A 2282 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 47|
22. November 2013GESCHICHTE DER MEDIZIN
Ärzte, Bader und Barbiere
Eindrucksvoll zeigt eine Ausstellung in Zülpich die Entwicklung der medizinischen Berufe.
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ie Ausstellung „Ärzte, Bader und Barbiere. Medizinische Versorgung zwischen Mittelalter und Moderne“ im Museum Römer- thermen Zülpich zeigt die Ent- wicklung der medizinischen Ver- sorgung vom Mittelalter bis ins 19.Jahrhundert. Nur langsam wuchs seit dem 15. Jahrhundert das Ver- ständnis der Anatomie und der Physiologie des Menschen. Lange Zeit standen die Menschen zahlrei- chen Krankheiten und Seuchen wie Pest, Lepra und Syphilis nahezu machtlos gegenüber. Oft wandten sich die Kranken deshalb an spe- zielle Schutzpatrone wie Cosmas und Damian. Allein durch deren
wundersame Hilfe schien Heilung möglich.
Eindrucksvoll zeigt die Ausstel- lung die Entwicklung der medizini- schen Berufe. So wurden die Innere Medizin und die Chirurgie lange von streng getrennten Arztgruppen aus- geübt. Die an Hochschulen ausgebil- deten Wundärzte waren von den handwerklichen Berufen wie Badern und Barbieren getrennt. Die Barbiere dehnten ihre ursprüngliche Friseur- tätigkeit im Laufe der Zeit aus wirt- schaftlichen Gründen auf den medi- zinischen Sektor aus. Zu den hand- werklichen Berufen zählte man im Mittelalter erstaunlicherweise eben- falls die Apotheker, deren Schutzhei-
liger, der Heilige Damian, mit einem Salbgefäß dargestellt wird. Ablesbar ist auch eine gewisse Rivalität unter den einzelnen Gesundheitsberufen.
Einen wichtigen Aspekt in der medizinischen Entwicklung bildet der Umgang mit Schmerzpatienten.
Mittelalterliche Darstellungen zei- gen oft den schmerzgeplagten Pa- tienten, der gefesselt ist und zusätz- lich festgehalten wird. Eine Ampu- tationssäge aus dem 18. Jahrhundert und originale Trepanationsinstru- mente vermitteln einen Eindruck damaliger Behandlungsmethoden.
Erst spät wurden wirkungsvolle schmerzstillende Substanzen wie Morphium und Opium und deren richtige Dosierung entdeckt.
Besonderen Genuss vermitteln zahlreiche medizinische Blätter der Enzyklopädie von Diderot aus dem 18. Jahrhundert. Anatomische Dar- stellungen, zum Beispiel einer Brust operation, stehen neben sorg- fältigen Abbildungen der eingesetz- ten medizinischen Geräte. Bewun- dernd steht man vor diesen Abbil- dungen, die wissenschaftliche Er- kenntnis mit bestechend ästheti- scher Gestaltung verbinden.
Zu bewundern ist unter anderem auch ein Kalender aus dem Jahr 1548, der anzeigt, welcher Tag als geeignet anzusehen ist für Aderläs- se, das Schröpfen oder ein Bad.
Überraschend ebenfalls ein Apothe- kergefäß, das laut lateinischer In- schrift menschliches Fett enthält, das von Hingerichteten gewonnen und gegen die Fallsucht eingesetzt wurde.
Weitere wichtige Hinweise ent- hält der exzellente Katalog (28 Euro) zur sachkundig vom Anästhe- sisten Dr. med. Martin Widmann kuratierten Ausstellung, wie zum Beispiel die Geschichte des Girola- mo Fracastoro, der schon im 15.
Jahrhundert entgegen der herr- schenden Miasmenlehre die Über- tragung ansteckender Krankheiten durch Keime vertrat.
Neben dieser Sonderausstellung
„Ärzte, Bader und Barbiere“ ist die hervorragend erhaltene und zum Museum ausgebaute Therme aus der Römerzeit sehenswert und auch für Kinder anregend gestaltet.
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Ernst Wanner Römerthermen Zülpich
– Museum der Badekul- tur; Andreas-Broicher- Platz 1 (ehemals Müh- lenberg) 53909 Zül- pich:; Telefon: 02252 838060; www.roemer thermen-zuelpich.de, Dauer: bis 2.Februar 2014 Originale Trepanati-
onsinstrumente zur Öffnung des Schädels (18. Jahrhundert) ver- mitteln einen Eindruck früherer Behandlungs-
methoden.
Foto: Ernst Wanner