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Archiv "Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen: In vielen Fällen zu selten und zu spät erkannt" (14.05.1999)

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as Interesse an chronisch ob- struktiven Lungenkrankhei- ten (COPD) ist – obwohl die- se doppelt so häufig vorkommen wie Asthma – sowohl in der Allgemeinbe- völkerung als auch unter den Medizi- nern zu gering. Wie die Referenten des 40. Kongresses der Deutschen Ge- sellschaft für Pneumologie in Bad Reichenhall betonten, muß das Be- wußtsein um die Möglichkeiten einer Verbesserung der frühen Erkennung der Gefährdeten und Erkrankten dringend geschärft werden. Die Mög- lichkeiten der Früherkennung, so wurde betont, lägen vor allem bei den Hausärzten.

Unter dem Begriff COPD wer- den die chronisch obstruktive Bron- chitis mit oder ohne Emphysem, das reine Lungenemphysem und die Mischformen der asthmatischen chro- nischen Bronchitis zusammengefaßt.

Die chronisch obstruktive Bronchitis nimmt häufig einen schleichenden Verlauf. Die Patienten achten wenig auf die frühen Symptome und suchen ihren Arzt am ehesten auf, wenn sie eine Atemwegsinfektion haben oder in ihrer körperlichen Leistungsfähig- keit bereits erheblich eingeschränkt – also in einem fortgeschrittenen Stadi- um der Erkrankung – sind. Wie von Dr. Henning Peiseler und Prof. Dr.

Harald Mitfessel (Remscheid) illu- striert, ist der unmittelbare Leidens- druck selbst bei fortgeschrittener Ein- schränkung der Lungenfunktionen gering.

Bereits der häufig bagatellisierte chronische Husten weist auf eine Überproduktion von Schleim und Schädigung der mukoziliären Clea-

rance hin. Entscheidend für die Er- kennung der frühen Stadien einer chronischen Bronchitis ist daher das regelmäßige Abfragen der anamnesti- schen Frühparameter bei jedem Hausarztbesuch, das heißt

cHusten cAuswurf

cRauchgewohnheiten.

Rauchen von einem Päckchen Zigaretten über zehn Jahre oder von zwei Päckchen über fünf Jahre führt zur Überproduktion von Schleim und Husten. Der Verlust an Lungenfunk- tion, gemessen an dem forcierten ex- spiratorischen Einsekundenvolumen (FEV1), schreitet bei den Rauchern erheblich rascher fort als bei Nicht-

rauchern. Die genaue Befragung der Patienten zu Rauchgewohnheiten trägt daher zur Einschätzung des Ri- sikos bei.

Weitere Hinweise werden aus Angaben über Infektanfälligkeit, Pas- sivrauchen, Zeichen der bronchialen Hyperreaktivität – vor allem auch in der Kindheit – gewonnen. Abneh- mende körperliche Belastbarkeit und Atemnot bei Belastung oder in Ruhe sind bereits Zeichen der fortgeschrit- tenen Erkrankung. Die COPD sollte nicht nur bei der älteren Bevölkerung gesucht werden. Raucher beginnen bereits mit 40 Jahren, die ersten An- zeichen der geschädigten mukozi- liären Clearance und Hyperkrinie zu entwickeln.

In der Frühphase der obstrukti- ven Lungenerkrankungen bietet die körperliche Untersuchung keine Hin- weise. Trockene Rasselgeräusche wie Giemen, Brummen und Pfeifen sind bereits Zeichen einer Beeinträchti- gung des Atemflusses. Für die Früh- erkennung sind Spirometrie und Flußvolumenkurve entscheidende Pa- rameter. Der Verlauf des FEV1-Wer- tes bietet wichtige Anhaltspunkte für die Diagnose und Prognose der COPD. Ein Abfall des FEV1 von mehr als 50 ml pro Jahr ist auch bei Fehlen von klinischen Symptomen ein zuverlässiger prädiktiver Parameter für die Entwicklung einer COPD.

COPD-Patienten sind eine Grup- pe, die stark zur Dissimulation neigt und eine schlechte Therapieadhä- renz aufweist. Beide Merkmale for- dern eine Strategie heraus, die einer- seits das Problembewußtsein bei Ärzten, Patienten und in der Allge-

A-1260 (32) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 19, 14. Mai 1999

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen

In vielen Fällen zu selten und zu spät erkannt

Patienten achten wenig auf die frühen Symptome und suchen ihren Arzt meist erst dann auf, wenn sie an einer akuten Atemwegsinfektion erkranken oder wenn sie in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit bereits erheblich eingeschränkt sind.

D

Epidemiologie

In den USA wurde seit 1982 eine Zunahme der Erkrankungshäufigkeit an COPD um 40 Prozent und ein An- stieg der Mortalität an COPD festge- stellt, der bei epidemiologischen Er- hebungen über zwei Jahrzehnte (1966 bis 1986) bei 78 Prozent lag. Jeder zweite COPD-Patient verstirbt inner- halb der ersten zehn Jahre nach der Diagnosestellung. Die COPD ist heu- te nach Herzinfarkt, Krebs und Schlaganfall die vierthäufigste Todes- ursache. Inhalatives Rauchen ist die häufigste Ursache für die Entwick- lung einer COPD. Unter COPD lei- den etwa zehn Prozent der Bevölke- rung, unter den Rauchern sind bis zu 25 Prozent betroffen. Die Kosten für COPD sind pro Fall doppelt so hoch wie bei Asthma.

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meinbevölkerung schärft. Eine enge, gut durchorganisierte Betreuung durch die Hausärzte, niedergelasse- nen Pneumologen und pneumologi- schen Zentren schafft die besten Vor- aussetzungen für die möglichst früh- zeitige Diagnose und konsequente Umsetzung von Therapiekonzepten, die sowohl medikamentöse als auch physikalische Maßnahmen, Patien- tenschulung, körperliches Training, Erkennung der Schadstoffexposition am Arbeitsplatz und in der häusli- chen Umgebung sowie deren Ver- meiden, vor allem aber auch die schwierige Aufgabe der Raucherent- wöhnung umfaßt.

Besonderheiten der Entzündung bei COPD

Neue pathophysiologische Er- kenntnisse zur Entstehung der chronisch obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems wur- den durch mikroskopische Studien an bronchoskopisch entnommenen Biopsien mit Methoden der Im- munhistochemie, Analyse der Ent- zündungszellen und biochemischen Marker der Entzündung in Broncho- alveolarflüssigkeit und induziertem Sputum sowie die Messung von Pa- rametern der Entzündungsaktivität im Exhalat gewonnen.

Prof. Dr. Peter K. Jeffery (Lon- don) und Dr. Christian Taube (Großhansdorf) wiesen auf die auch für therapeutische Belange wichtigen Unterschiede in der Qualität der Ent- zündungsreaktion bei Asthma bron- chiale und chronischer Bronchitis hin.

Der chronische Entzündungsprozeß bei Asthma bronchiale wird von den T-Helferzellen und Effektorzellen der Entzündungsreaktion gesteuert, wo- bei vor allem eosinophile Granulo- zyten im entzündlichen Infiltrat und in der Bronchoalveolarflüssigkeit nachzuweisen sind.

Bei der chronischen Bronchitis finden sich, vor allem in den großen Atemwegen, unterhalb der Basal- membran vermehrt CD8-positive T- Lymphozyten. Im entzündlichen Infil- trat im subepithelialen Bereich der bronchialen Drüsen dominieren bei COPD neutrophile Granulozyten so- wie Makrophagen. Sie finden sich ver- mehrt auch in der stabilen Phase in der Bronchoalveolarflüssigkeit und im induzierten Sputum. Jeffery und Mitarbeiter fanden eine deutliche Korrelation der Zahl CD8-positiver Lymphozyten mit der Beeinträchti- gung der Atemfunktion.

Je höher die Lymphozytenzahl in der Bronchialwand, desto niedri- ger waren die FEV1-Werte. Durch Rauchen werden die CD8-positi- ven Lymphozyten auch im periphe- ren Blut und im Darm er-

höht. Ein weiterer mögli- cher Faktor, der für die Unterhaltung der chroni- schen Entzündung verant- wortlich ist, ist die latente Infektion mit Adenoviren, die ebenfalls mit einer CD8-Zell-Stimulation ein- hergeht.

Der Zigarettenrauch schädigt sowohl das ziliäre System als auch die kleinen Bronchiolen. Die Zahl der Schleimzellen in den Bron- chien nimmt zu, was mit ei- ner Hypersekretion und in der Folge einer Überfor- derung der mukoziliären Clearance verbunden ist.

Die ständige Reizung der Schleimhaut durch den Ta- bakrauch führt zur Plat- tenepithelmetaplasie der Bronchialschleimhaut, ver- bunden mit Atypien und Tumorentstehung. Oxidan- tien, die im Tabakrauch ent- halten sind, inaktivieren Proteasen wie alpha1-Anti-

trypsin, die eine wichtige Schutzfunk- tion gegen die Zerstörung des Lun- gengewebes haben. Nach Angaben von Dr. Jürgen Behr (München) führt Rauchen bei Personen mit alpha1-An- titrypsinmangel daher besonders früh zur Gewebsschädigung.

Bei den verschiedenen Formen des Emphysems finden sich die Läsio-

nen in den Acini und Bronchioli respi- ratorii, den Ductus alveolares (mit den Clara-Zellen, die in der Entgif- tung von inhalierten Schadstoffen ei- ne bedeutende Rolle spielen) und in den Alveolen. Die Erkrankung der kleinen peripheren Atemwege ist für den erhöhten Atemwegswiderstand verantwortlich.

Die Erkrankung des Lungenpar- enchyms ist mit einer Verengung der Lungenkapillaren verbunden, was nach Jeffery dazu führt, daß Granulo- zyten bei ihrer Passage durch die ver- engten Kapillaren mechanisch alte- riert und dadurch aktiviert werden, vermehrt Adhäsionsmoleküle expri- mieren und toxische Sauerstoffradi- kale sowie schädigende Enzyme frei- setzen. Für eine chronische Entzün- dungsreaktion in den Atemwegen bei

COPD in der stabilen Phase sprechen auch erhöhte NO-Werte im Exhalat.

Bei der Exazerbation der chronischen Bronchitis finden sich im Exhalat auch erhöhte H2O2-Werte, die als Hinweis auf die Aktivierung der Entzündungs- zellen zu werten sind.

Dr. med. Elisabeth Gabler-Sandberger

A-1261

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 19, 14. Mai 1999 (33)

Oberflächenstruktur des Epithels bei chronischer Bronchitis bei 5 000facher Vergrößerung: Eine vermehrte Zahl von Becherzellen ragt zwischen den Zilien in das Bronchiallumen hinein.

Um eine Intensivierung der Betreuung von COPD-Patienten durch Hausärzte in Koope- ration mit niedergelassenen Pneumologen bemüht sich Boehringer Ingelheim in der Ein- richtung von pneumologischen Arbeitskrei- sen. In den Arbeitskreisen arbeitet jeweils ein Pneumologe mit 15 Allgemeinärzten und ei- nem Boehringer-Ingelheim-Mitarbeiter zu- sammen. Nach den ersten Erfolgen soll die Zahl der pneumologischen Arbeitskreise auf 40 erhöht werden.

Foto: Morgenroth/Newhouse „Atlas der Bronchitis“, Pharmazeutische Verlagsgesellschaft, München

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