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Archiv "Das Langzeit-EKG — Technik, Indikationen und klinische Bedeutung" (25.03.1983)

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Aktuelle Medizin

Heft 12 vom 25. März 1983

Das Langzeit-EKG —

Technik, Indikationen und klinische Bedeutung

Klaus v. Olshausen, Jochen Senges und Wolfgang Mäurer

Aus der Abteilung Innere Medizin III (Kardiologie)

(Ärztlicher Direktor: Professor Dr. med. Wolfgang Kübler) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg

Das ambulante Langzeit- EKG mit Hilfe kleiner, trag- barer Aufnahmegeräte ist die verläßlichste und ratio- nellste Methode zur Aufdek- kung kardialer Arrhythmien.

Anwendungsschwerpunkte sind die Objektivierung von Herzrhythmusstörungen in der Anamnese des Patien- ten, die Indikationsstellung und Überwachung der Schrittmachertherapie so- wie die Abklärung von Syn- kopen. Trotz des Einsatzes computerisierter Analysesy- steme bedarf die Auswer- tung der ärztlichen Überprü- fung. Die Auswertedauer ei- nes 24-Stunden-Bandes be- trägt bei kontinuierlicher Aufzeichnung 30 bis 60 Mi- nuten. Zwei Aufnahmever- fahren sind bekannt: 1. Die kontinuierliche Aufzeich- nung, sie umfaßt einen kom- pletten Tag- und Nacht- zyklus, 2. Die Diskontinuier- liche Aufzeichnung; diese Geräte zeichnen in bestimm- ten Abständen das EKG für wenige Minuten auf. Zusätz- lich werden alle ungewöhnli- chen Abläufe aufgezeichnet.

Einleitung

Klagt ein Patient über Unregelmä- ßigkeiten seines Herzschlags, so stehen dem Arzt nur wenige Mög- lichkeiten zur Objektivierung die- ser vermutlichen Herzrhythmus- störungen zur Verfügung. Gelingt es nicht, diese Rhythmusstörun- gen akut mit Hilfe eines Ruhe- EKGs oder eines mit langsamer Papiergeschwindigkeit geschrie- benen „Rhythmusstreifens" nach- zuweisen, so kann ein Belastungs- EKG durchgeführt oder ein Lang- zeit-EKG angeordnet werden. Ein

„Rhythmusstreifen" von 10 Minu- ten Dauer erfaßt nur 700 Herz- schläge unter Ruhebedingungen, gegenüber 100 000 Herzschlägen in Ruhe und unter Belastung beim 24stündigen Langzeit-EKG. Das Belastungs-EKG kann primär zur Aufdeckung ventrikulärer Arrhyth- mien bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung herangezogen werden, hat jedoch eine niedrige- re diagnostische und prognosti- sche Aussagekraft als das Lang- zeit-EKG (1, 2)*) (vergleiche Dar- stellung 1) und ist zudem mit ei- nem — wenn auch geringen — Risi- ko behaftet (3).

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat sich das Lang-

zeit-EKG als Standardmethode zur Aufdeckung von Herzrhythmus- störungen durchgesetzt.

Aufzeichnung

Dank großer technischer Fort- schritte auf dem Gebiet der Mikro- elektronik stehen heute leistungs- fähige miniaturisierte Aufnahme- geräte zur Verfügung, die bei ei- nem Gewicht von 300 bis 800 g die Größe einer kleinen Zigarren- schachtel (etwa 9 mal 14 cm) haben.

Zwei Aufnahmeverfahren sind be- kannt:

1. Kontinuierliche Aufzeichnung auf einer Spezial- oder Standard- kassette

Nach diesem Prinzip arbeiten die meisten zur Zeit erhältlichen Sy- steme. Eine Erstaufzeichnung von 24 Stunden wird heute internatio- nal empfohlen. Sie umfaßt einen kompletten Tag- und Nachtzyklus, paßt sich dem Arbeitsrhythmus ei- nes Langzeit-EKG-Labors an und ist als sinnvoller Kompromiß zwi-

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 12 vom 25. März 1983 29

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sehen Aufwand und Information anzusehen. Die Speicherdauer ist aber auch eine Frage der Indika- tion:

~ So wird man bei Erkrankungen, bei denen bestimmte kardiale Er- eignisse eher selten zu erwarten sind - zum Beispiel bei Ver- dacht auf symptomatische Sinus- bradykardie oder bei Synkopen trotz Schrittmacherimplantation - manchmal über 48 oder 72 Stun- den registrieren müssen. Wie stark der Nachweis komplexer ventriku- lärer Arrhythmien bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung vön der Registrierdauer abhängt, zeigt die Darstellung 2 (4).

2. Diskontinuierliche Aufzeichnung Diese Geräte, die meist über einen eingebauten Arrhythmieanalyse- computer verfügen, zeichnen in bestimmten Abständen das EKG für wenige Minuten auf Kassette auf und schalten sich dann wieder

% Patienten 100

Belastungs-EKG

ab. Zusätzlich werden alle EKG- Verläufe aufgezeichnet, wenn das Gerät über den Ereignisknopf vom Patienten alarmiert, oder wenn das EKG von der On-line-Arrhyth- mie-Analyse als pathologisch er- kannt wird.

Eine Warteschleife sorgt dafür, daß auch das EKG in der Minute vor der Alarmierung des Gerätes aufgezeichnet wird.

Die diskontinuierlichen Aufzeich- nungsgeräte haben gegenüber der kontinuierlichen Aufzeich- nung Vor- und Nachteile: Sie las- sen auf Normalkassette eine Auf- zeichnungsdauer bis zu 72 Stun- den zu und unterdrücken einen großen Teil der EKG-Aufzeich- nung ohne Rhythmusstörungen. Damit sind sie besonders zum Auf- spüren seltener kardialer Ereignis- se geeignet.

Als Nachteil gilt, daß die Geräte größer und schwerer als die reinen Aufzeichnungsgeräte sind. Es

Langzeit-EKG

%Patienten 100-

75-

50-

25-

bleibt dem Zufall oder dem Ar- rhythmiecomputer überlassen, welche Herzzyklen aufgezeichnet werden.

Für den erfolgreichen Einsatz der- artiger Systeme muß vorausge- setzt werden, daß kein wesentli- ches Ereignis übersehen wird und damit unwiederbringlich verloren ist. Erste Erfahrungen mit diesen Systemen sprechen dafür, daß die- se Methode der kontinuierlichen Aufzeichnung in der klinischen Routinediagnostik gleichwertig zu sein scheint (5).

Zur endgültigen Beurteilung soll- ten jedoch weitere vergleichende Untersuchungen abgewartet wer- den.

Das EKG wird meist bipolar in Po- sition V1-V5 abgeleitet. Eine zwei- te Spur mit Aufzeichnung der rechtsventrikulären Potentiale hat sich vor allem zur Beurteilung der P-Welle und von Artefakten als hilfreich erwiesen. Eine quarzge-

: : . :~ . .. ·:

. . ·:

II

monotope ventrikuläre Extrasystolen

[!'!i !d

komplexe ventrikuläre Extrasystolen

6 12 24 Stunden

Darstellung 1: Vergleich der Sensitivität des Belastungs- und 24stündigen Langzeit-EKGs für monotope und komplexe ven- trikuläre Extrasystolen bei 30 Patienten mit koronarer Herzer- krankung

Registrierdauer

Darstellung 2: Abhängigkeit des Nachweises ventrikulärer Ar- rhythmien von der Registrierdauer. Bei 39 Patienten wurde der höchste Schweregrad ventrikulärer Herzrhythmusstörungen schon in den ersten 6, 12 oder 24 Stunden gefunden (4)

(3)

Darstellung 3: Beispiele für Bewegungsartefakte und echte Asystolie im Langzeit-EKG. Streifen A: Unter Bewegung werden die QRS-Komplexe kleiner, sind aber noch deutlich zu erkennen. Streifen B: Nur an dem letzten QRS-Komplex vor und dem ersten QRS-Komplex nach der „Nullinie" läßt sich erkennen, daß es sich ebenfalls um ein Bewegungsartefakt handelt. Streifen C: Echte Asystolie von 5,4 Sekunden Dauer

steuerte Zeitspur dient der Zeitan- gabe und der Stabilisierung des Bandgleichlaufs. Nach Anlegen des Gerätes erhält der Patient ein Protokoll, in dem er auffällige kar- diale Symptome, z. B. Herzklop- fen, pektanginöse Beschwerden usw., mit dem entsprechenden Zeitpunkt aufzeichnen soll. Eine

„Ereignismarkierung" über einen Druckknopf erleichtert die spätere Synchronisation von Symptomen und Arrhythmien bei der Auswer- tung.

Wiedergabe und Auswertung Bei der Wiedergabe wird das Band mit 60- oder 120facher Geschwin- digkeit abgespielt, das heißt, 24 Stunden Aufnahme entsprechen 24 bzw. 12 Minuten Wiedergabe.

Die Auswertung kann auf ver- schiedene Weise erfolgen:

Beim einfachsten Verfahren wird der gesamte Bandinhalt über ei- nen UV-Schreiber auf lichtemp- findliches Papier mit einer EKG- Geschwindigkeit von 12,5 mm/sec

übertragen. Die etwas mühsame Arrhythmieanalyse erfolgt durch den auswertenden Arzt, der den gesamten Bandinhalt durchsehen muß. Dieses Verfahren ist vor al- lem zum Auffinden repetitiver ven- trikulärer Herzrhythmusstörungen geeignet.

Bei den meisten Systemen erfolgt die Arrhythmieanalyse durch ei- nen Arrhythmiecomputer, dessen Auswertungskriterien vorher von dem Untersucher eingestellt wer- den müssen. Die Auswerteverfah- ren sind, je nach Hersteller, unter- schiedlich, jedoch ist die Auswer- tung immer QRS-Komplex-orien- tiert, das heißt, P- und T-Welle werden „überlesen".

Eine vollautomatische Auswer- tung, das heißt, ohne Überwa- chung durch geschultes Personal, ist heute noch nicht möglich, da Artefakte infolge körperlicher Be- wegung sehr häufig falsch-positi- ve Ereignisse, insbesondere ven- trikuläre Tachykardien oder Asy- stolien, vortäuschen können. Ob- wohl Sensitivität und Spezifität moderner Analysegeräte, je nach

Aufzeichnungsqualität, 90 bis 97 Prozent erreichen (5, 6, 7), werden deshalb in unserem Labor sämtli- che Aufzeichnungen simultan au- tomatisch und auf dem Oszillogra- phen audiovisuell ausgewertet.

Sämtliche zu potentiell therapeuti- schen Konsequenzen führenden Ereignisse wie ventrikuläre Cou- plets, Salven oder Asystolien wer- den auf einem EKG-Streifen vom auswertenden Arzt überprüft.

Die Erstauswertung kann von ei- ner gut ausgebildeten MTA vorge- nommen werden, die Endauswer- tung und Beurteilung muß ein Arzt übernehmen.

Die Auswertedauer eines 24-Stun- den-Bandes beträgt bei kontinu- ierlicher Aufzeichnung 30 bis 60 Minuten.

In Tabelle 1 sind die wichtigsten diagnostischen Möglichkeiten des Langzeit-EKGs zusammengestellt.

Im wesentlichen handelt es sich um Angaben zur Herzfrequenz, zum Herzrhythmus sowie zur Schrittmacherfunktion. Sehr re- Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 12 vom 25. März 1983 31

(4)

gelmäßiges Vorhofflimmern kann Anlaß zu Verwechslungen geben;

ebenso sind Überleitungsstörun- gen nur bei ausreichender Darstel- lung der P-Welle zu diagnostizie-

ren. Bei manchen Systemen erge-

ben sich Schwierigkeiten bei der Aufzeichnung von Schrittmacher- spikes. Aussagen, die dem Lang- zeit-EKG nicht oder nur selten zu entnehmen sind, wurden in Tabel- le 2 zusammengestellt. Die ST- Segment-Analyse zum Nachweis einer Myokardischämie bedarf ei- ner sehr vorsichtigen Interpreta- tion und ist sicher noch nicht als Routineverfahren anzusehen, zu- mal eine Reihe von technischen Voraussetzungen zu berücksichti- gen sind (8).

Klinische Anwendung

Allein aus Kosten- und Kapazitäts- gründen sollte die Indikation zum Langzeit-EKG relativ streng ge- stellt werden.

Ausgehend von den d iagnosti- schen Möglichkeiten (Tabelle 1 und 2) gibt Tabelle 3 eirie Zusam- menfassung der wichtigsten Indi- kationen.

Objektivierung

anamnestischer Angaben

Die umfangreichste Gruppe wird von den Patienten gebildet, bei de- nen es um die Objektivierung von Rhythmusstörungen geht, die auf- grund anamnestischer Angaben vermutet werden.

Gibt ein Patient Palpitationen, un- regelmäßige Herzschläge usw. an, so muß man damit rechnen, daß nur 10 bis 45 Prozent dieser Palpi- tationen tatsächlich mit Rhyth- musstörungen einhergehen, wo- bei Sinustachykardien und einzel- ne supra- und ventrikuläre Extra- systolen am ehesten vom Patien- ten wahrgenommen werden (9).

Umgekehrt bedeutet das Fehlen von Palpitationen in der Ana-

Rhythmusstörungen vorliegen können. Bis zu 50 Prozent der Pa- tienten mit komplexen Rhythmus- störungen verspüren keinerlei Symptome (1 0). Aus diesen Zahlen geht hervor, daß die anamnesti- schen Angaben der Patienten äu- ßerst unzuverlässig sind und allein

CD

Mittlere, minimale und maximale Herzfrequenz (V Herzrhythmus

....

Sinusrhythmus

Sinusarrhythmie AV-Rhythmus Kammerrhythmus

....

Vorhofflattern

Vorhofflimmern (mit Einschränkung)

....

Vorhoftachykardien

Kammertachykardien

....

Extrasystolien

Aberranzen

e

supraventrikulär

e

ventrikulär

• Salven,

R-auf-T -Phänomen

....

Überleitungsstörungen

(nur bei Darstellung der P-Welle)

e

SA-Biock

e

AV-Biock

....

Pararrhythmien (nur bei

Darstellung der P-Welle)

e

AV-Dissoziation

e

Interferenzdissoziation

• Parasystolie

@ Schrittmacherfunktion

....

Eigenrhythmus

Schrittmacherrhythmus

....

gestörte

Demandfunktion

....

Stimulationsausfall

mnese keineswegs, daß bei diesen Tabelle 1: Diagnostische Aussagen des Patienten keine schwerwiegenden Langzeit-EKGs

keine diagnostischen Schlußfol- gerungen zulassen. Eine genaue Abklärung der vermuteten Rhyth- musstörungen ist nur mittels Langzeit-EKG möglich, dessen Normalbefund den Patienten in vielen Fällen beruhigen kann.

Nicht alle ventrikulären Herzrhyth- musstörungen sind therapiebe- dürftig. Ihre Wertigkeit hängt von dem Schweregrad, der Häufigkeit und in besonderem Maße von der zug rundeliegenden Herzerkran- kung ab.

Auch die Normalbevölkerung weist ventrikuläre Rhythmusstö- rungen auf.

ln einem Kollektiv von 101 klinisch herzgesunden Patienten, die al- le koronarangiografiert wurden, zeigten nur 60 Prozent der Patien- ten keine ventrikulären Rhythmus- störungen, 40 Prozent mindestens eine ventrikuläre Extrasystole und 4 Prozent über 100 ventrikuläre Extrasystolen innerhalb von 24 Stunden.

Es bestand eine geringe, jedoch hochsignifikante Altersabhängig- keit (11 ). Patienten mit gehäuften und komplexen ventrikulären Ar- rhythmien, aber ohne kardiale Grunderkrankung, haben im allge- meinen eine gute Prognose (12).

Schrittmacher-Indikation Hierbei handelt es sich meist um Patienten mit Verdacht auf kardial bedingte, das heißt durch Ar- rhythmien hervorgerufene inter- mittierende zerebrale Ischämien.

Leitsymptome sind flüchtige Bläs- se, plötzlicher Schwindel, Schwä- che, Benommenheit und im schwersten Fall Adams-Stokes- Anfälle.

Differentialdiagnostisch ist immer eine neurologische bzw. angiolo- gische Ursache auszuschließen.

Eine Abklärung mittels Langzeit- EKG gelingt bei dieser Patienten- gruppe in nur 10 bis 20 Prozent,

(5)

selbst bei 48stündiger Registrie- rung liegt die Erfolgsquote bei häufig symptomatischen Patien- ten unter 25 Prozent, wobei es sich ganz überwiegend um brady- karde Rhythmusstörungen han- delt (9). Nur bei positivem Befund mit gleichzeitiger Symptomatik ist das Langzeit-EKG beweisend.

Man sollte sich hüten, eine zere- brale lschämie vorschnell auf eine harmlose (brady- oder tachkarde) Rhythmusstörung im Langzeit- EKG zurückzuführen. Die Interpre- tation des Langzeit-EKGs im Falle von Blockierungen oder Asysto- lien erfordert eine möglichst zwei- kanalige Aufzeichnung und einen erfahrenen Untersucher, um die sehr häufigen Bewegungsartefak- te, die eine Asystolie vortäuschen können, mit Sicherheit auszu- schließen (Darstellung 4).

Koronare Herzerkrankung Patienten nach Myokardinfarkt zeigen in 70 bis 85 Prozent ventri- kuläre Arrhythmien, bei 72stündi- ger Registrierung sogar in 80 Pro- zent polytope ventrikuläre Extra- systolen (13, 14, 15). Um das Risi- ko und die Prognose von Koronar- patienten abschätzen zu können, veröffentlichten LOWN und WOLF 1971 ihre Klassifizierung des Schweregrades ventrikulärer Rhythmusstörungen (16, Darstel- lung 4).

Danach haben Patienten mit einer höheren LOWN-Klasse ein höhe- res Risiko, einen plötzlichen Herz- tod zu erleiden, als Patienten mit einer niedrigeren LOWN-Klassifi- zierung.

Die Einteilung ist nicht unumstrit- ten, da sie nur in der Klasse 0 bis II die Häufigkeit der (monotopen) ventrikulären Extrasystolen be- rücksichtigt, in den Klassen III bis V aber ausschließlich nach phäno- menologischen Gesichtspunkten vorgeht und damit wesentliche quantitative Informationen aus- läßt. So ist es bezüglich der Pro- gnose wahrscheinlich ein Unter-

C) Lagetyp

e

Blockbildertyp C) Infarktveränderungen

® Exakte Differential- diagnose von Aberranzen und Heteropien

C) Bei fehlender Aufzeichnung der P-Welle:

• SA-Block

• AV-Block

• AV-Dissoziation 0 ST-Segment-Analyse

bisher nur mit Vorbehalten möglich

Tabelle 2: Aussagen, die dem Langzeit- EKG nicht oder nur selten entnommen werden können

C) Objektivierung

anamnestischer Angaben

0

Abklärung der

Schrittmacher-Indikation C) Erkrankungen, die zu

Arrhythmien neigen:

• Koronare Herzerkrankung

• Hypertrophische Kardiomyopathie

• Kongestive Kardiomyopathie

• Mitralklappenprolaps (M. Barlow)

• Präexzitation

(WPW-, LGL-Syndrom)

0

Therapiekontrolle:

• Antiarrhythmika

• Herzschrittmacher C) Passager

auftretende Ereignisse (z. B. Vorhofflimmern, intermittierende Schenkelblockbilder) Tabelle 3: Indikationen zur Langzeit- EKG-Registrierung

schied, ob ein Patient neben ei- nem Couplet (LOWN-Klasse IVa) 20 oder 20 000 ventrikuläre Extra- systolen in 24 Stunden aufweist (17). Auch die Wertigkeit des ins- gesamt seltenen R-auf-T-Phäno- mens als Risikofaktor ist früher häufig zu hoch eingeschätzt wor- den: So können nicht nur sehr früh, während der vulnerablen Phase einfallende Extrasystolen Kammerflimmern auslösen, son- dern auch Extrasystolen mit wei- tem Kopplungsintervall (18, 19, 20).

Bei aller Kritik hat sich die LOWN- Klassifizierung in ihren Grundzü- gen bewährt und wird (mit gewis- sen Modifikationen) weltweit an- gewandt.

Zum Beispiel haben Postinfarktpa- tienten mit Rhythmusstörungen der LOWN-Klasse III bis V ein 2- bis 4fach höheres Risiko eines plötzli- chen Herztodes als Patienten der LOWN-Klasse 0 (13, 14).

Die Häufigkeit und der Schwere- grad ventrikulärer Rhythmusstö- rungen bei Patienten mit korona- rer Herzerkrankung hängt vom Ausmaß der myokardialen Schädi- gung ab, nicht jedoch von der La- ge der Infarktnarben (21).

Das Problem, besonders gefähr- dete Postinfarktpatienten mittels Langzeit-EKG zu erfassen, liegt in der Tatsache begründet, daß 60 bis 70 Prozent dieser Patienten im 24stündigen Langzeit-EKG Rhyth- musstörungen der LOWN-Klasse III und höher aufweisen; des heißt, die Erfassung derartiger Rhyth- musstörungen ist von geringer praktischer Bedeutung, da sie ins- gesamt sehr häufig auftreten.

Bis zum Vorliegen eindeutiger und hinlänglich belegter Empfehlun- gen, ab welcher Häufigkeit und ab welchem Schweregrad ventrikulä- rer Rhythmusstörungen nach In- farkt eine antiarrhyth m ische Thera- pie Erfolg verspricht, wird man da- her bei Therapieempfehlungen vor- nehmlich Patienten mit häufigen Rhythmusstörungen der LOWN- Klasse IV berücksichtigen (22). I>

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 12 vom 25. März 1983 33

(6)

Lown-Klassen

0

keine VES

1

30 monotope VESA-)

II > 30 monotope VES/h

lila

polytope VES

illb

VES im Bigeminus

IVa VES in Couplets

1Vb VES in Salven

V

R-auf-T

Darstellung 4: Einteilung der LOWN-Klassifizierung mit Beispielen. VES = ventriku läre Extrasystole

Kardiomyopathien

Das gehäufte Auftreten von plötzli- chem Herztod bei Patienten mit hypertrophischer und kongestiver Kardiomyopathie weist auf die Be- deutung schwerwiegender Rhyth- musstörungen als mögliche Todesursache hin.

Patienten mit hypertrophischen Kardiomyopathien — mit und ohne Obstruktion der linksventrikulären

Ausstrombahn — zeigen in etwa 40 Prozent polytope ventrikuläre Ex- trasystolen und Couplets, in 25

Prozent sogar ventrikuläre Tachy- kardien.

Leider gibt es bis heute keinen kli- nischen, echokardiographischen oder hämodynamischen Parame- ter, wie etwa Palpitationen, Hyper- trophie des Septums oder Gra- dient der Ausstrombahn, mit dem sich der Schweregrad der Rhyth-

musstörungen voraussagen ließe (23). Die Abklärung synkopenähn- licher Zustände bei diesen Patien- ten, gegebenenfalls auch der Rhythmusstörungen unter hoch- dosierter Therapie mit Betablok- kern oder Kalziumantagonisten ist eine wichtige Indikation zum Langzeit-EKG (24).

Patienten mit kongestiver Kardio- myopathie weisen ebenfalls einen hohen Prozentsatz an ventrikulä- ren Arrhythmien auf (25). In einem eigenen Kollektiv von 40 Patienten mit einer Austreibungsfraktion un- ter 45 Prozent hatten 30 Patienten ventrikuläre Rhythmusstörungen der LOWN-Klasse IV.

Mitralklappenprolaps

Patienten mit Mitralklappenpro- laps klagen häufig über Herz- klopfen, Schwindel, präkardiale Schmerzen oder Luftnot. Im Lang- zeit-EKG konnte gezeigt werden, daß diese Beschwerden meist nicht mit Herzrhythmusstörungen einhergehen (26). Symptomati- sche Patienten zeigen jedoch in 35 bis 63 Prozent supraventrikuläre und in 58 bis 75 Prozent ventriku- läre Arrhythmien, die ganz über- wiegend harmloser Natur sind (27, 28). Nur sehr selten finden sich lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmien (29, 30).

Falls man bei symptomatischen Patienten ein Langzeit-EKG ablei- tet, sollte eine genaue Protokoll- führung erfolgen, um den ursäch- lichen Zusammenhang zwischen Arrhythmien und Symptomen zu erfassen und so gegebenenfalls eine unnötige antiarrhythmische Therapie zu vermeiden.

Präexzitationssyndrom

Patienten mit einem verkürzten PR-Intervall (WPW-Syndrom, LGL- Syndrom) weisen in 20 bis 30 Pro- zent paroxysmale Tachykardien auf, die relativ selten für die Be- schwerden dieser Patienten ver- antwortlich sind (31, 32). Auch hier

(7)

kann das Langzeit-EKG einen Zu- sammenhang zwischen Sympto- men und Rhythmusstörungen her- stellen und so Hinweise für das weitere therapeutische Vorgehen liefern.

Therapiekontrolle

Es erscheint naheliegend, das Langzeit-EKG auch zur Erfolgs- kontrolle einer antiarrhythmi- schen Therapie einzusetzen. Als Erfolg wird dabei die Reduktion der ventrikulären Extrasystolenra- te angesehen; ob damit aber auch eine Verlängerung der Lebenser- wartung einhergeht, ist bis heute unbewiesen. Durch die Spontan- variabilität einfacher und komple- xer Arrhythmien sind dieser Ein- satzmöglichkeit des Langzeit- EKGs jedoch Grenzen gesetzt: .,... Nach neueren Untersuchungen

(33, 34) muß z. B. bei einer 24stün-

digen Registrierung unter antiar- rhythmischer Therapie die Häufig- keit der ventrikulären Extrasysto- len um rund 80 Prozent und die Zahl der Couplets und ventrikulä- ren Tachykardien um 75 Prozent gegenüber der Kontrollregistrie- rung vor Therapie zurückgehen, um von einem statistisch gesicher- ten Therapieerfolg sprechen zu können.

Derartige Reduktionen werden aber im Einzelfall selten erreicht, und man müßte gegebenenfalls 48 oder sogar 72 Stunden das EKG aufzeichnen, um den Therapieer- folg statistisch zu sichern. Damit kann der Nachweis des The- rapieerfolges im Einzelfall zu ei- nem so aufwendigen Verfahren werden, daß die Kapazitätsgren- ze eines Langzeit-EKG-Labors schnell erreicht ist.

Bei der Prüfung neuer Antiarrhyth- mika spielt das Langzeit-EKG eine hervorragende Rolle: Da es sich hierbei meist um Gruppenverglei- che handelt, ist die statistische Ab- sicherung der antiarrhythmischen Wirksamkeit wesentlich einfacher zu erbringen.

Trotz regelmäßiger Kontrollunter- suchungen von Schri1tmacherträ- gern treten vereinzelt Schrittma- cherdysfunktionen auf, die im Ru- he-EKG mit Rhythmusstreifen nicht erfaßt werden.

Es handelt sich dabei überwie- gend um "Sensing"-Defekte, we- niger um Stimulationsausfälle. Bei routinemäßiger Langzeit-EKG- Kontrolle wiesen bis zu 18 Prozent der Patienten Schrittmacherdys- funktionen auf (35).

Leiden Patienten trotz Schrittma-

cherimplantation weiter unter Schwindel oder Synkopen, kom- men neben einer Schrittmacher- dysfunktion als kardiale Ursache tachykarde Rhythmusstörungen in Frage, die einer antiarrhythmi- schen Behandlung bedürfen (9).

Bei entsprechenden Symptomen und dem Verdacht auf Vorliegen einer Schrittmacherdysfunktion sollte deshalb unverzüglich ein Langzeit-EKG abgeleitet werden. Eine ausreichende Aufzeichnung und Wiedergabe des Sch rittma- cherspikes muß dabei gewährlei- stet sein.

Die Entwicklung und Anwendung des Langzeit-EKGs gehört zu den großen Fortschritten der kardiolo- gischen Diagnostik in der letzten Dekade.

Sie ist bei weitem die empfindlich- ste Methode zur Erfassung inter- mittierender Herzrhyth m usstö ru n- gen und hat somit zu Recht ihren festen Platz in der kardiologischen Diagnostik.

Literatur beim Sonderdruck

Anschrift der Verfasser: Dr. med. Klaus von Gishausen Prof. Dr. med. Jochen Senges Prof. Dr. med. Wolfgang Mäurer Abteilung Innere Medizin 111 im Klinikum der

Universität Heidelberg Bergheimer Straße 58 6900 Heidelberg

Zenker-Divertikel

endoskopisch behandelt

Das lenkersehe Divertikel der Speiseröhre stellt eine Erkran- kung des fortgeschrittenen Le- bensalters mit einem Gipfel um das 70. Lebensjahr dar, die mit zu- nehmender Dysphagie, Regurgita-

tion unverdauter Nahrung, Ge-

wichtsverlust und rezidivierenden Aspirationspneumonien vergesell- schaftet ist.

Neben der transkutanen Diver- tikelentfernung und Durchtren- nung des pharyngo-ösophagealen Sphinkters gewinnt zunehmend die endoskopische transmuköse Myotomie durch den HNO-Arzt an Bedeutung, da dieses Verfahren mit einer wesentlich geringeren Letalität belastet ist .

Die Autoren berichten über ihre Erfahrungen an 274 Patienten. 6 dieser Patienten waren bereits in klassischer Weise voroperiert worden.

92 Prozent der Patienten waren mit dem Ergebnis der Operation vollkommen zufrieden, obwohl bei den meisten Patienten radiolo- gisch noch ein kleines Divertikel nachweisbar blieb.

Die Letalität des Eingriffs lag bei 0,4 Prozent, 9 Fälle eines Emphy- sems im Halsbereich, 4 Fälle von Mediastinitis und 4 Fälle von Blu- tungen wurden konservativ be- handelt.

Bei 8 Patienten bildete sich eine leichte Stenose aus, die endosko- pisch bougiert werden konnte. Auch bei Patienten mit deutlich er- höhtem Operationsrisiko kann die endoskopische Behandlung weit- gehend gefahrlos durchgeführt

werden. W

Hoeksema. P. E.; Overbeek, J. J. M.: Traite- ment endoscopique du diverticule de Zenker, Acta Endoscopica 12 (1982) 19S..204, Universi- ty Hospital, ENT-Department, 9700 RB Groningen, Niederlande

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 12 vom 25. März 1983 39

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