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Archiv "Die neuen Tarifverträge: Ein GAU für die universitäre Medizin" (19.01.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 3⏐⏐19. Januar 2007 A143

S T A T U S

D

ie neuen Tarifverträge brin- gen für Ärztinnen und Ärzte, die „überwiegend in der Patienten- versorgung“ tätig sind, erfreuliche Verbesserungen. An Universitäts- kliniken wird der Tarifvertrag je- doch der Wirklichkeit nicht gerecht.

Hier ist zumindest ein Teil der Ärzte ständig oder zeitweise „nicht über- wiegend“ in der Patientenversor- gung tätig, weil sie auch Aufgaben in Forschung und Lehre wahrneh- men. Für diesen Personenkreis ist der neue „Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken“

(TV-Ärzte) nicht vorgesehen. Sie werden nach dem von Verdi mit den Ländern ausgehandelten „Tarifver- trag für den öffentlichen Dienst der Länder“ (TV-L) bezahlt. Was be- deutet dies in der Praxis?

Bis zu 1 600 Euro Differenz Im dritten Jahr seiner Weiterbildung erhält ein Arzt, der in der Patienten- versorgung tätig ist, nach TV-Ärzte monatliche Bruttobezüge von 3 950 Euro. Wenn er Facharzt geworden ist, erhöht sich sein Gehalt auf 4 750 Euro und steigt ab dem siebten Jahr

auf 5 500 Euro. Ein 30-jähriger Arzt, der im dritten Jahr in der For- schung arbeitet, erhält ein Bruttoge- halt (West) von 3 400 Euro, das nach insgesamt sechs Jahren auf 3 900 Euro steigt. Die Tätigkeit in der Forschung wird nach einem spä- teren Wechsel in die Patientenver- sorgung bei der Einstufung in den

„Ärztetarif“ nicht berücksichtigt.

Gut funktionierende Institute und Kliniken haben mehrere wissen- schaftliche Arbeitsgruppen mit auf- einander abgestimmten Forschungs- themen. Jede Arbeitsgruppe ist ein DIE NEUEN TARIFVERTRÄGE

Ein GAU für die universitäre Medizin

Überwiegend in der Forschung tätige Ärzte werden an den Universitätskliniken jetzt schlechter bezahlt als überwiegend in der Krankenversorgung tätige Ärzte.

RECHTSREPORT

Strafe wegen eines Täuschungsmanövers

Ärzte müssen bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnis- se mit der nötigen Sorgfalt verfah- ren und ihre ärztliche Überzeu- gung nach bestem Wissen darle- gen. Ein Täuschungsversuch aus Mitleid mit einem unbekannten Kollegen ist deshalb nicht nur strafrechtlich, sondern auch be- rufsrechtlich zu ahnden. Das hat das Bezirksberufsgericht für Ärzte in Freiburg entschieden.

Der verurteilte Krankenhaus- arzt hatte Nachtdienst, als Polizei-

beamte einen Zahnarzt zur Blut- entnahme vorführten. Dieser war unter Alkoholeinfluss gefahren, was deutlich zu riechen und zu sehen war, und mit einem Fahr- zeug zusammengestoßen.

Im Krankenhaus gelang es dem Beschuldigten, mit dem Arzt ins Gespräch zu kommen und Ver- ständnis für seine Lage zu wecken. Er habe wegen einer Be- ziehungskrise getrunken und sei noch mit seinem Auto weggefah- ren. Nun befände er sich in einer ausweglosen Situation. Deshalb schlug er dem Klinikarzt ein Täu- schungsmanöver vor. Da dieser

Mitleid mit dem ihm unbekannten Berufskollegen hatte, willigte er ein. Er hinderte die Polizeibeamten daran, das Untersuchungszimmer zu betreten, entnahm sich selbst Blut und füllte dies in das Röhr- chen mit den Personalien des Un- fallverursachers.

Da die Polizeibeamten jedoch Verdacht geschöpft hatten, der durch das Ergebnis einer späteren Blutuntersuchung bestätigt wurde, flog die Täuschung auf. Der Arzt wurde wegen versuchter Strafver- eitelung verurteilt und musste eine Geldbuße in Höhe von 5 400 Euro entrichten.

Ein berufsrechtlicher Überhang des Vergehens bestand vor allem deshalb, weil der Arzt die Tat im Rahmen seiner unmittelbaren ärztlichen Tätigkeit begangen hat- te, befand das Bezirksberufsge- richt. Bei den Polizeibeamten kön- ne das Vertrauen in die Ärzte- schaft, auf die sie in vielen Fällen zur erfolgreichen Ermittlungstätig- keit angewiesen seien, erheblich beeinträchtigt worden sein. Der Krankenhausarzt wurde daher vom Bezirksberufsgericht zu einer Geldbuße von 1 000 Euro verur- teilt. (Urteil vom 2. August 2006, Az.: BG 4/06) RA Barbara Berner

Fotos:Peter Wirtz

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A144 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 3⏐⏐19. Januar 2007

S T A T U S

sensibler sozialer Organismus, des- sen Aufbau Jahre benötigt. Um er- folgreich zu sein, sind kurz- oder längerfristige Aufenthalte in ande- ren Labors, vielfach im Ausland, und die Unterstützung durch Dritt- mittelprojekte, über die auch Ärzte bezahlt werden, unverzichtbar. Eine tariflich definierte Arbeitszeit ist wissenschaftlicher Arbeit fremd.

Die Durchmischung der Tätig- keiten ist für die universitäre Medi- zin typisch. So sind in der Vorklinik alle Ärzte immer in Forschung und Lehre tätig, in den klinisch-theoreti- schen Instituten (zum Beispiel der Pathologie, Humangenetik, Mikro- biologie) und in den Kliniken ar- beitet ein Teil der Ärzte überwie- gend wissenschaftlich. Forschungs- projekte, die mit der Patientenver- sorgung verknüpft sind, bedingen nicht selten den Wechsel eines Arz-

tes zwischen klinischer und wis- senschaftlicher Tätigkeit und den Wechsel zwischen Institutionen. An- dererseits bedeuten Wegberufun- gen, natürliche Personalfluktuation und Stellensperren eine ständige Herausforderung für die Institute und Kliniken. Trotzdem dürfen Kompetenz und Produktivität der Arbeitsgruppe nicht Schaden neh- men. In dieser Alltagssituation stellt das Nebeneinander unterschiedlich bezahlter Ärzte eine Störung des so- zialen Friedens dar.

Um die Leistungsfähigkeit der Universitäten zu erhöhen, vergeben die Wissenschaftsministerien die Mittel für Forschung und Lehre an die medizinischen Fakultäten leistungsabhängig. Der finanzielle Druck wird nach unten weitergege- ben: Einzelprojekte, Institute, Klini- ken und ganze Fakultäten unterlie- gen ständigen Leistungskontrollen und Begutachtungen. LOM (die

„Leistungsorientierte Mittelverga- be“) wird auf allen Ebenen prakti- ziert. Der Wettbewerb sowohl inner- halb einer Fakultät als auch zwi- schen medizinischen Fakultäten wird wissenschaftlich entschieden, wie auch die gegenwärtig laufende Exzellenzinitiative vor Augen führt.

Die Deutsche Forschungsgemein- schaft hat für die klinische Medizin in einer Denkschrift sogar für die Trennung einer patientenorientier-

ten von einer wissenschaftlichen Laufbahn plädiert, um die For- schungsqualität zu erhöhen. Wer kann glauben, dass höhere Leistun- gen zu erreichen sind, wenn die wichtigsten Träger der Leistung fi- nanziell schlechter gestellt sind als ihre Kollegen in der praktischen Krankenversorgung?

Junge Ärzte stellen vor ihrem 30.

Lebensjahr die Weichen für ihre be- rufliche Zukunft. Angesichts der schlechteren wirtschaftlichen Aus- sichten werden sich immer mehr ge-

gen die Tätigkeit in einem Drittmit- telprojekt und damit gegen einen Einstieg in die universitäre For- schung entscheiden. Nicht wenige von ihnen werden darüber hinaus den „brain drain“ deutscher Ärzte ins Ausland verstärken. In der glo- balisierten Welt konkurrieren auch die Arbeitgeber um den Nachwuchs.

Personelle Austrocknung der Forschung

Es darf in der universitären Medizin keine Unterschiede in der Bezah- lung geben. Alle Ärzte, die in der universitären Medizin tätig sind, müssen nach dem Ärztetarif bezahlt werden. Wenn nicht sehr schnell ei- ne Anpassung der Gehälter erfolgt, wird dies zur personellen Austrock- nung der Forschung führen, ins- besondere in der klinischen For- schung, aber auch in den vorklini- schen Instituten. Was bleibt, wenn die Forschung aus der universitären Medizin verschwindet? Ein Kran- kenhaus der Maximalversorgung.

Wenn dieser drohenden Entwick- lung nicht Einhalt geboten wird, wären auch die langjährigen Be- mühungen von Politik und For- schungsförderern zur Verbesserung der Bedingungen für eine translatio- nale Forschung konterkariert. Wis- senschaftsministerien, Universitäts- kliniken und Forschungsförderer müssen rasch reagieren, sonst neh- men die universitäre Medizin und ihre internationale Konkurrenz- fähigkeit irreversiblen Schaden. I Prof. Dr. med. Peter Propping Institut für Humangenetik, Universität Bonn

EBM-RATGEBER

Ich bin Pneumologe mit Teilradiologie.

Ein Hausarzt überweist mir einen Pati- enten. Radiologisch findet sich keine Auf- fälligkeit. Zur weiteren Behandlung sende ich dem Hausarzt zusätzlich zum Befund Empfehlungen zur Therapie. Kann ich für diese Leistungen einen Brief berechnen, oder ist dieser in der radiologischen Leistung enthalten?

In den Leistungen des Kapitels 34 sind nach der Präambel Berichte nach den Nummern 01600 und 01601 enthalten. Ein zusätzlicher Brief kann aber berechnet werden, wenn der

Inhalt über eine Befundbeschreibung der Ra- diologie deutlich hinausgeht. Im geschilderten Beispiel ist das der Fall: Der Brief enthält The- rapieempfehlungen. Deshalb ist hier ein Brief berechnungsfähig.

Als Psychologischer Psychotherapeut begleite ich einen Patienten im Kran- kenwagen zur stationären Aufnahme. Darf ich dafür die Nummer 01416 berechnen?

Die „Begleitung eines Kranken durch den be- handelnden Arzt beim Transport“ ist nur für Ärzte berechnungsfähig, nicht aber für Psychologische

Psychotherapeuten. Dementsprechend ist die Leistung nach der Nr. 01416 auch nicht in der Präambel 23.1 Nr. 5 genannt, welche die für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten außerhalb des Kapitels 23 berechnungsfähigen Leistungen abschließend aufzählt. Der EBM führt diese Leis- tung auf, weil bisweilen beim Transport ins Kran- kenhaus notfallmedizinische Eingriffe vorgenom- men werden müssen. Derartige Leistungen darf ein Psychologischer Psychotherapeut nicht vor- nehmen. Ergo kann er die Leistung nach Num- mer 01416 auch nicht berechnen. KBV

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Das Nebeneinander unterschiedlich bezahlter Ärzte stellt

eine Störung des sozialen Friedens dar.

Referenzen

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