Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 6⏐⏐9. Februar 2007 [95]
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ie Umsetzung eines Marke- tingkonzepts in einer Arzt- praxis ist immer eine Gratwande- rung zwischen einer aussagekräfti- gen Außendarstellung und drohen- den Wettbewerbsprozessen oder be- rufsgerichtlichen Verfahren im Fall der Überschreitung der rechtlich zulässigen Grenzen. Die Unsicher- heit in diesem Bereich wird durch zahlreiche Einzelfallentscheidun- gen der Ärztekammern und Gerich- te zu einzelnen Werbemedien und deren Inhalten eher noch verstärkt.Die Grundlage für alle Werbe- maßnahmen bildet § 27 der Berufs- ordnung der jeweiligen Ärztekam- mer (in Schleswig-Holstein § 28), in deren Bezirk der Arzt tätig ist. Die Werbemaßnahmen dürfen danach weder anpreisend, irreführend noch vergleichend sein.
Als „anpreisend“ werden Superla- tive, wie zum Beispiel „der beste Arzt auf dem Gebiet“, oder beson- ders hervorgehobene Schlagworte als Blickfang, wie „Spitzenmedizi- ner“, „Spezialist“ oder „Toparzt“, angesehen. Doch auch hier gibt es Wege und Möglichkeiten die dem Grund nach anpreisende Werbung ei- ner Person mit zulässiger – weil überwiegend sachlich zutreffender und dem Patienten verständlicher – Informationswerbung zu kombinie- ren und ihr damit ein überwiegendes Gepräge von zulässiger medizini- scher Information zu geben (so zum Beispiel bei der Vorstellung neuer er- folgreicher Operations- oder Be- handlungsmethoden). Dabei ist aber stets Vorsicht geboten, da eine an- preisende Imagewerbung unter allei- niger Hervorhebung der Person des Arztes weiterhin unzulässig ist.
„Irreführend“ sind vor allem mehrdeutige, unvollständige und un- klare Angaben, wie zum Beispiel die Beschreibung einer Einzelpraxis oder einer kleineren Gemeinschaftspraxis
mit den Begriffen „Zentrum für . . .“
oder „Institut für . . .“. Hierdurch wird dem Patienten eine Größe sug- geriert, die nicht vorhanden ist.
Unzulässig ist es auch, persönliche oder fachliche Vergleiche mit Kolle- gen oder anderen Praxen zu ziehen.
Auch das unwissenschaftliche Kom- mentieren von fremden Behandlungs- methoden ist unzulässig. Aussagen wie: „Wir fangen da an, wo andere aufhören!“ gehören ebenfalls in diese Kategorie. Dagegen sind wertneutrale Slogans wie etwa „Wir sorgen uns um Ihre Gesundheit!“ erlaubt.
Die Bandbreite des modernen Praxismarketings ist vielfältig. Die folgende Aufstellung stellt zulässi- ge Maßnahmen vor:
>Corporate Identitysteigert den Wiedererkennungseffekt, demons- triert professionelles Auftreten und gibt dem Patienten das Gefühl, in gu- ten Händen zu sein. Zur Corporate Identity gehören zum Beispiel ein- heitlich gestaltete Schriftstücke wie allgemeine Patienteninformationen, Atteste und Formulare sowie einheit- lich gestaltete Praxisräume mit nicht aufdringlichen, angenehmen Farben.
> „Eye-Catcher“ können in Form von Patienteninformationen im Wartezimmer ausliegen oder als Plakat aushängen. Sie sollten gut lesbar sein und den Patienten für ein Thema sensibilisieren. Dabei kön- nen eigene Logos verwandt werden, auch wenn diesen ein eigenständi- ger Informationswert fehlt.
>Fotos des Arztes und seines Per- sonals, zum Beispiel auf der eigenen Homepage, sind erlaubt. Ein Arzt darf sich aber auf einem Bild, das zur Ver- öffentlichung bestimmt ist, nicht im weißen Kittel präsentieren. Ein Blick auf die Website vieler Praxen zeigt, dass dieses im Heilmittelwerbegesetz verankerte Verbot oft ignoriert wird.
> Informationsmaterialienwie Praxisbroschüren, Flyer und News-
letter sprechen die Patienten direkt an und geben dem Arzt die Möglich- keit sich und sein Team vorzustel- len. Der Arzt kann diese Broschüren auch in medizinnahen Einrichtun- gen, wie Apotheken, Fitness-/
Wellness-Einrichtungen oder Mas- sagepraxen auslegen oder sie per Post an Patienten versenden. Un- zulässig ist aber die Werbung mit
„aufdringlichen“ oder mit Kosten für den Empfänger verbundenen Kommunikationsmitteln wie Tele- fon, Telefax, E-Mail oder SMS.
>Bei Praxisschildernist die eins- tige Größenbeschränkung auf 35 mal 50 Zentimeter entfallen. Den- noch gilt für alle Außenauftritte, dass neben den tatsächlich nach der jewei- ligen Weiterbildungsordnung erwor- benen Bezeichnungen zusätzlich nur solche besonderen Tätigkeitsberei- che beworben werden dürfen, die nicht mit Schwerpunkten oder Wei- terbildungen nach der Weitebildungs- ordnung verwechselt werden können.
Teilweise finden sich in den Berufs- ordnungen auch Begrenzungen für die Anzahl der aufgeführten Tätig- keitsbereiche. Die Berufsordnung der Ärztekammer Nordrhein zum Bei- spiel begrenzt die Anzahl auf drei Leistungsbereiche, die auch noch mit dem Zusatz „nach eigenen Angaben“
versehen werden müssen. Bei einer Gemeinschaftspraxis müssen die Tätigkeitsschwerpunkte dem Arzt zu- geordnet werden, der auch tatsächlich darüber verfügt.
Die Grenzen zwischen zulässiger und berufswidriger Werbung sind fließend. Um sich vor „bösen“ Über- raschungen zu schützen und die Aus- gaben für das Werbekonzept nicht umsonst gemacht zu haben, sollte sich der Arzt rechtlich beraten lassen.
Die Gefahr, mit berufsgerichtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Sank- tionen konfrontiert zu werden, die auch nicht selten von Kollegen initi- iert werden, ist ansonsten nicht kon- trollierbar. Die Sanktionen reichen dabei – abhängig von der Anzahl und der Schwere der Verstöße – von Ab- mahnungen über Geldbußen bis hin zum Entzug der Approbation im We- ge der Feststellung der Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs. I RAe Dr. Udo Schmitz, Christopher F. Büll Internet: www.dr-schmitz.de
WERBUNG IN DER ARZTPRAXIS