A2962 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 44⏐⏐3. November 2006
S
eit Kurzem gibt es in der zentralen Eingangshalle am Standort Großhadern des Klinikums der Universität München ein Pfle- gemuseum. Das Projekt wurde von Pflegedirektor Peter Jacobs initiiert, dessen private Sammlung auch die Basis der Ausstellung ist. Schon als Schüler an der Krankenpflegeschule hat er erste Exponate gesammelt, heute reichen seine Schätze vom Bronchitiskessel aus dem Jahr 1900 bis zum Betäubungsgerät aus den Anfängen der Anästhesie. „Das noch kleine Museum ist ein Anfang, der aber deutlich die Wertschätzung des Vorstandes gegenüber den Krankenschwestern und Kranken- pflegern an einem Hause universitä- rer Maximalversorgung zum Aus- druck bringt“, sagt Jacobs, der selbst auch Spendengelder für das Museum akquiriert hat.Die Geschichte der Krankenpfle- ge lässt sich bis in die Frühzeit zurückverfolgen. Die Anfänge der
organisierten Pflege wurden mit dem Christentum in der späten Anti- ke begründet. Im späten Mittelalter lag die Pflege vor allem in den Händen von Ordensschwestern und -brüdern. Im Jahr 1782 wurde die erste Krankenpflegeschule einge- richtet. Im 19. Jahrhundert musste die Pflege neu organisiert werden:
Ordenshäuser auf katholischer Seite und Diakonissenvereine auf der evangelischen Seite übernahmen diese wichtige Aufgabe. 1836 grün- dete Theodor Fliedner (1800–1864) den Rheinisch-Westfälischen Dia- konissenverein und schuf damit im Bereich der evangelischen Kirche die erste größere Organisation auf dem Gebiet der Krankenpflege. Die erste Pflegetheoretikerin war Flo- rence Nightingale (1820–1910), die
der Krankenpflege schließlich den Status eines erlernbaren sozialen Berufes erkämpfte.
Heute reicht das Ausbildungsspek- trum von der dreijährigen Lehre bis hin zu Pflegestudiengängen an Fach- hochschulen und Universitäten. Die wechselvolle Geschichte der Kran- kenpflege spiegelt auch das neue Mu- seum wider. Den Rahmen der Aus- stellung bildet ein altes Krankenzim- mer, den Mittelpunkt bilden dabei ein Krankenbett und Nachttischchen aus der Jahrhundertwende sowie zwei Krankenschwesternpuppen – eine Ordensschwester in Arbeitstracht so- wie eine dem Agnes-Karll-Verband zugehörige Schwester in Arbeits- tracht. Agnes Karll (1868–1927) war im Jahr 1903 die Mitbegründerin der ersten Ortsgruppe der „Berufsorga- nisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands“. Heute heißt dieser Berufsverband „Deutscher Berufs- verband für Pflegeberufe“.
Um das Krankenzimmer herum gruppieren sich alte Utensilien wie Lagerungshilfsmittel, Blutdruckmess- geräte und Fieberthermometer. Der Bronchitiskessel von 1900 wurde zum Verdampfen von Medikamenten oder ätherischen Ölen benutzt. Damit war allerdings nur die Befeuchtung von Mund- und Rachenschleimhaut möglich. „Inzwischen werden dem Museum zunehmend Exponate ge- schenkt wie beispielsweise die Arbeitstracht einer Ordensschwester, die von der Kongregation der Barm- herzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul gespendet wurde“, erzählt Jacobs.
Einschüchternd wirkt ein Glas- Irrigator aus dem Jahr 1880, den Ja- cobs für zehn Euro über ebay erstei- gerte. Bis ins 19. Jahrhundert waren Einläufe ein oft verordnetes Allheil- mittel. Zur Beruhigung kann man daneben die heute gängigen Fertig- klistiere aus Plastik betrachten.
„Wir wollen mit der Präsentation ,Damals – Heute‘ den Fortschritt in der Pflege sichtbar machen, der letztendlich den Patienten zugute kommt“, benennt Jacobs das Ziel des Museums.
Das Pflegemuseum soll künftig durch ein virtuelles Pflegemuseum im Internet erweitert werden. I Ulrike Reisch
PFLEGEMUSEUM
Ein Krankenzimmer mit alten Utensilien
Die Ausstellung spiegelt die wechselvolle Geschichte der Krankenpflege wider.
Weitere Informationenbei der Pflegedirektion des Klinikums der Universität München unter den Telefonnummern 0 89/70 95-21 21 oder 0 89/51 60-80 18.
Foto:Klinikum der Universität München