E
in Pflegebedürftiger kann 205 bis 665 Euro Pflege- geld im Monat beziehen, wenn er von Angehörigen oder anderen ehrenamtlich tätigen Pflegekräften betreut wird. Fällt die Pflegeperson aus, etwa wegen Urlaub oder Krankheit, so kann eine Er- satzkraft verpflichtet werden.Dafür gibt es dann bis zu 1 432 Euro innerhalb von vier Wochen – allerdings nur ein- mal im Jahr. Dafür ist es un- bedeutend, welche Pflegestu- fe für den Pflegebedürftigen gilt. Zur Verdeutlichung:Auch wenn eine Frau lediglich 205 Euro an monatlichem Pflege- geld bezieht, weil sie der Pfle- gestufe I angehört, zahlen die Pflegekassen für die „Verhin- derungspflege“ bis zu 1 432 Euro. Grundsätzlich steht dem Versicherungsnehmer zwar nur der Betrag zu, der bei Pflege durch die übliche Pfle- gekraft gezahlt wurde (205 Euro bis 665 Euro, je nach Pflegestufe). Zusätzlich kön- nen aber von der Vertretung noch Fahrkosten und Ver- dienstausfall geltend gemacht werden.
Beispiel 1: Ein Pflegebe- dürftiger der Stufe I wird
nach dem Ausfall seiner Pfle- geperson (etwa der Ehefrau) von seiner Tochter für 21 Tage gepflegt. Sie hat dafür unbe- zahlten Urlaub genommen.
Ihr Verdienstausfall beträgt 1 220 Euro. Außerdem hat sie für die Betreuung ihres Va- ters Fahraufwendungen in Höhe von 60 Euro. So wird gerechnet: Pro Tag stehen dem Pflegebedürftigen 1/28 des 205 Euro betragenden Pflegegeldes zu, also 7,32 Eu- ro. Für 21 Pflegetage ergibt dies 153,72 Euro. Hinzu kom- men der Verdienstausfall (1 220 Euro) und die Fahrko- sten (60 Euro). Gesamtan- spruch: 1 433,72 Euro. Maxi- mal zahlt die Pflegekasse 1 432 Euro für eine bis zu vierwöchige Verhinderungs- pflege im Jahr.
Beispiel 2: Ein Pflegebe- dürftiger der Pflegestufe III wird von einem Neffen fünf Tage lang ersatzweise ge- pflegt, weil seine Tochter, die ihn ansonsten betreut, krank geworden ist. Der Neffe weist 21 Euro Fahrkosten nach;Ver- dienstausfall hat er nicht. So wird gerechnet: Pro Tag ste- hen dem Pflegebedürftigen 1/28 des 665 Euro betragen-
den Pflegegeldes zu, also 23,75 Euro. Für fünf Pflegetage er- gibt das 118,75 Euro. Hinzu kommen die Fahrkosten in Höhe von 21 Euro. Gesamtan- spruch: 139,75 Euro. Im lau- fenden Kalenderjahr besteht demnach noch ein Restan- spruch auf Verhinderungs- pflege für 23 Tage (28 Tage mi- nus 5 Tage) oder 1 292,25 Eu- ro (1 432 minus 139,75 Euro).
Verhinderungspflege kann auch in einer besonderen Ein- richtung geleistet werden. So könnte beispielsweise ein pflegebedürftiges Kind für die Dauer des Ausfalls der etatmäßigen Pflegekraft in ei- nem Behindertenkindergar- ten betreut werden. Oder ein Erwachsener wird für die Dauer der Verhinderung der ehrenamtlichen Pflegekraft in einer Krankenwohnung ge- pflegt. Die Pflegekassen zah- len in solchen Fällen ebenfalls bis zu 1 432 Euro (für maxi- mal 4 Wochen) für die pflege- bedingten Aufwendungen in der Einrichtung.
Anrecht auf Ersatzpflege besteht allerdings nur,wenn die pflegebedürftige Person vorher mindestens zwölf Monate im häuslichen Bereich gepflegt worden ist. Wolfgang Büser
Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 458. November 2002 [67]
V E R S I C H E R U N G E N
Pflegeversicherung
Kassen zahlen auch die Verhinderungspflege
Wenn die Pflegekraft ausfällt, können bis zu 1 432 Euro für die Vertretung beantragt werden.
Die Pflegeversicherung zahlt für eine bis zu vierwöchige Verhinderungspflege im Jahr. Foto: epd-Bild
Lebensversicherung
Entfernung von Muttermalen
Beim Abschluss einer Lebens- versicherung muss die operati- ve Entfernung von Mutterma- len mitgeteilt werden. Verletzt der Versicherte diese Mittei- lungspflicht, so verliert er sei- nen Versicherungsschutz.
Die Klage eines Elternpaa- res gegen die Lebensversiche- rung ihres verstorbenen Soh- nes wurde vom Oberlandes- gericht Koblenz abgewiesen.
Der junge Mann hatte 1995 eine Lebensversicherung ab- geschlossen und dabei sämt- liche Fragen nach gesund- heitlichen Beeinträchtigungen verneint. Doch zuvor waren ihm wiederholt Muttermale entfernt worden. Im August 1996 starb der Sohn an Haut- krebs. Die Versicherung wei- gerte sich, die Lebensversi- cherung auszuzahlen. Das Ge- richt sah die Weigerung als berechtigt an. Der Sohn ha- be, so die Richter, sein Haut- krebsrisiko arglistig verschwie- gen. (Az.: 10 U 1950/99 OLG
Koblenz) rco
Hilfsmittel-Antrag
Beinprothese ist keine Überversorgung
Mit dem Hinweis, dass sie für die „Überversorgung“ ihrer Mitglieder nicht aufzukommen brauche, darf eine Kran- kenkasse nicht die Finanzierung eines modernen, zugleich teuren Hilfsgerätes für einen Behinderten verweigern. Die- se Entscheidung traf das Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 3 KR 68/01 R.
Folgender Fall lag dieser Entscheidung zugrunde: Eine Mutter von mehreren Kindern war seit einiger Zeit auf- grund eines Motorradunfalls, bei dem sie ein Bein verloren hatte, behindert. Um ihre Beweglichkeit zu verbessern, be- antragte sie bei der Krankenkasse die Finanzierung einer elektronisch gesteuerten Beinprothese im Wert von rund 20 000 Euro. Die Krankenkasse lehnte dies ab mit dem Hin- weis, dass es sich dabei um eine „Überversorgung“ handel- te. Mit dieser recht rüde anmutenden Argumentation kam die Krankenkasse allerdings nicht durch. Das Bundessozi- algericht verwies auf die Vorteile, die ein solches modernes Hilfsgerät der behinderten Mutter bringen würde. Deshalb
musste die Kasse zahlen. OVB