Jedes Jahr sterben rund fünf Millionen Menschen an einem Malignom. Bis zu 80 Prozent der Tumorpatienten leiden an heftigen Schmer- zen, gegen die nur Opiate et- was ausrichten können.
Mit einer einfachen oralen medikamentösen Schmerz- therapie nach dem Stufen- plan der WHO können heute bis zu 90 Prozent der tumor- bedingten Schmerzen be- herrscht werden. Hierbei werden Nicht-Opioid-Anal- getika mit schwachen oder starken Opioiden kombi- niert. Neben diesen Analgeti-
ka im engeren Sinn kann auch die Gabe von sogenann- ten Co-Analgetika sinnvoll sein. So sollte bei neuropathi- schen Schmerzen mit starken Dysaesthesien der Einsatz von trizyklischen Antidepres- siva erwogen werden, emp- fahl Dr. Michael Strumpf (Bochum) auf einem Sympo- sium in Nürnberg.
Nur wenn die enterale Aufnahme behindert ist oder Nebenwirkungen wie Übel- keit, Erbrechen oder massive Obstipation trotz adäquater adjuvanter Therapie nicht ausreichend zu beherrschen
sind, ist eine invasive Schmerztherapie indiziert.
Dies gilt auch für Schmerzen, die auf Opiate kaum anspre- chen, wie der Instabilitäts- schmerz bei Frakturen, die nicht stabilisiert werden kön- nen, erinnerte Dr. Klaus Böh- me (Kassel).
Eine Behinderung der enteralen Aufnahme bei oraler Analgetika-Gabe liegt dann vor, wenn der Patient häufig erbricht, einen Sub- ileus oder Stenosen in Hypo- pharynx, Ösophagus oder anderen Abschnitten des Gastrointestinaltraktes auf- weist oder wenn neurologi- sche Schluckstörungen vor- handen sind.
Das am häufigsten ange- wendete invasive Verfahren ist die kontinuierliche subku-
tane oder intravenöse Dauer- perfusion von Analgetika und adjuvanten Medikamen- ten über extrakorporale Pumpen. Ein weiteres häufi- ger eingesetztes Verfahren ist die kontinuierliche rücken- marksnahe Applikation über perkutane peridurale Kathe- ter, intrathekale Portkatheter und extrakorporale Pumpen sowie über implantierte Pumpsysteme. Spezialfällen sind die neurolytischen Ver- fahren vorbehalten, zum Bei- spiel die Neurolyse des Ple- xus coeliacus bei Pankreas- karzinom.
Die Vorteile einer subku- tanen Analgetika-Applikati- on sieht Böhme einerseits in der Tatsache, daß sie ambu- lant leicht durchführbar und einstellbar ist, andererseits darin, daß Nebenwirkungen deutlich minimiert auftreten.
Die intravenöse Perfusion zeigt weitere Vorteile: Pro-
bleme mit veränderter Re- sorption oder mit Hautreak- tionen treten hierbei nicht auf.
Besonderheiten der Pädiatrie
In der pädiatrischen On- kologie ist es wichtig, die Wünsche der Kinder bei der Applikation der Analgetika besonders zu berücksichti- gen. Intramuskuläre Injektio- nen sind bei Kindern kontra- indiziert. Ansonsten gilt wie bei Erwachsenen das WHO- Stufenschema.
Unter den Nichtopioiden haben Metamizol und Para- cetamol den höchsten Stel- lenwert. Bei der Gabe von
Opioiden muß darauf geach- tet werden, daß die Dosis durch Titration ermittelt wird. Die Therapie sollte nach Zeitplan durchgeführt und die Nebeneffekte sollten vorbeugend behandelt wer- den. Dr. Reinhard Sittl et al.
(Erlangen) setzen Tramadol gegen mittelstarke und Mor- phin gegen starke Schmerzen ein. Für Kleinkinder ideal ist das MST®-Retard-Granulat (Mundipharma), eine flüssi- ge, retardierte Morphinfor- mulierung.
Wenn die Kinder mit der oralen Therapie nicht mehr zurechtkommen oder mas- sive Nebenwirkungen zeigen, müssen die Opioide kontinu- ierlich parenteral subkutan oder intravenös verabreicht werden. Diese Therapie kann mit einfachen Pumpsystemen (zum Beispiel Pegasus®PCA) auch ambulant durchgeführt werden. Siegfried Hoc A-1670 (74) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 24, 13. Juni 1997
V A R I A AUS UNTERNEHMEN
Therapie von Tumorschmerzen
Auch für Kinder gilt das Stufenschema
Grafik
Physikalische Maßnahmen
Begleitmedikation nichtopioidhaltige Analgetika und starke, opioidhaltige Analgetika nichtopioidhaltige Analgetika
und schwache, opioidhaltige Analgetika
nichtopioidhaltige Analgetika
WHO-Stufenschema als Orientierungshilfe Quelle: Mundipharma