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Archiv "Arzneimittel-Richtlinien: Nummer 11 ergänzt" (23.03.1984)

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Ulf Merbold an der Einstiegsluke zum Weltraumlabor „Spacelab" Foto: nasa-tv

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KURZBERICHTE

Arzneimittel-Richtlinien:

Nummer 11 ergänzt

Die Nummer 11 der Arzneimittel- Richtlinien des Bundesausschus- ses der Ärzte und Krankenkassen hatte bisher folgenden Wortlaut:

Die Wirtschaftlichkeit einer Verord- nung setzt voraus, daß das verord- nete Arzneimittel in seiner handels- üblichen Zubereitung hinsichtlich seines therapeutischen Nutzens durch den Hersteller ausreichend gesichert ist. Erprobungen von Arz- neimitteln auf Kosten des Versiche- rungsträgers sind unzulässig.

Nunmehr hat der Bundesaus- schuß diesen Text durch nachste- henden Satz ergänzt:

Medizinische

Erkenntnisse beim Raumflug

Erkenntnisse über die Funktion des Gleichgewichtsorgans zu ver- tiefen und zu erweitern war Ziel der medizinischen Untersuchun- gen des Raumfluges von Ulf Mer- bold, antwortete der parlamentari- sche Staatssekretär beim Bundes- minister für Forschung und Tech- nologie, Dr. Albert Probst (MdB), auf eine Anfrage von Dr. med.

dent. Hanna Neumeister (MdB).

„In der heutigen Praxis wird", so Dr. Probst, „die Funktion des Gleichgewichtsorgans durch ei- nen Versuch über Wärmekonvek- tion getestet, wobei bei einem in- takten Organ ein Augenzittern, ka- lorischer Nystagmus, als Folge ei- ner Strömung in den Bogengän- gen des Vestibularapparates, her- vorgerufen wird". Da beim Welt- raumflug die Wärmekonvektion wegen der fehlenden Schwer- kraftwirkung unterdrückt sei, dür- fe dann der kalorische Nystagmus nicht eintreten. Tatsächlich trete das Augenzittern aber auf und so- gar stärker als auf der Erde. Dies hätte zur Folge, daß eine seit dem Jahre 1912 als gesichert geltende Erkenntnis über das Zustande-

kommen des kalorischen Nystag- mus ins Wanken gekommen sei und damit weitere Forschungsar- beiten zum Auffinden der wirk- lichen Zusammenhänge erforder- lich machen wird.

„Auch zur Verbesserung der Ar- beitsbedingungen, zum Beispiel bei der Schichtarbeit, können Er- kenntnisse aus Untersuchungen der Luft- und Raumfahrt herange- zogen werden, soweit sie an- wendbar sind," antwortete Dr.

Probst auf eine weitere Frage von Frau Dr. Neumeister. „Denn zur medizinischen Luftfahrforschung zählt als typisches Beispiel die Untersuchung über Störungen der biologischen Rhythmik, wel- che ja auch bei Schichtarbeit auf- treten." Probst beugt auch vor- sorglich der Kritik, die wissen- schaftlichen Ergebnisse seien verglichen mit dem Aufwand et- was mager vor: „Angesichts des jahrelangen Trainingsprogramms der Wissenschaftsastronauten für ihre speziellen, unter ungewöhn- lichen Bedingungen (Schwerelo- sigkeit, 12-Stunden-Schicht, wis- senschaftlich-technische Aufga- ben, Versuche am eigenen Kör- per) auszuführenden Arbeiten, konnten keine besonderen ar- beitsmedizinischen Erkenntnisse während der nur 10tägigen Flug- zeit erwartet werden." CS

Dies gilt auch für Erprobungen nach der Zulassung des Arzneimittels.

Obwohl dieser Satz inhaltlich wie- derholt, was bisher schon in der Nummer 11 gesagt worden ist, er- schien die Neufassung dem Bun- desausschuß notwendig, um das, was der Kassenarzt hier bei der Verordnung zu beachten hat, zu verdeutlichen und damit verständ- licher zu machen.

Die Ergänzung (s. auch unter „Be- kanntgaben" Seite 943) hat einen konkreten Anlaß. Zur Einführung eines neuen Mittels hatte der Her- steller eine Feldstudie (auch drug monitoring genannt) anhand von Fragebogen gestartet, die der auskunftwillige Arzt zu beantwor- ten hatte und wofür er ein Hono- rar erhielt. Das Mittel war beim Bundesgesundheitsamt bereits zugelassen, und die Krankenkas- sen brachten in die Beratungen im Bundesausschuß ihre Sorge ein, daß hier zu ihren Lasten eine Erprobung durch den Hersteller praktiziert würde mit dem Effekt der Werbung. Wegen des höhe- ren Preises gegenüber anderen Mitteln bestand darüber hinaus die Vermutung, daß hier das Wirt- schaftlichkeitsgebot in der kas- senärztlichen Versorgung verletzt würde. Derartige Praktiken aus- schalten soll nach Meinung des Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 12 vom 23. März 1984 (35) 901

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DER KOMMENTAR Arzneimittel-Richtlinien

Bundesausschusses die nunmehr erfolgte Ergänzung der Nummer 11 der Arzneimittel-Richtlinien.

Das Bundesgesundheitsamt hat über den Bundesminister für Ju- gend, Familie und Gesundheit da- gegen zunächst Bedenken erho- ben mit der Begründung, die Arz- neimittelsicherheit könne gefähr- det sein, wenn der Ausschluß von Arzneimitteln durch die Richtli- nien auch diejenigen erfasse, die nach der Zulassung klinisch er- probt werden. Eine solche Erpro- bung, die nach dem Arzneimittel- gesetz vorgesehen ist, ermöglicht aus Sicherheitsgründen eine ent- sprechende zusätzliche Prüfung nach Zulassung. — In einer Be- sprechung aller Beteiligten beim Bundesminister für Arbeit und So- zialordnung konnten diese Be- denken letztlich ausgeräumt wer- den, nachdem Einigung darüber erzielt wurde, daß die Verordnung zugelassener Arzneimittel im Ein- zelfall unter Beachtung der Re- geln der ärztlichen Kunst und der Maßstäbe der Wirtschaftlichkeit auch dann nicht ausgeschlossen ist, wenn der Arzt seine Beobach- tung aus der Arzneimittelanwen- dung Dritten — also auch dem Her- steller — bekanntgibt. Bei der Mit- wirkung an einer bezahlten Feld- studie liegt eine Erprobung im Sinne der Richtlinien (daß heißt keine Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen) vor, wenn der Arzt das Arzneimittel nicht streng indikationsbezogen und nicht unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes im ein- zelnen Behandlungsfall verord- net. HW

Entwicklungszeit '64 x 5

Wegen der besonderen Anforde- rungen an neue pharmazeutische Spezialitäten (Toxikolog ieprü- fung, klinische Tests, behördliche Auflagen) haben sich in den letz- ten 20 Jahren die durchschnitt- lichen Entwicklungszeiten ver- fünffacht. Lag die Zeitspanne für die klinische Prüfung 1964 noch bei zwei Jahren, so beträgt die Spanne heute zehn Jahre. MPS

Ethik und klinische Prüfung

Selbstkritische Befragung

Die medizinische Ethik wirft, wie zu allen Zeiten, auch heute aktuel- le Fragen zur Neubesinnung auf.

Diese ist insbesondere für die Arz- neimittelprüfung am Menschen, die einen großen Teil der klini- schen Forschung darstellt, wich- tig.

Der hippokratische Eid — und er ist in einer zeitgemäßen Fassung noch heute Bestandteil der ärzt- lichen Berufsordnung — verpflich- tet den Arzt, nach „bestem Wis- sen und Gewissen" zu handeln, den Patienten vor „Schaden" zu bewahren, die „Würde" des Men- schen zu achten und „Leben" zu erhalten.

Diese Verpflichtungen werden, bewußt oder unbewußt, von einer allgemeinen moralischen Auffas- sung geprägt, die durch die Anti- poden gut und böse, richtig und falsch, gerecht und ungerecht be- stimmt wird. Bei unterschiedli- chem Verständnis werden Diffe- renzen im moralischen Handeln auftreten und auf die klinische Forschung bezogen, dazu führen, daß Versuche am Menschen ärzt- liche Entscheidungskonflikte be- dingen.

Ein ärztlicher Entscheidungskon- flikt wird durch folgende beide Aussagen deutlich:

I> Um nach „bestem Wissen und Gewissen" handeln und den Men- schen vor „Schaden" bewahren zu können, muß bei Gabe eines Arzneimittels dessen Pharmakoki- netik und -dynamik nach den neuesten wissenschaftlichen Er- kenntnissen bekannt sein.

I> Zum Erwerb der neuesten wis- senschaftlichen Erkenntnisse zur Pharmakokinetik und -dynamik ei- nes Arzneimittels muß dieses am Menschen geprüft werden. Das

Ausmaß des „Schadens" am Men- schen kann in dieser Situation nur durch bekannte Ergebnisse der Tierversuche und eventueller Vor- versuche am Menschen abge- schätzt werden.

Hilfe im Entscheidungskonflikt geben eine Reihe internationaler Deklarationen, vor allem solche des Weltärztebundes, und, im konkreten Fall, Ethik-Kommissio- nen, deren Aufgabenbereich die Beratung (Consideration), Stel- lungnahme (Comment) und Orientierung (Guidance) ist. Eine Ethik-Kommission ist keine Sank- tionsinstanz, sie muß jedoch ein präventives Instrument bei Versu- chen am Menschen sein, um inhu- mane Entscheidungen zu verhin- dern. Eine inhumane Entschei- dung kann selbst dann vorliegen, wenn unter juristischen Gesichts- punkten der klinische Versuch keine Bedenken aufweist. Eine Ethik-Kommission dient somit als „Fein-Filter", bei geklärter Rechtslage. Ist die Rechtslage ex- trem schwierig, so kann ein unab- hängiger Rechtsrat als „Grob-Fil- ter" die Rechtsprobleme und de- ren Variationsmöglichkeiten ab- klären.

Im allgemeinen wird bei Arznei- mittelprüfungen am Menschen um die Stellungnahme einer Ethik-Kommission zu einem ferti- gen, schriftlich vorliegenden Prüf- protokoll gebeten. Diese Stel- lungnahme der Ethik-Kommission fordert als notwendige Bedingung fachliche Kompetenz jeder vertre- tenen Disziplin und als hinrei- chende Bedingung Verständnis für die Durchführbarkeit und das Ziel der Studie. Es ist Aufgabe der Kommission, alles notwendige zu- sätzliche Erkenntnismaterial an- zufordern, da eine Stellungnahme sonst wertlos werden kann.

Nur eine Ethik-Kommission mit in- terdisziplinärer Zusammenset- zung, nicht der einzelne Arzt, kann den Nutzen und das Risiko für die einzelne Versuchsperson und für die Gesellschaft bei Arz- neimittelprüfungen am Menschen 902 (36) Heft 12 vom 23. März 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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