Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Dringlicher als das Gesetz:
Intensive Werbung
für die Transplantationsmedizin!
„Die Bundesrepublik Deutschland ist bei der Gewinnung von Nieren- transplantaten als Entwicklungs- land zu bezeichnen." Diese herbe Negativ-Bilanz von Professor Ge- org Heberer, Chirurgische Univer- sitätsklinik München, stand am Anfang eines Transplantations- Kolloquiums, zu dem der Präsi- dent der Bayerischen Landesärz- tekammer, Professor H. J. Sewe- ring, am 18. Oktober einen Kreis erfahrener Kollegen und Juristen in das Ärztehaus Bayern eingela- den hatte.
Am Ende dieses Transplantations- Kolloquiums in München stand je- doch eine Positiv-Bilanz:
Initiative zur Gewinnung von Spender-Organen
Um die Fortschritte, die in den letzten Jahren in der Transplan- tationschirurgie erzielt werden konnten, schwerkranken Mitmen- schen zugute kommen zu lassen, werden die ärztlichen Berufsver- tretungen (Kassenärztliche Ver- einigung und Landesärztekam- mer), das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung sowie die in der ärztlichen Fortbildung und in der Öffentlichkeitsarbeit engagierten ärztlichen Lehrer in Bayern ein Beispiel geben: Sie wollen durch intensive Aufklä- rungsarbeit die Gewinnung von Spender-Organen wirksam ver- bessern, um den derzeitigen — in der Bundesrepublik als ex- trem zu bezeichnenden — Mangel an Transplantationsorganen zu beheben.
Eine grundsätzlich positive Hal- tung der Bevölkerung zur freiwilli- gen Organspende, die dieses opti- mistische Vorhaben rechtfertigt,
konnte während des Kolloquiums belegt werden: Nur in 17 Prozent der Fälle, in denen das Transplan- tationszentrum München verpflan- zungswürdige Nieren nicht ent- nehmen konnte, lag der Grund in einer Verweigerung der Explanta- tion durch die Angehörigen des Toten. Ein Indizienbeweis dafür, daß eine weit überwiegende Mehr- heit der Organspende keineswegs ablehnend gegenübersteht.
Die bayerische Initiative wird — das ist inzwischen bereits in Gang ge- kommen — vielfältige Unterstüt- zung durch andere Landesregie- rungen, durch die Kirchen und durch humanitäre Organisationen erfahren.
Ab 8. November sollen vom bayeri- schen Arbeits- und Sozialministe- rium eine Million Informationsblät- ter mit Organspender-Ausweisen an die Bürger verteilt werden.
Wenig Hoffnungen an das Gesetz geknüpft
Aus der Bilanz eines inhaltsrei- chen Nachmittags im Haus der Bayerischen Landesärztekammer wird deutlich, daß zur Zeit keine große Hoffnung auf eine erleich- terte Organgewinnung mit dem vorliegenden Entwurf eines Trans- plantationsgesetzes verknüpft wird. Bei der Konfrontation des Gesetzentwurfs mit den zur Zeit praktikablen Abläufen der Organ- gewinnung und Organverpflan- zung wurde deutlich, daß der Ent- wurf in der Form, die er inzwi- schen angenommen hat, weder mehr Spender-Organe noch die von der Transplantationsmedizin so dringend erwarteten organisa- torischen Erleichterungen bringen kann.
Bedenken
gegen die „Widerspruchslösung"
Vor allem die sogenannte Wider- spruchslösung, die den Eintrag ei- ner Ablehnung von Organspenden in den Personalausweis vorsieht, erscheint dazu angetan, die bis- lang positive Haltung der Bevölke- rung zu verunsichern, ja in Abwehr umzukehren. Zumal — laut dieser Lösung — jeder Bürger, der einen Ausweis beantragt oder verlän- gern lassen will, auf die Möglich- keit der Organ verweigerung hin- gewiesen werden muß, also mit ei- ner negativen anstatt mit einer po- sitiven Entscheidungsmöglichkeit konfrontiert wird. Abgesehen von dem allgemeinen Unbehagen ge- gen ein — auch diskriminierendes —
„W" im Ausweis. ..
Da sich also die Widerspruchslö- sung vor allem um die Wahrung des Persönlichkeitsrechts derjeni- gen bemühen muß, die nach ihrem Tod keine Organe zur Verfügung stellen möchten, und da diese
„Lösung" zugleich die „Gesell- schaft" über den Körper aller übri- gen — vielleicht „säumigen" — Bür- ger ohne Eintrag im Ausweis ver- fügen läßt, wird die doch rein hu- manitäre Absicht des Transplan- tationsgesetzes und damit auch die Transplantationschirurgie in ein schiefes Licht gerückt.
Um so erstrebenswerter erscheint es, „eine Positiv-Lösung voranzu- bringen" (Sewering) und mög- lichst viele Bürger zu motivieren, freiwillig ihre Zustimmung zur Or- ganentnahme im Todesfall zu geben.
Entlastung des Gespräches mit den Angehörigen
Zugleich mit der Gewinnung von freiwilligen Organspendern wollen die bayerischen Berufsvertretun- gen und die an der Transplanta- tionsmedizin engagierten Ärzte al- le Kollegen, die an der Versorgung Unfallverletzter beteiligt sind, zur Zusammenarbeit mit einer Trans- plantationsklinik gewinnen.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 45 vom 9. November 1978 2641
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Transplantations-Kolloquium
Diesen Kollegen, deren Mitarbeit für die Gewinnung von Spenderor- ganen entscheidend wichtig ist, obliegt es in der Regel, die für die Angehörigen äußerst belastenden Gespräche zu führen.
Zu einem Zeitpunkt, zu dem für Laien — zumal in einer intensivme- dizinischen Behandlungseinheit — ein bevorstehender dissoziierter Hirntod nicht erkennbar ist, muß der letztbehandelnde Arzt mit den Angehörigen über das bevorste- hende Lebensende und über eine mögliche Organspende nach der Todesfeststellung sprechen.
Diese Gespräche werden entlastet, wenn der Sterbende schon zu Lebzeiten seinen Spenderwunsch dokumentiert hat. Die sogenannte Widerspruchslösung jedoch wür- de diese Erleichterung für den letztbehandelnden Arzt nicht brin- gen. Ihn werden — wenn kein Wi- derspruch bekannt wird — die glei- chen Gespräche mit den Angehö- rigen belasten wie derzeit ohne gesetzliche Regelung. Und es ist den letztbehandelnden Kollegen nicht zuzumuten, daß sie für die Transplantationsmedizin quasi hinter dem Rücken der Angehöri- gen tätig werden, auch wenn das Gesetz gerade dieses Vorgehen decken will.
Das Münchener
Transplantations-Modell
Als Modell für die effektive Reali- sierung von Organspenden wurde während des Kolloquiums der Bayerischen Landesärztekammer der Organisationsablauf des vor zweieinhalb Jahren gegründeten Nieren-Transplantationszentrums der Münchener Chirurgischen Universitätsklinik diskutiert. Der Urologe Ch. Chaussy, der dem Ex- pertenkreis das Vorgehen der Münchener Transplantations- Chirurgen erläuterte, machte vor allem auf den interdisziplinären organisatorischen Aufwand auf- merksam, der für die Entnahme von Spender-Organen erforderlich ist, dem aber bisher noch zu wenig
Beachtung und investives Enga- gement entgegengebracht wur- den.
Der Ablauf:
Ein potentieller Organspender wird dem Zentrum gemeldet. Ein Team von fünf Spezialisten macht sich per Feuerwehr auf den Weg in das periphere Krankenhaus, aus dem die Nachricht kam. Dort be- ginnen dann ein Neurologe und ein Radiologe, beide konsiliarisch für das Transplantations-Zentrum tätig, mit der Hirntod-Diagno- stik. Begonnen haben zugleich die ersten Gewebetypisierungen.
Staatsanwaltschaft und eventuell das gerichtsmedizinische Institut sind benachrichtigt worden. Nach der Feststellung des Todes durch Neurologe und Radiologe wird das Explantations-Team aus München im peripheren Krankenhaus tätig.
In der Zwischenzeit ermittelt das Münchener Zentrum die in Frage kommenden Empfänger, organi- siert deren Transport und schließ- lich die Vorbereitung der Trans- plantation.
Aus der Sicht der Transplanta- tions-Chirurgen liegt das Haupt- problem der Beschaffung trans- plantationswürdiger Nieren nicht in mangelnder Spendebereit- schaft! Nach ihrer Erfahrung ist der limitierende Faktor ihrer Tätig- keit das Ausmaß der Zusammenar- beit mit den in Frage kommenden Krankenhäusern oder zum Bei- spiel mit den neurochirurgischen Universitätseinrichtungen. (Die Zusammenarbeit des Münchener Zentrums mit den peripheren Krankenhäusern bessert sich, so wurde berichtet, besonders spür- bar in den letzten Monaten.) Ein anderes Problem brachte der konsiliarische Neurologe des „rol- lenden" Teams, H. Angstwurm, zur Sprache: Der Einbruch einer Gruppe von fünf Universitäts-Spe- zialisten in den Arbeitsablauf eines peripheren Krankenhauses dürfte als störend und auch als unange- nehm empfunden werden. Da die interdisziplinäre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet noch am An-
fang steht, könnte es sich um An- laufvorbehalte handeln.
Allerdings ist durchaus möglich, daß ein solches „interdisziplinäres Unbehagen" dazu beiträgt, die Versorgung schwerverletzter po- tentieller Organspender in speziell ausgestatteten Zentren anzustre- ben und sie jeweils dorthin zu ver- legen.
Eine solche Tendenz zur Zentrali- sierung der Organbeschaffung wurde während des Münchener Kolloquiums seitens der Intensiv- medizin und Anästhesiologie zwar vertreten. Zugleich wurde aber von anderen davor gewarnt, für die Organgewinnung von Verletz- ten zentrale Einrichtungen anzu- streben, die in der Bevölkerung gewiß sehr schnell durch Mißtrau- en belastet sein dürften.
Diagnostik des dissoziierten Hirntodes
Die Bedenken gegen jede zentrali- sierte „Organgewinnungseinheit"
führen direkt zur Problematik der Todesfeststellung. Für die Gewin- nung von transplantationswürdi- gen Nieren kommen Spender im Zustand eines dissoziierten Hirn- todes in Frage, der durch schwer- ste Schädel-Hirn-Traumen oder zum Beispiel intrakranielle Blutun- gen eintritt: irreversibel erlosche- ne Hirnfunktion bei noch aufrecht- erhaltenem Kreislauf und appara- tiver Beatmung, um eine gewisse Durchblutung der Transplantate zu ermöglichen.
Die Kriterien der Hirntod-Bestim- mung sind im Entwurf des Trans- plantationsgesetzes nicht festge- legt, da mit einer Fortentwicklung der Methoden zu rechnen ist. Da ein isoelektrisches EEG lediglich den Funktionsausfall der Hirnrin- de, nicht aber des Hirnstammes anzeigt, wird in der Begründung des Gesetzentwurfes das EEG nur zusammen mit dem klinischen Bild des Koma, der Hirnnerven-
• Fortsetzung auf Seite 2644
2642 Heft 45 vom 9. November 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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Bericht und Meinung
Die Fortschritte
der Transplantations-Chirurgie
Während des Transplantations- Kolloquiums, das die Bayeri- sche Landesärztekammer Mitte Oktober mit dem Ziel einer verbesserten Organgewinnung veranstaltete, gab Professor Georg Heberer, Chirurgische Universitätsklinik München, ei- nen Überblick über die Ergeb- nisse des diesjährigen interna- tionalen Transplantations-Kon- gresses in Rom:
Nieren
Nicht die Überlebenszeit der Transplantate, wohl aber die Überlebenszeit der nierentrans- plantierten Patienten konnte er- heblich verbessert werden: Das Transplantationsrisiko wurde entscheidend verringert. Pro- fessor Heberer sprach von ei- nem mittlerweile „weltweiten Routineverfahren" (etwa 30 000 Nieren dürften bis heute trans- plantiert worden sein) und von einem „echten Heilverfahren"
für niereninsuffiziente Patien- ten.
Zur Zeit funktionieren nach ei- nem Jahr noch 60 bis 70 Pro- zent der transplantierten Orga- ne, nach zwei Jahren immerhin noch 50 Prozent. Die längste Überlebenszeit eines nieren- transplantierten Patienten be- trägt mehr als zwanzig Jahre.
> Einen protektiven Effekt auf die Überlebenszeit des Nieren- transplantates üben Bluttrans- fusionen vor der Transplanta- tion aus. Möglicherweise ist da- durch in naher Zukunft eine Verbesserung der Überlebens- zeit zu erreichen. Jedenfalls, so Heberer, sollte jeder Organ- empfänger mindestens eine Transfusion vor der Transplan- tation erhalten.
Herz
Bis heute sind etwa 400 Herz- Transplantationen durchge-
führt worden. Sie gelten in End- stadien der koronaren Herz- krankheit und der Kardiomyo- pathien als klinisch geprüftes Behandlungsprinzip bei termi- nal zunehmendem Kreislaufver- sagen (Professor F. Sebening, München). Die Transplanta- tionstätigkeit nimmt zur Zeit wieder zu. Mittels Katheter- punktion kann das Transplantat bioptisch beurteilt werden, um frühzeitig eine Abstoßungsre- aktion zu erkennen.
Leber
250 Leber-Transplantationen wurden bereits durchgeführt.
In Denver und in Cambridge wurden in großen Transplan- tationsserien entscheidende
Fortschritte erzielt. 1976/77 wurden in Denver 30 Organe verpflanzt, es leben noch 13 der Empfänger. Acht Jahre und acht Monate ist die längste Überlebenszeit mit einer frem- den Leber.
Die Haupttodesursachen sind postoperative Blutungen und Infektionen. Die Anastomosen der Gallenwege verursachen schwere Komplikationen. Die immunologischen Abstoßun- gen betragen lediglich zehn Prozent.
Pankreas
In Lyon wurden zehn Trans- plantationen des gesamten Or- ganes nach Ausspritzen des Gangsystems mit einem Klebe- mittel durchgeführt. Auf diese Weise wurden die schweren lo- kalen Gewebsreaktionen durch austretende Fermente vermie- den. Ein Patient lebt seit einem Jahr mit dem Transplantat, er ist nicht mehr insulinabhängig.
Die Versuche mit Inselzell- Transplantationen werden als noch nicht zufriedenstellend
beurteilt: Die Ausbeute an In- selzellen im Transplantat ist zu gering, die Abstoßung noch nicht beherrschbar.
Hornhaut,
Gehörknöchelchen, Knochenmark
Die Übertragung von Hornhaut und Gehörknöchelchen (vor al- lem des Amboß) ist weniger problematisch. Hornhaut kann bis zu drei Stunden nach dem Todeseintritt entnommen wer- den. Abstoßungen sind selten.
Bei der Knochenmarks-Trans- plantation von lebenden Spen- dern hat die Vorbehandlung des Transplantates mit Anti lym- phozytenglobulin eine Verbes- serung gebracht.
Organtransplantationen bei Säuglingen
und Kleinkindern
Über die Transplantations- Schwerpunkte in der Kinder- chirurgie (Nieren, Dünndarm und Leber) sprach Professor Waldemar Ch. Hecker, Mün- chen, während des Transplan- tations-Kolloquiums der Baye- rischen Landesärztekammer.
Da es sich bei den Kindern in vielen Fällen um rasch progre- diente Erkrankungen handelt (beispielsweise bei Mißbildun- gen wie Gallengangsatresie oder Nierenhypoplasie) wird heute die Transplantation im frühesten Kindesalter disku- tiert.
Mittlerweile können chirurgisch auch die kleinsten Gefäße ana- stomosiert werden. Diese bis- her hinderliche Schwierigkeit ist überwindbar, noch nicht aber das bei den Kindern stark ausgeprägte Cushing-Syndrom durch die immunsuppressive Therapie. Tiefgreifende psychi- sche Störungen erleiden die Kinder bei chronischer Dialyse, solange sie noch nicht im Schulalter sind. Die Nieren- transplantation ist daher schon im Neugeborenenalter drin- gend. R-H
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 45 vom 9. November 1978 2643
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Bericht und Meinung
Transplantations-Kolloquium
Reflexlosigkeit sowie der Atemläh- mung zur Feststellung des Todes angeführt.
Der Gesetzentwurf sieht vor, daß der Tod von zwei nicht an der Transplantation beteiligten Ärzten festgestellt und für den explantie- renden Arzt dokumentiert werden muß. Dies war bereits eine Forde- rung der Generalversammlung des Weltärztebundes von 1968, die in der von der Bundesärztekammer miterarbeiteten „Deklaration von Sydney" festgelegt wurde.
Angiographie: letzte Sicherheit Die Münchener Transplantations- Chirurgen und beteiligten Radio- logen sprachen sich für eine über die gesetzlichen Forderungen hin- ausgehende Sicherheit der Fest- stellung eines dissoziierten Hirnto- des aus: für die Angiographie, die den Nachweis der zerebralen Zir- kulationsunterbrechung über die Dauer einer Wiederbelebungszeit des Gehirns hinaus dokumentiert.
> Bisher, so Professor Heberer, wurde in München kein Organ transplantiert ohne die Feststel- lung des Spender-Todes durch Angiographie. Professor J. Liss- ner, Radiologe des Klinikums Großhadern: „Wir können nicht
‚großzügig' sein mit der Todeszeit-
bestimmung, wenn Organe ent- nommen werden sollen."
Der Aufwand des Angiographie- rens wird nicht als unzumutbar groß erachtet, weil heute auch in kleineren Häusern angiographiert wird, die Einrichtungen also vor- handen sind. Lediglich eine nicht besonders kostspielige Anschaf- fung für die seitlichen Aufnahmen könnte erforderlich werden, weil meist die Ausstattung für ap-Auf- nahmen für die üblichen Angiogra- phien ausreicht. Auch personell ist diese Methode der Todesfeststel- lung für ein peripheres Kranken- haus nicht belastend: Die Angio- gramme werden beim Vorgehen nach dem Münchener Modell an Ort und Stelle von besonders er- fahrenen Spezialisten der Univer- sität beurteilt.
Bedarf an Spender-Organen Über den Bedarf an Spender-Nie- ren zur Transplantation liegen Schätzungen vor. Die Nephrolo- gen geben an, daß etwa 50 Prozent der Dialyse-Patienten für eine Transplantation in Frage kommen.
Das sind in der Bundesrepublik et- wa 3000 Patienten, die auf eine Organspende warten. Zugleich wird mit einem Bedarf von jährlich weiteren 1000 Nieren-Transplan- taten gerechnet. Der Nachholbe-
darf ist also groß und steigt weiter an, da pro Jahr nur zwischen 200 und 400 Transplantationen vorge- nommen werden können.
Vergleichszahlen, die Professor J.
Eigler, München, während des Kolloquiums nannte: Ende 1976 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 5946 Dauerdialyse- Patienten und 425 Patienten mit funktionierenden Nieren-Trans- plantaten. In Großbritannien, das eine etwa vergleichbar große Ein- wohnerzahl hat, gab es zum glei- chen Zeitpunkt nur 2423 Dauerdia- lyse-Patienten, aber 1501 Patien- ten mit funktionierenden Trans- plantaten. Mit der Anzahl der Transplantationen liegt die Bun- desrepublik auch hinter anderen europäischen Ländern zurück, in denen 20 bis 40 Prozent der nie- reninsuffizienten Patienten mit Spender-Organen versorgt wer- den können.
Der Fortschritt, den die Transplan- tations-Chirurgie in den letzten Jahren erreicht hat, konnte in der Bundesrepublik Deutschland also noch nicht so genutzt werden, wie es Ärzte und Patienten wünschen.
Vielen gemeinsamen Anstrengun- gen wird es — wenn die Initiative in Bayern Schule machen wird — ge- wiß gelingen, diese Entwicklung beschleunigt nachzuholen.
Hannelore Roemer-Hoffmann
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