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Archiv "Bequemer Defizitausgleich" (30.10.1975)

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Die Information:

Bericht und Meinung

Gesundheitswesen in der Kritik

..,.. die Kritik zu einer Behebung von Mängeln in unserem Gesund- heitswesen bzw. in der ärztlichen Versorgung beiträgt,

..,.. wir unsere Patienten besser in- formieren und auf diese Weise die Zusammenarbeit mit ihnen verbes- sert wird.

Als Informationshilfen stehen für die Wartezimmer der Ärzte Infor- mationsträger zur Verfügung, die noch viel intensiver genutzt werden sollten:

..,.. "medizin heute", die im DEUT- SCHEN ÄRZTE-VERLAG hergestell- te und herausgebrachte Wartezim- merzeitschrift - - sowie

..,.. Bildaushänge (oder Poster), die auswechselbar sind und mit knap- pen Texten eine Image-Pflege für den Arzt und eine Aufklärung über seine Arbeit unter dem Motto ent- halten: "Ein guter Rat von Deinem Arzt" (herausgebracht von der ge- meinsamen Informationsabteilung der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung)!

Sicher würde es nicht genügen, wenn wir auch künftig jeweils nur aus aktuellem Anlaß re-agieren würden; vielmehr sollten wir im Hinblick auf erkannte Tendenzen (für die die Kritikwelle nur ein auf- schlußreiches Symptom sein dürf- te) künftig zur Erhaltung unserer beruflichen Freiheit und des per- sönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen unseren Patienten und uns mehr als bisher alle geeigne- ten Mittel einsetzen und vor allem die jederzeit verfügbaren "Kanä-

le" nutzen: die Wartezimmer!

Ansct'lrift des Verfassers:

Dr. med. Gerd lversen Facharzt für innere Medizin Psychotherapie

236 Bad Segeberg Bismarckallee 1

DER KOMMENTAR

"Wie laste ich

einen Tripper aus"

Der "Spiegel" fragte es, der "Spie- gel" wußte die Antwort. Und "Spie- gei"-Leser wissen es nun auch, wie sie, falls sie sich einen Tripper er- werben, von Bundesdeutschlands Dermatologen "ausgeschlachtet"

werden.

Was der "Spiegel", angeblich in- formiert durch einen leibhaftigen Dermatologen, der ungenannt blieb, zur Schande der deutschen Dermatologen zu berichten wußte?

Wir wollen hier das "Spiegei"-Fazit vorwegnehmen: "Summa summa- rum 140,15 DM. Für zweimal Hinse- hen und einen Abstrich. Gespritzt hat ja die Helferin".

Nach der Rechnung des "Spiegel"

setzt man so ziemlich alles an Gebührenordnungspositionen ein, was überhaupt in Frage kommt, unter anderem sechsmal die Ziffer 25, also eine eingehende Untersu- chung.

Letzteres allein ist schon so blöd- sinnig, daß selbst die Krankenkas- senvertreter in den Prüfungsaus- schüssen sich darüber empören müßten. Wo hat man schon erlebt, daß die Ziffer 25 beliebig oft im Ka- lendervierteljahr toleriert worden wäre? Und dann noch bei einer Er- krankung, die heute auf den Rang eines Schnupfens abgasunken ist.

Natürlich kann man alles das ma- chen, was der "Spiegel" da emp- fiehlt: Prostatamassagen, Blutun- tersuchungen, Bakterienkulturen.

Aber wer tut das schon? Dieses einmal da, jenes einmal dort, alles zusammen bei jedem Durch- schnittsfall - nein!

Wenn der Wahrheitsgehalt aller

"Spiegei"-Berichte derartig sein sollte, dann wird man demnächst im "Spiegel" darüber belehrt wer- den, der Montag sei ein Regentag, allemal, denn am Montag vor zwei Wochen habe es auch geregnet - voila.

3028 Heft 44 vom 30. Oktober 1975 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

Was man selbst

aus schlechten "Spiegel"·

Beispielen lernen kann ••.

Da ist man nun selber Dermatolo- ge, ist es seit bald 25 Jahren, und hat, bei schätzungsweise um die 100 Tripperbehandlungen im Jahr (es können auch mehr sein) noch niemals die Ziffer 25 eingesetzt, die

"Eingehende Untersuchung".

Da hat man im Jahr vielleicht 5- oder 6mal eineBiutagarplatte in den Brutschrank getan, bei mikrosko- pisch unklaren Fällen, und meist waren das dann auch kulturell gar keine Tripper, fielen somit aus der

ZITAT

Bequemer Defizitausgleich

"Das Krankenhausfinanzie- rungsgesetz läuft darauf hin- aus, daß einem Krankenhaus sein Defizit ersetzt wird, gleichgültig wie groß es ist.

Ein solches Gesetz muß na- türlich das Kostenmachen geradezu hervorrufen. In Ber- lin sind die Krankenhausko- sten pro Bett allein im letzten Jahr um 53 Prozent gestie- gen ... Wenn das Gesund- heitswesen so weiter wächst, wie es in den letzten fünf Jahren gewachsen ist, dann nimmt es im Jahre 2020 das gesamte Sozialprodukt in An- spruch. Wir müssen also da- mit rechnen, daß im Jahre 2010 die Deutschen in Erd- höhlen leben und Wurzeln essen, daß sie dafür aber herrliche Verwaltungspaläste und wunderschöne Kranken- häuser haben."

Professor Dr. Wolfram En- gels, Ordinarius für Betriebs- wirtschaftslehre an der Uni- versität Frankfurt/Main auf dem CSU-Parteitag am 13.9.1975

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Die Information:

Bericht und Meinung ZITAT

Tripperstatistik heraus — kurzum, man muß schon ein rechter Trottel gewesen sein, die 25 Jahre hin- durch, daß man ohne die gutbe- zahlte Kulturuntersuchung ausge- kommen ist, mit den Zinsen hat man einen hoch-fünfstelligen Ver- lust erlitten. Na so was!

Nun gut, vielleicht ist man ein wei- ßer Rabe oder ein reiner Tor, was auf dasselbe herauskommt, wenn man die Meinung reflektiert, die der „Spiegel" von den Dermatolo- gen zu haben scheint. Aber man ist unter anderem ja auch einmal Prüf- arzt gewesen und hat an die fünf Jahre lang gerade jene Fachkolle- gen zu prüfen gehabt, die wegen (scheinbarer oder echter) hoher Honorarforderungen „aufgefallen"

waren. Man war es im Bereich ei- ner großen KV-Abrechnungsstelle, wo ein halbes Hundert Dermatolo- gen abrechnen, darunter auch ein halbes Dutzend, die um ihrer, sa- gen wir einmal „eigenwilligen" Be- handlungsmethoden immer wieder unter die Lupe genommen und ge- legentlich auch kräftig in ihren Ho- norarforderungen gekürzt werden mußten. (Daß es so etwas gibt, und zwar nicht nur in Nordrhein, scheint dem Spiegel-Gewährs- mann, der angeblich oder vermut- lich in Hessen lebt, entgangen zu sein).

Also entweder sind die Nordrhei- ner allesamt weiße Raben und die Hessen allesamt Schlitzohren — oder der „Spiegel" ist einem Des- informanten aufgesessen, wenn er sich die Story nicht gar eigens er- finden ließ. In Nordrhein jedenfalls hat man das, was der „Spiegel" so genüßlich beschreibt, selbst bei den sogenannten „schwarzen Schafen" nicht erlebt. Und — hätte man es erlebt, so wäre den „Kolle- gen" die Ziffer 25 unter Garantie gestrichen worden und die Prostata- untersuchung bei der akuten Go- norrhöe ebenfalls. Und bekanntlich ist die akute Gonorrhöe die häufig- ste Form aller einschlägigen Ver- kehrsunfälle...

Normalerweise — und sehr im Ge- gensatz zur „Spiegel"-Reportage

— sieht eine Tripperbehandlung ungefähr so aus:

Am ersten Tag gibt es eine Bera- tung zur Diagnose und heilenden Spritze. Weil nämlich der Erkrankte belehrt werden muß, was er hinter- her darf und was nicht. Und weil er befragt werden muß, von wem er es hat (meistens erfolglos).

Dann kommt ein Kontrollabstrich nach einer Woche und, wenn der Patient das Wiederkommen nicht vergessen hat, ein zweiter Kontroll- abstrich. Nach drei Monaten macht man eine Serumkontrolle auf eine eventuell miterworbene Syphilis.

Der „Spiegel" —

ein schlechter Tripper-Experte Dieser ganze Aufwand bringt dem Facharzt für Haut- und Ge- schlechtskrankheiten so zwischen 20 und 50 Mark, wobei zu berück- sichtigen ist, daß gut zwei Drittel aller Tripperkranken auf Nimmer- wiedersehen verschwinden, sobald sie erst einmal die heilende Sprit- ze im Gesäßmuskel haben. (Daß es derer zwei oder drei bedürfe, hat bloß der „Spiegel" behauptet, der damit bewies, wie weit hinter dem Mond er ist: man gibt nämlich längst je nach Lage des Krank- heitsfalles kein Penicillin mehr beim Tripper, sondern Spectinomy- cin).

Wenn ein Arzt mehr aufschriebe, als er getan hat, so wäre er ein Be- trüger. Wenn einer solches behaup- tet, so muß er es auch beweisen können, sonst ist er ein Verleum- der. Selbst wenn man es für einen Arzt nachweisen könnte, so darf man nicht so tun, als ob alle Ärzte das täten. Sonst ist man nämlich ein ganz mieser Journalist, wie Ju- lius Streicher einer war.

Wie war das doch damals? Der Ju- de XYZ soll betrogen haben — da seht ihr es wieder einmal, was die Juden für Betrüger sind!

Ist der „Spiegel" nun auch schon so tief gesunken? Dr. F. Macha

Reaktionäre Politik

„Es müßte doch auch dem einge- fleischtesten ,Systemkritiker' zu denken geben, daß von der ganzen schönen Ideologie-Diskussion, an der auch wir uns gelegentlich so hitzig beteiligt haben, nach fünf Jahren nichts anderes übrigge- blieben ist als der Versuch der AOK, letzte Reste einer — zugege- ben — antiärztlichen Stimmung in der Publizistik auszunutzen (zu ver- suchen!), um beispielsweise das ärztliche Honorar ,einzufrieren' oder das Vertragsrecht zurückzu- drehen auf autoritäre Zustände aus Kaiser Wilhelms Zeiten, zum rigo- rosen Herr-im-Haus-Standpunkt nämlich.

Das geniert, wie wir wissen, man- chen früheren Kritiker der Ärzte- schaft sehr, weil diese AOK-Politik keineswegs gesellschaftspolitisch fortschrittlich ist, sondern ganz simpel: reaktionär ... Was sollte das auch für ein ‚Fortschritt' sein, wenn die Krankenkasse künftig be- stimmen könnte, wer — freiprakti- zierender Arzt oder Krankenhaus als Institution — welchen ‚Ver- trag' für die ambulante ärztliche Versorgung der Bevölkerung erhal- ten würde...?

Nur anklingen will ich lassen, daß wir andererseits durchaus Ver- ständnis für die Finanzprobleme haben, vor denen die Kassen wie die ganze Volkswirtschaft stehen, an denen aber gerade die Ärzte am wenigsten ,schuld' sind. Ich habe das Stichwort Krankenhaus ge- nannt; im Krankenhaus herrscht — darauf ist aus Regierungskreisen der Länder und des Bundes alar- mierend hingewiesen worden — eine Kosteninflation, die unser aller Aufmerksamkeit erfordert! Um so unverständlicher ist es allerdings, daß manche ,Fortschrittler` mit der propagierten Einschaltung des er- wiesen teuren Krankenhauses auch noch die ambulante ärztliche Ver- sorgung verteuern wollen."

Prof. Dr. Hans J. Sewering in „Der Journalist". „Themen-Service für Pres- se, Hörfunk und Fernsehen" 11/75.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 44 vom 30. Oktober 1975 3029

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