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Archiv "Armin Ehl zur Kooperation Marburger Bund (MB)/ver.di: „Die Ziele stimmen einfach nicht mehr überein“" (09.09.2005)

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DÄ:Herr Ehl, bei der 108. Hauptver- sammlung am 10. September steht neben dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) auch die Tarifpartner- schaft mit ver.di zur Abstimmung. Kön- nen Sie skizzieren, worin diese Partner- schaft genau besteht?

Ehl: Die Partnerschaft geht auf eine Vereinbarung zurück, die der Marburger Bund im Jahr 1950 mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) ge- schlossen hat, die inzwischen in ver.di aufgegangen ist. Damals hat man sich verständigt, dass die DAG in Vollmacht für den MB bei Tarifverhandlungen auf Bundesebene agiert. Dadurch erhielt der MB die Möglichkeit, indirekt an den Tarifverhandlungen teilzunehmen und seine Forderungen einzubringen.

DÄ:Wie muss man sich das in der Pra- xis vorstellen?

Ehl: Es gibt ein abgestuftes System. In der Bundestarifkommission von ver.di sitzen wir mit Rederecht zwar mit dabei, haben aber kein Stimmrecht. In den Kommissionen und Unterarbeitsgrup- pen hingegen, in denen etwa Details zur Vergütung oder zur Arbeitszeit bespro- chen werden, kann Lutz Hammerschlag als Leiter des MB-Tarifreferats unsere Interessen konkret einbringen.

DÄ:Welches sind die Vorteile der Ko- operation mit ver.di?

Ehl: Die Arbeitgeber haben immer darauf bestanden, dass sie nur mit einer oder maximal mit zwei Gewerkschaften verhandeln. Deshalb haben sie die etwas kleineren Spezialisten-Gewerkschaften, wie die Gewerkschaft der Polizei oder auch den MB, nicht als originäre Tarif- partner zugelassen. Über das Vehikel Ko-

operationsvereinbarung haben wir also überhaupt erst die Möglichkeit erhalten, unsere Vorstellungen bei der Entstehung und Entwicklung der großen Leitwäh- rung BAT mit einzubringen. Dass das funktioniert hat, kann man zum Beispiel an der Sonderregelung 2 c (SR2c BAT) sehen, in der im alten BAT der Bereit- schaftsdienst geregelt ist. Da haben wir unsere Vorstellungen bislang gut einbrin- gen können.

DÄ: Sie sagten, bislang. Die Landes- verbände Baden-Württemberg und Nord- rhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz haben die Abspaltung von ver.di gefordert. Mit welchen Argumenten?

Ehl: Das Hauptargument ist, dass wir in den Verhandlungen durch ver.di nicht mehr ausreichend vertreten werden. Die Ziele von ver.di und MB stimmen ein- fach nicht mehr überein. Das war früher anders. Jahrelang waren die Ziele mit-

einander vereinbar. Man wollte etwa die Arbeitszeit senken, die Vergütung ist ge- stiegen – zwar nicht in dem Rahmen, wie wir es für notwendig gesehen hätten,aber immerhin. Letztlich muss man anhand der Ergebnisse bewerten, ob die Koope- ration noch passt. Und da muss man sa- gen, dass der TVöD, nach dem, was wir

bislang wissen, nicht mit unseren Forde- rungen übereinstimmt.

DÄ:Etwas konkreter bitte.

Ehl: Es geht insbesondere um die Ver- gütung. Das Wichtigste ist, dass die Ärzte zu Beginn ihres Arbeitslebens in die Ent- geltgruppen 14/4 eingruppiert werden – in eine relativ hohe Stufe also, damit es im Vergleich zu heute keine Einkom- mensverluste gibt. Und wir wollen, dass mindestens eine weitere Gruppe ober- halb der 15 geschaffen wird. Bislang ist es so, dass, wenn die Ärzte in Entgeltgruppe 14 kommen, es darüber nur noch die 15 gibt. Damit ist die Lebenswirklichkeit unserer Klientel überhaupt nicht abge- deckt.Wir brauchen ein weitaus differen- zierteres System.

DÄ:Ein Vorwurf lautet, dass ver.di sein Hauptaugenmerk auf die unteren Vergütungsgruppen legt.

Ehl: Wir sollten ver.di jetzt auch nicht ganz schlecht machen. Ver.di hat bei- spielsweise unsere Argumente durchaus anerkannt und vertreten, dass die Ärzte bei Entgeltstufe 14 einsteigen müssen.

Andererseits gibt es das Beispiel Arbeits- zeit. Für ver.di ist die 38,5-Stunden-Wo- che, oder jetzt die 39-Stunden-Woche, ei- P O L I T I K

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A2352 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 369. September 2005

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Armin Ehl zur Kooperation Marburger Bund (MB)/ver.di

„Die Ziele stimmen einfach nicht mehr überein“

Der MB-Hauptgeschäftsführer bereitet sich auf eine neue Ära vor.

Foto:Eberhard Hahne

Wir sind also

durchaus in

der Lage,

selbstständig

Verhandlun-

gen zu

führen.

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ne heilige Kuh. Dies geht an der Lebens- wirklichkeit der Ärzte völlig vorbei. Die meisten arbeiten 60 Stunden in der Wo- che. Das muss man doch mal irgendwo berücksichtigen, aber das ist mit ver.di nicht zu machen.

DÄ:Die Diskrepanzen zwischen dem, was ver.di will, und dem, was der MB will, sind offensichtlich. Der Bruch ist abseh- bar.Wie geht es dann weiter?

Ehl: Wir, die Geschäftsführungen beim Bundesverband und den Landes- verbänden, sind auf dieses Szenario ein- gestellt. Wir benötigen andere Konzepte und mehr Kapazitäten für die Tarifarbeit, sowohl beim Bundesverband als auch in den Landesverbänden. Wir arbeiten be- reits an einer Strukturreform. Eines muss bei der Gelegenheit auch einmal gesagt werden: Bei den Verhandlungen unter- halb der Bundesebene hat ver.di nie für den MB gehandelt. Im kirchlichen Be- reich und bei den privaten Klinikkonzer- nen verhandeln wir heute schon neben ver.di.Wir sind also durchaus in der Lage, selbstständig Verhandlungen zu führen.

DÄ:Sie hatten aber erwähnt, dass der MB früher von den öffentlichen Arbeitge- bern nicht als eigenständiger Verhand- lungspartner anerkannt wurde . . .

Ehl: . . . bei der großen Leitwährung BAT, ja. Wir dürfen uns nicht der Illusi- on hingeben, dass der MB mit seinen 80 000 Mitgliedern bei der nächsten Runde der TVöD-Verhandlungen ne- ben ver.di, das mehr als drei Millionen Arbeitnehmer repräsentiert, mit am Tisch sitzt und den großen TVöD mit- verhandelt. Aber für unsere eigenen Belange, also für die ärztlichen Beson- derheiten, die arztspezifischen Aspekte, da wollen wir weiterhin gefragt werden und uns einbringen können.

DÄ:Wenn ich Sie richtig verstehe, ge- hen Sie davon aus, dass der TVöD zum 1. Oktober in Kraft tritt, der MB ihn aber nicht unterschrieben hat.

Ehl: Ich will jetzt nicht groß spekulie- ren. Mich interessiert einzig, was unsere Gremien entscheiden. Die Hauptver- sammlung hat Kriterien aufgestellt und wird „in ihrer großen Weisheit“ bewer- ten, ob sie erfüllt sind. Wenn sie den TVöD ablehnt, bedeutet dies eben auch, dass die Vollmacht, die wir ver.di gege-

ben haben, entzogen wird. So, und ab da stünden wir selbstständig da.

DÄ:Mit welchen Folgen?

Ehl: Für den Bereich des TVöD wären wir zunächst einmal draußen aus den Ver- handlungen. Ich kann mir nicht vorstel- len, dass die Arbeitgeber den MB zu den TVöD-Verhandlungen direkt einladen.

An dieser Stelle möchte ich jedoch noch einmal differenzieren: Im Moment sitzen bei den TVöD-Verhandlungen nur Bund und Vereinigung der kommunalen Ar- beitgeberverbände als Arbeitgeber am Tisch. Die größten Schwierigkeiten, die wir zurzeit haben, liegen aber im Bereich der Universitätskliniken. Und die Uni- versitätskliniken haben als Arbeitgeber die TdL, die Tarifgemeinschaft der deut- schen Länder. Derzeit versuchen wir mit allen Kräften, die Arbeitgeber im univer- sitären Bereich an den Verhandlungstisch zu bekommen, um die dort verfügten Einkommenskürzungen rückgängig zu machen und mit ihnen gegebenenfalls ei- nen separaten Vertrag, einen ärzteeige- nen Vertrag, zustande zu bekommen. Das ist jetzt die Aufgabe, die im Interesse der Uniärzte vorrangig zu erledigen ist. Wir hoffen, dass sich daraus dann ähnliche Verhandlungen auch mit den anderen öf- fentlichen Arbeitgebern ergeben.

DÄ:Dabei dürfte Ihr Verhandlungser- folg entscheidend von der Mitgliederzahl abhängen . . .

Ehl: Wir haben zurzeit in den alten Bundesländern einen Organisationsgrad von nahezu 50 Prozent. In den neuen Landesverbänden liegt er etwas darun- ter, zwischen 30 und 35 Prozent. Dieser hohe Organisationsgrad hilft uns in den Verhandlungen. Übrigens, durch die Streikaktionen bedingt, steigen unsere Mitgliederzahlen weiter.

DÄ:Unabhängig vom Votum der MB- Hauptversammlung: Die Arbeitgeber dürf- ten die Auffassung vertreten, dass der TVöD auf jeden Fall für alle Ärzte gilt, al- so auch für die MB-Mitglieder.

Ehl: Das könnte so sein. Falls die Hauptversammlung den TVöD ab- lehnt, werden wir dafür kämpfen müs- sen, dass der alte BAT für unsere Mit- glieder weiter gilt – bis wir einen neuen arztspezifischen Tarifvertrag ausgehan- delt haben. DÄ-Fragen: Jens Flintrop

GKV-Finanzentwicklung

Überschuss von einer Milliarde

Ulla Schmidt sieht Krankenkassen noch in diesem Jahr schuldenfrei.

D

ie Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat im ersten Halbjahr 2005 nch Angaben des Bundesgesundheitsmi- nisteriums einen Überschuss von rund einer Milliarde Euro erzielt. Danach be- trug das Plus in den alten Bundesländern 491 und in den neuen Ländern 542 Mil- lionen Euro. Mit Blick auf die zusätzli- chen Beitragseinnahmen aus den Weih- nachtsgeldzahlungen sagte Bundesge- sundheitsministerin Schmidt voraus, dass die Krankenkassen bis Jahresende

mit einem Überschuss von deutlich mehr als zwei Milliarden Euro rechnen können. Die Nettoverschuldung der Kassen sei in 2004 von sechs auf 1,8 Mil- liarden Euro zurückgeführt worden und könne jetzt ganz abgebaut werden.

Die Ministerin forderte jedoch von Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, den Ausgabenzu- wachs für Arzneimittel zu bremsen. So seien die Kosten für Medikamente im ersten Halbjahr 2005 um mehr als 20 Prozent gestiegen. Teilweise Entwar- nung gab hingegen die Bundesvereini- gung Deutscher Apothekerverbände, ABDA. Für das Gesamtjahr 2005 ergä- be sich auf Basis der bisherigen Ausga- benentwicklung eine Steigerungsrate von allenfalls zwölf Prozent gegenüber

dem Vorjahr. SR

Ulla Schmidt: Bis zum Jahresende ein Plus von zwei Milliarden Euro

Foto:dpa

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