: Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg und eigene Berechnungen

Bei den Unfällen älterer Menschen haben die Sturzun-fälle eine herausragende Bedeutung. Über 30 % der über 65-Jährigen, die zu Hause leben, stürzen einmal im Jahr und diese Zahl ist bei älteren Menschen in Alten- und Pflegeheimen noch höher. Über 20 % der Sturzunfälle erfordern eine medizinische Behandlung und 10 % haben Knochenbrüche zur Folge (Gillespie et al. 2003). Zwei Drittel aller Unfälle im Heim- und Freizeitbereich sind bei den über 65-Jährigen Stürze (Kreileder et al. 2002). Fast die Hälfte dieser Unfälle ereignen sich bei der Fortbewegung in der Ebene (im Vergleich zu 26 % bei allen Befragten).

Risikofaktoren für Sturzunfälle sind: Muskelschwä-che, Stürze in der Vorgeschichte, Gang- und Gleich-gewichtsstörungen, kognitive Störungen, Sehstörun-gen, Depression, Arthritis, Behinderung bei alltäg-lichen Aktivitäten und Alter über 80 Jahren. Liegen mehrere Risikofaktoren vor, steigt das Sturzrisiko stark an.

Präventionsprogramme können sowohl die Anzahl als auch die Rate der Sturzunfälle verringern. Dies hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eindeutig festge-stellt (Gesundheits-Evidenz-Netzwerk der WHO, Todd

& Skelton 2004) und ruft daher zu entsprechenden Kampagnen auf. Für Personen, die zu Hause leben, liegen die wirksamsten Strategien in Verhaltensände-rungen und in der Reduktion von Umgebungsrisiken.

Am effektivsten sind interdisziplinäre und multifaktoriel-le Interventionen, die die Bewertung der Risiken, ein Screening und eine zielgerichtete Intervention mit ein-schließen.

Hierzu gehören:

• auf das häusliche Milieu ausgerichtete Maßnah-men

• professionell und auf den Einzelnen zugeschnitte-ne Übungsprogramme, die die Balance, die Muskelkraft und das Gehen fördern

• Besuche zu Hause

• Umgebungsveränderungen (z. B. Handgriffe an der Badewanne, rutschfeste Badewannenmatten).

Eine Vitamin-D-Prophylaxe (auch mit Kalzium) zeigte dagegen keine starke Wirksamkeit in der Unfallpräven-tion (Campbell et al. 1999).

4.2.2 Prävention und Vorsorgeuntersuchungen

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