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Bleibt uns die Zeit, um mit marktwirtschaftlichen Mitteln das Klimaproblem zu entschärfen? | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Wirtschaftswissenschaftliche Stellungnahmen

30 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 9-2007

CO2-Emissionen stammen hauptsächlich aus Industrieländern

Europa stösst mit rund 7 Tonnen pro Per- son und Jahr etwa sieben Mal zu viel CO2 aus.

Die Schweiz liegt etwas unter dem europäi- schen Schnitt, da sie kaum noch Schwerindus- trie hat und den Strom praktisch CO2-frei er- zeugt. Eine Studie des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) zeigt indes, dass die Herstel- lung aller importierten Güter in der Schweiz den CO2-Ausstoss um 70% erhöhen würde.

Ein Ersatz der Kernkraftwerke durch mo- dernste Gaskraftwerke würde eine weitere Erhöhung um 20% bedeuten. Die EU ander- seits kann mit einer Substitution ihrer alten Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke den Ausstoss beträchtlich reduzieren. Doch auch dies ist eine kurzsichtige Massnahme, denn bei der Vorgabe von 1 Tonne CO2 pro Person und Jahr ist fossile Energie zu wertvoll, um bloss für die Erzeugung von Wärme verschwendet zu werden.

Von allen Kontinenten stösst nur Afrika weniger als eine Tonne CO2 pro Person und Jahr aus. Das bevölkerungsreiche Indien er- füllt diese Zielgrösse heute knapp, wobei die Emissionen rasch wachsen und in den Agglo- merationszentren schon weit über der Ziel- grösse liegen. Chinas Emissionen sind bereits heute drei Mal zu hoch.

Klimaerwärmung ist unabwendbar Die EU fordert eine Stabilisierung der mitt- leren Temperatur auf plus 2 Grad Celsius ge- genüber vorindustriellen Zeiten. Die erwarte- te Temperaturerhöhung wäre allerdings über dem Festland bedeutend höher – mit steigen- den Werten gegen den Norden. Um aber dieses Ziel zu erreichen, darf die Menschheit über alle Zeiten nur noch 600 Gigatonnen CO2

mehr als die erlaubten 10 Gigatonnen pro Jahr ausstossen. Bei heutigem Verbrauch wäre der CO2-Kredit in 30 Jahren ausgeschöpft. Auch bei einer Zieltemperatur von plus 5 Grad dür- fen die bekannten fossilen Reserven in den nächsten mehreren hundert Jahren nicht ver- brannt werden.

Gegenwärtig bestehen noch kaum Erfah- rungen mit der langfristigen und sicheren Speicherung von CO2 in geologischen Kaver- nen oder in den Weltmeeren. Zudem ist die

CO2-Abscheidung gerade beim Transport und im Flugverkehr kaum realisierbar. Die grosstechnische CO2-Speicherung ist in naher Zukunft daher keine Lösung des Problems.

Die Menschheit wird sich an die Klima- änderung anpassen müssen, denn wir haben unseren Lebensstil auf die klimatischen Verhältnisse der vergangenen Jahrhunderte eingestellt. Zu denken ist dabei an den Wasser- verbrauch, die Sturmfestigkeit und Hitze- tauglichkeit der Gebäude sowie an unseren Umgang mit Naturgefahren.

Die Industrieländer müssen ihre Verantwortung wahrnehmen

Die Industrieländer werden die primär durch sie verursachten Anpassungskosten an der Klimaänderung selbst tragen müssen.

Die meisten Länder Afrikas und viele Ent- wicklungsländer verursachen keine überhöh- ten CO2-Emissionen. Die Entwicklungs- und Schwellenländer spüren bereits jetzt die Kon- sequenzen der bisher kumulierten Emissio- nen, welche zu 75% von 20% der Weltbe- völkerung stammen.

Auch die Schweiz wird nicht darum he- rumkommen, ihre eigenen CO2-Emissionen drastisch zu verringern. Neben marktwirt- schaftlichen Instrumenten werden normative Instrumente unumgänglich sein. Vor dem Hintergrund der erforderlichen Dekarboni- sierung unseres Energieverbrauchs erschei- nen die Instrumente der Kyoto-Verpflich- tungsperiode wie Spielzeuge; es genügt nicht, nur die billigen CO2-Emissionen zu vermin- dern. Die Unterstützung der Schwellen- und Entwicklungsländer mit den Kyoto-Instru- menten zielt zudem ins Leere, wenn diese Länder nicht selbst alles daran setzen, dass der Energiehunger ihrer rasant wachsenden Grossstädte minimiert wird. Damit sie begin- nen, ihre Verantwortung wahrzunehmen, werden die Verursacher der heutigen Klima- änderung nicht umhin kommen, die Folgen ihrer historischen Treibhausgasemissionen abzugelten. Der Vorschlag von Bundesrat Leu- enberger, diese Kosten mit einer an der Quelle erhobenen Abgabe zu begleichen, sollte daher

weiterverfolgt werden.

Bleibt uns die Zeit, um mit marktwirtschaftlichen Mitteln das Klimaproblem zu entschärfen?

Christoph Ritz Leiter des Sekretariates von ProClim, Bern

Heute stösst die Menschheit pro Jahr rund 30 Gigatonnen CO2 aus.

Um das Klima zu stabilisieren, müssen die Emissionen unter rund 10 Gigatonnen CO2 pro Jahr sinken. Dies entspricht etwa der Menge, welche die Ozeane und das Festland aus der Atmosphäre absorbieren können. Wenn man von rund 10 Mrd. Menschen im Jahr 2050 ausgeht, dann darf jede Person pro Jahr nur etwa eine Tonne CO2 verursachen. Der Energieverbrauch selbst ist aber nicht beschränkt, wenn die Ener- gie treibhausgasfrei produziert wurde. Falls im Laufe der Zeit auf- grund neuer Erkenntnisse ein ab- geschwächtes Reduktionsziel to- lerierbar werden sollte, so ändert dies kaum etwas an der Dringlich- keit der heute einzuleitenden Massnahmen. Die im Folgenden dargelegten Fakten zeigen, dass ein Zuwarten, bis die grossen Aus- wirkungen auch tatsächlich ein- treffen, sehr gravierende Folgen hätte.

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