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Kampagne «Geld bleibt hier» bewirkt Gegenteil | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Die Volkswirtschaft  11 / 2015 47 EINBLICK

Kampagne «Geld bleibt hier»

bewirkt Gegenteil

In der gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Debatte sind verschiedene Ideen im Umlauf, wie eine vorgebli- che wirtschaftliche Abhängigkeit vom Ausland verhin- dert werden könnte. So wird beispielsweise gefordert, den Selbstversorgungsgrad an Nahrungsmitteln zu er- höhen oder auf vermeintlich teure Energieimporte zu verzichten. In einer breiten «Geld bleibt hier»-Kampa- gne1 vermittelt das Komitee den Eindruck, es sei doch besser, einheimische Energien zu fördern, statt viel Geld für Öl-, Gas- und andere Energieimporte auszugeben.

Dieses Anliegen scheint auf den ersten Blick ver- nünftig. Wer kann schon gegen einheimische Energie und für Energieimporte sein, an denen sich womöglich noch Ölscheichs bereichern? So logisch sich die Argu- mente der Initianten auch anhören – bei genauer Be- trachtung erweisen sie sich als Trugschluss. Denn bei einem Verzicht auf Importe müssen wir die Energie sel- ber produzieren.

Wäre diese Importsubstitution lohnend, würden wir ohne Lenkung durch die Politik jetzt schon im Inland mehr Energie produzieren bzw. durch Sparmassnahmen auf Importe verzichten. Produktion im Inland ist nicht gratis, oder wie Ökonomen sagen: Sie ist mit Opportuni- tätskosten verbunden. Die benötigten Arbeitskräfte und die übrigen Ressourcen für den Energiesektor müssen aus anderen Branchen oder durch Zuwanderung bzw.

durch entsprechende Importe gewonnen werden. Denn:

In anderen Wirtschaftsbereichen würden diese Fach- kräfte auch Einkommen erzielen, wahrscheinlich sogar ein höheres. Dass diese Experten der Energiewirtschaft in anderen Sektoren nicht gebraucht würden und statt- dessen arbeitslos wären, ist in der aktuellen Arbeits- marktsituation schlicht Unsinn.

Wenn man der Logik des Komitees nachleben wür- de, sollte ein Zweiverdienerhaushalt auf Kinderkrip- pen, Putzfrau, Handwerker etc. verzichten, weil man diese Arbeiten ja selber ausführen und das Geld sparen könnte. Vergessen wird dabei, dass in der Zeit, in wel- cher solche Dienstleistungen erbracht werden, oft mehr

1 www.geldbleibthier.ch

Geld verdient wird, als diese kosten. Wer somit auf Im- porte verzichtet, muss alles selber produzieren, egal wie schlecht er das kann. Dies verhindert, dass sich die Volkswirtschaft auf ihre Stärken (komparative Vortei- le) konzentriert; also in Branchen wächst, wo sie relativ am meisten Wettbewerbsvorteile hat und mit geringst- möglichem Ressourceneinsatz am meisten Einkom- men erzielen kann. So macht es mehr Sinn, günstige- ren (auch beispielsweise ökologischen, vom deutschen Steuerzahler subventionierten) Strom aus Deutschland zu importieren und die Fachkräfte hier in der Schweiz in anderen Sektoren, die ohne Unterstützung wettbe- werbsfähig sind, einzusetzen.

Schweiz spielt ihre Trümpfe

Die Schweiz hat einen rekordhohen Exportüberschuss und landet in Innovationsrankings regelmässig auf ei- nem der vordersten Plätze. Dieser beispiellose Erfolg ist ein Beleg dafür, dass die Schweizer Volkswirtschaft im Ganzen ihre «Make or buy»-Entscheidung gut trifft:

Wir produzieren und exportieren dort, wo wir stark sind, und importieren, was wir nur teurer selber her- stellen könnten.

Der berühmte Ökonom und Nobelpreisträger Paul Samuelson wurde von einem Mathematiker ironisch ge- fragt, ob es eine Erkenntnis der Sozialwissenschaften gebe, die sowohl wahr als auch nicht trivial sei. Samuel- son war nicht schlagfertig genug, eine passende Erwide- rung zu geben. Erst viele Jahre später fiel ihm die treffen- de Antwort ein: die Theorie der komparativen Vorteile. In seinen Worten: «Einem Mathematiker muss man nicht erklären, dass [die Theorie] logisch und korrekt ist. Dass sie nicht trivial ist, beweisen Abertausende wichtige und intelligente Leute, die niemals in der Lage waren, die The- orie selber zu begreifen oder wenigstens daran zu glau- ben, nachdem sie ihnen erklärt worden war.»

Reto Föllmi

Professor für Volkswirtschaftslehre, Universität St. Gallen

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