Clemens Simmer
Einführung
in die Meteorologie (met210)
- Teil VI: Dynamik der Atmosphäre
VI Dynamik der Atmosphäre
1. Kinematik
– Divergenz und Rotation – Massenerhaltung
– Stromlinien und Trajektorien
2. Die Bewegungsgleichung
– Newtonsche Axiome und wirksame Kräfte – Navier-Stokes-Gleichung
– Skalenanalyse
3. Zweidimensionale Windsysteme
– natürliches Koordinatensystem – Gradientwind und andere
– Reibungseinfluss auf das Vertikalprofil des Windes
Dynamische Meteorologie ist die Lehre von der Natur
und den Ursachen der Bewegung in der Atmosphäre. Sie
teilt sich auf in Kinematik und Dynamik im engeren Sinne
3
VI.3 Zweidimensionale Windsysteme
1. Vereinfachte 2-dimensionale Bewegungsgleichung 2. Gradientwind (Druck-Coriolis-Zentrifugal)
3. Weitere 2-dimensionale Windsysteme
– Zyklostrophischer Wind (Druck-Zentrifugal) – Trägkeitskreis (Coriolis-Zentrifugal)
– Antitriptischer Wind (Druck-Reibung)
VI.3.3 Weitere 2D-Windsysteme
Zyklostrophischer Wind (Druck-Zentrifugal)
Trägkeitskreis (Coriolis-Zentrifugal)
Antitriptischer Wind (Druck-Reibung)
Welche Luftdruckdifferenz herrscht in einem
typischen Staubteufel (Außenrand zu Zentrum) mit 1 m Durchmesser und einer Windgeschwindigkeit am Rand von 20 m/s? 5
Zyklostrophischer Wind
Zusätzliche Annahmen:
- keine Reibung
- keine Coriolisbeschleunigung (z. B. Äquatornähe, kleiner Krümmungsradius, z.B. Staubteufel)
2
: 0 1 Stromlinien || Isobaren
: 1 und entgegengesetzte
Vorzeichen
h
s p
s
v p p
n R
R n n
T T
F P Z F P Z
v
Hv
HIsobare und Stromlinie
n n
p/ n > 0 , d.h. Tief
antizyklonal R < 0 zyklonal R > 0 p/ n < 0 , d.h. Tief
h h
R,s
n fv p R
n v
s f s p
:
:
1 0 1
2
Trägheitskreis (1)
Zusätzliche Annahmen - keine Reibung
- kein Druckgradient
2
0 0
:
:
h hs
n v v v fR
R
v f
R
h h
f , also R 0 antizyklonal
also breitenabhängige Winkelgeschwindigkeit,
gleich der doppelten "Erdrotationsgeschwindigkeit"
F Z
v
Hn
C Stromlinie
0° 20° 43,3 60° 90°
f in 10
-4s
-10 0,5 1 1,26 1,46
Umlaufzeit, T=2π|R|/v
h=2π/f, in Stunden ∞ 35 17,5 13,8 12
|R| bei v
h=10 m/s ∞ 200 100 79 69
Als solche in der Atmosphäre kaum direkt beobachtet. Im Ozean dagegen sind diese Trägheitsschwingungen durchaus häufig.
h h
R,s
n fv p R
n v
s f s p
:
:
1 0 1
2
Trägheitskreise in der Ostsee
7
Trägheitskreis (2)- Grenzschichtstrahlstrom
Der Trägheitskreis taucht aber in der Form des sogenannten Grenzschichtstrahlstroms auf:
- Ausgangspunkt ist der subgeostrophische Wind in der Grenzschicht bedingt durch Reibung an der Erdoberfläche. Stabilisiert sich die Luft durch Ausbleiben der Heizung vom Boden in der Nacht, so reduziert sich die Reibung.
- Nehmen wir an, dass die Reibung plötzlich entfällt. Bei gegebenem Druck- gradient wird dieser dann nicht durch die Coriolisbeschleunigung ausgeglichen – der Wind beschleunigt zum Druckgefälle hin, wodurch die
Coriolisbeschleunigung zunimmt.
- Der Wind beschleunigt, und zwar solange die Windrichtung eine Komponente zum tiefen Druck hat, da die Resultierende von Coriolis- und Druckgradient- beschleunigung eine Komponente in Richtung der Windrichtung hat.
- Ist der Wind parallel zu den Isobaren, so ist er stärker als der geostrophische Wind, er ist supergeostrophisch.
- Die Coriolisbeschleunigung ist nun aber stärker als der Druckgradient, er dreht den Windvektor zum hohen Druck. Die Resultierende „bremst“ dann den Wind. Dies geht so lange bis die Coriolisbeschleunigung kleiner als der Druckgradient ist und wieder eine Linksbeschleunigung wirkt….
Um dies quantitativ zu beschreiben müssen wir wieder zur
9
Trägheitskreis (3)
da 1 k
da 0
(da stationäres Druckfeld)
1
,
g g h
ag
h g
h
h h
fk v v p
f v
h g ag
h g ag
dv dv
dt dt
dv p fk v
dt
d v v dv
fk v v fk v
dt dt
• Ausgangspunkt: stationäres Druckfeld, ageostrophische
Windkomponente, ohne Reibung.
• Die Zentrifugalbeschleunigung ist jetzt wieder im ersten Term
enthalten!
• Wir erhalten eine prognostische Gleichung für den ageostro- phischen Wind.
• Diese Differentialgleichung lässt sich durch Transformation in den kom- plexen Raum einfach lösen.
ag
ag
( ) |
Bezeichnung
ag
ag ag
ag
ag
ag
ag ag ag ag
ag ag ag
du fv
dv dt
fk v
dv
dt fu i
dt
d u iv if u iv
dt
u iv
d if
dt v
v v
v
ag
x ,
y ,
Trägheitskreis (4)
ag ag 0
ag 0
0 0
0
Lösung von :
( ) exp
( ) cos sin
( ) ( )
( ) ( ) cos sin
Ausmultiplizieren und Zerlegen in Real und Imaginärteil:
cos
ag
ag
g g
g g
g g
d if
dt
t ift
t ft i ft
u u i v v
u u i v v ft i ft
u u u u ft v v
v v
v v
v
0
00
sin
sin cos
Beachte:
g
g g g
ag
ft
v v u u ft v v ft
const v
ag, ft = /2
v
v vg
ag,t>0 t>0
vt=0
vag,t=0
P F
F
P
P F
F
P
vg v vft = /2
v
v v
v
ft = 3 /2
t = 0 ft =
P
• Weicht der ursprüngliche Wind vom geostrophischen ab, so führt der Windvektor eine
Kreisbewegung mit der
Winkelgeschwindigkeit f um letzteren aus (a, b).
• Ohne Druckgradient ergibt sich der Trägheitskreis (c).
allgemein v(t →
0)=0 v →
g=0
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Einfluss der Reibung
Fallunterscheidung
1. Sind Coriolisbeschleunigung und Zentrifugalbeschleunigung vernachlässigbar, so sind im stationären Fall
Druchgradientbeschleunigung und Reibung entgegengesetzt und gleich. Der dann resultierende antitripische Wind weht direkt vom hohen zum niedrigen Druck.
2. Erweitern wir um den Beitrag der Coriolisbeschleunigung bei Beschränkung auf gradlinige Isobaren (also keine
Zentrifugalbeschleunigung), so muss der Windvektor eine Komponente zum tiefen Druck haben. Die Reibung selbst kann dabei nicht genau parallel zum Windvektor wirken.
3. Eine vereinfachte mathematische Analyse ergibt, dass der
Wind vom Boden, wo er mit ca. 45° in das Tief weht, mit der
Höhe zunehmend in den geostrophische Wind in der freien
Atmosphäre in Form der Ekman-Spirale hineindreht (siehe
Grenzschichtkapitel VII.
Antitriptischer Wind
Zusätzliche Annahmen:
Coriolisbeschleunigung = 0 (z. B. Äquatornähe)
Zentrifugalbeschleunigung =0 (gradlinie Isobaren)
,
,
1
||
0
R s
h R h
p f
s p f
p n
H
T
f p
f R
Der antitriptische Wind ist ein Ausgleichswind zwischen
Druckgradientbeschleunigung und Reibungsbremsung: Die Luft wird gerade so stark beschleunigt, dass die mit dem Wind zunehmenden Reibung die Druckgradientbeschleunigung ausgleicht.
h h
R,s
n fv p R
n v
s f s p
:
:
1 0 1
2
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Richtung der Reibung unter Einfluss der Coriolisbeschleunigung
Annahmen:
1. stationäre horizontale Strömung
2. gradlinige Isobaren (keine Zentrifuglabeschleunigung)
1 0
also
g
h h R
fk v
R h g R h g ag
p fk v f
f fk v v f v v v