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Archiv "Ileus – Diagnostik und Therapie" (30.04.1986)

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Ileus

Diagnostik und Therapie

Edgar Ungeheuer und Thomas Böttger Aus der Chirurgischen Klinik

(Direktor: Professor Dr. med. Edgar Ungeheuer) des Krankenhauses Nordwest, Frankfurt am Main

Darmverschluß bedeutet in jedem Fall eine akute Lebensbedrohung. Die Ursachen für einen Ileus können vielfältig sein. Die deletären Folgen betreffen nicht nur die Darmwand und das Abdomen, sondern den ge- samten Organismus. Obwohl es gelungen ist, durch den Einsatz moder- ner prä- und postoperativer Behandlungen und dank der besseren Kenntnisse der pathophysiologischen Vorgänge die Letalität zu senken, ist sie auch heute immer noch sehr hoch. Beginn und Verlauf der Behand- lung hängen daher entscheidend von dem erstbehandelnden Arzt ab.

chon die Verdachtsdiagnose

%..7 „Heus" ist ein Alarmzeichen.

Der erstbehandelnde Arzt entschei- det nicht selten über Tod oder Le- ben durch eine gezielte Diagnostik und Einweisung. Auch heute im Zeitalter der Apparate- und Compu- termedizin spielen die klassischen diagnostischen Methoden bei dem Krankheitsbild Ileus nach wie vor eine überragende Rolle. Neben der Erhebung der Anamnese sind es die Sinnesorgane des Arztes und natürlich auch seine persönliche Erfahrung, die bei der Diagnostik eine entscheidende Bedeutung ha- ben. Inspektion, Palpation, Auskul- tation und Perkussion des Abdo- mens liefern die wertvollsten Hin- weise für die Diagnostik. Laborpa- rameter haben dagegen eine unter- geordnete Bedeutung und eine ho- he Versagerquote. Bildgebende Verfahren zur Sicherung der Dia- gnose sind eher brauchbar, und die sogenannte Abdomen-Leerauf- nahme ist in ihrer WertigkeitderSo- nografie überlegen (Abbildung 3).

Trotz Fortschritten im Bereich der Intensivtherapie ist die Letalität im- mer noch relativ hoch, sie beträgt im Durchschnitt 10 bis 25 Prozent.

Unter dem Sammelbegriff Ileus versteht man sämtliche Störungen der Darmpassage. Da die thera- peutischen Konsequenzen unter- schiedlich sind, muß klar entschie- den werden, ob es sich um einen mechanischen Verschlußoder um eine funktionelle Störung der Dy- namik handelt, wobei nicht selten auch Mischformen vorhanden sein können. Der mechanische Ileus ist durch eine Einengung des Darmlumens entweder von intralu- minär oder von außen gekenn- zeichnet. Die funktionelle oder pa- ralytische Form des Ileus ist kein Morbus sui generis. Er ist oft die Folge einer Reaktion auf ver- schiedene Organerkrankungen, zum Beispiel bei Entzündungen, aber auch bei Stoffwechselstö- rungen oder bei Verletzungen im intra- und retroperitonealen Raum sowie bei Lähmungen. Die häufigste Ursache ist aber die Pe- ritonitis mit nachfolgender Darm- paralyse.

Von einem gemischten Ileus spricht man dann, wenn ein ver- schleppter, weil meistens auch verkannter mechanischer Ileus

durch die sich entwickelnde Durchwanderungsperitonitis eine Darmlähmung verursacht hat.

Pathophysiologie der Ileuskrankheit

Der Dünndarm ist in erster Linie ein Resorptions- und erst in zwei- ter Linie ein Transportorgan. Beim Ileus findet der Flüssigkeits- und Elektrolytverlust einmal in das Darmlumen hinein, dann aber auch in die ödematöse Darmwand und darüber hinaus auch in Form von Transsudat in den Peritoneal- raum statt. Nicht zu vergessen ist der Flüssigkeitsverlust durch Er- brechen und durch das Absaugen über eine liegende gastrointesti- nale Sonde. Die Folge von all dem ist eine Verminderung der extra- zellulären Flüssigkeit, die mit ei- ner fortschreitenden Hämokon- zentration einer Hypovolämie, Nie- reninsuffizienz und nachfolgen- dem Schock einhergehen. Die Gasstauung führt zusammen mit der Flüssigkeitsansammlung im Darmlumen zu einer Überdehnung der Darmwand und damit zu kon- sekutiver Hypoxie mit Permeabili- täts- und Resorptionsstörungen.

Als entscheidende Station in der Pathogenese der Ileuskrankheit ist die Distension der Darmwand und das Freiwerden von vasoaktiven Substanzen und des Endotoxins gramnegativer Keime anzusehen (3, 9). Die praktische Konsequenz zur Verhütung dieser Störungen, die unaufhaltsam in einem toxi- schen Schock enden, ist die Früh-

therapie. Der Ileuskranke sollte daher sofort in eine chirurgische Klinik eingewiesen werden. Dann gilt zu entscheiden:

1. Kann man konservativ noch weiter vorgehen?

2. Besteht noch genügend Zeit, um eine weitere Diagnostik bei gleichzeitiger Vorbereitung des Patienten auf einen möglichen Eingriff zu betreiben?

3. Muß sofort ohne Wartezeit la- parotomiert werden?

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Abbildung 3:

Röntgen-Abdo- men-Übersicht:

Dünndarmileus mit Pneumatie der Gallenwege bei einem Gallen- steinileus

Ileuserkrankungen

Die alte Faustregel, daß bei einem Ileuspatienten die Sonne nicht auf beziehungsweise nicht unterge- hen darf, hat auch heute noch ihre volle Gültigkeit. Je länger die Darmverlegung mit ihren deletä- ren Folgen besteht, um so stärker wird die intestinale Barriere für Endotoxine durchlässig. Der wei- tere Verlauf bei dem nicht selten multimorbiden Patienten ist dann gekennzeichnet von der soge- nannten letalen Trias mit Sepsis, beatmungsbedürftigem Lungen- versagen und einer dialysepflichti- gen Niereninsuffizienz.

Gefahr einer Nekrose besteht. Prä- operativ ist die Differenzierung je- doch sehr schwierig (1).

1. Briden- und Strangulationsileus

Typisch ist, daß beim Briden- und gleichfalls auch beim Strangula- tionsileus in der Anamnese mei- stens eine abdominelle Erkran- kung mit Operation eruiert werden kann. Schon allein diese Tatsache, verbunden mit kolikartigen Schmerzen, ist ein sicherer Hin-

schnell ein erheblicher Sekre- tionsdruck, so daß es wiederum sehr rasch zu einer Durchblu- tungsstörung mit all ihren Konse- quenzen kommt. Die Abdomen- Übersichts-Aufnahme im Stehen, auf die wir trotz der zunehmenden Bedeutung der Sonografie nicht verzichten, zeigt bei dieser Ileus- form besonders am Anfang noch nicht die bekannten pathognomo- nischen Spiegelbildungen.

An dieser Stelle sei das Problem der postoperativen Adhäsionsbil- dungen mit ihren rezidivierenden

Abbildung 1 (oben): Ileitis terminalis mit stenotischem Darmsegment

Abbildung 2 (unten): Mesenterialinfarkt mit nekrotischem Dünndarm

Ätiologie des Ileus

Die Ätiologie eines mechanischen Dünndarmileus ist zwar interes- sant, aber für die Indikation zur Operation nicht unbedingt ent- scheidend (Tabelle 1). Eine gewis- se Bedeutung für den weiteren Verlauf hat jedoch beim mechani- schen Ileus die Unterscheidung zwischen den Strangulationsver- schlüssen und der Obstruktion.

Bei der Strangulation ist nicht nur das Lumen verlegt, sondern gleichzeitig auch die Durchblu- tung gestört, wodurch die akute

weis für einen beginnenden oder bereits vorhandenen Ileus. Sind neben diesen Symptomen und der Laparotomienarbe die typischen metallisch klingenden, spritzen- den, gurrenden Darmgeräusche zu auskultieren, so kann die Indi- kation zur sofortigen Laparotomie nicht mehr schwerfallen.

Bei dem Symptom der abge- schnürten Schlinge fehlt zwar nicht die Narbe und der kolikartige Schmerzzustand, aber wegen des kompletten Verschlusses der bei- den Darmschenkel ist oft der er- wähnte pathologische Auskulta- tionsbefund im Abdomen nicht zu erheben. In dem abgeschnürten Darmteil entwickelt sich sehr

Ileuszuständen kurz erwähnt. Die- ses ist trotz jahrzehntelanger For- schung bisher nicht gelöst. Eine wirksame Prophylaxe gibt es nicht, sicherlich hilft eine scho- nende Operationstechnik, Adhä- sionen zu vermeiden.

An chirurgischen Methoden zur Verhütung von rezidivierenden Ileuszuständen durch Briden hat es nicht gefehlt. Die äußere Dünn- darmplicatur nach Nobel und die mesenteriale Plicatur nach Childs und Philips haben sich nicht durchsetzen können. Ebenso ist die intraoperative innere Schie- nung mit Hilfe einer langen Sonde wegen der häufigen Knotenbil- dung meist wieder verlassen wor-

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Abbildung 6 (links): Absaugen eines Ileusdarrnes mit einem Ballonkatheter

Abbildung 7 (unten): Chronischer Dickdarmileus mit massiv geblähtem Ab- domen

Absaugen des Ileusdarmes mit dem Ballonkatheter

Abbildung 4 (oben): Durch Enterotomie gewonnener Gallenstein

Abbildung 5 (unten): Strangulationsileus mit nekrotischer Dünndarmschlinge

Abbildung 8:

Durch Endo- grafineinlauf dar- gestelltes Rekto- sig moid karzi nom

den. Inwieweit die in jüngster Zeit vorgestellten resorbierbaren Son- den einen Ausweg darstellen, bleibt abzuwarten.

2. Morbus Crohn

Die bekannten rezidivierenden Su- bileusattacken beim Morbus Crohn sind durch stenotische Darmsegmente bedingt (Abbil- dung 1). Selten kommt es zu ei- nem kompletten mechanischen Ileus. Die Lumeneinengung ent- wickelt sich langsam und führt zu einem chronischen, oft über Jahre bestehenden Subileus mit erheb- licher Beeinträchtigung des Allge- meinzustandes und mit rezidivie-

renden typischen Koliken. In An- betracht der jederzeit drohenden Ileusgefahr sollte in diesem Stadi- um des Morbus Crohn eine medi- kamentöse konservative Behand- lung die meist doch notwendige Darmresektion nicht weiter hin- ausschieben. Bei röntgenologisch nachgewiesenen Darmstenosen mit rezidivierenden Beschwerden dient die frühzeitige Darmresek- tion nicht nur zur Verringerung der Komplikationen (innere und äußere Fisteln, Ileus usw.), son- dern verbessert auch die Lebens- qualität der ohnedies mitgenom- menen Morbus-Crohn-Patienten.

Die rechtzeitige Operation ermög- licht eine Darmresektion mit einer primären Anastomosierung auch

im Falle einer Dickdarmbeteili- gung ohne einen Anus praeter na- turalis. Auch ist die Letalität er- klärlicherweise geringer als bei ei- nem kompletten Ileus oder bei vor- handenen Komplikationen wie Abszessen, Fisteln und so weiter.

3. Mesenterialinfarkt

Der mesenteriale Infarkt kommt relativ häufig vor. Er entwickelt das Vollbild eines Ileus, der aber nicht zu dem eines echten dynami- schen, sondern mehr der Misch- form zuzuordnen ist. Diese Ileus- art auf dem Boden einer mesente- rialen Durchblutungsstörung geht mit einer sehr hohen Letalität von

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Ileuserkrankungen

50 bis 90 Prozent einher. Anamne- se und Befund sind äußerst un- charakteristisch und schwer ein- zuordnen. Die Diagnose wird da- her meistens viel zu spät oder überhaupt nicht gestellt. Es fehlen praktisch immer typische Früh- symptome. Der Patient hat uncha- rakteristische abdominelle Be- schwerden, ist meistens über 60 Jahre alt, und nicht selten sind in der Anamnese Durchblutungsstö- rungen in anderen Bereichen zu erheben.

Die Abdomen-Leeraufnahme und die Sonografie helfen bei der Frühdiagnose nur wenig. Wenn man jedoch an einen Mesenterial- gefäßverschluß denkt, dann ist nach wie vor die Angiografie (se- lektiv) noch am sichersten für die Diagnosestellung. Trotz der Ver- besserung in der operativen Tech- nik der rekonstruktiven Maßnah- men an den Abdominalgefäßen ist wegen der geschilderten diagno- stischen Schwierigkeiten bisher eine Verbesserung der Prognose nicht zu verzeichnen. Häufig ist bei der Laparotomie schon der ge- samte Dünndarm nekrotisch (Ab- bildung 2), oder es muß eine aus- gedehnte Darmresektion vorge- nommen werden. Für den schwer- kranken Patienten, bei dem mei- stens auch eine Multimorbidität besteht, bedeutet dies ein extrem hohes Risiko.

4. Gallenstein-Ileus

Von besonderer Bedeutung ist auch der Gallensteinileus, da er relativ spät erkannt wird und eine hohe Letalität besitzt. Die Häufig- keit bei Gallensteinträgern muß mit 0,5 bis 1 Prozent angenommen werden. In unserem Krankengut von über 15 000 Eingriffen an der Gallenblase lag die Häufigkeit bei 0,3 Prozent. Bezieht man jedoch den Gallensteinileus auf die Ge- samtheit der mechanischen Darm- verschlüsse in unserem Kranken- gut, so waren es doch immerhin fast 7 Prozent, die durch einen Gallensteinileus verursacht waren.

Das Durchschnittsalter lag bei 70

Jahren, und die Letalität war mit 18 Prozent relativ hoch. Aus dem hohen Durchschnittsalter kann man schließen, daß die Patienten nicht frühzeitig genug wegen ih- res Gallensteinleidens operiert worden waren. Anamnestisch war in 75 Prozent unserer Patienten das Gallensteinleiden schon vor- her Grund für eine ärztliche Kon- sultation.

Obwohl die Anamnese beim Gal- lensteinileus einen gewissen Hin- weis gibt und die Ileussymptoma- tik mit ihren kolikartigen Schmer-

Tabelle 1: Ursachen eines mechanischen Ileus

1. Strangulation

Briden, Darmeinklemmung in Mesenteriallücken, in- karzerierte Hernien, Inva- gination, Malrotation, Vol- vulus

2. Obturation:

Adhäsionen, Askariden, Atresien, Duplikaturen, Be- zoare, Fremdkörper, Gal- lensteine, Kotstauung, Me- gakolon, Morbus Crohn, Peritonealkarzinose, Ste- nosen, Strahlenschäden, Strikturen, Tumoren

zen ohne Laparotomienarbe mit dem typischen Röntgenbild einen Dünndarmileus vermuten läßt, wird die Diagnose relativ spät ge- stellt. In unserem Krankengut hat es im Durchschnitt 3,2 Tage ge- dauert bis der Ileuskranke zur sta- tionären Aufnahme kam. In etwa 50 Prozent der Fälle ist die Pneu- matie der Gallenwege (Abbildung 3) ein sicheres Zeichen für einen Gallensteinileus. Die bevorzugte Lokalisation der Steineinklem- mung liegt im Ileum (Abbildung 4).

Als Schlußfolgerung ist zu emp- fehlen, daß wegen der 90fachen hö- heren Letalität gegenüber der elek- tiven Frühcholezystektomie diese als alleinige sichere Prophylaxe an- zusehen ist und dringend empfoh- len werden muß (4, 6).

Ileus im Kindesalter

Über 50 Prozent der Ileusfälle im Kindesalter finden sich im ersten Lebensjahr. Im Neugeborenenal- ter (1. bis 28. Tag) überwiegen die angeborenen Mißbildungen wie Atresien, Membranen, Stenosen und der Morbus Hirschsprung. In den nächsten drei Lebensjahren ist die Invagination, meist in Form einer ileozökalen Invagination die häufigste Ursache eines mechani- schen Ileus. Typischerweise schreien und jammern die betrof- fenen Kinder aus völligem Wohl- befinden ohne erkennbare Ursa- chen für die Eltern. Sie ziehen vor Schmerzen die Beine an und ent- wickeln eine blaßfahle Gesichts- farbe mit halonierten Augen.

In wenigen Fällen klingen diese akuten Beschwerden wieder ab.

Bei dreiviertel der Patienten tastet man einen walzenförmigen Tu- mor, der auch von rektal zu palpie- ren ist. Blut am Fingerling ist ein Spätsymptom, es kann allerdings bei zwei von drei Patienten nach- gewiesen werden.

In den ersten Stunden kann ein diagnostisch durchgeführter Ko- lonkontrasteinlauf gleichzeitig therapeutisch wirken. Durch den hydrostatischen Druck des Kon- trastmittels ist eine Reposition des Invaginats möglich. Häufig ist je- doch eine Laparotomie mit manu- eller Reposition, unter Umständen bei bereits eingetretener Darm- gangrän mit Resektion notwendig.

Die Prognose ist bei rechtzeitiger Operation ausgezeichnet. Im Schulalter dominieren wie beim Erwachsenen der Strang- und Ad- häsionsileus (2, 10).

Andere Ursachen der Ileuskrankheit

Nicht unerwähnt sollen als Ursa- che des Dünndarmileus die inkar- zerierte Hernie, der verschluckte

Fremdkörper, der sogenannte Ap- felsinenileus, der Volvulus, die En- dometriose und die seltenen Dünndarmtumoren bleiben.

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Tabelle 2: Operative therapeutische Maßnahmen bei Dünndarm- ileus 1964 bis 1983 — n = 346

Maßnahme Anzahl Prozent

1. Strangdurchtrennung ± Adhäsiolyse 259 74,8 2. Resektion oder Umgehungsanastomose 76 21,9 3. Enterotomie + Absaugung*) 44 12,8 4. Nobel- oder Childsche Operation 11 3,2

*) teilweise in Kombination mit 1 und 2

Therapie des Dünndarmileus Wie bereits erwähnt, ist nur durch eine Frühoperation beim komplet- ten Ileus das Risiko so niedrig wie nur möglich zu halten. Eine kon- servative Behandlung gibt es nicht. Das Behandlungsspektrum bei der Operation reicht vom ein- fachen Lösen einer Bride bis zur ausgedehnten Dünndarmresek- tion, zum Beispiel bei der Strangu- lation (Abbildung 5) oder beim Mesenterialinfarkt (Tabelle 2). Der Eingriff hat vor allem die Disten- sion des hochgradig dilatierten und mit Flüssigkeit angefüllten Darmes mit ihrer speziellen Aus- wirkung auf die Darmwand zu be- seitigen. Dies kann auf verschie- dene Weise erfolgen, so zum Bei- spiel durch Absaugen mittels Na- sensonde, wenn der stark über-

dehnte Dünndarm nach der Lapa- rotomie manuell in Richtung Ma- gen ausgestrichen wird. Dieses Verfahren wird heute sehr emp- fohlen, ist aber auch nicht ganz problemlos und nicht selten auch langwierig.

Die Plazierung einer langen Sonde im Dünndarm nach Wangensteen, die über den Magen durch das Duodenum und weiter dann im Dünndarm bis zum Zökum wäh- rend des Eingriffs vorgeschoben werden muß, hat ihre Bedeutung verloren und wird kaum mehr an- gewandt. Wangensteen sah vor al- lem den Vorteil seiner Sonde in der Vermeidung einer Enteroto- mie, was auch heute noch die An- hänger der sogenannten oralen Ausstreichmethode durch die

Sondenabsaugung vortragen. Wir stellen dagegen bei dem weit fort- geschrittenen Ileus und bei starker Distension des Dünndarms eher die Indikation für eine Absaugung nach einer kleinen Inzision am ge- stauten Darm mittels eines Ballon- katheters. Damit gelingt es, den größten Teil des toxischen Darm- inhaltes sofort zu entfernen (Abbil- dung 6).

Diese Methode ist sehr einfach und für den ohnedies schon stark mitgenommenen Ileuspatienten schonend und sofort entlastend.

In verzweifelten Fällen bei gleich- zeitiger Peritonitis kann zusätzlich der liegende Ballonkatheter an seiner Einmündungsstelle in den Dünndarm als Dünndarmfistel in die Laparotomiewunde eingenäht werden (5, 7, 8, 9).

Therapie des Dickdarmileus Beim Dickdarmileus handelt es sich häufig um die typische Form einer Okklusion infolge eines Kar- zinoms, die sich langsam entwik- kelt. Das Anfangsstadium ist daher meist nicht erkennbar, und es kann Wochen dauern, bis es zu einem kompletten Verschluß kommt.

Der Allgemeinzustand ist oft im Gegensatz zum Dünndarmileus kaum beeinträchtigt. Jedoch ist der Meteorismus auffallender als beim Dünndarmileus (Abbildung 7). Die Abdomenleeraufnahme zeigt die außerordentliche Erwei- terung des Dickdarmes, aber es sind auch einzelne Spiegelbildun- gen im Dünndarmbereich schon

erkennbar. Da am häufigsten die Lokalisation der Okklusion auf der linken Seite, also im Sigma zu su- chen ist, hat die röntgenologische Dickdarmdarstellung mit Endo- grafien auch heute noch ihre volle Berechtigung (Abbildung 8).

Eine Sicherung des Verschlusses durch eine Endoskopie ist in die- sem Stadium nicht erforderlich.

Beim Vollbild eines Dickdarmileus sollte, wie bei allen Notfällen, möglichst der kleinste Eingriff in Form einer Zökalfistel vorgenom- men werden. Nach Abklingen der Ileussymptomatik kann dann der stenosierende Prozeß in einem wesentlich besseren Stadium re- seziert werden.

Literatur

(1) Capell, J.; Ungeheuer, E.; Fabian, W.: Zur Indikationsstellung der Relaparotomie beim postoperativen Ileus. Therapiewoche 30 (1980) 8604 — (2) Grüßner, R.; Koltan, J.; Kuhnert, A.;

Hof mann v. Kap-herr, S.: Laparotomie und Re- laparotomie beim mechanischem Ileus im Kin- desalter. In: Ileus, Hrsg. R. Häring (1985) 476-482 — (3) Kümmerle, F.; Grund, K. E.:

Pathophysiologie. In: Ileus, Hrsg. R. Häring (1985) 3-14 — (4) März, E.; Becker, H.: Über die Problematik der Diagnostik des Gallenstein- ileus. Tagg Mittelrh. chir. Vereinigung Heidel- berg 1968. Bruns Beitr. klin. Chir. 217 (1969) 191 — (5) Schröder, D.; Böttger, Th.; Cappel, J.:

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Ileus, Hrsg. R. Häring (1985) 201-206 — (6) Schröder, D.; Brandt, P.; Böttger, Th.: Diagno- se, Technik und Taktik beim Gallensteinileus.

In: Ileus, Hrsg. R. Häring (1985) 537-541 — (7) Ungeheuer, E.; März, E.: Die Darmentleerung mit Hilfe eines Ballonkatheters während der Ileusoperation. Chirurg 37 (1966) 410 — (8) Un- geheuer, E.; Fabian, W.: Das akute Abdomen, 1. Aus der Sicht des Chirurgen. Deutsch. Ärz- tebl. 81, Heft 6 (1984) 345-350 — (9) Wangen- steen, 0. H.: Understanding the bowel ob- struction problem. Am. J. Surg. 135 (1978) 131-139 — (10) Bachmann, K. D.: Das akute Ab- domen, 3. Aus der Sicht des Pädiaters.

Deutsch. Ärztebl. 81, Heft 6 (1984) 355-362

Anschrift der Verfasser:

Professor Dr. med.

Edgar Ungeheuer

Dr. med. Thomas Böttger Chirurgische Klinik

des Krankenhauses Nordwest Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt am Main 90

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