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Archiv "Im Ergebnis „gut“" (31.07.1975)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

THEMEN DER ZEIT:

Im Ergebnis „gut"

Welches Bild machen sich die Patienten von

„ihren" Ärzten?

AUS DER FRAGESTUNDE DES BUNDESTAGES:

Keine Anzeichen einer Heroinwelle Ärzte im zivilen Ersatzdienst Gesundheitspaß nicht geplant

Akkord- und Fließband- arbeit werden erforscht

BEKANNTMACHUNGEN

PERSONALIA

FEUILLETON:

Die Eingeschlossenen Arzt — und Poet dazu

„In einer freien Wirtschaft hat es sich noch kein Unternehmen leisten können, Dinge zu produzieren, die keiner will und keiner braucht. Ein Staatsbürger, der mündig ist, eine bestimmte Partei zu wählen oder nicht zu wählen, wird gewiß auch mündig genug sein, bestimmte Pro- dukte zu wählen oder nicht zu wählen*)." (Produkt gleich Arzt?)

Kritische Stimmen über die Ärzte und die ärztliche Versorgung sind in der Öffentlichkeit häufig zu hö- ren. Meinungen und persönliche Erfahrungen überwiegen, während wissenschaftlich erhobene Daten über die Einstellungen der Patien- ten noch selten oder wenig be- kannt sind. Dem Bild, das sich Pa- tienten von der ärztlichen Versor- gung und „ihren" Ärzten machen, wurde in mehreren Erhebungen, und an Hand von Befragungen teil- nehmender Beobachtung nach- gegangen. Es handelte sich dabei durchweg um Patienten, die an einem Heilverfahren teilnahmen.

Die teilnehmende Beobachtung be- steht darin, daß ein oder mehrere eingearbeitete Beobachter in unab- hängiger Position unter kontrollier- ten Bedingungen Vorgänge inner- halb eines sozialen Gefüges erfas- sen. Durch das Inkognito des Be- obachters soll das Autoritätsgefäl- le Vorgesetzter:Untergebener, Ab- hängiger:Unabhängiger unterlau- fen werden. Mit dieser Methode wird versucht, Informationen über Verhaltensweisen und Meinungen von Menschen in unkontrollierten Situationen zu erhalten. Untersu- chungsorte waren bei uns: Kalletal 1966 und Bad Bramstedt 1969.

Wie sind nun die Ergebnisse dieser Studien (die im Quellenverzeichnis aufgeführt sind)? Ist der Patient mit der ihm oft zugewiesenen Rolle des Unterwürfigen, Demütigen im- mer einverstanden? Kann er kriti- scher sein, als uns bekannt und vielleicht angenehm ist? Wie sahen

*) Zitat aus „Werbung, Pro und Kontra"

des Zentralausschusses Werbewirtschaft, Bonn 1973

Im Ergebnis „gut"

Welches Bild machen sich die Patienten von „ihren" Ärzten?

Uwe Stocksmeier und Hartmut Weber

In mehreren Studien, durchgeführt u. a. nach dem kurz beschrie- benen Verfahren der teilnehmenden Beobachtung, wurden Patien- ten nach ihrem Urteil über die ärztliche Versorgung gefragt. Die Ergebnisse, über die in dem Beitrag berichtet wird, sind auf den ersten Blick widersprüchlich und stimmen doch überein: Trotz sehr kritischer Einstellung äußerten sich die befragten Patienten gegen- über ihren (nichtärztlichen) Befragern im ganzen positiv, ja sogar sehr zufrieden über die ärztliche Versorgung.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 31. Juli 1975 2221

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Ist der Patient mit der ihm in dieser Karikatur zugewiesenen Rolle des Unterwürfigen, Demütigen immer einverstanden? Kann er vielleicht kriti- scher sein, als es uns bekannt und vielleicht vielen Ärzten angenehm ist?

Der Beitrag auf diesen Seiten versucht darauf eine Antwort zu geben Zeichnung: P. Järventie-Meinking Patienten über ihren Arzt

also die „teilnehmenden Beobach- ter" das Verhältnis der Patienten zu Ärzten, medizinischem Personal und medizinischen Einrichtungen?

Die zu hörende Einstellung der Pa- tienten zu den Ärzten und dem üb- rigen Personal erschien den teil- nehmenden Beobachtern zunächst überwiegend negativ. Dieser Um- stand muß nicht unbedingt die tat- sächlichen Bedingungen wider- spiegeln, da es durchaus möglich ist, daß Patienten gut Funktionie- rendes nicht erwähnen, Negatives dagegen besonders herausstellen.

Über Ärzte urteilten die Patienten sehr scharf. Kategorien waren: gut, mittel, oberflächlich, schlecht. Die Patienten sprachen weder zum Pflegepersonal noch in größeren Patientengruppen über ihre Mei- nung, sondern nur in engerem Kreise (Skatrunde, Spazierenge- hen mit zwei, drei Patienten usw.).

Die grundsätzliche „Parole" hin- sichtlich der Beurteilung des Per- sonals hieß „dichthalten". Über das Verhalten von Mitpatienten und Personal wurde nur unter Vertrau-

ten im engsten Bereich gespro- chen (Hallwachs).

Zur Wirkung medizinischer Thera- pie kann man sagen, daß ihre Ef- fektivität für den Patienten — sub- jektiv — zumindest von dem guten oder schlechten Personal abhing.

So wollte zum Beispiel ein Patient seine Übung nur deshalb abbre- chen, weil ein Gymnastiklehrer ihn morgens ironisch mit den Worten empfing: „Na, heute keine Lust?"

Es handelte sich hier, das sei aus- drücklich erwähnt, nicht um einen psychisch alterierten Patienten.

Hierin sah der teilnehmende Beob- achter eher das Phänomen, der Pa- tient habe den Sinn der jeweiligen Therapie nicht erklärt bekommen oder aber sie nicht verstanden. Da- her schien er eher geneigt, alles, was er selbst im Rahmen der the- rapeutischen Übung durchführen mußte, auf das Personal zu reflek- tieren. Ausgenommen hiervon schien der Arzt: „Der Doktor macht's schon richtig" (Kuhr).

Oder wie Hallwachs sagte: „Die Patienten hätten zu den Ärzten blindes Vertrauen".

Aus diesen Informationen läßt sich vorläufig folgern:

O Die Motivation zur Durchfüh- rung einer Therapie erschien zu- mindest den teilnehmenden Beob- achtern unreflektiert.

e Mündige Patienten und blin- des Vertrauen — diese Kluft ist zu analysieren in weiteren Arbeiten.

Bleiben wir noch bei den Ermittlun- gen der teilnehmenden Beobach- ter: Diesen erschien es interessant, daß trotz scheinbarer Abhängigkeit der Patienten vom Arzt — die Ärzte empfanden es als solche — dieser einer scharfen verbalen Kri- tik durch Patienten ausgesetzt ist.

Diese Kritik war, wie schon er- wähnt, weder im Gespräch mit dem Arzt noch mit dem Personal deut- lich geworden. Aber: Der Arzt am Ort des Heilverfahrens wurde von den meisten Patienten trotz aller Kritik als Kontrollinstanz für Haus- und Vertrauensarzt angesehen.

Seine Anweisungen und die des medizinischen Personals waren Grundnormen des Verhaltens. Die- se erschienen den teilnehmenden Beobachtern durchschlagskräftiger als jegliche Hausordnung und wur- den nie in Frage gestellt. So konn- ten die Beobachter feststellen, daß zum Beispiel ohne spezielle Anti- Rauch-Therapie nur durch Zureden des Arztes und Beeinflussung durch medizinisches Personal der Zigarettenkonsum deutlich nach-

ließ und die Patienten sich sogar gegenseitig motivierten, das Rau- chen zu reduzieren. Dieser „Multi- plikator"-Effekt zeichnete sich auch beim Patiententreffen im Sep- tember 1973 der Herzinfarkt-Lang- zeitstudie in Höhenried ab. Patien- ten berichteten, wie sie sogar nach dem Heilverfahren in ihrer häusli- chen und beruflichen Umgebung für das Nichtrauchen eintraten.

Bedeutet eine arztbezogene Ant- wort: „Ich hörte, er will es so ha- ben" des Patienten nun „Bauern- schläue" mit ausgesprochenen Zeichen der Mündigkeit, oder liegt hier Unterwerfung und totale Un- mündigkeit vor? Wir können vor- läufig keine Entscheidung fällen. >

2222 Heft 31 vom 31. Juli 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Patienten über ihren Arzt

So scharf die Patienten gelegent- lich die Ärzte in Kategorien gut, mittel und schlecht plazierten, so sehr waren sie geneigt, die Ärzte auch wieder in Schutz zu nehmen, indem sie Mängel im Untersu- chungs- und Therapiesystem der Verwaltung zuschoben, da diese zum Beispiel nicht genügend Geld für weitere Ärzte zur Verfügung stellte und dadurch die Ärzte mit zuviel Routine blockierte.

Liegen hier Verdrehungsmechanis- men vor oder uns unerklärliche Ambivalenzen auf Grund einer Ab- hängigkeit der Patienten vom Arzt?

Werden mißliche Dinge vielleicht deshalb verdrängt auf „externe"

Bereiche, wie in unserem Beispiel die Verwaltung? Man sollte in wei- teren Untersuchungen vielleicht hier ansetzen, um Abhängigkeit und Unabhängigkeit des Patienten von seinem Arzt besser kennenzu- lernen.

In einer halbteilnehmenden Beob- achtung (d. h. der Untersucher galt als Patientenbetreuer und hatte so- wohl beratende und Interviewer- Funktion) stellte von Troschke, Ulm, interessante Abhängigkeiten vom Arzt fest: Ein Arzt konnte etwa durch sein positives oder negatives Verhalten geradezu über subjekti- ven Erfolg oder Mißerfolg des ge- samten Heilverfahrens entschei- den. Wir möchten hier zunächst zur Diskussion stellen: Ist der Patient derartig unmündig, daß er sich von der Bezugsperson „Arzt" in „sei- nem" Heilverfahren so massiv be- einflussen läßt? Natürlich muß man bedenken, daß diese Feststellun- gen nicht identisch sind mit der Beurteilung der fachlichen Qualitä- ten des Arztes.

Solche subjektiven Angaben der Patienten sind mit Vorsicht zu in- terpretieren, können aber darauf hinweisen, welche Verhaltensweise der eine oder der andere Arzt bes- ser unterließe und welche direkte Beziehung zwischen Arzt und Pa- tient möglicherweise besteht. So konnte Hallwachs zum Beispiel in einem kleineren Sanatorium bei ei- ner teilnehmenden Beobachtung

feststellen, daß der Arzt eher als Vaterfigur akzeptiert wurde, auf den alle unbefriedigten Wünsche nach Geborgenheit und Abhängig- keit projiziert wurden. Der Arzt wurde somit in seiner Autoritätsrol- le sogar noch bestärkt. Um so empfindlicher reagierten — nach Aussagen der teilnehmenden Be- obachter — die Patienten, wenn der Arzt gelegentlich oder über- haupt nicht bereit war, die Rollen- erwartung — bewußt oder unbe- wußt sei hier dahingestellt — zu erfüllen. Vielleicht wird die Erfolgs- quote des Heilverfahrens bestimmt durch Rollenerwartung seitens des Patienten und Rollenführung durch den Arzt.

Während bislang teilnehmende Be- obachter über Patienten während eines Heilverfahrens berichteten, sollen nun im folgenden Abschnitt Antworten von Patienten zu der ärztlichen Versorgung vor und nach dem Herzinfarkt durch Haus- arzt bzw. Krankenhaus ausgewer- tet werden. Wie sieht der Patient diese Instanzen?

Einstellung von Infarktpatienten zu Hausarzt und Krankenhaus Die Fragen zum Herzinfarkt wurden im nachhinein an 290 Patienten ge- stellt, die zu einem Rehabilitations- verfahren in der Klinik Höhenried waren. Alle Patienten sind aus- nahmslos Teilnehmer der Lang- zeitstudie. Der überwiegende Teil der Patienten (68,5 Prozent) rief nach Eintreten des Herzinfarktes den Hausarzt, knapp 20 Prozent den Notarzt und der Rest das Krankenhaus bzw. den Krankenwa- gen oder den Nachbarn zur Hilfe.

Nach der Benachrichtigung ver- strichen im Durchschnitt 1 1 /4 Stun- den, bis erste ärztliche Hilfe am Platz war. Dann jedoch verging nur noch durchschnittlich eine Viertelstunde, bis der Patient im Krankenhaus eingetroffen war.

Nüsse!, Heidelberg, berichtet, daß die Entscheidungszeit, bis der Pa- tient entschieden hat, einen Arzt zu rufen, in den Nachtstunden bis zu

vier Stunden länger dauert als am Tage. 40 Prozent der Patienten be- nötigen diese lange Entscheidungs- phase, während 38 Prozent der Pa- tienten am Tage bereits innerhalb der ersten 15 Minuten den Arzt verständigen. Bis zum Eintreffen des Arztes vergehen dann am Tage nur noch 30 Minuten, in der Nacht lediglich 15 Minuten.

Bemerkenswert ist, obwohl die Pa- tienten relativ lange noch auf den Arzt warten mußten, daß 75 Pro- zent unserer Patienten der Ansicht waren, bereits vor dem Herzinfarkt ärztlich gut betreut worden zu sein, 18 Prozent sprachen von einer mit- telmäßigen und nur 7 Prozent von einer schlechten ärztlichen Versor- gung. Beim Herzinfarktgeschehen selbst waren es dann trotz über einstündiger Wartezeit 87 Prozent der Patienten, die die Betreuung gut fanden, 5 Prozent fanden sie mittelmäßig und nur 5,5 Prozent schlecht.

Nach der Krankenhausentlassung beurteilten 80 Prozent der Patien- ten die ärztliche Versorgung als gut, 17 Prozent als mittelmäßig und 6,5 Prozent als schlecht.

In diesem Zusammenhang ist wich- tig zu wissen, daß die Patienten, die wegen des Herzinfarktes einen Aufenthalt auf einer „Intensivsta- tion" durchzumachen hatten, die ärztliche Versorgung besonders lobten.

Methodisch ist zu erwähnen, daß die Befragungen von Sozialarbeite- rinnen erhoben wurden und nicht von Ärzten und somit die Verfäl- schung der Antwort vielleicht nicht sehr groß ist. Es wäre denkbar, daß man gegenüber einem befra- genden Arzt „nicht unhöflich" sein möchte. Da jedoch die Befragun- gen im Klinikgelände durchgeführt wurden, ist es dennoch möglich, daß eine Antwort in Richtung so- zialer Erwünschtheit, zumindest in einigen Bereichen, nach wie vor er- folgte. Dennoch geben diese ein- deutigen Prozentsätze, die sich auch unter dem Herzinfarkt selbst kaum wesentlich verändern, zum Nachdenken Anlaß.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 31.Juli 1975 2223

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Aufsätze ·Notizen

Patienten über ihren Arzt

..,. Es scheint so zu sein, daß der Patient im großen und ganzen mit der ärztlichen Versorgung eigent- lich doch zufrieden ist, und zwar konstant. Dieses unterstreicht auch eine von Stocksmeier und Mein- king in Zusammenarbeit mit Infra- test durchgeführte repräsentative Studie an der über 14jährigen Be- völkerung der Bundesrepublik Deutschland. Es wurden ähnlich hohe Prozentsätze gefunden wie in den hier vorgestellten Gruppen (nähere Angaben finden sich in der Tabelle).

..,. Bei einer Differenzierung nach Altersgruppen fällt ein Ansteigen der Nennungen in der Kategorie 1

"Immer sehr gut betreut" auf; wäh- rend sich 30- bis 39jährige mit 41 Prozent, 40- bis 59jährige mit 61 Prozent, 60- bis 69jährige mit 63 Prozent hierfür entschieden, fühlen sich 76 Prozent der 70jährigen und älteren "immer sehr gut betreut". Die Trennung nach Geschlechtern zeigt keine wesentlichen Unter- schiede in allen Fragen, bis auf die Tatsache, daß 12 Prozent der Män- ner und 6 Prozent der Frauen an- gaben, keinen Hausarzt zu haben.

Aufgeteilt nach Berufsschichten fällt nur auf, daß Selbständige,

Freiberufliche, leitende Angestellte und höhere Beamte nur mit 14 Pro- zent in der dritten Antwortkatego- rie vertreten sind, während sich Facharbeiter mit 23 Prozent für diese Kategorie entschieden. Die Betrachtung der Länderverteilung zeigt ein relativ einheitliches Bild der Nennungen. Besonders auffäl- lig ist nur, daß sich die Befragten in Bayern nur zu 45 Prozent "im- mer sehr gut betreut" fühlen und daß die Befragten in West-Berlin zu 30 Prozent die Kategorie 3 wählten.

Abschließend sei auf Erhebungen an Patienten verwiesen, die - mit Ausnahme eines Patienten - kei- nen Herzinfarkt hatten und ein Heilverfahren wegen kardiavasku- lären Erkrankungen, vegetativem Symptomenkomplex, Lebererkran- kung oder Diabetes mellitus in Hö- henried durchgeführt hatten. Die Befragung wurde an 71 Patienten durchgeführt, die nicht in der Kli- nik, sondern durchschnittlich 11/2

Jahre nach dem Heilverfahren am Arbeitsplatz exploriert wurden (We- ber).

Die Patienten sind mit der Frage- stellung konfrontiert worden: "Sind Sie mit der Betreuung durch Ihren Hausarzt sehr zufrieden, zufrieden oder unzufrieden". Es ergaben sich

Ärztliche Betreuung im Urteil der Patienten

Die im Interview an die Patienten gestellte Frage lautete: "Wie füh- len Sie sich durch Ihren Hausarzt betreut? Welche dieser Möglich- keiten trifft für Sie zu?" Die Verteilung der Antworten (in Prozent):

1. Immer sehr gut betreut 56

2. Meistens sehr gut betreut, nur nachts und am Wochenende

nicht 6

3. Betreuung gut, aber mich stören die langen Wartezeiten 4. Mittelmäßig betreut

5. Ziemlich schlecht betreut, suche mir aber keinen anderen Hausarzt

6. Ziemlich schlecht betreut, bin auf der Suche nach einem anderen Hausarzt

7. Sehr schlecht betreut, habe Hoffnung auf gute Ärzte aufgegeben

8. Habe keinen Hausarzt

2224 Heft 31 vom 31. Juli 1975 DEUTSCHES ARZTEBLATT 20

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folgende Ergebnisse (n = 71), 67,6 Prozent der Befragten waren mit der ärztlichen Betreuung sehr zu- frieden, 25,4 Prozent zufrieden und nur 7 Prozent unzufrieden. Hieraus läßt sich eine leichte Verschiebung gegenüber den befragten Patienten mit Herzinfarkt aufzeigen. Und zwar ist im mittleren Bereich, der mit ihrer Betreuung zufriedenen Patienten, eine Trendzunahme von 25,4 Prozent gegen 18 Prozent bei Herzinfarkt zu verzeichnen, die wir darauf zurückführen, daß mit Zu- nahme des Schweregrades der Erkrankung möglicherweise die ärztliche Leistung positiver bewer- tet wird (weil der Arzt intensiver einbezogen ist?).

..,. Darüber befragt, ob die Patien- ten annehmen, daß ihr Hausarzt im Notfall unverzüglich komme, beant- worteten alle 71 mit "ja". Daraus läßt sich für diese Patienten ab- leiten, daß das Vertrauensver- hältnis Arzt Patient gerade

in "Krisensituatiohen" oder un-

abgeklärten Situationen für den Patienten zum Arzt uneinge- schränkt groß ist. Da andererseits bekannt ist, daß Ärzte durchaus die Intensität ihrer Therapie auch et- was nach dem Schweregrad einer Krankheit richten, erscheint es uns diskussionswürdig, ob die Patien- ten ein von dem Schweregrad der Krankheit abhängiges gesetzmäßi- ges Vertrauensverhältnis zur ärztli- chen Versorgung haben. Nach wie vor werden bemängelt "zu lange Wartezeiten" und "die Ärzte hätten zu wenig Zeit für die Patienten"

(Weber). Diese Hauptkritikpunkte fanden sich auch in der Repräsen- tativerhebung von Stocksmeier und Meinking: (Antwortkategorien 2 und 3 in der Tabelle).

Im großen und ganzen scheinen die Patienten "trotz" jahre- bzw.

jahrzehntelanger Erfahrung mit der ärztlichen Versorgung, auch unter kritischer Betrachtung, diese Situa- tion als zufrieden- bis sehr zufrie- denstellend einzuschätzen.

Ob der in einigen Untersuchungen festgestellte sehr lange "konstante Hausarzt" (Jahre bis Jahrzehnte)

(5)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen AUS DER FRAGESTUNDE DES BUNDESTAGES

Keine Anzeichen einer Heroinwelle

Die Bundesregierung habe bislang keinen konkreten Anhalt dafür, daß eine Heroinwelle aus der Türkei drohe, erklärte der Parlamentari- sche Staatssekretär des Bundesge- sundheitsministeriums, Fred Zan- der, auf Anfrage des CDU-Abge- ordneten Dr. Gottfried Arnold. Die türkische Regierung habe wieder- holt versichert, daß sie sehr ener- gische Maßnahmen ergreifen wer- de, um die volle Kontrolle sicherzu- stellen. Die Bundesregierung habe keinen Anlaß, an dieser Zusage zu zweifeln. Wenn aber doch eine Heroinwelle auf die Bundesrepu- blik zurollen sollte, habe die Bun- desregierung Vorsorge getroffen.

In diesem Zusammenhang erklärte Zander weiter, daß die Zahl der Ju- gendlichen die Drogen nur gele- gentlich konsumieren, zurückgehe.

Zur Zeit gebe es allerdings noch etwa 40 000 Jugendliche, die „harte Drogenkosumenten" seien.

Ärzte im zivilen Ersatzdienst

Staatssekretär Hermann Buschfort, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, teilte aufgrund ei- ner parlamentarischen Anfrage des CDU-Abgeordneten Prinz zu Sayn- Wittgenstein-Hohenstein mit, er könne sich nicht vorstellen, daß denjenigen approbierten Ärzten, die anstelle des Wehrdienstes ei- nen zivilen Ersatzdienst leisten, in Krankenhäusern „nicht berufsbe- zogene Tätigkeiten" zugewiesen werden. Allerdings schränkte der Staatssekretär seine Vermutung dahingehend ein, daß das Bundes- amt für den Zivildienst nach der Einberufung keinen Einfluß auf die Art der Beschäftigung des zum Er- satzdienst Einberufenen habe.

Konkreter Anlaß zu der parlamen- tarischen Anfrage war offenbar eine Entschließung des 78. Deut- schen Ärztetages, in der bemängelt

wurde, daß solche Ärzte als Pfört- ner, Pfleger und Krankenfahrer eingesetzt würden, ungeachtet des Ärztemangels an kleineren Kran-

kenanstalten. DÄ

Gesundheitspaß nicht geplant

Eine für alle Bundesbürger obliga- te Einführung eines Gesundheits- passes ist von der Bundesregie- rung nicht geplant. Seine verbindli- che Einführung stoße auf erhebli- che rechtliche Bedenken, weil der Verschwiegenheitsanspruch des Pa- tienten nicht ausreichend gewähr- leistet werden könne. Dies teilte der Parlamentarische Staatssekre- tär des Bundesgesundheitsministe- riums, Karl Fred Zander, aufgrund einer mündlichen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsabgeordne- ten Frau Marie Stommel mit. Der Staatssekretär verwies auf den seit 1974 eingeführten bundeseinheitli- chen Notfallausweis, der von den Ländern vorwiegend an Risikopa- tienten ausgegeben wird. Der- zeit werde auf Wunsch der Länder geprüft, ob der Notfallausweis über den Handel der gesamten Bevölke- rung zugänglich gemacht werden könne. HC

Akkord-

und Fließbandarbeit werden erforscht

Zur Ermittlung von Belastungs- schwerpunkten am Arbeitsplatz hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Forschungsauf- träge vergeben, die auch Auf- schlüsse über die besonderen Ar- beitsbelastungen durch Akkord- und Fließbandarbeit geben sollen.

Ein Forschungsprojekt dient der Ermittlung von Möglichkeiten der Arbeitsplatzbewertung bei psycho- mentaler Belastung. Dies teilte der Parlamentarische Staatssekretär des Ministeriums, Hermann Busch- fort, aufgrund einer Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr.

Rudolf Schöfberger, mit. DÄ Patienten über ihren Arzt

hier eine Bestätigung ist oder nur Zeichen der Bequemlichkeit, können wir nicht erörtern.

Es gibt jedenfalls zu denken, daß die Patienten, selbst wenn sie an völlig unterschiedlichen Krank- heiten leiden, die ärztliche Versor- gung trotz jahrelanger Erfahrung ungefähr gleich positiv beurteilen.

Ist hier eine große Zahl von Patien- ten systematisch getäuscht und un- mündig, oder hat sich der mündige Patient ein vielleicht sogar verläßli- cheres Bild von der ärztlichen Ver- sorgung gemacht, als es manche Organisationen und Publikationsor- gane und vielleicht sogar manche

„Ärzte selber glauben mögen?"

Die teilnehmende Beobachtung mit ihren Ergebnissen jedenfalls legt nahe, daß die Patienten durchaus kritisch ihre Ärzte beurteilen kön- nen und eigentlich spätestens bei der Befragung durch Nichtärzte und Nichttherapeuten von ihrer ne- gativ-kritischen Meinung hätten Gebrauch machen können, wenn diese bestanden hätte.

Quellen

Auf folgende Quellen wurde in den Ausfüh- rungen zur Fragestellung der teilnehmen- den Beobachtung zurückgegriffen: 1. Bram- stedter Langzeitstudie an Rheumapatienten

— hier: „Teilnehmende Beobachtung".

(Kuhr, Supervisor Hallwachs und Stocks- meier); 2. Verlaufsbeobachtungen vegetativ Kranker während eines Heilverfahrens — teilnehmende Beobachtung (Hallwachs, Su- pervisor Schade und Stocksmeier); 3. Herz- infarkt Langzeitstudie Höhenried — ana- mnestische Angaben von 290 Herzinfarktpa- tienten (Stocksmeier); 4. Katamnestische Erhebungen an Patienten eines chemi- schen Großbetriebes, die auf Grund ver- schiedener Krankheiten ein Heilverfahren in Höhenried durchgeführt haben. (Weber);

5. Halb-Teilnehmende Beobachtung in ei- nem Sanatorium für Angestellte (von Troschke); 6. Repräsentativerhebung an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland (Stocksmeier und Meinking in Zusammenarbeit mit Infratest).

Literatur bei den Verfassern Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Dr. phil. Dipl.-Psychologe Uwe Stocksmeier

Dr. med. Hartmut Weber

Arbeitsgruppe für kardiologische Langzeitstudien in der Arbeitsge- meinschaft für Prävention und Re- habilitation innerer Krankheiten e. V., Klinik Höhenried

8131 Bernried

DEUTSCHES.ARZTEBLATT Heft 31 vom 31. Juli 1975 2225

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