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Archiv "Arzneimittel-Richtlinien: „Ein Aufschrei müßte durch die Ärzteschaft gehen“" (12.11.1999)

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A-2869 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 45, 12. November 1999 (25)

P O L I T I K

iner meiner Mitarbeiter betritt am 1. April 1999 mein Büro:

„Haben Sie schon gehört, daß die Krankenkassen ab heute Arznei- mittelkosten nicht mehr erstatten, wenn die Medikamente in einer nicht- zugelassenen Indikation verschrieben werden?“ Prustendes Gelächter mei- nerseits quittiert diesen gelungenen Aprilscherz . . .

Doch leider ist es ernst. Eine ent- sprechend formulierte Neufassung der Arzneimittel-Richtlinien liegt vor.

Sie trat nur deswegen am 1. April nicht in Kraft, weil der Klage von drei Pharmafirmen recht gegeben wurde, die sich kartellrechtlich benachteiligt sahen. Konsequenterweise wird die jetzt fällige Überarbeitung die Richt- linien auch nur kartellrechtlich was- serdicht machen.

Eine Stellungnahme der Psychia- ter liegt mir vor, von den niedergelas- senen Onkologen weiß ich, daß sie sich über ihren Fachverband zu Wort gemeldet haben. Ansonsten habe ich viele Kollegen gefragt, die aber von der ganzen Sache noch gar nichts gehört hatten oder sich der damit ver- bundenen Problematik nicht bewußt waren. Wieso auch? Es muß halt wie- der einmal gespart werden. Wieder einmal gibt es bürokratische Ein- schränkungen bei den Verschrei- bungsmöglichkeiten. Und so wird es auch wieder eine Möglichkeit geben, mit dieser Situation fertig zu werden.

Wird doch heute schon in vielen Fäl- len bei der Entlassung aus dem Kran- kenhaus ein neues Medikament abge- setzt und durch ein Altpräparat er- setzt, weil alles andere durch das Bud- get nicht finanzierbar ist.

Zugegeben, auch meinen Medi- zinstudenten wird der neue Trend sehr entgegenkommen; verlangen sie doch immer nach dem „Kitteltaschenzet- tel“, auf dem steht, wie etwa ein Asth- mapatient zu behandeln ist. Sie sind nur mit Mühe davon zu überzeugen,

daß Medizin in seiner vollen Kunst ei- ne empirische Wissenschaft ist,

c in der es individuelle Patienten gibt, die ihre eigenen nicht zu verall- gemeinernden Probleme haben;

c bei denen einmal eingeleitete Therapiestrategien je nach Wirksam- keit und Verträglichkeit ständig über- prüft, verändert, angepaßt oder um- gestellt werden müssen.

Die Problematik betrifft alle Arz- neimittel verschreibenden Fachrich- tungen. Treten die Arzneimittel-Richt- linien mit ihrer Regelung zu Therapie- versuchen unverändert in Kraft, wer- den zum Beispiel bei der Behandlung von Krebstumoren zirka 80 Prozent al- ler Therapien von den Krankenkassen nicht mehr erstattet. In der Psychiatrie kann dann die manische Phase einer bipolaren Depression nicht mehr be- handelt werden, weil hierfür Antiepi- leptika eingesetzt werden.

Völlig richtig, daß es unter Ärz- ten, wie in anderen Berufen auch, schwarze Schafe gibt. Auch ich habe schon Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft geschrieben, nach- dem sich Ärzte im Ausland Präparate besorgt hatten, denen in Deutschland die Zulassung entzogen worden war und durch die dann Patienten schwe- ren Schaden genommen hatten. Bis- lang wurde aber immer noch geprüft, welche Gründe den Arzt zu diesem Schritt bewogen haben, ob es nicht ei- ne begründete Aussicht auf einen nicht anders zu erreichenden thera- peutischen Erfolg gab, der auch ein möglicherweise großes Risiko für den Patienten rechtfertigte, und ob das Ri- siko adäquat überwacht wurde.

Jeder Arzt, der in einer nicht zu- gelassenen Indikation therapiert, hat eine ganz besonders hohe Sorgfalts- pflicht, übernimmt eine besonders ho- he Verantwortung für sein Handeln.

Dies macht aber eben die ärztliche Kunst aus, für die wir Medizinstuden- ten an den Universitäten ausbilden.! KOMMENTARE

Die beiden Kommentare „Ein Aufschrei müßte durch die Ärzteschaft gehen“ und

„Sparen auf Kosten der Kinder“ befassen sich mit der Verordnung von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Indika- tionen. Zu Lasten der Gesetzlichen Kran- kenversicherung sind solche Verordnungen

„unzulässig“. So steht es in den Arzneimit- tel-Richtlinien, die der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen neu gefaßt hat und die eigentlich am 1. April in Kraft treten sollten. Im Rahmen eines individuellen Heil- versuchs sei die Verordnung solcher Mittel auf den Einzelfall beschränkt und bedürfe der Zustimmung der zuständigen Kranken- kasse, heißt es – aus Sicht der Verfasser der beiden folgenden Artikel, die für die Onko- logie und die Kinderpsychiatrie sprechen, ei- ne heikle Regelung.

Von Anfang an war die Arbeit des Bun- desausschusses der Ärzte und Krankenkas- sen heftiger Kritik ausgesetzt. Allen voran warf die Pharmaindustrie dem Gremium vor, es überschreite seine Kompetenzen, wenn es Medikamente aus der Erstattungsfähigkeit der Krankenkassen ausschließe. Der Bun- desausschuß hielt dagegen, er habe lediglich die geltenden Richtlinien konkretisiert, um mehr Rationalität in die Arzneimittelversor- gung hineinzubringen. Nachdem der Aus- schuß die Neufassung der Richtlinien am 8. Januar verabschiedet hatte und auch das Bundesgesundheitsministerium offiziell kei- nen Grund zur Beanstandung sah, schien al- les unter Dach und Fach. Dann jedoch traten die Gerichte auf den Plan. Im März unter- sagte das Landgericht Hamburg per einst- weiliger Verfügung die Veröffentlichung und damit das Inkrafttreten der Arzneimittel- Richtlinien. Geklagt hatten drei Pharmafir- men und sich dabei auf das Kartellrecht be- rufen. Ende Juni entschied das Landgericht München gegenteilig. Es wies die Anträge zweier Arzneimittelhersteller ab. Die wett- bewerbs- oder kartellrechtlichen Vorschrif- ten, auf die sich die Kläger beriefen, könn- ten auf den Bundesausschuß nicht angewen- det werden, so die Begründung. Der Aus- schuß sei kein wirtschaftliches Unterneh- men, sondern ein hoheitlich handelndes Or- gan, das einen gesetzlichen Auftrag erfülle.

Fazit: Die Rechtslage ist verworren, ent- schieden ist nichts. HK

Arzneimittel-Richtlinien

„Ein Aufschrei müßte durch die Ärzteschaft gehen“

E

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A-2872 (28) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 45, 12. November 1999

P O L I T I K

Wir haben mittlerweile eines der weltweit besten Arzneimittelgesetze, das unter anderem auch die Prüfung von Medikamenten auf ihre Wirk- samkeit hin vorschreibt. Dabei weiß aber jeder, der die Zulassungssituati- on kennt, daß neue Indikationen für alte Wirkstoffe kaum noch eine Chan- ce haben, jemals eine behördliche Zu- lassung zu bekommen. In unserem Wirtschaftssystem wird medizinischer Fortschritt nur zu bekommen sein, wenn die Aussicht besteht, daß die hierfür notwendigen Forschungs- und Entwicklungskosten durch einen ent- sprechenden Gewinn wieder zu er- wirtschaften sind. Bei Wirkstoffen, die aus dem Patentschutz entlassen sind und für die es deshalb eine Viel- zahl von Generika mit entsprechend niedrigem Preis gibt, hat niemand mehr ein Interesse, die enormen Ko- sten für Studien zu tragen, die für die Zulassung einer neuen Indikation notwendig sind. Medizinischer Fort- schritt, zum Beispiel eine neue Indika-

tion, bildet sich aber eben nur allzu häufig erst im Laufe einer Zeit heraus, und dann aus dem empirischen Spiel von Versuch und Irrtum, das die ge- samte medizinische Wissenschaft aus- macht und von einer glasklaren Na- turwissenschaft unterscheidet.

Werden nicht zugelassene Indika- tionen in Zukunft von den gesetzli- chen Krankenkassen nicht mehr er- stattet, so bedeutet dies für meine Be- griffe auch das Ende der akademisch ausgebildeten Medizin. Wir benötigen dann nur noch eine Diagnose, einen Sachbearbeiter in den Krankenkassen und eine Sammlung behördlicher Zu- lassungsbescheide, aufgrund derer die Krankenkassen die Medikation ausge- ben. Da hilft es auch nichts, wenn die entsprechende Position 4.1 der neuen Arzneimittel-Richtlinien im Einzelfall die Zustimmung der zuständigen Krankenkasse für die Behandlung in einer nicht zugelassenen Indikation vorsieht. Wenn ein Arzt, wie der zitier- te Onkologe, 80 Prozent seiner Thera-

pien von den Krankenkassen zuvor genehmigen lassen muß, bedeutet dies einen Verwaltungsaufwand, der dem Arzt endgültig neben der Erledigung seiner Schreibarbeiten die Behand- lung der Patienten unmöglich macht.

Ganz abgesehen davon, werden hier Verwaltungskosten produziert, die besser in die Erstattung medizinischer Leistungen investiert werden sollten.

Nicht zuletzt muß auch noch gefragt werden, woher die gesetzlichen Kran- kenkassen den medizinischen Sach- verstand nehmen, um sich neben dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als zweite Zulassungsbehörde zu etablieren.

Anschrift des Verfassers

Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer. nat.

Ekkehard Haen

Klinische Pharmakologie, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psycho- therapie der Universität Regensburg Universitätsstraße 84

93053 Regensburg KOMMENTARE

ie Neufassung der Arzneimit- tel-Richtlinien hat in den letz- ten Monaten für erheblichen Wirbel gesorgt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung befand, daß hier

„viel Lärm um nichts“ gemacht wer- de. So seien zum Beispiel die Verord- nungsgrundsätze zu Therapieversu- chen in den neugefaßten Arzneimit- tel-Richtlinien nur redaktionell über- arbeitet worden. Auch die geltende Fassung der Richtlinien schließe die Verordnung von nicht zugelassenen Arzneimitteln und die von zugelasse- nen Arzneimitteln in nicht zugelasse- nen Indikationen von der Regelver- sorgung aus.

Die Verordnung von Arzneimit- teln in nicht zugelassenen Indikatio- nen wird jedoch zur Kardinalfrage, wenn es um die Anwendung moder- ner Pharmaka im Kindes- und Jugendalter geht. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Arzneimittel- Richtlinien, sondern auch im Hinblick

auf die Einführung einer Positivliste im Rahmen der Gesundheitsreform 2000. Wird eine solche Liste nur Me- dikamente verzeichnen, die für eine bestimmte Erkrankung indiziert sind und deren Anwendung als wirtschaft- lich gilt? In den letzten Wochen ist nicht nur im Deutschen Ärzteblatt und auf Fachveranstaltungen, son- dern auch in der Tagespresse darauf hingewiesen worden, daß rund 80 Prozent der in der Pädiatrie verordne- ten Medikamente für die entspre- chende Altersgruppe nicht zugelassen sind. Auch in der Kinder- und Jugend- psychiatrie gewinnt diese Frage an Bedeutung, vor allem weil sich dort inzwischen der Einsatz atypischer Neuroleptika bewährt hat, die nur für Erwachsene zugelassen sind.

Ziel der geplanten Positivliste ist es, die Verordnung unwirtschaftlicher Arzneimittel zu Lasten der Gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV) zu verhindern. Die Sozialgerichte ver-

neinen einen Erstattungsanspruch ge- gen die gesetzlichen Krankenkassen, wenn es um eine Behandlung mit noch nicht zugelassenen Arzneimit- teln geht. Sie folgen damit der Recht- sprechung des Bundessozialgerichts.

Danach sind nicht verkehrsfähige Arzneimittel grundsätzlich nicht ver- ordnungsfähig im Sinne des Wirt- schaftlichkeitsgebots (SGB V). Als unwirtschaftlich gelten unter ande- rem Arzneimittel, deren therapeuti- scher Nutzen nicht nachgewiesen ist.

Die Sozialgerichte schließen vom Fehlen der Wirksamkeitsprüfung, die im Arzneimittelgesetz geregelt ist, auf fehlende Wirtschaftlichkeit. Das Bun- desverfassungsgericht hat diese an der formalen Zulassung orientierte Argu- mentation für verfassungsgemäß er- klärt. Die Krankenkassen verfügten mit der arzneimittelrechtlichen Zu- lassung über ein eindeutiges und zu- gängliches Kriterium bei der Ent- scheidung über die Verordnungs-

Verordnungseinschränkungen

Sparen auf Kosten der Kinder

D

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fähigkeit von pharmazeutischen Pro- dukten, heißt es zur Begründung.

Die über die Homepage der Ar- beitsgemeinschaft der Wissenschaftli- chen Medizinischen Fachgesellschaf- ten (AWMF) im Internet verfügbaren Leitlinien der drei Fachgesellschaften für Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Schizophrenie im Kindes- und Jugend- alter nennen atypische Antipsychoti- ka als Medikamente der ersten Wahl.

Anlaß für die Verwendung atypischer Antipsychotika seien im Einzelfall stark beeinträchtigende extrapyrami- dale Symptome, kognitive Beein- trächtigungen und Therapieresistenz gegenüber klassischen Neuroleptika.

Auch in international publizierten Leitlinien, zum Beispiel denen der American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, wird bei vor- herrschender psychotischer Minus- symptomatik die initiale Behandlung mit einem atypischen Neuroleptikum als „first choice“

bezeichnet. Eine Übersicht der publizierten Stu- dien für das Kin- der- und Jugend- alter und der Anwendungser- fahrungen aus der Erwachse- nenpsychiatrie,

vor allem bei schizophrenen Erster- krankungen bei jungen Erwachsenen, verdeutlicht, daß hier gerade für Ju- gendliche, bei denen eine gesteigerte Neigung zu extrapyramidalen Neben- wirkungen besteht, eine schonendere und damit compliancefördernde Be- handlungsform zur Verfügung steht.

Unter dieser Therapie ist auch mit we- niger kognitiven Beeinträchtigungen zu rechnen, so daß die schulische oder berufliche Wiedereingliederung er- leichtert wird, die in diesem Alter ei- ne hervorragende Rolle spielt.

Hier stellt sich die Frage, ob man bei gleicher Indikation allein auf- grund einer zum Schutz gezogenen Altersgrenze auf die Unwirtschaft- lichkeit eines Arzneimittels schließen kann. Es ist nicht das Ziel, für die Er- probung von Medikamenten auf Ko- sten des Versicherungsträgers zu plä- dieren. Vielmehr stimmen die Fach- gesellschaften überein, daß entspre- chende klinische Studien auch im Ju-

gendalter zu fordern sind. Akute Be- handlungsdilemmata bleiben den- noch bestehen.

Im europäischen Vergleich wirkt die Situation geradezu grotesk. In Österreich und in der Schweiz ist die zulässige Altersgrenze für dieselben Medikamente im einen Fall auf 17, im anderen Fall auf 16 Jahre festgelegt.

Bei dieser glücklicher gewählten Al- tersgrenze wäre ein Großteil der in der Jugendpsychiatrie in Deutschland behandelten schizophrenen Patienten eingeschlossen.

Da die Arzneimittel-Richtlinien beziehungsweise eine Positivliste dar- auf abzielen, unwirtschaftliche Medi- kamente von der Verordnung auszu- schließen, kann es nicht ihr Zweck sein, Kinder und Jugendliche vom psychopharmakologischen Fortschritt auszuschließen. Eine solche nicht maßvolle Auslegung des Verord- nungstextes stünde nicht in der Tradition der bis- herigen Praxis und würde be- sonders schutz- bedürftige Men- schen schlech- ter stellen, ohne daß die negati- ven Nebeneffekte der unbestreit- bar notwendigen Schutzbestimmungen durch gesetzge- berische Anreize für entsprechende Studien aufgefangen würden.

Rechtsanwalt Herbert Wartens- leben hat bereits darauf hingewiesen, daß das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht zur Verletzung der anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst berech- tigt, die auch den medizinischen Fort- schritt berücksichtigen. Die Haftungs- regeln haben Vorrang vor dem sozial- rechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot.

So verlangte beispielsweise das Ober- landesgericht Köln in seiner Aciclo- vir-Entscheidung vom Arzt, ein für Kinder und Jugendliche nicht zugelas- senes Medikament zu verordnen, weil dies dem international anerkannten Stand der Wissenschaft entsprach.

Wenn die Anwendung atypischer Neuroleptika auch in der Jugend- psychiatrie als wissenschaftlicher Standard ausgewiesen ist, kann der Arzt nicht aufgrund von Wirtschaft- lichkeitsüberlegungen auf ihre Ver-

ordnung bei einem Jugendlichen ver- zichten. Solange die Medikamente für die Indikation zugelassen sind, ist mit Blick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht der zugelassene Altersbereich maßgeblich, sondern der Stand der medizinischen Erkenntnisse. In die- sem Fall hätte der Minderjährige ei- nen Erstattungsanspruch gegenüber seiner Krankenkasse. Einem 17jähri- gen Patienten eine Leistung zu versa- gen, die beim 18jährigen Standard ist, wäre eine paradoxe Situation.

Von dieser Form des therapeuti- schen Heilversuchs müssen jedoch die Versuche jenseits der Zulassungsgren- ze unterschieden werden: Atypische Neuroleptika haben in einer Reihe von Studien ihre Wirksamkeit bei im- pulsivem selbstverletzendem Verhal- ten bei intellektuell beeinträchtigten Patienten gezeigt. Da sie für diese In- dikation aber generell noch nicht zu- gelassen sind, muß ein Arzt, der sich im Rahmen eines individuellen thera- peutischen Versuches zur Verordnung entschließt, die Erstattung der Kosten vorher bei der Krankenkasse beantra- gen. Für diese Kategorie galt und gilt weiterhin die Einschränkung ihrer Verordnungsfähigkeit.

Dieser Unterschied in bezug auf therapeutische Heilversuche an Kin- dern hat angesichts der pädiatrischen Verordnungspraxis weitreichende Be- deutung für die Kinder- und Jugend- medizin allgemein. Dem Bundes- verfassungsgericht ist zuzustimmen, wenn es Einschränkungen der ärztli- chen Therapiefreiheit durch vernünf- tige Zwecke des Gemeinwohls wie die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV rechtfertigt. Der Gleich- heitsgrundsatz läßt aber eine prinzipi- elle Schlechterstellung von Kindern und Jugendlichen allein aufgrund zu- lassungsrechtlicher Bestimmungen im Arzneimittelgesetz nicht zu.

Literaturhinweise und ausführliche Rechtspre- chungsnachweise bei den Verfassern

Anschrift der Verfasser

Prof. Dr. med. Jörg Michael Fegert Sonja Rothärmel

Universität Rostock Klinik und Poliklinik für

Kinder- und Jugendneuropsychiatrie/

Psychotherapie

Gehlsheimer Straße 20, 18147 Rostock A-2874

P O L I T I K

(30) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 45, 12. November 1999 KOMMENTARE

»Einem 17jährigen eine Leistung zu versagen, die beim 18jährigen Standard

ist, wäre paradox.«

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