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Archiv "Dünndarm-Kontrasteinlauf: Indikationen und Technik" (27.10.1977)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Dünndarm-Kontrasteinlauf

Indikationen und Technik

Bernd Geiter und Hatto-Franz Fuchs

Aus der diagnostischen Röntgenabteilung

(Leiter: Privatdozent Dr. med. Hatto-Franz Fuchs) der Medizinischen Klinik mit Poliklinik

der Universität Erlangen-Nürnberg

(Direktor: Professor Dr. med. Ludwig Demling)

Routinemäßige „Dünndarm- kontrollen" im Anschluß an die Magenuntersuchung sind wegen zu geringer Effizienz abzulehnen. Bei Beachtung eines Indikationskatalogs ist die Röntgenuntersuchung je- doch wichtigste Suchmetho- de in der Diagnostik von Dünndarmerkrankungen. Eine wesentliche Verbesserung der Aussage ist durch den Dünn- darmkontrasteinlauf über eine Duodenalsonde (Enteroclysis) nach Sellink möglich.

Einleitung

Mit der kombinierten Untersuchung von Ösophagus, Magen und Duode- num in Relief, Prallfüllung, Doppel- kontrast und Pharmakoradiographie sowie dem Kolon in Doppelkontrast stehen für die Exploration des obe- ren und unteren Gastrointestinal- trakts standardisierte, hoch effizien- te Methoden zur Verfügung. Demge- genüber enttäuscht die radiologi- sche Untersuchung von Jejunum und Ileum häufig.

Als Grund hierfür sind neben der geringen lnzidenz pathologischer Veränderungen in erster Linie me- thodische Schwierigkeiten zu nennen.

Da zur Dünndarmdiagnostik ein vom erforderlichen zeitlichen Aufwand her akzeptables endoskopisches Verfahren derzeit nicht zur Verfü- gung steht — die Enteroskopie in der jetzigen Form hat die zunächst in sie gestellten Erwartungen nicht erfüllt

—, bleibt die Röntgenuntersuchung von Jejunum und Ileum bis auf wei- teres wichtigste Suchmethode in der Diagnostik von Dünndarmerkran- kungen.

Untersuchungsindikationen Bei der Seltenheit von Dünndarmer- krankungen lehnen wir die routine- mäßig im Anschluß an die Magenun- tersuchung durchgeführten soge-

nannten Dünndarmkontrollen we- gen zu geringer Effizienz und aus Gründen des Strahlenschutzes ab.

Als Untersuchungsindikationen gel- ten:

• Abdominelle Beschwerden, die nach röntgenologischer und endo- skopischer Exploration des oberen und unteren Gastrointestinaltrakts einschließlich sonographischer Be- urteilung des Abdominalraums un- geklärt bleiben.

fp Okkulter oder manifester gastro- intestinaler Blutverlust nach endo- skopischem und röntgenologi- schem Ausschluß einer Blutungs- quelle im übrigen Magen-Darm-Be- reich. Dabei hat während akuter Blu- tungen die Angiographie den Vorrang

fp

Änderungen von Stuhlfrequenz und -charakter, vor allem im Sinne von Diarrhoe und Steatorrhoe.

• Untersuchung im Rahmen eines Screening-Programms zur Klärung von Beschwerden und Befunden, die primär nicht an eine Erkrankung des Dünndarms haben denken las- sen: so zum Beispiel länger beste- hendes Fieber als Folge eines mali- gnen Dünndarmlymphoms oder ei- nes sonst asymptomatischen Mor- bus Crohn; Gewichtsverlust bei noch nicht stenosierendem Dünn- darmkarzinom; hyper- oder hypo- chrome Anämien als Ausdruck ei- nes partiellen Malabsorptionssyn-

droms; Ödeme als Folge einer exsu- dativen Enteropathie; IgA-Mangel bei lymphonodulärer Hyperplasie des Dünndarms usw.

Untersuchungstechniken

Die am weitesten verbreitete Unter- suchungstechnik ist die fraktionierte Dünndarmpassage nach Pansdorf:

Nach Gabe von 300 bis 400 ml Kon- trastmittel werden die Dünndarm- schlingen während sequentieller Durchleuchtungen beurteilt und eventuelle pathologische Befunde auf Zielaufnahmen dokumentiert.

Die zeitlichen Abstände zwischen den Durchleuchtungen variieren mit der Passagegeschwindigkeit — mehr jedoch noch mit dem Engagement des Untersuchers beziehungsweise mit den Gepflogenheiten der Abtei- lung.

Dieses Vorgehen hat große Nach- teile:

• Organisatorische: Wegen der er- heblichen physiologischen Varia- tionsbreite der Dünndarmpassage- zeit — sie schwankt zwischen 15 Mi- nuten und 5 Stunden — ist die Dauer der Untersuchung nicht vorauszu- planen — ein Nachteil vor allem für die ambulante Röntgenuntersu- chung.

• Wegen der quasi punktuell und nur regionär erfolgenden Durch- leuchtungen besteht die Gefahr, den

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DEUTSCHES ÄRZTE BLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Abbildung 1: Normale Sonden Iage. ap-Projektion. Sondenspitze in der ersten Jejunumschlinge. 1: Nach Verlassen des Magens weicht die Sondenspitze nach dorsal zur Pars descendens duodeni ab (Kriterium der Pyloruspassage!)- 2: Flexura duodeno-jejunalis

Abbildung 2: Normalbefund. "Transparenzeffekt'', der die Beurteilung sich überlagernder Darmschlingen ermöglicht

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Dünndarm-Kontrasteinlaut

geeigneten Zeitpunkt zur Erfassung umschriebener Veränderungen zu versäumen.

6) Die erzielte Dehnung der Darm- wand ist zumeist ungenügend, so daß kleinere Läsionen im verwirren- den Faltenrelief sich überlagernder Schlingen untergehen.

Diese Nachteile waren der Anlaß zur Entwicklung zahlreicher Modifika- tionen. Sie betreffen Menge und Zu- sammensetzung des Kontrastmit- tels, den Applikationsmodus (einma- liger Bolus - extreme Fraktionie- rung) sowie die Gabe verschiedener, die Darmmotilität beeinflussender Pharmaka (Metoclopramid, Physo- stigmin, Cholezystokinin, Zärulein, Glukagon, Parasympathikolytika, osmotisch wirksame Substanzen);

diese sollten die Detailerkennbarkeit verbessern und möglichst gleichzei- tig die Passagezeit verkürzen. Da dieses Ziel nur unvollkommen er- reicht beziehungsweise durch Aus- flockung des Kontrastmittels und unphysiologische Veränderungen des Reliefs erkauft wurde, erübrigt sich das Eingehen auf Einzelheiten.

Wesentliche Fortschritte erbrachte erst die Wiederentdeckung - die Grundlagen wurden seit 1929 durch Untersuchungen von Pesquera, Gershon-Cohen, Schatzki und Lura erarbeitet - und Weiterentwicklung des sogenannten anterograden Dünndarmkontrasteinlauf (Entero- clysis) über eine Duodenalsonde durch Seilink (Abbildung 1): Durch Umgehung des "fraktionierenden"

Pylorus kann das Kontrastmittelan- gebot an den Dünndarm erhöht und hierdurch die Passage so beschleu- nigt werden, daß der ileozökale Übergang bei der Mehrzahl der Pa- tienten innerhalb von 5 bis 10 Minu- ten erreicht wird .

..,. Eine pharmakologische Stimulation der Peristaltik ist nicht erforderlich

Durch das große Volumenangebot (siehe unten) wird gleichzeitig eine ausreichende Dehnung der Darm- wand mit Glättung der Konturen er- reicht, wodurch selbst diskrete in-

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traluminäre oder infiltrative Verän- derungen erkennbar werden. Das Problem der Überlagerung kon- trastmittelgefüllter Schlingen ver- suchte Seilinkzunächst mit Hilfe des Doppelkontrastes mit Luft zu lösen, jedoch führte dies zu einer solch verwirrenden Vielzahl sich über- schneidender Linien, daß die Beur- teilung sehr schwierig blieb. Die ent- scheidende Verbesserung bestand in der Anwendung eines auf ein spe- zifisches Gewicht von 1,2 bis 1,3 ver- dünnten Kontrastmittels (zum Ver- gleich: spezifisches Gewicht von Mi- cropaque® ca. 1, 75), wodurch bei Belassung einer Röhrenspannung von 120 bis 125 kVeine Transparenz entstand, die es gestattete, durch mehrere sich überlagernde Darm- schlingen hindurchzusehen. Die lnsufflation von Luft entfiel wie auch die Notwendigkeit der Pharma- koradiographie. Der .. Transparenz- effekt" wurde durch anschließende Instillation von Wasser durch die Sonde gesteigert (Abbildung 2).

Technik

des Dünndarmkontrasteinlaufs (nach Se/link, gering modifiziert) Die zur Untersuchung notwendigen Utensilien sind auf Abbildung 3 dar- gestellt.

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Einführen einer Duodenalsonde - wir verwenden die Sonde nach Camus - unter intermittierender Durchleuchtungskontrolle bis in die erste Jejunumschlinge; die Spitze der Camussonde sollte deutlich di- stal des Treitzschen Bandes liegen, da hierdurch ein die Untersuchung störender Rückfluß des Kontrastmit- tels in den Magen wirksam verhin- dert werden kann. Das Legen der Sonde erfordert nach einiger Übung bei den meisten Patienten nur weni- ge Minuten mit einer minimalen Durchleuchtungszeit Nur selten, zum Beispiel bei ausgeprägtem Kas- kadenmagen oder Pylorusstenose;

ist der Zeitaufwand unter Umstän- den größer. Das Dirigieren der Sonde - insbesondere die Pylorus- passage - wird bei Verwendung ei-

Zur-Fortbildnng Aktuelle Medizin Dünndarm-Kontrasteinlaut

Abbildung 3: Utensilien für Dünndarmkontrasteinlauf: Duodenalsonde zum Beispiel nach Camus: mit Teflon überzogener Versteifungsdraht; Silikonspray;

Pneumocoloni!!l-Gerät; konisches Verbindungsstück zur Duodenalsonde;

Klemme

nes mit Teflon überzogenen und sili- konisierten Versteifungsdrahtes er- leichtert*).

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Instillation von 600 bis 1200 ml mit Leitungswasser auf ein spezifi- sches Gewicht von 1,2 bis 1,3 ver- dünnten und mit einem Entschäu- mer (zum Beispiel Endoparactol®, 2 bis 3 Teelöffel) versetzten Kontrast- mittels mit einer Einlaufgeschwin- digkeit von 80 bis 100 ml pro Minute.

Wir verwenden hierzu das Pneumo- colon®-Gerät, das eine rasche An- passung der Infusionsgeschwindig- keit an die jeweiligen Erfordernisse gestattet.

Herstellung der Kontrastmittelver- dünnung (für Micropaque®): 1 Teil Kontrastmittel + 3 Teile Wasser. Zur Vermeidung einer unbeabsichtigten Luftinsufflation, sollte die Kontrast- mittelmenge im Vorratsgefäß ausrei- chend groß sein, zum Beispiel 350 ml Kontrastmittel+ 1050 ml Wasser.

Nach Kontrastmittelfüllung des Dünndarms, etwa bis zum mittleren Ileum, Instillation von 500 bis 1000 ml Wasser durch die Sonde mit einer Einlaufgeschwindigkeit von 150 bis 250 ml/min zur Verstärkung des

.,Transparenzeffekts". Hierzu wird ebenfalls das Pneumocolon®-Gerät verwandt.

~ Exposition: 110-130 kV; Belich- tungsautomatik.

~ Durchleuchtungszeit: durch- schnittlich 4-5 Minuten.

~ Gesamtuntersuchungsdauer:

(mit Legen der Duodenalsonde): 15 bis 30 Minuten.

~ Strahlenbelastung bei unkompli- zierter Untersuchung: 1800-3000 R

x

cm2.

Wegen der bekannten Fehlermög- lichkeiten verlassen wir uns nicht auf den Durchleuchtungsbefund, sondern fertigen neben 2 Über- sichtsaufnahmen (35/35) zusätzlich 8 bis 12 Zielaufnahmen (2-3

x

24/

30, viergeteilt) entlang des gesamten Dünndarms an. Dies ist nicht nurzur Dokumentation pathologischer Be- funde erforderlich, sondern auch um- was nicht weniger wichtig ist- die Integrität der einzelnen Darmab- schnitte zu belegen. Hierdurch ist in vielen Fällen eine Ausschlußdiagno- stik zu betreiben. Ein weiterer Vor-

•) Nur zu beziehen über: H. Seuberth, Sonderanfertigung medizinischer Geräte, Heinestraße 27, 8550 Forchheim.

DEUTSCHES ARZTEBLATT

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Abbildungen 4a und 4b: Normalbefunde - 4a (oben) Übersichtsaufnahme Jejunum und Ileum; 4b Detailaufnahme Ileum - Gut beurteilbar sind: Lumen- weite, Darmkonturen, Kerckringsche Falten, Distanz benachbarter Schlingen Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin

Dünndarm-Kontrasteinlauf

teil dieser Dokumentation ist darin zu sehen, daß das Untersuchungser- gebnis einer Fremdbeurteilung zu- gänglich gemacht werden kann, was mit der herkömmlichen fraktionier- ten Dünndarmpassage kaum mög- lich ist. Wiederholungsuntersuchun- gen an anderer Stelle mit der damit verbundenen neuerlichen Strahlen- belastung lassen sich so vermeiden.

Im folgenden soll der Aussagewert dieser Untersuchungstechnik an- hand einiger Beispiele demonstriert werden.

Normalbefund: Der Dünndarm (Ab- bildung 4) ist auf einer Aufnahme vom Treitzschen Band bis zum ileo- zökalen Übergang übersichtlich dar- gestellt. Trotz mehrfacher Überlage- rung bleiben die Darmschlingen auf- grund des Transparenzeffekts beur- teilbar. Die Entfaltung des Darms mit Streckung und paralleler Ausrich- tung der Kerckringschen Falten er- möglicht ein Absuchen der Darm- konturen selbst auf diskrete intralu- minäre Raumforderungen und infil- trative Wandveränderungen hin. Gut beurteilbar ist die Distanz zwischen benachbarten Darmschlingen, die bei Erweiterung auf über 2 bis 3 mm den Verdacht auf eine ödematöse oder infiltrative Verdickung der Darmwand nahelegt.

Literatur

(1) Sellink, J. L.: Radiological Atlas of com- moon Diseases of the Small Bowel, H. E. Sten- fert Kroese/Leiden 1976 — (2) Margulis, A. R.:

Burhenne, H. J.: Alimentary Tract Roentgeno- logy. Vol. 2, 799-902, Mosby Company/Saint Louis 1973 — (3) Sanders, D. E., Ho, C. S.: The Small Bowel Enema: Experience with 150 Ex- aminations, Am. J. Roentgenol. 127 (1976) 743- 751 — (4) Schatzki, R.: Small Intestinal Enema, Am. J. Roentgenol. 50 (1943) 743-751 — (5) Lura, A.: Radiology of the Small Intestine, IV.

Enema of the Small lntestine with special em- phasis an the diagnosis of tumours, Br. J. Ra- diol. 24 (1951) 264-270

Anschriften der Verfasser:

Dr. med. Bernd Geiter Evangelisches

Diakonissenkrankenhaus Diakonissenstraße 28 7500 Karlsruhe 51 Privatdozent

Dr. med. Hatto-Franz Fuchs Medizinische Universitätsklinik Diagnostische Röntgenabteilung Krankenhausstraße 12

8520 Erlangen

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